Orientierungssatz
Satzungsbestimmungen einer Ersatzkasse, die für freiwillig versicherte Mitglieder eine nach den Familienstand differenzierte Beitragshöhe vorsehen, sind seit dem 1974-10-01 ungültig.
Normenkette
RVO § 205 Abs. 1 Fassung: 1974-08-07, § 507 Abs. 4 Fassung: 1974-08-07; SVAufbauV 12 Art. 2 § 4 Abs. 2 Fassung: 1937-04-01
Verfahrensgang
SG Köln (Entscheidung vom 16.01.1978; Aktenzeichen S 19 Kr 223/76) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16. Januar 1978 und der Bescheid der Beklagten vom 23. März 1976 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. August 1976 aufgehoben.
Es wird festgestellt, daß die die Beitragsdifferenzierung zwischen den Versicherungsklassen 320 und 321 betreffenden Vorschriften der Versicherungsbedingungen der Beklagten seit dem 1. Oktober 1974 ungültig sind.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist die beitragsrechtliche Einstufung des Klägers und die Erstattung von Beitragsteilen.
Der Kläger, der verheiratet ist und Kinder hat, bezieht als Angestellter ein die Jahresarbeitsverdienstgrenze übersteigendes Entgelt. Er gehört seit dem 1. Januar 1973 als Mitglied der Beklagten der Versicherungsklasse 321 an. Diese Versicherungsklasse gilt nach den Versicherungsbedingungen (VB) der Beklagten - Abschnitt D - für nichtversicherungspflichtige Mitglieder mit Angehörigen mit erhöhtem Krankengeldanspruch. Für nichtversicherungspflichtige Mitglieder ohne Angehörige steht die Versicherungsklasse 320 zur Verfügung. Für diese Klasse sind niedrigere Beiträge zu entrichten. Nach den bis zum 1. Januar 1976 gültig gewesenen VB konnten sich nichtversicherungspflichtige Mitglieder mit Familienangehörigen auch ohne Anspruch auf Familienhilfe versichern. Die seither geltenden VB gestatten das nur noch, sofern das Mitglied keinen Anspruch auf Familienhilfe geltend macht und anderweitig ein solcher Anspruch besteht. Neben den Klassen 320 und 321 gibt es für die nichtversicherungspflichtigen Mitglieder noch die Klassen 310 und 311. Sie führen zu einem niedrigeren Krankengeldanspruch, unterscheiden aber auch zwischen Versicherten mit und solchen ohne Familienhilfeanspruch.
Mit Schreiben vom 25. Februar 1976 vertrat der Kläger die Auffassung, die Beklagte erhebe seit dem 1. Oktober 1974 zu Unrecht Zuschläge für freiwillig Versicherte mit Angehörigen. Er beantragte die Rückzahlung der nach seiner Ansicht von ihm seither zuviel gezahlten Beiträge. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. März 1976 ab, der Widerspruch hatte keinen Erfolg.
Vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und festzustellen, daß eine Unterscheidung der Beitragsklassen danach, ob Leistungen für Familienangehörige gewährt werden oder nicht, seit dem 1. Oktober 1974 rechtswidrig sei, sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm die seit dem 1. Oktober 1974 zuviel entrichteten Beiträge zu erstatten. Das SG hat mit Urteil vom 16. Januar 1978 die Klage abgewiesen: Es könne dahingestellt bleiben, ob die den Kläger betreffende Einteilung der Versicherungsklassen im Abschnitt D der VB der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 507 Abs 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) nichtig sei. Selbst wenn das zu bejahen wäre, könne der Kläger hieraus nicht das Recht herleiten, zur Beitragsleistung nur in gleicher Höhe herangezogen zu werden wie Mitglieder ohne familienhilfeberechtigte Angehörige. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor. Das unterschiedliche Leistungsrisiko der Ersatzkassen bei Mitgliedern mit familienhilfeberechtigten Angehörigen einerseits und Mitgliedern ohne solche Angehörige andererseits liege auf der Hand und rechtfertige auch und gerade bei einer Solidargemeinschaft eine unterschiedliche Beitragsgestaltung.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er meint, eine Differenzierung der Beitragsklassen danach, ob sich der Versicherungsschutz auf Leistungen der Familienkrankenpflege erstrecke oder nicht, verstoße seit dem 1. Oktober 1974 sowohl gegen den Gleichheitsgrundsatz als auch gegen das Solidaritätsprinzip; denn seither gelte § 205 RVO für sämtliche Ersatzkassenmitglieder ohne Rücksicht darauf, ob das freiwillige Mitglied für den gesetzlichen Anspruch auf Familienkrankenpflege einen höheren Beitrag geleistet habe. Da seit dem 1. Oktober 1974 potentiell jeder Versicherte einen Rechtsanspruch auf Familienkrankenpflege habe, sei es ein Gebot der Gerechtigkeit, alle Versicherten gleichermaßen, also ohne Rücksicht auf ihren augenblicklichen Familienstatus, zur Finanzierung dieser Leistung heranzuziehen. Der Beklagten stehe deshalb bei der Beitragsfestsetzung insoweit kein Gestaltungsspielraum mehr zu.
Der Kläger beantragt,
1. das angefochtene Urteil sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. März 1976 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 6. August 1976 aufzuheben,
2. festzustellen, daß eine Unterscheidung der Beitragsklassen einmal ohne Einschluß und einmal mit Einschluß von Leistungen für Familienangehörige seit dem 1. Oktober 1974 rechtswidrig ist,
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm die von ihm seit dem 1. Oktober 1974 geleistete Beitragsdifferenz für freiwillige Mitglieder mit Anspruch auf Familienhilfe zu freiwilligen Mitgliedern ohne einen solchen Anspruch zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und vertritt die Auffassung, ein gesetzliches Gebot, die freiwillig Versicherten mit Angehörigen den freiwillig Versicherten ohne Angehörige ungeachtet des unterschiedlichen Leistungsrisikos beitragsrechtlich gleichzustellen, werde durch § 507 Abs 4 iVm § 205 RVO nicht statuiert. Die durch diese Vorschriften bewirkte Veränderung des Leistungsrechts habe nicht zwangsläufig Auswirkungen auf das Beitragsrecht. Insoweit stehe der Ersatzkasse weiterhin eine Gestaltungsfreiheit zu.
II
Die Revision ist zum Teil begründet.
Die beitragsrechtliche Grundlage für freiwillig versicherte Ersatzkassenmitglieder ist die 12. Verordnung (VO) zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. Dezember 1935 - 12. Aufbau-VO - (RGBl I 1537) in der Fassung der 15. VO zum Aufbau der Sozialversicherung vom 1. April 1937 - 15. Aufbau-VO - (RGBl I 439); denn diese VO sind nach Art 123, 125 Nr 1 des Grundgesetzes (GG) Bundesrecht geworden (vgl BSGE 16, 165, 168). Der Bundesgesetzgeber hat durch ihre mehrfache Änderung - zuletzt in Art 1 § 4 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) - ihre Weitergeltung ausdrücklich bestätigt. Durch diese VO haben die Ersatzkassen die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhalten (§ 2 Abs 1 Satz 3 idF der 15. Aufbau-VO) und sind so zu mit Satzungsautonomie ausgestatteten Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung geworden. Daraus folgt, daß das Versicherungsverhältnis der Mitglieder zu diesen Kassen ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis ist; denn es dient dazu, ihre Angelegenheiten auf dem Gebiet der sozialen Krankenversicherung zu regeln. Hinsichtlich ihrer freiwillig versicherten Mitglieder ist den Ersatzkassen zwar eine Sonderstellung eingeräumt worden; denn nach § 4 Abs 2 der 12. Aufbau-VO gelten "für die Versicherung nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht die Bestimmungen der Satzung". Jedoch stehen auch die freiwillig versicherten Mitglieder einer Ersatzkasse zu dieser seither in einem öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnis.
Die freiwillige Versicherung bei gesetzlichen Pflichtkassen iS des § 225 RVO beruht unmittelbar auf den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (vgl §§ 176 ff, § 313 RVO). Demgegenüber werden die nichtversicherungspflichtigen Mitglieder der Ersatzkassen aufgrund des Satzungsrechts versichert. Die Ausgestaltung solcher Versicherungsverhältnisse ist weitgehend der einzelnen Ersatzkasse überlassen; denn sie kann aufgrund ihrer Satzungsautonomie und damit im Wege objektiver Rechtsetzung die Weiterversicherung zulassen und deren Bedingungen regeln, also auch die Voraussetzungen und den Umfang der Leistungen bestimmen und die von den freiwillig Versicherten zu entrichtenden Beiträge festsetzen. Eine Gestaltungsfreiheit besteht allerdings nur, soweit das Gesetz keine Regelungen vorsieht; denn die den Ersatzkassen aufgrund ihrer Satzungsautonomie zustehende Rechtsetzungsbefugnis wird eingeschränkt durch höherrangiges Recht. Ihre Satzungsbestimmungen dürfen deshalb nicht gegen solches Recht verstoßen (vgl BSGE 25, 195, 197). Eine in der Satzung vorgeschriebene Beitragsdifferenzierung zwischen nichtversicherungspflichtigen Mitgliedern mit familienhilfeberechtigten Angehörigen und solchen ohne derartige Angehörige, wie sie in der Gestaltung der Versicherungsklassen 320 und 321 der Beklagten Ausdruck gefunden hat, verstößt jedoch gegen die in der RVO festgelegten leistungs- und beitragsrechtlichen Grundsätze und damit gegen höherrangiges Recht.
Das am 1. Oktober 1974 in Kraft getretene Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) hat den 4. Absatz des § 507 RVO geändert (§ 21 Nr 33 RehaAnglG). In dem Absatz ist eine Reihe von Vorschriften der RVO aufgezählt und vorgeschrieben, daß sie für "Mitglieder" der Ersatzkassen gelten. Dieser 4. Absatz ist dem § 507 RVO erst mit Wirkung vom 1. Januar 1970 angefügt worden. Zu jenem Zeitpunkt ist auch - damit zusammenhängend - der zweite Satz des 1. Absatzes dieser Vorschrift gestrichen worden (vgl Art 2 Nr 22 Buchst b des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung vom 27.7.1969; BGBl I 946, 950). Bereits dieser Satz hatte eine Anzahl der jetzt im 4. Absatz des § 507 RVO aufgezählten Vorschriften genannt und vorgeschrieben, daß sie "gelten". Er bezog sich allerdings lediglich auf die versicherungspflichtigen Ersatzkassenmitglieder; denn er schloß sich an den ersten Satz des 1. Absatzes an und dieser betraf und betrifft auch jetzt noch ausdrücklich nur "Versicherungspflichtige". § 507 Abs 4 RVO dagegen gilt sowohl für versicherungspflichtige als auch für nichtversicherungspflichtige Ersatzkassenmitglieder; er erfaßt also beide Mitgliedergruppen, denn er spricht im Gegensatz zu den ersten drei Absätzen der Vorschrift, in denen nur von "Versicherungspflichtigen" die Rede ist, lediglich von den "Mitgliedern" der Ersatzkassen (BSGE 45, 130, 131). Daß damit alle Ersatzkassenmitglieder gemeint sind, macht die Art dieser Gesetzesänderung deutlich: Wenn sich der 4. Absatz des § 507 RVO auch nur auf die Versicherungspflichtigen hätte beziehen sollen, hätte es der Anfügung dieses Absatzes und der gleichzeitigen Streichung des bisherigen § 507 Abs 1 Satz 2 RVO nicht bedurft. Es hätte dann genügt, die bereits in diesem zweiten Satz enthaltene Aufzählung von Vorschriften zu ergänzen (vgl Peters, Handb. d. Krankenversicherung, 56. Nachtrag § 507 Anm 8 Abs 5; Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung § 507 Anm 1).
Bei der durch das RehaAnglG erfolgten Änderung des 4. Absatzes von § 507 RVO ist der die Familienhilfe betreffende § 205 RVO vollständig in die Reihe der darin aufgezählten Vorschriften aufgenommen worden. Diese Änderung bewirkte mithin, daß § 205 Abs 1 RVO seither in vollem Umfang auch für nichtversicherungspflichtige Ersatzkassenmitglieder gilt. Auch ihnen steht also - ebenso wie bis dahin schon den versicherungspflichtigen Mitgliedern (§ 507 Abs 1 iVm § 179 Abs 1 und 2 RVO) - ein gesetzlicher Anspruch auf Familienhilfe zu.
Durch diese Gesetzesänderung wurde hinsichtlich der nichtversicherungspflichtigen Ersatzkassenmitglieder die Familienhilfe von einer satzungsmäßigen freiwilligen Mehrleistung in eine pflichtmäßig zu erbringende Regelleistung umgewandelt. Die Gestaltungsfreiheit durch Satzung fiel also insoweit weg; denn Voraussetzungen und Umfang der Familienhilfe sind in der RVO und damit gesetzlich festgelegt. Die Ersatzkassen sind mithin seit dem 1. Oktober 1974 kraft Gesetzes verpflichtet, ihren nichtversicherungspflichtigen Mitgliedern ebenso im Rahmen des § 205 RVO Familienhilfe als gesetzlich vorgeschriebene Regelleistung zu gewähren, wie ihren versicherungspflichtigen Mitgliedern. Sie dürfen seither hinsichtlich der Familienhilfeleistungen zwischen beiden Mitgliedergruppen keinen Unterschied mehr machen; denn die Familienhilfe ist nunmehr eine Sozialleistung, auf die jedes Ersatzkassenmitglied einen gesetzlichen Anspruch hat.
Diese Änderung des Leistungsrechts beeinflußte zwangsläufig auch das Beitragsrecht; denn wenn die Familienhilfe eine vom Gesetz vorgeschriebene Regelleistung für alle Mitglieder der Kasse ist, dann kann sie nicht dazu dienen, eine Beitragsdifferenzierung zwischen verschiedenen Mitgliedergruppen zu begründen. Eine solche Differenzierung war nur möglich, solange die Familienhilfe von den Ersatzkassen als satzungsgemäße Mehrleistung gewährt wurde. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, daß der Sachumfang einer Versicherung - das versicherte Risiko - davon beeinflußt wird, ob sie Familienhilfe umfaßt oder ob das nicht der Fall ist. Die Möglichkeit, diese Tatsache beitragsmäßig zu bewerten, ist aber durch das RehaAnglG beseitigt worden. Die Ersatzkasse darf seither das Versicherungsrisiko der Familienhilfe nicht mehr nur für bestimmte Mitgliedergruppen übernehmen, sondern muß zwingend allen Mitgliedern Leistungen der Familienhilfe gewähren. Die Tatsache, daß ein Versicherter die Familienhilfe nicht in Anspruch nimmt oder - weil er keine Angehörigen hat - nicht in Anspruch nehmen kann, vermag eine Beitragsdifferenzierung nicht zu rechtfertigen. Es ist ein Kennzeichen der sozialen Krankenversicherung, daß der Eintritt eines solchen Risikos durch die Leistungen der Solidargemeinschaft der Versicherten aufgefangen wird und nicht zu einer zusätzlichen versicherungsmäßigen Belastung eines einzelnen Mitgliedes führen darf. Es ist Aufgabe der Solidargemeinschaft, die bei den verschiedenen Versicherten bestehenden ungleichen Risiken auszugleichen, wobei der Ausgleich der gesamten Solidargemeinschaft obliegt und nach sozialen Gesichtspunkten zu erfolgen hat. Deshalb können beispielsweise die Beiträge für männliche und weibliche Mitglieder nicht unterschiedlich hoch bemessen werden, obwohl männliche Mitglieder zB Leistungen der Mutterschaft naturgemäß nicht in Anspruch nehmen können. Wenn auch im Bereich der privaten Versicherung solche Unterscheidungen zulässig sind, so haben sie in der gesetzlichen Krankenversicherung als einer auf sozialen Ausgleich ausgerichteten Institution keinen Raum. Deshalb ist als Grundsatz auch bisher schon von der Rechtsprechung ausgesprochen worden, daß sich die Tatsache, daß die Versicherten je nach Familienstand, insbesondere je nach der Anzahl ihrer mitversicherten Angehörigen, mehr oder weniger umfangreiche Kassenleistungen beziehen können, nicht in der Beitragsbemessung niederschlagen darf (vgl BSGE SozR 2200 § 313 a Nr 1). Zum Wesen des sozialen Ausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung gehört nicht nur die Unabhängigkeit der sachlichen Leistungen von der Höhe des zu entrichtenden Beitrags, sondern auch die Erstreckung der Versicherung auf Familienangehörige ohne Mehrbelastung des Versicherten. Aus diesem Grund bestimmte schon die 4. VO des Reichspräsidenten vom 8. Dezember 1931 (5. Teil, Kap. I Abschn 2 § 3; RGBl I 699, 719): "Für die Familienhilfe dürfen die Ersatzkassen von den Versicherungspflichtigen Zusatzbeiträge nicht erheben". Nach der durch die Änderung des § 507 Abs 4 RVO hinsichtlich der Familienhilfeleistungen erfolgten Gleichstellung der beiden Mitgliedergruppen muß dieser Grundsatz zwangsläufig auch für die nichtversicherungspflichtigen Mitglieder der Ersatzkasse gelten. Auch von ihnen dürfen die Ersatzkassen seit dem 1. Oktober 1974 zusätzliche Beiträge für mitversicherte Familienangehörige nicht erheben.
Gleichgültig ist insoweit, ob die Ersatzkasse eine auf den Familienstand bezogene Beitragsdifferenzierung als "Familienzuschlag" oder als "Ledigenabschlag" bezeichnet; denn für die durch eine solche Differenzierung benachteiligte Mitgliedergruppe sind die wirtschaftlichen Auswirkungen dieselben.
Beiden Bezeichnungen kommt praktisch keine unterschiedliche Bedeutung zu.
Entscheidend ist dagegen, daß seit dem 1. Oktober 1974 aufgrund gesetzlicher Vorschriften freiwillig versicherte Ersatzkassenmitglieder mit Angehörigen solchen ohne Angehörige ungeachtet des unterschiedlichen Leistungsrisikos beitragsrechtlich ebenso gleichzustellen sind, wie das bei versicherungspflichtigen Ersatzkassenmitgliedern schon vor diesem Zeitpunkt zu geschehen hat. Satzungsvorschriften und sie ergänzende VB einer Ersatzkasse, die dem nicht Rechnung tragen, verstoßen mithin gegen das Gesetz, also gegen höherrangiges Recht, und sind deshalb ungültig. Das ist bei den die Versicherungsklassen 320 und 321 betreffenden Vorschriften der VB der Beklagten der Fall, denn sie enthalten eine auf den Familienstand der Versicherten bezogene Beitragsdifferenz.
Nur der Klarstellung halber sei darauf hingewiesen, daß es der Beklagten nicht verwehrt ist, solche sachbezogene Differenzierungen in der Beitragserhebung beizubehalten, die nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Deshalb bestehen keine Bedenken dagegen, daß die Beklagte zwischen den Versicherungsklassen 310/311 einerseits und 320/321 andererseits Beitragsunterschiede macht, weil diese Differenzierung durch die unterschiedliche Krankengeldhöhe begründet wird.
Die Ungültigkeit der erwähnten Bestimmungen der VB hat zur Folge, daß die Beklagte verpflichtet ist, mit Wirkung ab 1. Oktober 1974 für ihre nichtversicherungspflichtigen Mitglieder - zu denen der Kläger gehört - einheitliche Beitragsklassen zu schaffen, dh solche, die sowohl für Ledige als auch für Versicherte mit Familienangehörigen dieselben Beitragssätze enthalten, so daß eine auf den Familienstand bezogene Beitragsdifferenzierung entfällt.
Welche Beiträge der Kläger für die Zeit ab 1. Oktober 1974 zu entrichten hat und ob er seither überhöhte Beiträge gezahlt hat, kann sich naturgemäß erst nach Schaffung der neuen Beitragsklassen ergeben. Seine Auffassung, er habe Beiträge nur in der Höhe zu entrichten, wie sie die Beklagte von ihren nichtversicherungspflichtigen Mitgliedern ohne Familienangehörige gefordert hat, geht fehl. Es kann fraglich sein, ob es der Beklagten möglich gewesen wäre, zur vollständigen Abdeckung aller Risiken einschließlich der Familienhilfe mit solchen Beiträgen auszukommen. Solange die von der Beklagten für die genannte Zeit zu schaffenden neuen Beitragsklassen nicht feststehen, läßt sich deshalb nicht sagen, ob der Kläger seither überhaupt "zuviel" Beiträge entrichtet hat. Der von ihm geltend gemachte Erstattungsanspruch ist mithin zur Zeit nicht begründet.
Nach alledem muß die Revision in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfange Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen