Leitsatz (amtlich)
Ein zum Sachverständigen bestellter Krankenhauschefarzt erstattet kein ordnungsgemäßes Gutachten, wenn er das vom Oberarzt verfaßte und unterzeichnete "Gutachten" lediglich mitunterzeichnet, ohne den in der gerichtlichen Beweisanordnung vorgeschriebenen Vermerk "dem vorstehenden Gutachten stimme ich zu" bei seiner Unterschrift anzubringen.
Normenkette
SGG § 118 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 128 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; ZPO § 404 Abs. 1, § 407 Abs. 1, § 411 Abs. 1 S. 1
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 29. September 1972 wird aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Klägerin beantragte im April 1963 für sich und den Kläger Hinterbliebenenversorgung nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG). Sie gab dazu an: Ihr Ehemann, der 1898 geborene Arzt Dr. H K (H. K.) aus K, Kreis Q, sei infolge einer Denunziation von Oktober 1945 bis zum 27. Dezember 1946 nacheinander im Gefängnis A sowie in der Straf- und Untersuchungshaftanstalt M in Haft gewesen. Er habe sich durch die Haft eine chronische Bronchitis zugezogen, habe infolge haftbedingter Gesundheitsschwäche eine Lungenembolie erlitten, die ein multiples Empyem (Eiteransammlung) gesetzt habe und sei nach einer Rippenresektion am 8. Mai 1949 an einem Kreislaufkollaps verstorben. Der Präsident des Niedersächsischen Verwaltungsbezirks hat in einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 HHG anerkannt. Nach medizinischer Beweiserhebung lehnte das Versorgungsamt B den Antrag ab, weil die akute Grippe mit Lungenentzündung und der nachfolgende Tod nicht im ursächlichen Zusammenhang mit Belastungen der politischen Internierung gestanden hätten (Bescheid vom 11. Mai 1965). Der Widerspruch, den die Klägerin mit einem Bericht des Facharztes für innere Krankheiten Dr. B über die Behandlung des Ehemannes begründete, blieb erfolglos (Bescheid vom 16. Juni 1966). Die Klägerin reichte dem Sozialgericht (SG) Braunschweig eine notarielle Erklärung ihres Vaters, des früheren Möbel- und Kunsthändlers W M, und eine Bescheinigung des Facharztes für innere Krankheiten Dr. M vom 5. Februar 1968 über den Zustand des Verstorbenen in den Jahren vor seinem Tod ein. Das SG holte von Amts wegen ein Gutachten von dem Facharzt für innere Krankheiten Landesmedizinaldirektor Dr. B und nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von dem Facharzt für innere Krankheiten und Lungenkrankheiten Prof. Dr. H sowie nach einer Zeugenvernehmung und einer ergänzenden schriftlichen Äußerung des Dr. M eine weitere gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. H ein. Den Beurteilungen durch Dr. B und Prof. Dr. H folgend, wies das SG die auf Gewährung von Witwen- und Waisenrente gerichtete Klage ab (Urteil vom 12. Mai 1971). Im Berufungsverfahren beauftragte der Berichterstatter beim Landessozialgericht (LSG) durch Beweisanordnung vom 9. Februar 1972 Dr. R, Chefarzt der inneren Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses C, ein weiteres Gutachten zu erstatten. In einem Begleitschreiben gab er dem Sachverständigen auf, unmittelbar an Dr. M gezielte Fragen zu richten, falls er solche habe, sowie ein von einer anderen Person abgesetztes Gutachten selbst zu unterschreiben und vor seiner Unterschrift den Vermerk "Dem vorstehenden Gutachten stimme ich zu" einzufügen. Unter dem 16. März 1972 schickte der Berichterstatter einen weiteren Schriftsatz der Kläger an Dr. R mit der Bitte um Verwertung. Das "Aktengutachten" vom 14. Juni 1972 mit dem Briefkopf "Dr. med. G Fachärztin für innere Krankheiten, Oberärztin am Allgemeinen Krankenhaus" und der Einleitungsformel "... erstatte ich gemäß Auftrag vom 9. Februar 1972 und Ergänzungsschreiben vom 16. März 1972 ..." ist von der Oberärztin Dr. G und von dem Chefarzt Dr. R ohne einen Zusatz unterschrieben. Die Kläger rügten schriftlich, daß das Gutachten von Dr. G erstattet worden sei; es sei nicht erkennbar, welche Bedeutung Dr. R Unterschrift beizumessen sei; dies müsse noch geklärt werden. Sie beantragten zugleich, das Gutachten aufgrund von Fragen an Dr. M ergänzen zu lassen. In der mündlichen Verhandlung beantragten sie hilfsweise, zur weiteren Sachaufklärung Dr. M als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, und widersprachen der Verwertung des von Dr. G erstatteten Gutachtens. Das LSG wies die Berufung zurück (Urteil vom 29. September 1972). Den Versorgungsanspruch nach den §§ 4 und 5 HHG i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erklärte es für unbegründet, weil H. K. nicht an den Folgen einer durch den Gewahrsam erlittenen Gesundheitsstörung verstorben sei. Nach den übereinstimmenden Beurteilungen durch die Sachverständigen Dr. B, Prof. Dr. H, Dr. R und Dr. G sei der Tod nicht wahrscheinlich durch Folgen der Haft, insbesondere eine chronische Bronchitis, als wesentliche Bedingung herbeigeführt worden. Entgegen der von Dr. M vertretenen Ansicht sei eine chronische Bronchitis nicht nachgewiesen. Aber selbst wenn sie bestanden hätte, sei eine lobäre Pneumonie mit Empyembildungen eine Seltenheit. Der Tod sei vielmehr auf ein akutes, schicksalhaftes Krankheitsgeschehen, eine Grippe, die eine rechtsseitige Unterlappenpneumonie mit anschließendem Empyem verursacht habe, zurückzuführen. Auch sei eine haftbedingte Minderung der körperlichen Widerstandskraft nicht ins Gewicht gefallen. Dr. M brauche nicht nochmals als sachverständiger Zeuge gehört zu werden, was Dr. R auch nicht für erforderlich gehalten habe; denn Dr. M habe sich ergänzend zu seiner Vernehmung schriftlich eingehend geäußert, und der wesentliche Sachverhalt sei durch die Gutachten voll aufgeklärt. Dr R brauche zu den Fragen der Beweisanordnung vom 9. Februar 1972 deshalb nicht mehr gehört zu werden, weil er durch seine Unterschrift zum Ausdruck gebracht habe, daß er die Verantwortung für das "Aktengutachten" vom 14. Juni 1972 trage und sich mit ihm identifiziere; die Mitunterzeichnung durch die Oberärztin Dr. G habe an der Alleinverantwortlichkeit des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. R nichts geändert.
Die Kläger rügen mit der nicht zugelassenen Revision eine Gesetzesverletzung bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Tod und gewahrsamsbedingten Gesundheitsschäden sowie wesentliche Verfahrensmängel: Das LSG hätte das Gutachten der Oberärztin Dr. G nicht berücksichtigen dürfen; denn der zum Sachverständigen bestellte Chefarzt Dr. R habe das Gutachten bloß mitunterzeichnet, und es sei nicht erkennbar, welche Bedeutung seiner Unterschrift beizumessen sei. Die Schlußfolgerung des LSG, Dr. R habe durch seine Unterschrift die Verantwortung für den Inhalt des Gutachtens übernommen, sei nicht zwingend; die Unterschrift könne auch anders gedeutet werden. Dieser Sachverständige hätte nur dann ordnungsmäßig im Sinn der vom LSG zitierten Entscheidungen mitwirken können, wenn das Gericht entsprechend der schriftlichen Anregung der Kläger aufgeklärt hätte, daß im konkreten Fall der Unterschrift die angenommene Bedeutung beizumessen sei. Außerdem hätte das LSG Dr. M gemäß der Beweisanregung der Kläger ergänzend über den Krankheitsverlauf, insbesondere über die chronische Bronchitis und die Resistenzminderung, hören müssen, zumal es Widersprüche in seinen Bekundungen aufgezeigt habe.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und nach dem Berufungsantrag der Kläger zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Er hält die Revision nicht für statthaft nach § 162 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGG.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die form- und fristgerecht erhobene Revision ist statthaft, weil die Kläger wenigstens einen wesentlichen Mangel des Berufungsverfahrens mit Erfolg gerügt haben (§ 162 Abs. 1 Nr. 2, §§ 164, 166 SGG; BSG 1, 150). Das Rechtsmittel ist auch insoweit erfolgreich, als der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LSG zurückverwiesen werden muß.
Die Kläger rügen zutreffend als wesentlichen Verfahrensmangel, das LSG hätte sein Urteil nicht auf das "Aktengutachten" vom 14. Juni 1972 als ein Gutachten des Chefarztes Dr. R stützen dürfen, ohne vorher durch eine weitere Aufklärung die Verantwortlichkeit dieses Arztes für den Inhalt klargestellt zu haben. Mit dieser schriftlichen Beantwortung der Fragen der Beweisanordnung vom 9. Februar 1972 hat der beauftragte Sachverständige Dr. R nicht nach § 118 Abs. 1 SGG i. V. m. den §§ 404, 407, 411 Zivilprozeßordnung (ZPO) ein eigenes schriftliches Gutachten erstattet. Der Berichterstatter hatte im Rahmen der ihm übertragenen Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch die Beweisanordnung vom 9. Februar 1972 ausschließlich Chefarzt Dr. R zum Sachverständigen ernannt (§§ 115, 106 Abs. 2 und 3 Nr. 5 SGG). Die damit angeordnete Beweiserhebung, die sich nach den allgemeinen Vorschriften über die Beweisaufnahme richtet (§ 106 Abs. 4 SGG), erforderte für die ordnungsmäßige Begutachtung, daß der Sachverständige vor seiner Tätigkeit, hier vor dem Einreichen seines schriftlichen Gutachtens beim Gericht (§ 118 Abs. 1 SGG, § 411 Abs. 1 ZPO), persönlich beauftragt worden war. Durch diese Bestellung, die er selbst nur unter bestimmten Umständen ablehnen und für die er beeidigt werden konnte, die auch wegen des Ablehnungsrechtes der Parteien auf eine bestimmte Person bezogen sein mußte, wurde er zur gewissenhaften, unparteiischen und selbstverantwortlichen Begutachtung gegenüber dem Gericht, d. h. zu einer Tätigkeit als Richtergehilfe im Rahmen eines geordneten Prozeßverfahrens, gegen eine Entschädigung verpflichtet (§ 118 Abs. 1 und 3 SGG, §§ 404 bis 413 ZPO; 11. Senat des BSG SozR Nr. 71 zu § 128 SGG = NJW 1965, 368; SozR Nr. 73 zu § 128 SGG; 5. Senat des BSG SozR Nr. 81 zu § 128 SGG = NJW 1968, 223; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, Komm. z. ZPO, 19. Aufl. 1972, Vorbem. IV vor § 402 ZPO u. § 404, Anm. I, 7 u. 8; Friederichs, NJW 1965, 1100). Das LSG ist zwar anscheinend im wesentlichen von dieser Rechtslage ausgegangen, hat aber nicht genügend beachtet, in welcher Form der Sachverständige seinen Auftrag gesetzmäßig erfüllen mußte. Auf die zustimmend zitierten Entscheidungen (BSG 8, 72; SozR Nr. 7 zu § 109 SGG; BVerwG NJW 1969, 1591) hat es sich nicht berufen können. Der Berichterstatter hatte wohl dem Chefarzt Dr. R überlassen, das schriftliche Gutachten für sich von einem anderen Arzt "absetzen" zu lassen, hatte ihm aber (entsprechend dem Beschluß des 8. Senats des BSG, SozR Nr. 7 zu § 109 SGG) für diesen Fall ausdrücklich aufgegeben, mit dem vorformulierten Vermerk, daß er dem Gutachten zustimme, zu unterschreiben. Auf diese Weise sollte er erkennbar die gesetzliche Verantwortung des Sachverständigen für das Gutachten als sein eigenes übernehmen. Ob allgemein die bloße Unterschrift eines Sachverständigen unter einem schriftlichen Gutachten, das eine andere Person verfaßt hat, genügt, um seine gesetzliche Verantwortung zu bestätigen, oder ob sie stets mit einem ausdrücklichen Zustimmungsvermerk verbunden sein muß, weil das Unterschreiben einer Privaturkunde nicht mehr beweist, als daß der Unterzeichnende die Erklärung abgegeben hat (§ 416 ZPO; BSG 8, 72, 76 f), kann dahingestellt bleiben. Hier war das ausdrückliche Verlangen, Chefarzt Dr. R müsse mit einem festgelegten Vermerk unterschreiben, wesentlicher Bestandteil des gerichtlichen Auftrages, ein ordnungsmäßiges Gutachten zu erstatten (§ 106 Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4, § 118 Abs. 1 SGG, § 404 Abs. 1 ZPO). Dies hat das LSG nicht beachtet. Ohne den geforderten Zustimmungsvermerk enthält das "Aktengutachten" vom 14. Juni 1972 allein Antworten der Oberärztin Dr. G auf die Beweisfragen. Daß die Oberärztin die ausschließlich verantwortliche Verfasserin ist, folgt zwingend aus dem auf ihre Person bezogenen Briefkopf und aus den einleitenden Worten, die auf sie als einzige Autorin hinweisen. Auch in dem übrigen Inhalt wird niemals von mehreren Verfassern gesprochen. Damit kann rein sprachlich der Inhalt des "Gutachtens", das in der ersten Person des Singulars (der Einzahl) verfaßt ist, nicht als Stellungnahme mehrerer Personen, hier zugleich des mitunterzeichnenden Chefarztes Dr. R, gewertet werden. Dr. R Unterschrift steht beziehungslos unter dem von einer anderen Person angefertigten und von ihr zu verantwortenden Text. Schon allein deshalb ist die Annahme des LSG nicht zwingend, dieser Arzt habe durch seine Unterschrift zum Ausdruck bringen wollen, er übernehme die volle Verantwortung des Sachverständigen für den Inhalt des "G". Außerdem hätte Dr. R, falls er es als sein eigenes anerkennen wollte, die zwingend vorgeschriebene Form der Zustimmung beachten müssen. Schließlich ist die Schlußfolgerung des LSG auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil Dr. R möglicherweise ebenso die weitere Auflage, erforderlichenfalls Dr. M ergänzend zu befragen, nicht zur Kenntnis genommen und folglich dessen Berichte und Stellungnahmen nicht selbst gelesen und bei der Urteilsbildung berücksichtigt hat. Diese Möglichkeit hätte sich dem LSG besonders wegen der Tatsache, daß im "Gutachten" eine solche weitere Befragung nicht ausdrücklich für überflüssig erklärt worden ist, aufdrängen müssen. Entsprechend dem schriftlichen und in der mündlichen Verhandlung wiederholten Hinweis der Kläger hätte das LSG Dr. R befragen müssen, ob er das "Aktengutachten" in der vorliegenden Form als seine eigene sachkundige Beantwortung der Beweisfragen, die er für vollständig und richtig halte, anerkenne. Voraussetzung für eine solche Erklärung des Dr. R wäre allerdings, daß er vor der Ablieferung des "Gutachtens" an diesem, entsprechend dem Ernennungsakt, in vollem Bewußtsein seiner gesetzlichen Pflichten als Sachverständiger selbstverantwortlich mitgewirkt, u. a. in erforderlichem Umfang sich über den Sachverhalt durch Aktenstudium unterrichtet und dem Inhalt des "Gutachtens" als eigenem zugestimmt hätte. Der Senat des LSG in voller Besetzung hat nicht nachträglich von dem Verlangen, durch einen zusätzlichen Vermerk die Verantwortung des Sachverständigen für das Gutachten zu übernehmen, absehen können; denn der Bestellungsakt, in dem dieser Vermerk gefordert worden ist, muß Grundlage der Begutachtung gewesen und geblieben sein.
Das LSG hat das "Gutachten" vom 14. Juni 1972 nicht hilfsweise als solches im Sinn der §§ 402 bis 411 ZPO, das die Oberärztin Dr. G als Sachverständige erstattet hätte, oder als eine von ihr geschaffene Urkunde (vgl. BSG SozR Nr. 73 zu § 128 SGG; Friederichs, aaO; Müller, SGb 1967, 289) ge- und verwertet. Das wäre auch nicht zulässig gewesen. Dr. R durfte nicht von sich aus seine Oberärztin beauftragen, das angeforderte Gutachten für das Gericht alleinverantwortlich an seiner Stelle zu erstatten, und konnte die Ernennung zum Sachverständigen nicht wirksam auf sie übertragen (BSG SozR Nr. 71 und 81 zu § 128 SGG; Friedrichs und Müller aaO; vgl. dazu auch Hanack, NJW 1961, 2041; Stern, Medizinischer Sachverständiger 1970, 244); ein Fall des Auftrages an eine Klinik, der anders zu beurteilen sein könnte (BSG SozR Nr. 73 zu § 128 SGG; BVerwG, aaO), war hier nicht gegeben. Ob das LSG nach Erstattung des Gutachtens die Verfasserin zur Sachverständigen bestimmen konnte, kann dahingestellt bleiben. Wenn es die Oberärztin im angefochtenen Urteil wiederholt als "Sachverständige" bezeichnet hat, so hat es sie dadurch allein nicht nachträglich im Wege einer die Beweisanordnung abändernden Entscheidung (§ 118 Abs. 1 SGG, §§ 358 - 360, 404 Abs. 1 ZPO) zur Sachverständigen bestellt. Dagegen sprechen auch die Formulierungen im Urteil, Dr. G habe "mitunterzeichnet" (S. 11 und 16) und Dr. R habe die "Alleinverantwortlichkeit" als Sachverständiger getragen (S. 16). Die Oberärztin ist aber nicht als Gehilfin des Sachverständigen (BSG SozR Nr. 7 zu § 109 SGG; BSG 8, 72, 77) tätig geworden, weil Dr. R kein ordnungsmäßiges Gutachten erstattet hat.
Die Kläger sind berechtigt, ihre Revision auf diesen Verfahrensmangel zu stützen, obwohl sie nicht Dr. R als Sachverständigen nach § 103 Satz 2 SGG vorgeschlagen oder gar nach § 109 SGG zwingend ausgewählt hatten. Ein solcher Verfahrensfehler kann sowohl in diesen Fällen als in einem Fall wie dem vorliegenden von einer Partei geltend gemacht werden. Ungeachtet ihres Interesses an dem von ihr evtl. benannten Sachverständigen (wie auch im Fall des § 404 Abs. 4 ZPO) liegt ein Verstoß gegen die Beweisanordnung vor und damit gegen den allein dem Gericht obliegenden Hoheitsakt, der mit der Ernennung des Sachverständigen das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen diesem und dem Gericht (BGH JZ 1973, 24, 25) begründet. Jede Partei kann darauf bestehen, daß das Gericht eine unverändert gelassene Bestellung eines Sachverständigen beachtet, und darf widersprechen, wenn es eine Äußerung, die nicht von einer vorher als Sachverständigen beauftragten Person stammt, als Gutachten i. S. des Gesetzes verwertet (im Ergebnis auch BSG SozR Nr. 81 zu § 128 SGG). Die zuvor zitierten Entscheidungen des BSG sind zwar im wesentlichen in Fällen von Begutachtungen nach § 109 SGG ergangen. Das beeinträchtigt aber nicht ihre Bedeutung für Begutachtungen von Amts wegen (§ 103 SGG); diese unterscheiden sich nicht von jenen, soweit sie die Beachtung des Ernennungsaktes auch im Interesse der Parteien betreffen. Der 10. Senat des BSG hat mit Beschluß vom 12. April 1962 - 10 RV 1107/61 - bei Erstattung des Gutachtens durch einen Oberarzt anstelle des beauftragten Klinikdirektors die Rüge, § 118 SGG und die §§ 358 ff ZPO seien verletzt, für unberechtigt erklärt. Diese Entscheidung steht der vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung nicht entgegen. Denn in jenem Fall war nicht ausdrücklich vorgeschrieben worden, daß und wie der Klinikchef an dem Gutachten mitwirken sollte.
Die Revision ist wegen dieses Verfahrensmangels begründet. Wie bereits dargelegt, ist nicht auszuschließen, daß Dr. R sich bei Beachtung des gesamten Auftrages als Sachverständiger anders als Dr. G geäußert hätte.
Da das LSG sein Urteil auf ein nicht ordnungsmäßig angefertigtes Gutachten gestützt hat, kann das Revisionsgericht nicht in der Sache selbst entscheiden, muß vielmehr den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LSG zurückverweisen, damit das Berufungsgericht die Beweisaufnahme im Sinn der vorstehenden Ausführungen ergänzt (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Das LSG wird in dem weiteren Verfahren auch § 38 Abs. 2 BVG beachten müssen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen