Leitsatz (amtlich)
Eine im öffentlichen Dienst nicht vorgesehene Leistung darf Dienstordnungs-Angestellten auch nicht als einmalige Zuwendung gewährt werden (Urlaubsgeld für 1976).
Normenkette
RVO § 25 Abs 1 Fassung: 1924-12-15, § 30 Abs 1 Fassung: 1924-12-15, § 363 Fassung: 1930-07-26, § 385 Abs 4 Fassung: 1967-12-21; SGB 4 § 87 Abs 1 Fassung: 1976-12-23; BesVNG 2 Art 8 § 2 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1975-05-23
Verfahrensgang
Tatbestand
I
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Anordnung der Beklagten, mit der sie einen Vorstandsbeschluß der Klägerin über die Gewährung einer einmaligen Zuwendung an die DO-Angestellten anstelle von Urlaubsgeld aufgehoben hat.
Nachdem der Vorstand der Klägerin schon für die Jahre 1974 und 1975 beschlossen hatte, den Bediensteten der Klägerin eine einmalige Zuwendung anstelle eines Urlaubsgeldes in Höhe von 25 vH eines Monatsgehaltes, mindestens jedoch 300,-- DM und für Auszubildende und Dienstanwärter mindestens 250,-- DM zu zahlen, beschloß er in seiner Sitzung vom 4. Mai 1976: "Unter der Voraussetzung der Bereitstellung der Mittel wird den Bediensteten der A O asse K 1976 eine einmalige Zuwendung anstelle eines Urlaubsgeldes in Höhe des Vorjahres-Bruttobetrages, mindestens jedoch 300,-- DM, gezahlt. Auszubildende und Dienstanwärter erhalten mindestens 250,-- DM. Der Geschäftsführer wird beauftragt, mit dem Personalrat die näheren Einzelheiten festzulegen. Die Vertreterversammlung wird gebeten, die erforderlichen Mittel hierzu bereitzustellen."
Die Vertreterversammlung beschloß am 1. Juni 1976 die Bereitstellung von 200.000,-- DM zu diesem Zweck.
Die Beklagte erließ am 13. Juli 1976 die streitige Anordnung, mit der sie den Vorstandsbeschluß vom 4. Mai 1976 gem § 30 iVm §§ 25 Abs 1 und 363 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF beanstandete und aufhob, soweit er die Zahlung einer einmaligen Zuwendung anstelle eines Urlaubsgeldes an DO-Angestellte betraf. Eine derartige Zahlung an DO-Angestellte landesunmittelbarer Krankenkassen lasse sich nicht mit Art VIII § 2 Abs 1 Nr 1 iVm § 1 Abs 1 des 2. Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG) vom 23. Mai 1975 (BGBl I 1173) vereinbaren.
Das Sozialgericht Köln (SG) hat auf die Klage der Klägerin die Anordnung der Beklagten vom 13. Juli 1976 aufgehoben (Urteil vom 22. August 1977).
Das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 25. Januar 1979).
Die Klägerin hat Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung materiellen Rechts (sinngemäß der §§ 25, 30 RVO aF und 363 RVO). Vor allem habe es sich um eine einmalige Zuwendung gehandelt, für die die Rechtsgrundsätze, die für abstrakt-generelle Regelungen entwickelt worden seien, nicht gelten könnten. § 27 Abs 5 der seinerzeit geltenden Dienstordnung der Klägerin habe einmalige Zuwendungen an ihre Bediensteten zugelassen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Januar 1979 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22. August 1977 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen.
Die Beklagte war berechtigt, den streitigen Vorstandsbeschluß der Klägerin vom 4. Mai 1976 mit der Anordnung vom 13. Juli 1976 aufzuheben, soweit er sich auf die Zahlung einer einmaligen Zuwendung anstelle von Urlaubsgeld an die der Dienstordnung unterworfenen Angestellten der Klägerin für das Jahr 1976 bezog.Nach den Feststellungen des LSG war die Beklagte aufgrund irrevisiblen nordrhein-westfälischen Landesrechts die zuständige Aufsichtsbehörde für den Erlaß von Aufsichtsanordnungen. Ihre Aufsichtsbefugnis richtete sich nach dem zur Zeit der streitigen Aufsichtsanordnung noch geltenden § 30 Abs 1 RVO (jetzt § 87 Abs 1 SGB 4). Danach erstreckte sich die Aufsichtsbefugnis darauf, daß Gesetz und Satzung beachtet werden. Diese Aufsichtsbefugnis hat die Beklagte nicht überschritten. Die Aufsichtsanordnung ist daher rechtmäßig.
Die Klägerin hat mit dem streitigen Vorstandsbeschluß über die Zahlung einer einmaligen Zuwendung anstelle eines Urlaubsgeldes an ihre DO-Angestellten die ihr gesetzlich gezogenen Grenzen überschritten. Ob es sich nach der Formulierung "anstelle eines Urlaubsgeldes" um eine Zuwendung ohne besonderen Grund oder tatsächlich um ein Urlaubsgeld handeln sollte, kann dahinstehen. In jedem Falle war die Klägerin zu einer solchen Zahlung nicht berechtigt. Es kann offen bleiben, ob die für das Jahr 1976 beschlossene Zahlung als einmalige Zuwendung angesehen werden kann oder ob es sich nicht angesichts der Tatsache, daß gleichartige Zuwendungen bereits wenigstens für die Jahre 1974 und 1975 beschlossen worden und ebenfalls für das Jahr 1977 vorgesehen waren, um eine abstrakt-generelle Regelung gehandelt hat, die in der Dienstordnung hätte geregelt werden müssen (vgl BSGE 46, 155, 156; 47, 21). Aber auch als einmalige Zuwendung war die streitige Zuwendung an die DO-Angestellten nicht zulässig.
Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 13. Juli 1978 - 8/3 RK 21/77 - (BSGE 47, 21) ausgeführt hat, bestimmt § 27 Abs 5 der seinerzeit auch für die Klägerin geltenden DO, daß gesetzlich oder in der DO nicht geregelte Zulagen nur gewährt werden dürfen, soweit der Voranschlag Mittel dafür zur Verfügung stellt. Eine generelle und ohne Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen wirksame Ermächtigung zur Einführung solcher Zulagen ist darin nicht enthalten. Die Vorschrift besagt vielmehr nur, daß jede Zulage oder Zuwendung,die nicht im Gesetz oder in der Satzung vorgesehen ist, zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen ihrer Wirksamkeit noch davon abhängig sein soll, daß der Voranschlag Mittel dafür zur Verfügung stellt. Als Träger öffentlich-rechtlicher Aufgaben, namentlich als Träger der Sozialversicherung, unterliegt die Klägerin dem für die gesamte öffentliche Verwaltung geltenden Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel (so schon BSG 31, 247, 257). In der gesetzlichen Krankenversicherung ist dieser Grundsatz in den §§ 25 ff, 187 Abs 2, 363, 385 RVO aF niedergelegt. Er bildet eine Rechtsschranke für die Ausübung des Selbstverwaltungsrechtes. Er gebietet ferner, Rücksicht auf die Verhältnisse im gesamten öffentlichen Dienst zu nehmen. Diese Schranke gilt sowohl bei abstrakt-generellen und daher DO-pflichtigen Regelungen für alle Leistungen als auch für einmalige Zuwendungen der Versicherungsträger an ihre Bediensteten. Da im gesamten öffentlichen Dienst in Bund und Ländern Urlaubsgeld oder urlaubsgeldähnliche Zuwendungen bis einschließlich 1976 nicht gezahlt wurden, fehlt es schon dem Grunde nach an einer vergleichbaren Regelung des öffentlichen Dienstes, an der die beschlossene Zuwendung der Klägerin gemessen werden könnte. Sie war eine dem öffentlichen Dienst bis dahin fremde Leistung und durfte deshalb den Bediensteten der Klägerin nicht gewährt werden. War die beschlossene Zuwendung somit schon nach den oben genannten allgemein von jeher geltenden Grundsätzen unzulässig, ist es nicht entscheidend, daß die Beklagte die streitige Aufsichtsanordnung mit Art VIII § 2 Abs 1 Nr 1 des 2. BesVNG begründet hat, wonach Versicherungsträger ihre DO'en dem Beamtenrecht anzupassen hätten und der Beschluß deshalb nicht auf § 27 Abs 5 der DO der Klägerin gestützt werden könne. Es handelt sich insoweit nicht, wie die Klägerin meint, um ein sogenanntes unzulässiges Nachschieben anderer Gründe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen