Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 22.08.1990) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. August 1990 wird insoweit zurückgewiesen, als sie verpflichtet ist, dem Kläger in Abänderung des Bescheides vom 11. Juli 1986 auch für die Zeit vom 15. Juli 1986 bis zum 19. Oktober 1986 höheres Übergangsgeld auf der Grundlage des im Juli 1985 erzielten Regellohns zu gewähren und anzupassen.
Im übrigen wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. August 1990 sowie das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 28. Juli 1989 aufgehoben und die Klage gegen die Bescheide vom 19. Juni 1986, 11. Juli 1986, 17. Juli 1986, 12. Dezember 1986, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1987, sowie gegen die Bescheide vom 25. Februar 1987, 22. Juni 1987 und 22. Juli 1987 abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Höhe des Übergangsgeldes (Übg).
Der 1948 geborene Kläger, ein gelernter Raumausstatter, war von Februar 1979 bis zum 31. Juli 1985 als Teppichboden-Fachverkäufer und Fachverleger in einem Teppichbodenmarkt versicherungspflichtig beschäftigt. Sein monatliches Gehalt war arbeitsvertraglich vom Umsatz abhängig, jedoch auf mindestens 2.000,– DM festgesetzt. Es betrug brutto im Januar 1985 3.000,– DM, im Februar 4.064,– DM, im März 4.354,– DM, im April 3.464,– DM, im Mai 2.792,– DM, im Juni 2.571,– DM und im Juli 2.942,33 DM, in diesem Monat netto 2025,17 DM. Im Juni 1985 hatte der Kläger 17 Urlaubstage, im Juli 1985 4 Urlaubstage und war bis zum Monatsende unter Entgeltfortzahlung von der Arbeit freigestellt. Er hatte sich sodann arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld bezogen.
Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bewilligte ihm mit Grundlagenbescheid 1) vom 20. Januar 1986 eine Berufsfindungsmaßnahme vom 14. April bis zum 25. April 1986 und Übg hierzu. Mit dem streitigen Bescheid 1) vom 19. Juni 1986 gewährte sie ihm Übg für die Zeit vom 14. April 1986 bis zum 25. April 1986 in Höhe von 44,81 DM kalendertäglich. Dabei legte sie als regelmäßiges Bruttoentgelt sein in den Monaten Mai bis Juli 1985 bezogenes Gehalt von 8.305,33 DM, netto 5.761,39 DM zugrunde. Hiergegen erhob der Kläger am 26. Juni 1986 Widerspruch mit der Begründung, er habe in den Monaten Mai bis Juli 1985 ein um mehr als 20 vH geringeres Einkommen erzielt; sein Durchschnittsgehalt der letzten drei Jahre habe bei 3.423,88 DM, in den letzten sechs Jahren sogar bei mehr als 3.500,– DM gelegen.
Mit Grundlagenbescheid 2) vom 11. Juli 1986 bewilligte die BfA einen Reha-Vorbereitungslehrgang vom 20. Oktober 1986 bis zum 1. Februar 1987 und Übg hierfür. Mit dem streitigen Bescheid 2) vom 11. Juli 1986 gewährte die BfA dem Kläger Übg für die Zeit vom 15. Juli 1986 bis zum 19. Oktober 1986 auf der Grundlage der im streitigen Bescheid 1) enthaltenen Berechnung in Höhe von 44,81 DM, ab 1. August 1986 angepaßt auf 46,12 DM kalendertäglich.
Mit dem streitigen Bescheid 3) vom 17. Juli 1986 stellte die Beklagte fest, eine Vergleichsberechnung nach § 18a Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) unter Zugrundelegung des tariflichen Entgelts eines Raumausstatters/ Teppichverlegers (Stundenlohn: 15,72 DM) führe zu keinem höheren Zahlbetrag; es verbleibe bei der Höhe des mit dem streitigen Bescheid 1) festgesetzten Übergangsgeldes.
Mit dem streitigen Bescheid 4) vom 12. Dezember 1986 wurde Übg für den Reha-Vorbereitungslehrgang vom 20. Oktober 1986 bis zum 1. Februar 1987 in der – angepaßten – Höhe von kalendertäglich 46,12 DM auf der Grundlage der Berechnungen im streitigen Bescheid 1) bewilligt.
Durch Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1987 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, weil die letzten drei Beschäftigungsmonate von Mai 1985 bis Juli 1985 als maßgeblicher Lohnabrechnungszeitraum anzusetzen seien und die Vergleichsberechnung nach § 18a Abs 2 AVG keinen höheren Zahlbetrag ergeben habe.
Mit Grundlagenbescheid 3) vom 25. Februar 1987 bewilligte die BfA dem Kläger eine Umschulungsmaßnahme zum Verwaltungsfachangestellten ab 2. Februar 1987 für die Dauer von 24 Monaten und Übg hierzu. Mit dem streitigen Bescheid 5) vom 25. Februar 1987 erkannte sie hierfür das Übg ab 2. Februar 1987 in Höhe von kalendertäglich 46,12 DM auf der Berechnungsgrundlage des streitigen Bescheides 1) zu.
Nachdem der Kläger am 9. März 1987 Klage erhoben hatte, verfügte die BfA mit dem streitigen Bescheid 6) vom 22. Juni 1987, das aus dem Bruttoarbeitsentgelt des Monats Juli 1985 errechnete Übg sei unter Verrechnung mit bereits gezahlten Beträgen für die Zeit vom 14. April bis zum 25. April 1986 (Dauer der ersten Maßnahme) in Höhe von kalendertäglich 47,26 DM und für die Zeit vom 20. Oktober 1986 bis zum 1. Februar 1987 (Dauer der zweiten Maßnahme) und ab 2. Februar 1987 (für die dritte Maßnahme) in Höhe von kalendertäglich 48,63 DM zu zahlen. Diesen Zahlbetrag paßte sie mit dem streitigen Bescheid 7) vom 22. Juli 1987 ab 1. August 1987 auf 50,48 DM kalendertäglich an.
Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat die Beklagte unter Änderung der streitigen Bescheide 1) bis 6) verurteilt, bei der Berechnung des Übg des Klägers die Entgelte der Monate Februar bis Juli 1985 zugrunde zu legen (Urteil vom 28. Juni 1989). Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten hiergegen durch Urteil vom 22. August 1990 zurückgewiesen. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, das Gesetz habe seinen Plan, dem Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Rehabilitation seinen bisherigen Lebensstandard zu sichern, nur lückenhaft ausgefüllt. Diese Lücke versuchten die Versicherungsträger dadurch zu schließen, daß sie in Fällen schwankender Arbeitsentgelte das Durchschnittseinkommen in den letzten abgerechneten drei Monaten zugrunde legten (Hinweis auf: Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Reha-Träger vom 12. Mai 1987 – abgedruckt bei Koch/Hartmann, Das Angestelltenversicherungsgesetz, Anm 5.6 zu § 18 AVG). Die Gesetzeslücke sei aber durch eine analoge Anwendung des die gesamten Regelungen durchziehenden Gedankens von der Aufrechterhaltung des Lebensstandards vor der Rehabilitation zu schließen. Dafür reiche die Berücksichtigung eines Zeitraums von drei Monaten jedenfalls beim Kläger nicht aus. Bei Versicherten mit einem von saisonalen Umsatzschwankungen abhängigen Monatsverdienst sei nur die Betrachtung eines Zeitraums von sechs Monaten geeignet, einigermaßen sicher den durchschnittlichen Lebensstandard zu erkennen, dessen Sicherung der Versicherte beanspruchen könne. Die Kontrolle nach § 18a Abs 2 AVG habe ergeben, daß der Kläger als erster Verkäufer tarifvertraglich höchstens ein monatliches Gehalt von 2.850,– DM hätte beanspruchen können.
Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer – vom LSG zugelassenen – Revision vor, nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG in: BSGE 47, 172 = SozR 2200 § 1241 Nr 11) und des 11. Senats des BSG (BSGE 58, 175 = SozR 4100 § 59 Nr 3) komme in Fällen der berufsfördernden Maßnahmen eine Ausweitung des Bemessungszeitraumes über den vom Gesetz festgelegten Zeitraum von vier Wochen bzw einen Monat hinaus nicht in Betracht. Das LSG habe diese Recht-sprechung, die zu § 1241a Abs 1 Nr 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der vor dem 1. Januar 1982 gültigen Fassung ergangen sei, unzutreffend als überholt angesehen. Denn § 18a AVG solle wie bisher eine ausreichende Höhe des Übg sicherstellen; insbesondere sei die in der früheren Fassung der Vorschrift enthaltene „Härteregelung” nach wie vor erhalten geblieben, wie sich aus § 18a Abs 1 Satz 2 iVm Abs 2 AVG ergebe. Sie halte diese Rechtsprechung zwar nicht für bedenkenfrei, ihr werde jedoch in den Fällen der beruflichen Rehabilitation gefolgt, während für das Übg bei medizinischen Maßnahmen entsprechend den Entscheidungen des 3. Senats des BSG (BSGE 35, 126 = SozR Nr 57 zu § 182 RVO; BSGE 36, 55 = SozR Nr 59 zu § 182 RVO) und dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Reha-Träger bei schwankenden Bezügen ein Bemessungszeitraum von drei Monaten zugrunde gelegt werde. Im Falle des Klägers sei indessen irrtümlich ein auf drei Monate erweiterter Bemessungszeitraum berücksichtigt worden. Angesichts der gesetzgeberischen Absicht, die Höhe der Lohnersatzleistungen frei von Zufälligkeiten zu bestimmen, sei es gerechtfertigt, bei „schwankenden Bezügen” (Provisionen, Überstundenvergütungen etc) den Regellohn iS des § 182 Abs 5 RVO und das entgangene regelmäßige Netto-Arbeitsentgelt iS des § 182 Abs 4 RVO auf der Grundlage eines Zeitraumes von drei Monaten zu berechnen. Diese Erweiterung bezwecke nicht die Sicherstellung einer bestimmten Mindesthöhe des Übergangsgeldes, sondern die Verwirklichung der gesetzgeberischen Absicht, daß die Lohnersatzleistung die aktuellen Einkünfte aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung frei von Zufälligkeiten wiederspiegele. Dies könne durch die Vergleichsberechnung nach § 18a Abs 2 AVG nicht erreicht werden. Ein Zeitraum von drei Monaten verhindere demgegenüber sowohl eine Unter- als auch eine Überversorgung des Betreuten. Daß § 18a Abs 2 AVG nicht dem Ausgleich von Entgeltschwankungen diene, zeige sich auch daran, daß eine entsprechende Regelung für das Übg bei medizinischen Maßnahmen fehle, so daß das vom Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) verfolgte Prinzip der einheitlichen Berechnung des Übg für versicherungspflichtige Arbeitnehmer bei berufsfördernden und medizinischen Maßnahmen (Hinweis auf § 13 RehaAnglG) durchbrochen werden. Die Formulierung „mindestens” in § 182 Abs 5 Satz 1 RVO lasse erkennen, daß der Referenzzeitraum von vier Wochen bzw einem Monat nicht unterschritten, wohl aber verlängert werden könne. Eine Erweiterung des Bemessungszeitraums auf 13 Wochen bzw drei Monate sei in Fällen der vorliegenden Art gerechtfertigt,
weil sie eine am Zweck der Norm ausgerichtete interessengerechte Verfahrensweise darstelle.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. August 1990 und des Urteils des Sozialgerichts Schleswig vom 28. Juni 1989 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. August 1990 zurückzuweisen hilfsweise,
die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß bei der Berechnung des Übergangsgeldes der letzte abgerechnete Bemessungszeitraum zu Grunde zu legen ist.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. In seinem Falle erwiesen sich drei Monate als Beobachtungsphase und damit als Bemessungsgrundlage als zu kurz. Nur die Betrachtung eines Zeitraums von sechs Monaten sei geeignet, bei derart stark schwankendem Monatseinkommen den durchschnittlichen Lebensstandard zu erkennen, dessen Sicherung er verlangen könne.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Ergebnis im wesentlichen begründet. Dem Kläger steht Übg nur, aber auch mindestens in Höhe des Zahlbetrages zu, der sich aufgrund des im Juli 1985 erhaltenen Gehalts errechnet, also in allen Bezugszeiträumen ab 14. April 1986 in Höhe von kalendertäglich 47,26 DM zuzüglich späterer gesetzlicher Anpassungen.
Das LSG hat zutreffend erkannt, daß der Berufung der Beklagten ein Berufungsausschlußgrund iS von § 146 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht entgegensteht, weil der Rechtsstreit nicht „Rente”, sondern Übg betrifft (vgl BSG SozR 1500 § 146 Nr 16; SozR 1200 § 42 Nr 4; jew mwN).
Gegenstand der Klage (§ 95 SGG) sind die streitigen Bescheide 1) bis 4) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1987 und die danach ergangenen streitigen Bescheide 5) bis 7). Zwar hat die Beklagte in dem während des erstinstanzlichen Verfahrens ergangenen Bescheid 6) die Bescheide 1), 4) und 5) im Blick auf die Zeiträume vom 14. April bis zum 25. April 1986 und seit dem 20. Oktober 1986 inhaltlich durch eine dem Kläger günstigere Regelung ersetzt, weil sie das Übg nachträglich nicht mehr aufgrund des in den Monaten Mai bis Juli 1985 durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts, sondern allein aus dem Gehalt des Monats Juli 1985 errechnet und bewilligt hat. Sie hat aber die Bescheide 1), 4) und 5) nicht förmlich aufgehoben. Offenbar versehentlich hat sie diese für den Kläger im Blick auch auf den streitigen Bescheid 2) günstigere Regelung nicht getroffen, obwohl sie – worauf zurückzukommen ist -auch dieses weitergewährte (§ 18e Abs 1 AVG; dazu BSG SozR 2200 § 1241e Nr 18) Übg aus dem im Juli 1985 erzielten Bruttoarbeitsentgelt hätte errechnen müssen. Deswegen ist ihre Revision insoweit zurückzuweisen.
Die Entscheidung der Vorinstanzen können jedoch, soweit sie den Kläger darüber hinausgehend begünstigen, aus folgenden Gründen keinen Bestand haben:
Keiner Darlegung bedarf, daß der Kläger für die Dauer der ihm bewilligten drei Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation und für die Überbrückungszeit vom 15. Juli 1986 bis zum 19. Oktober 1986 Anspruch auf Übg hat. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Gemäß § 18b Abs 1 Nr 2 Buchst b AVG (in der seit dem 1. Januar 1986 gültigen Fassung durch Art 5 Nr 2 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 – BGBl I 2484) beträgt das Übg für den Kläger, einem „übrigen Betreuten” iS dieser Vorschrift, bei einer berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation 70 vH des nach § 18 Abs 1, 2 und 4, § 18a maßgebenden Betrages. Nach § 18a Abs 1 Satz 1 AVG (in der seit dem 1. Januar 1982 gültigen Fassung durch Art 6 § 1 Nr 4 des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung – Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG- vom 22. Dezember 1981 – BGBl I 1497) ist für die Berechnung des Übg bei einer berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation ua § 18 Abs 1 AVG anzuwenden, wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraumes bei Beginn der Maßnahme – wie hier – nicht länger als drei Jahre zurückliegt. § 18a Abs 1 Satz 2 AVG bestimmt dazu, daß die Berechnungsgrundlage mindestens die nach Abs 2 aaO ist. Danach ist das Übg aus 65 vH des auf ein Jahr bezogenen tariflichen oder, wenn es an einer tariflichen Regelung fehlt, des ortsüblichen Arbeitsentgelts zu berechnen, das für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten gilt, wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Maßnahme länger als drei Jahre zurückliegt (Abs 2 Satz 1 aaO). Maßgebend ist das Arbeitsentgelt in dem letzten Kalendermonat vor dem Begin der Maßnahme (Bemessungszeitraum) für diejenige Beschäftigung, für die der Betreute ohne die Behinderung nach seinen beruflichen Fähigkeiten und nach seinem Lebensalter in Betracht käme (Satz 2 aaO). Für den Kalendertag ist der 360zigste Teil dieses Betrages anzusetzen (Satz 3 aaO). Vorrangig hierzu bestimmt § 18 Abs 1 Satz 1 AVG (in der seit dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung durch Art 6 § 1 Nr 3 AFKG), daß das Übg für einen Betreuten, der ua vor Beginn einer Maßnahme gegen Arbeitsentgelt versicherungspflichtig beschäftigt war, in der gleichen Weise wie das Krankengeld für einen Arbeitnehmer berechnet wird (§ 182 Abs 4 und 5 RVO). Nach § 182 Abs 4 Satz 1 bis 3 RVO (in der seit dem 1. Januar 1983 gültigen Fassung durch Art 2 Nr 3 des Rentenanpassungsgesetzes 1982 -RAG 1982- vom 1. Dezember 1981 – BGBl I S 1205) beträgt das Krankengeld 80 vH des wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regellohn), darf aber das entgangene Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen; der Regellohn wird bei Arbeitnehmern nach Abs 5 aaO berechnet. Gemäß § 182 Abs 5 Satz 3 RVO (in der seit dem 1. Januar 1984 gültigen Fassung durch Art 1 Nr 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 -HBegleitG 1984- vom 22. Dezember 1983 – BGBl I S 1532) gilt, wenn das Entgelt nach Monaten bemessen ist, als Regellohn der dreißigste Teil des in dem letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (§ 385 Abs 1a) verminderten Entgelts. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt iS von § 385 Abs 1a RVO (in der seit dem 1. Januar 1984 gültigen Fassung durch Art 1 Nr 9a, Art 39 Abs 1 HBegleit 1984) sind dem Arbeitsentgelt zuzurechnende Zuwendungen, die nicht für die Arbeit in einem einzelnen Lohnabrechnungszeitraum gezahlt werden.
Demnach ergibt sich die Höhe des Übg iS von § 18b Abs 1 Nr 2 Buchst b AVG aus dem in § 182 Abs 5 Satz 3 genannten Regellohn, dh dem in dem letzten vor Beginn der Maßnahme abgerechneten Kalendermonat erzielten, um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Entgelt, wenn der Betreute ein nach Monaten bemessenes Entgelt erhalten hat und dieses über dem nach § 18a Abs 2 AVG zu berechnenden Vergleichsbetrag liegt; ferner darf das Übg das in diesem Monat erzielte Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen.
Nach den tatsächlichen, den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger ein nach Monaten bemessenes Entgelt erhalten. Als sein Regellohn „gilt” deswegen gemäß § 182 Abs 5 Satz 3 RVO das Arbeitsentgelt, das er in dem letzten vor Beginn der Maßnahme abgerechneten Kalendermonat erzielt hat, dh sein im Juli 1985 bezogenes Gehalt in Höhe von 2.942,33 DM brutto. Darin sind keine einmaligen Zuwendungen iS von § 385 Abs 1a RVO enthalten. Es ist – nach den bindenden Feststellungen des LSG -höher als das nach § 18a Abs 2 AVG ermittelte tarifliche Arbeitsentgelt für einen ersten Verkäufer, dh für diejenige Beschäftigung, für die der Kläger ohne die Behinderung nach seinen beruflichen Fähigkeiten und nach seinem Lebensalter in Betracht käme; dieses Gehalt hätte höchstens 2.850,– DM betragen. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte in dem streitigen Bescheid 6) die Höhe des Zahlbetrages des Übg zutreffend mit 47,26 DM festgestellt. Der sich daraus ergebende Monatsbetrag des Übg von 1.417,80 DM liegt unter dem Nettogehalt des Klägers im Juli 1985, das 2.025,17 DM betrug.
Entgegen den Vorinstanzen sowie der insoweit übereinstimmenden Rechtsansicht der Beteiligten kann der Bemessungs-zeitraum – wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 47, 172 = SozR 2200 § 1241 Nr 11) – nicht über einen Kalender-monat hinaus ausgedehnt werden. Der Senat hat bereits dargelegt, daß das Gesetz keine Spezialvorschrift für den schwankenden Arbeitslohn enthält, insbesondere nicht bestimmt, daß nicht der letzte Kalendermonat maßgebend sein soll, sondern die drei, sechs oder zwölf letzten Kalendermonate; einerseits sei der Gesetzestext eindeutig, andererseits bestehe auch kein Bedürfnis für eine Ausdehnung des Bemessungszeitraums im Wege der Auslegung oder Rechtsfortbildung.
An dieser Rechtsauffassung, welcher sich der 11. Senat des BSG (BSGE 58, 175 = SozR 4100 § 59 Nr 3) angeschlossen hat, ist schon deswegen festzuhalten, weil das Gesetz jedenfalls für diejenigen betreuten Arbeitnehmer, die ein nach Monaten bemessenes Entgelt erhalten, eine abschließende Regelung des maßgeblichen Bemessungszeitraums und des zu berücksichtigenden Regellohnes enthält: § 182 Abs 5 Satz 3 RVO bestimmt nämlich für diesen Personenkreis im Wege der gesetzlichen Fiktion, also unwiderleglich, daß der dreißigste Teil des in dem letzten vor Beginn der Maßnahme abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Entgelts als Regellohn „gilt”. Da der Begriff des Regellohns in § 182 Abs 4 Satz 1 als das wegen der Arbeitsunfähigkeit/Teilnahme an der Maßnahme entgangene regelmäßige Arbeitsentgelt (und Arbeitseinkommen), das der Beitragsberechnung unterliegt, definiert ist, kommt es nach Abs 5 Satz 3 aaO bei Empfängern von Monatsbezügen allein auf das im letzten abgerechneten Kalendermonat erzielte Entgelt an, bei dem also das Gesetz – zwingend – unterstellt, es gebe verläßlich das während der Teilnahme an der Maßnahme entgangene Arbeitsentgelt wieder.
Den Beteiligten und den Vorinstanzen kann nicht darin zugestimmt werden, diese gesetzliche Fiktion sei sachwidrig. Abgesehen davon, daß es dem Gesetzgeber in den Grenzen des Willkürverbotes iS von Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) freisteht, den maßgeblichen Bemessungszeitraum zu bestimmen, hat das Gesetz den Grundanliegen Rechnung getragen, der Berechnung des Übergangsgeldes das „aktuelle” Arbeitsentgelt zugrundezulegen, dem Versicherungsträger eine schnelle Entscheidung zu ermöglichen (dazu BSG SozR 2200 § 1241 Nr 3) und Zufälligkeiten hintanzuhalten, welche die Höhe des der Berechnung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts unangemessen beeinflußen können (dazu BSGE 36, 55 = SozR Nr 59 zu § 182 RVO): Unbillige Belastungen der Versichertengemeinschaft hat es durch den Ausschluß einmalig gezahlten Arbeitsentgelts (§ 385 Abs 1a RVO) verhindert. Wurde andererseits das im letzten abgerechneten Kalendermonat erzielte monatliche Arbeitsentgelt durch zufällige Umstände derart gemindert, daß das danach berechnete Übg den Lebensstandard des betreuten Arbeitnehmers nicht mehr angemessen sichern könnte, wird der Versicherte durch den nach § 18a Abs 2 AVG zu ermittelnden Vergleichsbetrag vor einem unzumutbaren Absinken bewahrt. Denn es wird ihm der Lebensstandard gesichert, den er bei Ausübung seines bisherigen Berufs mit einem tariflichen Monatsgehalt aufrechterhalten könnte.
Die Mindestsicherung nach § 18a Abs 2 AVG verhindert – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht nur eine Unterversorgung des Betreuten während der Teilnahme an der Maßnahme; sie gewährleistet auch, daß die Regellohnfiktion des § 182 Abs 2 Satz 3 RVO nicht zweckwidrig zu stark von dem tatsächlich erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelt des Versicherten abweicht. Denn der Berechnung des Übg nach § 18a Abs 2 AVG ist das „auf ein Jahr bezogene tarifliche Arbeitsentgelt” der Berufsgruppe zugrunde zu legen, welcher der Betreute ohne die Behinderung/Teilnahme an der Maßnahme angehören würde. Aus dem Zusammenwirken der vorgenannten Bestimmungen erhellt, daß durch die Regellohnfiktion des § 182 Abs 5 Satz 3 RVO im übrigen zufällige Schwankungen des nach Monaten bemessenen Arbeitsentgelts eines Arbeitnehmers für die Höhe des Übg unbeachtlich sind. Die von den Vorinstanzen angenommene planwidrige Gesetzeslücke besteht also nicht.
Mit dieser Rechtsprechung weicht der erkennende Senat nicht von den von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidungen des 3. Senats des BSG (BSGE 35, 126 = SozR Nr 57 zu § 182 RVO; BSGE 36, 55 = SozR Nr 59 zu § 182 RVO) iS von § 42 SGG ab. Der Senat hat bereits aufgezeigt (BSG SozR 2200 § 1241 Nr 11), daß der 3. Senat im Urteil vom 23. Januar 1973 (BSGE 35, 126) über wesentlich anders gelagerte Rechtsfragen entschieden hat. Gleiches gilt für das Urteil des 3. Senats vom 22. Juni 1973 (BSGE 36, 55), in dem über die Bedeutung wiederholter, durch eine Zwischenbeschäftigung unterbrochener Arbeitsunfähigkeit für die Feststellung des maßgebenden Bemessungszeitraums zu entscheiden war. In beiden vorgenannten Urteilen hat auch der 3. Senat des BSG nicht die Auffassung vertreten, das Krankengeld sei aus dem Durchschnittswert des in den letzten drei Monaten erzielten Arbeitsentgelts zu berechnen. Schon deswegen ist nicht näher darzulegen, daß der 3. Senat des BSG jeweils ausdrücklich darauf hingewiesen hat, er habe nicht darüber zu entscheiden, wie der Regellohn festzustellen ist, wenn der Arbeitnehmer ein nach Monaten bemessenes Arbeitsentgelt erzielt hat. In diesem Zusammenhang ist schließlich darauf hinzuweisen, daß § 182 Abs 5 Satz 1 und 2 RVO anders als Satz 3 aaO keine gesetzliche Fiktion des maßgeblichen Regellohns enthält.
Der Beklagten muß ferner widersprochen werden, wenn sie meint, durch die Rechtsprechung des erkennenden Senats werde der in § 13 RehaAnglG verankerte Grundsatz durchbrochen, das Übg solle bei berufsfördernden und medizinischen Maßnahmen einheitlich berechnet werden. Im Gegenteil: Der erkennende Senat hält vielmehr dafür, daß das Übg bei Arbeitnehmern,
deren Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen ist, bei medizinischen und berufsfördernden Maßnahmen in gleicher Weise auf der Grundlage des in § 182 Abs 5 Satz 3 RVO genannten Regellohnes festzusetzen ist. Daß das Gesetz in § 18a Abs 1 Satz 2 und Abs 2 AVG eine Mindestsicherung nur bei berufsfördernden Maßnahmen vorsieht, beruht – was auf der Hand liegt – darauf, daß das Übg bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen lediglich den durch die Gesundheitseinbuße bedingten konkreten Einkommensausfall ausgleichen soll (KassKomm-Niesel, § 1246 RdNr 6), während der Betreute, der an einer berufsfördernden Maßnahme des Rentenversicherungsträgers teilnimmt, grundsätzlich nicht schlechter gestellt sein soll, als wenn die Bundesanstalt für Arbeit (BA) für die berufliche Rehabilitation zuständig wäre (Zweng/ Scherer/Buschmann, Handbuch der Rentenversicherung, Band II, § 1241a RVO Anm I), also eine angemessene Sicherung seines bisherigen Lebensstandards erhalten soll. Diesem Zweck dient auch die Vergleichsberechnung nach § 18a Abs 2 AVG, die seit Januar 1982 entgegen dem vorher gültigen Recht nicht mehr nur in Härtefällen, sondern immer durchzuführen ist. Die insoweit unterschiedliche Berechnung des Übg bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen einerseits, bei berufsfördernden andererseits hat das Gesetz planmäßig vorgesehen (vgl auch § 22 Abs 2 Nr 1 des 6. Buchs Sozialgesetzbuch – SGB VI).
Nach alledem mußte die Beklagte dem Kläger Übg auf der Grundlage des von ihm im Juli 1985 erhaltenen Gehalts zahlen, so daß die vorinstanzlichen Entscheidungen im wesentlichen aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung, für die das insgesamt geringfüge Obsiegen des Klägers nicht ausschlaggebend sein konnte, folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen