Orientierungssatz

Beitragserstattung und Wiedereinzahlung von Beiträgen - Beitragsnachentrichtung - Verfassungsmäßigkeit:

1. Ein Vergleich der Regelungen in Art 2 § 5a Abs 2, § 27 Abs 1 und § 44a Abs 3 AnVNG macht deutlich, daß es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, der es gestattet, die mit einer Beitragserstattung verbundenen versicherungsrechtliche Nachteile nach einer Ausdehnung des pflichtversicherten bzw versicherungsberechtigten Personenkreises durch Wiedereinzahlung von erstatteten Beiträgen - mit der Folge einer Wiederherstellung des früheren Versicherungsverhältnisses - rückwirkend zu beseitigen.

2. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) ist insbesondere für einen Vergleich der Voraussetzungen des Art 2 § 44a Abs 3 AnVNG mit denen des Art 2 § 5a AnVNG nicht erkennbar.

3. Dadurch, daß der Gesetzgeber die Nachentrichtung von Beiträgen in Art 2 § 44a AnVNG von einer Mindestzugehörigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung abhängig gemacht hat, hat er nur eine Einschränkung vorgenommen, die er auch bei anderen vergleichbaren, zur Nachentrichtung berechtigenden Lebenssachverhalten aufgestellt hat. Er hat sich damit noch innerhalb des ihm durch den Sozialstaatsgrundsatz des Art 20 Abs 1 GG vorgegebenen Gestaltungsrahmens bewegt.

 

Normenkette

AnVNG Art. 2 § 44a Abs. 3 Fassung: 1972-10-16; ArVNG Art. 2 § 46 Abs. 3 Fassung: 1972-10-16; AnVNG Art. 2 § 44a Abs. 7 Fassung: 1972-10-16; ArVNG Art. 2 § 46 Abs. 7 Fassung: 1972-10-16; AVG § 82 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1303 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; AnVNG Art. 2 § 5a Abs. 2 Fassung: 1967-12-21, § 27 Abs. 1 Fassung: 1969-07-28; ArVNG Art. 2 § 4a Abs. 1 Fassung: 1967-12-21, § 28 Abs. 1 Fassung: 1969-07-28; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 20 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 24.07.1981; Aktenzeichen L 11 An 114/80)

SG München (Entscheidung vom 31.10.1979; Aktenzeichen S 12 An 468/78)

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit wird um die Berechtigung zur Wiedereinzahlung von erstatteten Beiträgen und zur Beitragsnachentrichtung im Rahmen des Art 2 § 44a Abs 3 und 7 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) geführt.

Die Klägerin ist die Witwe des 1923 geborenen und 1963 verstorbenen Dr. med. E. J. W.. Dieser befand sich von 1950 bis Ende Februar 1957 in einer seinerzeit als versicherungsfrei angesehenen Facharztausbildung. Im August 1960 nahm er eine Chefarztstelle an. Die für die Zwischenzeit (1. März 1957 bis 31. Juli 1960) aufgrund einer Nachversicherung entrichteten Beiträge sind ihm antragsgemäß erstattet worden. Im August 1974 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag, die erstatteten Beiträge wieder einzahlen zu dürfen und ihr die Nachentrichtung von Beiträgen für die Zeit der Facharztausbildung ihres verstorbenen Mannes gem Art 2 § 44a Abs 3 AnVNG zu gestatten. Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 13. Dezember 1977, Widerspruchsbescheid vom 19. April 1978). Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom Sozialgericht (SG) München (Urteil vom 31. Oktober 1979) abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung seines Urteils vom 24. Juli 1981 im wesentlichen ausgeführt: Zwar stehe einer Beitragsnachentrichtung durch die Klägerin nicht entgegen, daß ihr Ehemann verstorben und der Versicherungsfall damit bereits eingetreten sei, da Art 2 § 44a Abs 6 AnVNG eine Beitragsnachentrichtung auch noch nach dem Tode des Versicherten zulasse. Die Möglichkeit einer Nachentrichtung von Beiträgen scheitere im Falle der Klägerin jedoch daran, daß gem Art 2 § 44a Abs 7 AnVNG eine Nachentrichtung nur dann zulässig sei, wenn "insgesamt eine Versicherungszeit von mindestens 60 Kalendermonaten zurückgelegt ist" oder nach dem Ende der Ausbildung "während mindestens 24 Kalendermonaten Beiträge für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet sind". Da der verstorbene Ehemann der Klägerin für weniger als 60 Kalendermonate Versicherungsbeiträge entrichtet habe und ihm die für die Zeit nach der Facharztausbildung entrichteten Beiträge nach der seinerzeitigen Rechtslage rechtmäßig erstattet worden seien, lägen die nach Abs 7 des Art 2 § 44a AnVNG alternativ notwendigen Vorversicherungszeiten nicht vor. Die Klägerin könne auch nicht aus einem Vergleich mit den in anderen Vorschriften zugelassenen Beitragsentrichtungsmöglichkeiten eine Verfassungswidrigkeit des Art 2 § 44a AnVNG herleiten. Zwar habe der Ehemann der Klägerin nach dem seinerzeit geltenden Recht keine Möglichkeit zur freiwilligen Weiterversicherung, sondern nur das Recht zur Beitragserstattung gehabt, doch lasse sich hiermit ein Anspruch auf Wiedereinzahlung der erstatteten Beiträge wie in Art 2 § 5a Abs 2 AnVNG nicht begründen. Der Gesetzgeber sei auch aufgrund des Gestaltungsrahmens der Sozialstaatsklausel des Art 20 Abs 1 Grundgesetz (GG) berechtigt gewesen, eine in Sonderfällen eingeräumte Nachentrichtungsmöglichkeit von der Erfüllung von Vorversicherungszeiten abhängig zu machen.

Hiergegen hat die Klägerin die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Ihrer Auffassung nach hat das LSG die Vorschriften in Art 2 § 5a und § 44a AnVNG unzutreffend ausgelegt. Zumindest habe es auf der Grundlage seiner Gesetzesauslegung die fehlende Möglichkeit einer Wiedereinzahlung erstatteter Beiträge im Rahmen des Art 2 § 44a Abs 3 AnVNG als verfassungswidrig ansehen müssen. Die Beitragserstattung an den verstorbenen Ehemann der Klägerin sei durch den früheren Rechtszustand "provoziert" worden. Für einen Versicherten, dem seinerzeit aufgrund seiner persönlichen und beruflichen Situation die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung nicht offenstand, sei die Beanspruchung der Beitragserstattung selbstverständlich gewesen. Wer sich dagegen um diese Fragen nicht gekümmert und die 5jährige Erstattungsfrist des § 82 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aF versäumt habe, sei nach dem Rentenreformgesetz 1972 in den Genuß der Nachentrichtungsmöglichkeit gekommen. Ein so von Zufälligkeiten abhängendes Nachentrichtungsrecht könne der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Es sei daher notwendig, der Klägerin entweder durch eine erweiternde Auslegung des Art 2 § 5a AnVNG eine Wiedereinzahlung der erstatteten Beiträge zu gestatten oder aber die fehlende Möglichkeit einer Wiedereinzahlung im Rahmen des Art 2 § 44a Abs 3 AnVNG als Verletzung des Gleichheitsgebots (Art 3 GG) anzusehen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 31. Oktober 1979 und das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juli 1981 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Nachentrichtung von Beiträgen gem Art 2 § 44a Abs 3 AnVNG für die Zeit vom 15. Februar 1949 bis zum 28. Februar 1957 und die Wiedereinzahlung der für die Zeit vom 1. März 1957 bis 31. Juli 1960 erstatteten Beiträge zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß die Klägerin von der Beklagten nicht verlangen kann, die ihrem verstorbenen Ehemann erstatteten Beiträge wieder entgegenzunehmen und eine Beitragsnachentrichtung für die seinerzeit versicherungsfreie Zeit der wissenschaftlichen Ausbildung ihres Ehemanns gem Art § 2 §§44a Abs§3 AnVNG zuzulassen. Zwar zählt der Ehemann der Klägerin grundsätzlich zu dem nach dieser Vorschrift zur Beitragsnachentrichtung berechtigten Personenkreis; auch steht die Tatsache, daß er bereits im Jahre 1963 verstorben ist, einer Nachentrichtung nicht entgegen, da diese auch bei einem Eintritt des Versicherungsfalles bis zum 31.§Dezember 1975 noch möglich ist. Die Zulässigkeit einer Beitragsnachentrichtung scheitert jedoch daran, daß der Ehemann der Klägerin die zeitlichen Voraussetzungen, die Art 2 § 44a Abs 7 AnVNG an die Zugehörigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung stellt, nicht erfüllt hat. Danach ist eine Nachentrichtung von Beiträgen für Personen, die vor dem 1.§März 1957 während der wissenschaftlichen Ausbildung für ihren künftigen Beruf nicht pflichtversichert waren, abweichend von §§ 14 Abs 1 AVG nur dann möglich, wenn der Betreffende insgesamt eine Versicherungszeit von mindestens 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat oder wenn nach dem Ablauf der Ausbildung "während mindestens 24 Kalendermonaten Beiträge für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet sind".

Nach den Feststellungen des LSG hat der Ehemann der Klägerin keine der alternativ geforderten Vorversicherungszeiten erfüllt. Zwar sind für ihn für die Zeit vom 1. März 1957 bis 31. Juli 1960 im Wege der Nachversicherung Pflichtbeiträge entrichtet worden; doch sind ihm diese auf seinen Antrag hin später wieder erstattet worden. Diese Erstattung hat sein Versicherungsverhältnis rückwirkend aufgelöst (BSGE 49, 63, 65 = SozR 2200 § 1303 Nr 14 S 37), so daß aus den bis zur Erstattung zurückgelegten Versicherungszeiten keine Rechte mehr hergeleitet werden können. Da die Beitragserstattung - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - nach der seinerzeitigen Rechtslage rechtmäßig war, könnte der Erstattungsbescheid selbst auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin hin nicht wieder aufgehoben werden.

Das Gesetz eröffnet der Klägerin auch nicht die Möglichkeit, entgegen der Bindungswirkung des Erstattungsbescheides die erstatteten Beiträge wieder einzuzahlen, wobei diese zusätzlich die Qualität von Pflichtbeiträgen erhalten müßten, da ihre Anzahl (41 Monate) sonst die Voraussetzungen des Art 2 § 44a Abs 7 AnVNG nicht erfüllen würde. Die Wiederherstellung eines durch Beitragserstattung aufgelösten Versicherungsverhältnisses war (bei einer Antragstellung bis zum 31. Dezember 1970) nur unter den besonderen Voraussetzungen des Art 2 § 5a Abs 2 AnVNG möglich. Allein der von dieser Vorschrift begünstigte Personenkreis war zur "Wiedereinzahlung" der nach § 82 Abs 1 AVG aF erstatteten Beiträge berechtigt. Hierbei handelte es sich um Versicherte, die nach dem Gesetz zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes vom 21. Dezember 1967 (BGBl I S 1259 -FinÄndG-) versicherungspflichtig geworden waren. Sie sollten die Möglichkeit haben, ihre bisherige Vorsorgeplanung mit der neu eingeführten Pflichtversicherung abzustimmen. Zu diesem Zweck wurde sogar die Wiedereinzahlung erstatteter Beiträge - mit der Folge einer Wiederherstellung des früheren, durch die Erstattung erloschenen Versicherungsverhältnisses - zugelassen ("Bei Wiedereinzahlung nach Satz 1 gilt die Erstattung für Beiträge nach dem 31. Dezember 1955 als nicht durchgeführt").

So weitgehende Vergünstigungen hat der Gesetzgeber in anderen Fällen einer Beitragserstattung nicht vorgesehen. Auch Art 2 § 27 Abs 1 AnVNG, der weiblichen Versicherten, denen anläßlich einer Heirat aufgrund des § 83 AVG aF Beiträge erstattet worden waren, das Recht einräumt, Beiträge nachzuentrichten, ist insoweit nicht vergleichbar. Zum einen führt die Beitragsnachentrichtung hier nicht zur Wiederherstellung des früheren Versicherungsverhältnisses; die nachentrichteten Beiträge erhalten insbesondere nicht die Qualität von Pflichtbeiträgen (BSGE 49, 63, 68 = SozR 2200 § 1303 Nr 14 S 40); zum anderen macht auch Art 2 § 27 Abs 1 AnVNG - ähnlich wie Art 2 § 44 Abs 7 AnVNG - das Nachentrichtungsrecht davon abhängig, daß nach der Erstattung zumindest für 24 Kalendermonate Pflichtbeiträge entrichtet wurden (vgl hierzu BVerfGE 36, 237, 242 ff). Der Hinweis der Klägerin auf die Notwendigkeit einer Gleichbehandlung mit den Fällen der sog Heiratserstattung nach Art 2 § 27 Abs 1 AnVNG geht daher fehl.

Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) ist nicht erkennbar. Das gilt insbesondere für einen Vergleich der Voraussetzungen des Art 2 § 44a Abs 3 AnVNG mit denen des Art 2 § 5a AnVNG. Denn die von beiden Regelungen erfaßten Bevölkerungsgruppen wurden durch das FinÄndG 1967 (Art 2 § 5a AnVNG) einerseits und das Rentenreformgesetz 1972 (Art 2 § 44a AnVNG) andererseits in unterschiedlicher Weise berührt. Während es bei der Einbeziehung von bisher nicht Versicherten in die Pflichtversicherung - wie dargelegt - darum ging, die Auferlegung der Versicherungspflicht mit einer schon bestehenden Vorsorgeplanung der Betroffenen zu harmonisieren, sollten durch Art 2 § 44a AnVNG lediglich Lücken im Versicherungsverlauf im Wege der Beitragsnachentrichtung geschlossen werden können. Hiermit ging jedoch kein - den Fällen des Art 2 § 5a AnVNG vergleichbarer - Eingriff in die individuelle Vorsorgeplanung einher. Art 2 § 44a Abs 3 AnVNG eröffnet nur eine zusätzliche Vorsorgemöglichkeit, ohne gleichzeitig die Übernahme fortdauernder Beitragsverpflichtungen zu verlangen. Die Klägerin kann ihr Begehren auf Wiedereinzahlung der erstatteten Beiträge daher auch nicht auf eine "erweiternde" Auslegung des Art 2 § 5a Abs 2 AnVNG stützen. Eine Anwendung dieser Vorschrift auf den von Art 2 § 44a AnVNG erfaßten Personenkreises war vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigt.

Ein Vergleich der Regelungen in Art 2 § 5a Abs 2, § 27 Abs 1 und § 44a Abs 3 AnVNG macht zudem deutlich, daß es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, der es gestattet, die mit einer Beitragserstattung verbundenen versicherungsrechtliche Nachteile nach einer Ausdehnung des pflichtversicherten bzw versicherungsberechtigten Personenkreises durch Wiedereinzahlung von erstatteten Beiträgen - mit der Folge einer Wiederherstellung des früheren Versicherungsverhältnisses - rückwirkend zu beseitigen. Der Gesetzgeber war deshalb berechtigt, die Auswirkungen einer Beitragserstattung bei den im Zuge des FinÄndG 1967 erstmals versicherungspflichtig gewordenen höherverdienenden Angestellten anders zu regeln als bei den zur Beitragsnachentrichtung berechtigten Personen, die vor dem 1. März 1957 während der wissenschaftlichen Ausbildung nicht pflichtversichert gewesen waren (vgl hierzu auch BVerfGE 29, 268, 273 ff).

Die Klägerin kann eine Berechtigung zur Beitragsnachentrichtung auch nicht aus einem Vergleich mit Regelungen ableiten, die eine Nachentrichtung von Beiträgen bzw eine Weiterversicherung auch ohne Erfüllung einer Vorversicherungszeit zulassen. So beruht die Nachentrichtungsmöglichkeit aufgrund des Art 2 § 50 AnVNG auf einer anderen Motivation des Gesetzgebers und betrifft einen Personenkreis, der mit dem von Art 2 § 44a AnVNG erfaßten nicht vergleichbar ist. Mit der Sondervorschrift des Art 2 § 50 AnVNG hat der Gesetzgeber dem gewandelten Berufsschicksal der vor ihrer Flucht, Vertreibung oder Evakuierung selbständig gewesenen Erwerbstätigen Rechnung getragen (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 30. November 1978, SozR 5750 Art 2 § 46 Nr 6 S 15, sowie Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, 6. Aufl, § 52 ArVNG Anm 2). Ebensowenig ist ein Vergleich mit den Regelungen des WGSVG (hier etwa des § 7) zulässig (vgl hierzu das Urteil des erkennenden Senats aaO).

Ein Recht der Klägerin zu einer Wiedereinzahlung erstatteter Beiträge läßt sich schließlich nicht aus dem Zweck des Art 2 § 44a AnVNG begründen. Diese Vorschrift soll - worauf der Senat schon in seiner Entscheidung vom 30. November 1978 (aaO S 16) hingewiesen hat - der veränderten rentenversicherungsrechtlichen Bewertung wissenschaftlicher Ausbildungszeiten - Beseitigung der früheren Versicherungsfreiheit dieser Zeiten - Rechnung tragen; dabei war der Gesetzgeber berechtigt, die Möglichkeit der Auffüllung von Beitragslücken von einer Mindestversicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung abhängig zu machen.

Der Klägerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie meint, die Erstattung von Beiträgen, die seinerzeit weder eine Leistungsanwartschaft begründet noch zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt hätten, sei gewissermaßen die zwangsläufige Folge des früheren Rechtszustands gewesen. Eine Beitragserstattung nach § 82 AVG (hier idF des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 23. Februar 1957) barg stets das Risiko einer "Fehlspekulation" in sich. Ein Absehen von einem Erstattungsbegehren mußte nicht - wie die Klägerin meint - auf bloßer Nachlässigkeit oder Gedankenlosigkeit beruhen. Der Versicherte konnte sich vielmehr auch von dem Gedanken einer späteren Änderung seines Erwerbslebens und der davon abhängenden Vorsorgeplanung leiten lassen. Es ist zudem nicht von vornherein sachfremd, wenn derjenige, der von der Möglichkeit einer Beitragserstattung nicht Gebrauch gemacht hatte - selbst wenn dies aus Nachlässigkeit oder Gedankenlosigkeit geschehen sein sollte -, bei einer späteren Gesetzesänderung besser gestellt wird als derjenige, der die Rechtsfolgen einer Beitragserstattung bewußt in Kauf genommen hat. Während ersterer die Bindung zur Versichertengemeinschaft aufrechterhalten und ihr seine Beiträge belassen hat, hat ihr der andere die von ihm eingebrachten Beiträge wieder entzogen.

Die Klägerin kann deshalb - nach erfolgter Beitragserstattung an ihren verstorbenen Ehemann - nicht anders behandelt werden als die Hinterbliebenen solcher Personen, die zu keiner Zeit Beiträge entrichtet hatten und bei denen es daher auch nicht zu einer Beitragserstattung gekommen war. Ein Verstoß des Gesetzgebers gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung läßt sich aus alledem nicht ableiten. Denn dadurch, daß der Gesetzgeber die Nachentrichtung von Beiträgen in Art 2 § 44a AnVNG von einer Mindestzugehörigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung abhängig gemacht hat, hat er nur eine Einschränkung vorgenommen, die er auch bei anderen vergleichbaren, zur Nachentrichtung berechtigenden Lebenssachverhalten aufgestellt hat. Er hat sich damit noch innerhalb des ihm durch den Sozialstaatsgrundsatz des Art 20 Abs 1 GG vorgegebenen Gestaltungsrahmens bewegt. Im übrigen betrifft die Regelung von außerordentlichen Beitragsnachentrichtungsmöglichkeiten - zu denen die von Art 2 § 44a AnVNG erfaßten Sachverhalte gehören - das Gebiet der gewährenden Verwaltung, auf dem dem Gesetzgeber ein besonders weiter Ermessensspielraum zusteht (vgl BVerfGE 11, 50; 49, 192, 207f; BSG SozR 5750 Art 2 § 46 Nr 6 S 16).

Die Revision der Klägerin mußte daher als unbegründet zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1661760

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