Leitsatz (amtlich)
Ein Versicherter, der erkennbar einer bis dahin ausgeübten Berufstätigkeit nicht weiter nachgehen will und sich endgültig einer anderen Berufstätigkeit zuwendet, löst sich dadurch von seiner bisherigen Berufstätigkeit, so daß für ihn die bis dahin ausgeübte Tätigkeit als "bisheriger Beruf" iS des RVO § 1246 Abs 2 S 2 ausscheidet.
Eine Lösung von der bisherigen Berufstätigkeit bleibt aber grundsätzlich als rechtlich unerheblich außer Betracht, wenn der Versicherte diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann (Anschluß BSG 1956-02-09 5 RKn 7/55 = BSGE 2, 182). Kann der Versicherte seine bisherige Berufstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, würde er aber wegen Aufnahme einer für ihn besonders günstigen anderen versicherungspflichtigen Berufstätigkeit seine bisherige Berufstätigkeit auch dann nicht wieder aufnehmen, wenn ihn gesundheitliche Gründe nicht mehr daran hinderten, so ist die Lösung von der bisherigen Berufstätigkeit jedoch ausnahmsweise rechtlich erheblich.
Normenkette
RVO § 1246 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. Oktober 1960 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der ... 1920 geborene Kläger war von Mai 1934 bis Juli 1936 nacheinander als Brotfahrer, Gartenarbeiter und Mühlenbursche versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. August 1936 bis 31. Juli 1939 erlernte er das Maurerhandwerk und arbeitete nach erfolgreichem Abschluß der Lehre bis zum 5. Januar 1940 als Maurergeselle. Anschließend leistete er Arbeitsdienst und Wehrdienst. Im Mai 1942 wurde er verwundet. Nach seiner Entlassung aus sowjetrussischer Kriegsgefangenschaft am 15. September 1945 war er von 1946 bis 1958 im polnisch verwalteten Gebiet Deutschlands in einer 8,8 ha großen Landwirtschaft, deren Inhaberin er im November 1947 heiratete, als "Wirtschaftsführer" tätig. Im Januar 1958 stellte er nach Übersiedlung in die Bundesrepublik Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit. Zur Zeit ist er in der Telefonzentrale der Universität Köln als Hilfspedell beschäftigt.
Vom Versorgungsamt Köln bezieht der Kläger seit dem 1. Januar 1958 eine Kriegsbeschädigtenrente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 % wegen Verlustes des linken Daumens und Zeigefingers, Bewegungseinschränkung des linken Mittelfingers, Brustfellschwarte rechts, Knochenlücke der 7. Rippe rechts, Schwäche des linken Oberschenkels, Narben an der Brust, am linken Arm und Bein sowie an der rechten Hand und Innenohrschwerhörigkeit beiderseits leichten Grades.
Durch Bescheid vom 25. August 1958 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil dem Kläger unter Berücksichtigung der weitgehenden Gebrauchsbeschränkung seiner linken Hand noch leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen und Stehen zumutbar seien. Das Sozialgericht Lübeck hat durch Urteil vom 18. August 1959 den Bescheid der Beklagten aufgehoben und sie verurteilt, durch einen neuen Bescheid dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 1. Januar 1958 an zu gewähren.
Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 20. Oktober 1960 unter Zulassung der Revision zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Kläger für berufsunfähig i.S. des § 1246 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gehalten und hierzu in den Urteilsgründen ausgeführt, der Kläger könne in seinem erlernten Beruf als Maurer wegen Beschädigung seiner linken Hand nicht mehr verwendet werden, auf dem allgemeinen Arbeitsfeld aber noch alle leichten und mittelschweren Arbeiten verrichten, wobei die Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand zu berücksichtigen sei. Bei Beurteilung der Berufsunfähigkeit sei als bisheriger Beruf des Klägers allein von seiner Tätigkeit als Maurergeselle auszugehen. Die vor Eintritt in die Maurerlehre als Brotfahrer, Gartenarbeiter und Mühlenbursche ausgeübten ungelernten Tätigkeiten müßten unberücksichtigt bleiben. Nachdem der Kläger zu einem Lehrberuf erfolgreich ausgebildet worden sei und diesen ausgeübt habe, könne es auf vorher verrichtete ungelernte Tätigkeiten nicht mehr ankommen. Es sei auch ohne Bedeutung, ob aus Gründen, die der Versicherte nicht zu vertreten habe, die ungelernten Tätigkeiten von ihm über eine längere Zeit verrichtet worden seien, als die gelernte Arbeit als Maurergeselle. Andernfalls würde dem Versicherten, der nach jahrelanger ungelernter Tätigkeit einen Lehrberuf erlernt und diesen nach erfolgreich abgeschlossener Lehrzeit aus zwangsbedingten Gründen nur verhältnismäßig kurze Zeit ausgeübt habe, überhaupt kein Versicherungsschutz gewährt. Eine andere Beurteilung wäre nur angängig, wenn der Kläger den Lehrberuf freiwillig aufgegeben hätte. Zu dieser Annahme hätte Anlaß bestanden, wenn er sich zu einer 12-jährigen Dienstzeit als Berufssoldat verpflichtet hätte, wie er es ursprünglich vorgehabt habe. Dazu sei es aber nicht gekommen. Der Kläger habe im übrigen während seines Wehrdienstes versucht, seine beruflichen Kenntnisse zu verwerten und auszuweiten. Er sei von Januar 1944 bis Februar 1945 zur technischen Aufsicht im Brücken-, Festungs- und Stellungsbau herangezogen worden, wie sich aus seinem Wehrpaß ergebe. Der Kläger müsse deshalb rechtlich so gestellt werden, als habe er seinen Beruf als Maurer während der Dauer des Krieges bis zur Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft ausgeübt. Der Umstand, daß seine Verwundung und ihre Folgen ihn an der tatsächlichen Ausübung dieses Berufes gehindert hätten, könne nicht zu seinem Nachteil für die Frage des Berufsschutzes ausschlagen. Als bisheriger Beruf könne auch nicht die Tätigkeit des Klägers seit 1946 als "Landwirt" angesehen werden, weil es sich hierbei um eine versicherungsfreie Tätigkeit gehandelt habe. Bei Pflichtversicherten könne nur die versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in Betracht gezogen werden. - Auf einen seiner Facharbeit ähnlichen Beruf seiner Berufsgruppe könne der Kläger nicht verwiesen werden, weil er die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht besitze. Als technischer Zeichner könne er nicht eingesetzt werden. Nach dem vom Sozialgericht eingeholten psychologischen Eignungsgutachten des Arbeitsamts Köln erfülle er die Voraussetzungen für einen solchen Beruf nicht. Es bedürfe hierzu einer regulären Umschulung. Für die Tätigkeit eines Hilfspoliers fehle dem Kläger die hierfür unumgänglich notwendige längere Berufserfahrung. - Ungelernte Tätigkeiten, wie die eines Hilfsarbeiters, könnten dem Kläger nicht zugemutet werden, weil ihre Verrichtung für den Kläger als gelernten Maurer einen wesentlich sozialen Abstieg bedeuten würde. Seine derzeitige Tätigkeit als Hilfspedell in der Universität Köln sei vom Ansehen her fraglos geringer zu bewerten als der Beruf des Maurers. Denn in seinem jetzigen Beruf habe er ausschließlich ungelernte Tätigkeiten jedweder Art zu verrichten, die mit seinem Maurerberuf oder einem anderen Lehrberuf keine Berührungspunkte enthielten. Auf diese Tätigkeit könne der Kläger daher nicht verwiesen werden.
Gegen das ihr am 13. Januar 1961 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4. Februar 1961 beim Bundessozialgericht (BSG) Revision eingelegt und diese fristgerecht begründet.
Die Beklagte rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie meint, das Berufungsgericht habe § 1246 RVO nicht richtig angewandt. Es habe den Begriff Berufsunfähigkeit verkannt. Der Kreis der für einen Versicherten zumutbaren Tätigkeiten sei nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der Berufsausbildung, sondern auch der Dauer seiner Berufstätigkeit zu beurteilen. Es sei deshalb entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht ohne Bedeutung, wie lange ein Versicherter in seinem erlernten Beruf tätig gewesen sei. Bei dem Kläger, der etwa 16 Jahre lang ungelernte Arbeiten und nur etwa 5 1/2 Monate gelernte Arbeiten verrichtet habe, könne nicht von dem gelernten Beruf des Maurers als seiner bisherigen Berufstätigkeit ausgegangen werden. Der Kläger sei einem ungelernten Arbeiter gleichzustellen und müsse sich auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisen lassen, wo er ohne weiteres bei seinem Leistungsvermögen die gesetzliche Lohnhälfte verdienen könne.
In formeller Hinsicht rügt die Beklagte Verletzung der §§ 103, 128 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Seine Feststellung, daß der Kläger seine Absicht nicht verwirklicht habe, sich für 12 Jahre als Berufssoldat zu verpflichten, habe das Berufungsgericht allein darauf gestützt, hierzu sei es nicht gekommen, ohne anzugeben, auf Grund welcher Tatsachen und Beweismittel es zu dieser Feststellung gelangt sei. Das Berufungsgericht habe damit § 128 Abs. 1 Satz 2 SGG verletzt, der vorschreibe, daß in dem Urteil die Gründe anzugeben seien, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen seien. - Das Berufungsgericht habe überdies unter Verletzung der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht ausreichend ermittelt, ob die bisherige Tätigkeit des Klägers als Maurer nicht genügte, um die Stellung eines Hilfspoliers auszufüllen. Zu einer weiteren Sachaufklärung hätte das LSG um so mehr Anlaß gehabt, als es festgestellt habe, daß der Kläger von Januar 1944 bis Februar 1945 zur technischen Aufsicht im Brücken-, Festungs- und Stellungsbau herangezogen worden sei. Die Möglichkeit, den Kläger als Hilfspolier einzusetzen, habe das LSG mit dem bloßen Hinweis verneint, es fehle dem Kläger hierfür die erforderliche längere Berufserfahrung. Daß das Berufungsgericht die zur Beurteilung dieser Frage erforderliche Sachkunde selbst besessen habe, könne nicht angenommen werden. Das LSG habe deshalb auch die Grenzen seines Rechts der freien Beweiswürdigung überschritten. - Das Berufungsgericht habe schließlich gegen den Amtsermittlungsgrundsatz auch insofern verstoßen, als es Art und Umfang der derzeitigen Tätigkeit des Klägers in der Telefonzentrale der Universität Köln nicht ausreichend aufgeklärt habe. Es sei durchaus denkbar, daß es sich bei dieser Tätigkeit um eine besondere Vertrauensstellung handle, deren soziales Ansehen nicht geringer zu bewerten sei, als das des Maurerberufes.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung der Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 20. Oktober 1960 und des SG Lübeck vom 18. August 1959 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Revision für unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung weder auf wesentlichen Verfahrensmängeln noch auf einer unzutreffenden Anwendung materiell-rechtlicher Vorschriften beruhe.
Die zulässige Revision hatte insoweit Erfolg, als die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen worden ist.
Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit hängt, da die Wartezeit erfüllt ist, gemäß § 1246 Abs. 1 RVO allein davon ab, ob der Kläger seit dem 1. Januar 1958 berufsunfähig ist.
Streitig unter den Beteiligten ist zunächst, von welcher Berufstätigkeit des Klägers bei Beurteilung der Berufsunfähigkeit i.S. des § 1246 Abs. 2 RVO auszugehen ist und welche Tätigkeiten dem Kläger zugemutet werden können. Die Revision sieht eine unrichtige Anwendung des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO vor allem darin, daß das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit des Klägers allein von dessen Tätigkeit als Maurergeselle ausgegangen ist und die von ihm verrichteten ungelernten Tätigkeiten unberücksichtigt gelassen hat. Diese Rüge ist unbegründet. Obgleich der Kläger als Maurergeselle nur etwa 5 Monate beschäftigt gewesen ist, war nur diese Facharbeitertätigkeit als sein bisheriger Beruf der Prüfung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, zugrunde zu legen, wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt:
Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt nach § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Der Kreis der für den Kläger zumutbaren Tätigkeiten bestimmt sich also wesentlich danach, welche Tätigkeit als sein bisheriger Beruf anzusehen ist. Als bisheriger Beruf kommt für den Kläger nur dessen versicherungspflichtige Beschäftigung in Betracht (BSG 7, 66).
Auf die Zeit, in welcher der Kläger Arbeits- und Wehrdienst geleistet hat, kommt es, weil in dieser Zeit keine Versicherungspflicht bestanden hat, ebensowenig an, wie auf die Beschäftigung und Tätigkeit des Klägers nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft, soweit er in dieser nicht versicherungspflichtig war. Versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist der Kläger freilich nicht nur als Maurer, sondern auch, von Mai 1934 bis Juli 1936, als ungelernter Arbeiter, als Brotfahrer, Gartenarbeiter und Mühlenbursche. Das Berufungsgericht hat aber mit Recht diese Berufstätigkeit nicht als seinen bisherigen Beruf i.S. des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO gewertet. Die Tätigkeit des Klägers als ungelernter Arbeiter mußte schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil er sich von dieser Berufstätigkeit durch Aufnahme seines Maurerberufs endgültig gelöst hatte. Wie das BSG bereits entschieden hat, scheidet für einen Versicherten, der erkennbar einer bis dahin ausgeübten Berufstätigkeit nicht weiter nachgehen will und sich endgültig einer anderen beruflichen Beschäftigung zugewandt hat, die bis dahin verrichtete Tätigkeit als bisheriger Beruf aus (BSG 2, 182, 186). Wenn der Versicherte während seines versicherungspflichtigen Berufslebens verschiedenartige, zB ungelernte und gelernte, Tätigkeiten ausgeübt hat, kann nur eine entscheidend sein. Allerdings sind alle von dem Versicherten ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen der Prüfung zu unterziehen, welche als sein Beruf zu beurteilen ist. Der Ansicht der Revision, daß für die Frage, welche Tätigkeit eines Versicherten als sein bisheriger Beruf anzusehen ist, die Dauer der einzelnen Berufstätigkeiten von ausschlaggebender Bedeutung sei, daß es also wesentlich darauf ankomme, welcher Berufstätigkeit der Versicherte in seinem Arbeitsleben am längsten nachgegangen ist, vermochte der Senat nicht uneingeschränkt beizupflichten. Wie es nicht immer entscheidend sein kann, welche Tätigkeit der Versicherte vor Eintritt des Versicherungsfalles zuletzt ausgeübt hat, kann es auch nicht nur darauf ankommen, welche Berufstätigkeit der Versicherte in seinem Arbeitsleben am längsten ausgeübt hat. Auf die Zeitdauer der einzelnen Tätigkeiten kann vielmehr nur abgestellt werden, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles an wesentlichen Anhaltspunkten dafür fehlt, welche Tätigkeit des Versicherten als seine eigentliche Berufstätigkeit zu gelten hat, wenn insbesondere nicht gesagt werden kann, daß der Versicherte sich deutlich erkennbar durch die endgültige Aufnahme einer anderen versicherungspflichtigen Beschäftigung von der bisherigen Berufstätigkeit gelöst hat. Ein ungelernter Arbeiter, der sich der vorgeschriebenen Ausbildung für einen Lehrberuf unterzogen, die Lehrzeit durch die vorgeschriebene Prüfung erfolgreich abgeschlossen und den Lehrberuf durch Ausübung der Facharbeitertätigkeit aufgenommen hat, gibt aber eindeutig zu erkennen, daß er die früheren ungelernten Arbeiten aufgeben und nicht mehr verrichten will, daß er sich von diesen endgültig gelöst hat. Sie scheiden als "sein bisheriger Beruf" aus. Steht fest, daß der Versicherte sich in solcher Weise endgültig von der Tätigkeit des ungelernten Arbeiters gelöst hat, so ist es auch nicht mehr entscheidend, wie lange er die Facharbeitertätigkeit ausgeübt hat, um ihm nur noch diese Berufstätigkeit als seinen bisherigen Beruf zuzurechnen.
Der Kläger hat bereits durch den Eintritt in die Lehre zur Erlernung des Maurerhandwerks zu erkennen gegeben, daß er die bis dahin von ihm verrichteten ungelernten Arbeiten als Brotfahrer, Gartenarbeiter und Mühlenbursche nicht weiter ausüben wollte. Dadurch daß er sich 3 Jahre der Lehrzeit als Maurer unterzogen, die Lehre mit der Gesellenprüfung erfolgreich abgeschlossen und sich im Anschluß daran in seinem Lehrberuf betätigt hat, hat er sich von seinen ungelernten Tätigkeiten gelöst. Diese Tätigkeiten scheiden daher als sein bisheriger Beruf i.S. des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO aus.
Eine andere Frage ist indessen, ob die Tätigkeit des Klägers als Maurergeselle deshalb als sein bisheriger Beruf i.S. des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO nicht mehr in Betracht gezogen werden kann, weil er sich durch die endgültige Aufnahme einer anderen Tätigkeit wiederum von dieser Berufstätigkeit gelöst hat. Ob, wie das Berufungsgericht meint, die Sachlage im Sinne der Beklagten zu beurteilen wäre, wenn der Kläger sich zu einer 12-jährigen Dienstzeit als Berufssoldat verpflichtet und dadurch zum Ausdruck gebracht hätte, daß er seinen Maurerberuf aufgeben wolle, kann unerörtert bleiben. Denn der Kläger ist, wie das Berufungsgericht, für den Senat gemäß § 163 SGG bindend, festgestellt hat, nicht Berufssoldat gewesen. Die von der Revision gegen die tatsächliche Feststellung im Berufungsurteil, daß es zu einer Verpflichtung des Klägers für 12 Jahre als Berufssoldat nicht gekommen ist, erhobene Verfahrensrüge ist unbegründet. Der von der Beklagten behauptete Verstoß gegen § 128 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. In dem Urteil sind zwar nach dieser Vorschrift die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Diesem Erfordernis hat das Berufungsgericht aber durch die Angabe genügt, es sei zu einer Dienstverpflichtung des Klägers als Berufssoldat nicht gekommen. Das Berufungsgericht durfte diesen Schluß aus den Eintragungen in dem Soldbuch, das ihm vorgelegen hat, entnehmen und war nicht gehalten, Beweismittel und Gründe für diese Feststellung in dem Urteil zu benennen. Zweck der Bestimmung des § 128 Abs. 1 Satz 2 SGG ist es, dem Revisionsgericht die Nachprüfung der Urteilsbildung zu ermöglichen. Deshalb brauchen die Urteilsgründe auch nur die wesentlichen, die Entscheidung tragenden Umstände zu behandeln. Hinsichtlich der Pflicht zur Darlegung der Gründe, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind, dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Wie in einem Urteil die tatsächliche Feststellung des Alters eines Versicherten, des Tages seiner Eheschließung und anderer erheblicher Tatsachen im allgemeinen ohne weiteres auf Grund der Akten und ohne Angabe von Beweismitteln und nähere Begründung getroffen werden darf, so durfte das Berufungsgericht auch die hier von keiner Seite in Zweifel gezogene, auf Grund der Akten eindeutig feststehende Tatsache feststellen, daß der Kläger sich zu einer 12-jährigen Dienstzeit als Berufssoldat nicht verpflichtet hat. Von der Beklagten ist zudem auch im Revisionsverfahren nicht behauptet worden, daß sich der Kläger entgegen dieser Feststellung zu einer 12-jährigen Dienstzeit verpflichtet hätte.
Zu prüfen aber war weiterhin, ob der Kläger nach Entlassung aus der russischen Kriegsgefangenschaft sich von seiner Berufstätigkeit als Maurergeselle dadurch gelöst hat, daß er von 1946 bis 1958 in dem von Polen verwalteten Gebiet Deutschlands auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Ehefrau gearbeitet hat. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß diese Tätigkeit als bisheriger Beruf des Klägers nur in Betracht gezogen werden kann, wenn der Kläger in dieser Zeit versicherungspflichtig beschäftigt oder tätig gewesen ist. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Betätigung des Klägers von 1946 bis 1958 versicherungsfrei gewesen sei, begegnet insoweit rechtlichen Bedenken, als nicht ausgeschlossen ist, daß der Kläger von 1946 bis zu seiner Eheschließung im November 1947 in der Landwirtschaft seiner späteren Ehefrau versicherungspflichtig beschäftigt war. Er kann auch nach seiner Eheschließung nach dem damals in dem besetzten Gebiet gültigen Versicherungsrecht, sogar als landwirtschaftlicher Unternehmer, der Versicherungspflicht unterworfen gewesen sein. Weiterer tatsächlicher Feststellungen bedurfte es in dieser Hinsicht jedoch nicht. Selbst wenn der Kläger in der Landwirtschaft seiner Ehefrau versicherungspflichtig beschäftigt oder tätig gewesen ist, wäre die darin liegende Lösung von seiner Berufstätigkeit als gelernter Maurer rechtlich ohne Belang. Denn eine Lösung von der bisherigen Berufstätigkeit muß außer Betracht bleiben, wenn und solange der Versicherte diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, also aus Gründen, für die der Versicherungsträger einzustehen hat (BSG 2, 182). Da der Kläger wegen seiner Kriegsbeschädigung an der linken Hand nicht mehr fähig war, seiner Berufstätigkeit als gelernter Maurer nachzugehen, bleibt die Lösung von seinem handwerklichen Beruf außer Betracht.
Die Aufnahme einer besonders günstigen versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit durch den in seiner Gesundheit geschädigten Versicherten kann allerdings selbst in einem solchen Fall die Annahme rechtfertigen, daß der Versicherte seine frühere Berufstätigkeit nicht mehr ausüben würde, selbst wenn er wieder gesund wäre. Dann würde die Lösung von seinem früheren Beruf trotz der gesundheitlichen Gründe, auf denen sie zunächst beruhte, doch zu berücksichtigen sein (BSG in SozR RKG § 35 aF Bl. Aa 16 Nr. 18) Es kann aber nicht davon gesprochen werden, der Kläger habe als sogenannter Wirtschaftführer auf dem Hof seiner Frau eine so günstige Berufsstellung gefunden, daß er nicht mehr in den Maurerberuf zurückgekehrt wäre, selbst wenn ihn gesundheitliche Gründe nicht an der Rückkehr gehindert hätten. Denn so beschaffen war die Tätigkeit des Klägers als eines Deutschen im polnisch besetzten Gebiet auf einem kleinen Hof unzweifelhaft nicht, wenn die durch die Besetzung von Teilen Deutschlands durch Polen in diesen Gebieten geschaffene besondere Lage der dortigen Deutschen berücksichtigt wird, die ua auch durch die Unsicherheit gekennzeichnet war, ob sie in diesen Gebieten überhaupt verbleiben würden.
Nach alledem hat bei der Prüfung, ob der Kläger als berufsunfähig zu beurteilen ist, das Berufungsgericht zu Recht als bisherigen Beruf nur seine gelernte Tätigkeit als Maurergeselle berücksichtigt.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Kläger den Beruf des gelernten Maurers nicht mehr ausüben. Er ist aber noch fähig, auf dem allgemeinen Arbeitsfeld alle leichten und mittelschweren Arbeiten im Gehen und Stehen fortgesetzt zu verrichten und durch eine derartige Tätigkeit die für ihn maßgebliche Lohnhälfte zu verdienen. Es fragt sich daher, welche Tätigkeiten dem Kläger unter Berücksichtigung der ihm verbliebenen Erwerbsfähigkeit zugemutet werden können.
Eine Verweisung auf die Tätigkeit eines technischen Zeichners und eines Maurerhilfspoliers hat das Berufungsgericht mit Recht abgelehnt. Für die Berufstätigkeit eines technischen Zeichners fehlen dem Kläger ohne vorherige Umschulung die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Aber auch die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Kläger die Tätigkeit eines Hilfspoliers nicht verrichten könne, war nicht zu beanstanden. Mit Recht wird in dem Berufungsurteil zur Begründung angeführt, daß es dem Kläger an der für eine solche Berufstätigkeit unbedingt notwendigen Berufserfahrung mangele. Das Berufungsgericht durfte diesen Schluß aus dem allgemeinen Erfahrungssatz ziehen, daß ein Maurerhilfspolier zu den besonders qualifizierten Facharbeitern des Maurergewerbes rechnet und daß die Arbeiten eines Hilfspoliers nur dem Maurergesellen übertragen werden, der auf Grund längerer Betätigung in seinem Fachgebiet eine gründliche Erfahrung gesammelt und durch eine hinreichende Berufsbetätigung auf Grund seiner Persönlichkeit eine Vertrauensstellung erworben hat. Dieser Erfahrungssatz findet seine Bestätigung in dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 6. Juli 1956 in der Fassung vom 12. November 1960, in dem der Maurerhilfspolier lohnmäßig in die Berufsgruppe I eingereiht ist, vor dem Fachvorarbeiter (Gruppe II), dem Spezialfacharbeiter (Berufe mit zusätzlicher Sonderausbildung, Gruppe IIIa) und schließlich den Berufen mit 3-jähriger Ausbildungszeit (Lehrberuf, Gruppe IIIb). Nach Anhang 3 zu dem vorgenannten Bundesrahmentarifvertrag sind Hilfspoliere vom Arbeitgeber im Benehmen mit dem Betriebsrat auf Grund ihrer Persönlichkeit ausgewählte Arbeitnehmer, die gemäß den geltenden Prüfungsvorschriften die Hilfspolierprüfung ihres Faches vor dem zuständigen Prüfungsausschuß mit Erfolg abgelegt haben und hierüber ein Zeugnis besitzen. Über die Ernennung erhalten diese Arbeitnehmer eine Bescheinigung des Arbeitgebers. Die Bescheinigung ist von der bezirklichen Organisation der Tarifvertragsparteien gegenzuzeichnen. Mindestens das letzte halbe Jahr vor der Ernennung muß der Arbeitnehmer in dem Betrieb tätig gewesen sein, dessen Arbeitgeber die Ernennung vornimmt. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Das Berufungsgericht durfte also, ohne die ihm gesetzten Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung zu überschreiten, feststellen, daß der Kläger nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten die Tätigkeit eines Maurerhilfspoliers nicht verrichten kann. Das Berufungsgericht hat hierbei auch nicht gegen den Grundsatz der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) verstoßen. Die von ihm getroffenen Ermittlungen reichten zur Entscheidung darüber aus, ob der Kläger als Hilfspolier verwendet werden kann. Der Kläger hat nur etwa 5 Monate und zuletzt im Jahre 1940 in seinem Fachgebiet als Maurergeselle gearbeitet. Selbst wenn davon ausgegangen wird, daß er noch während seines Wehrdienstes bei der technischen Aufsicht im Brücken-, Festungs- und Stellungsbau in seinem Fachgebiet tätig gewesen ist, erfüllt er die Voraussetzungen dafür nicht, um als Hilfspolier beschäftigt werden zu können. Bei dieser Sachlage brauchte sich das Berufungsgericht zu einer weiteren Sachaufklärung nicht gedrängt zu fühlen.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Kläger als gelernter Handwerker auf ungelernte Tätigkeiten grundsätzlich nicht verwiesen werden kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil des Senats vom 29. März 1963 Az.: 12/3 RJ 260/58). Das Berufungsgericht hat aber nicht hinreichend beachtet, daß selbst einem Facharbeiter nach abgeschlossener Lehre und Beschäftigung in seinem handwerklichen Beruf die Verrichtung von Tätigkeiten eines anerkannten Anlernberufs in der Regel zugemutet werden kann und ausnahmsweise sogar eine ungelernte Tätigkeit, wenn diese sich nach ihrer sozialen Bewertung aus dem allgemeinen Kreis der ungelernten Arbeiten heraushebt, etwa weil mit ihnen eine besondere Verantwortung oder eine besondere Vertrauensstellung verbunden ist (BSG 11, 123; vorstehend angeführtes Urteil des Senats). Bei einer Verweisung auf einen anerkannten Anlernberuf ist allerdings zu bedenken, daß diese nur statthaft ist, wenn der Kläger nicht nur gesundheitlich, sondern auch nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten zu dessen Verrichtung in der Lage ist. Das Berufungsgericht hat zwar geprüft, ob der Kläger auf Tätigkeiten in seiner Berufsgruppe und auf einfache ungelernte Arbeiten verwiesen werden kann und diese Frage verneint. Es hat aber die Untersuchung unterlassen, ob der Kläger nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten - wobei nicht nur die beruflich erworbenen, sondern auch solche Kenntnisse und Fähigkeiten in Betracht zu ziehen sind, die er nach Aufgabe seines Maurerhandwerks sich angeeignet hat - Tätigkeiten eines anerkannten Anlernberufs in anderen Berufsgruppen ausüben kann. Ausreichende tatsächliche Feststellungen in dieser Hinsicht enthält das angefochtene Urteil nicht. Wenn auch damit zu rechnen ist, daß dem Kläger wegen der Kriegsbeschädigung an seiner linken Hand ein großer Teil der anerkannten Anlernberufe, insbesondere in seiner Berufsgruppe verschlossen ist, so ist doch nicht ganz ausgeschlossen, daß der Kläger die für eine anerkannte Anlerntätigkeit in anderen Berufsgruppen erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, so daß er auf diese verwiesen werden könnte. In einem solchen Falle müßte Berufsunfähigkeit verneint und die Klage abgewiesen werden.
Die Revision rügt auch mit Recht, daß von dem Berufungsgericht nicht ausreichend geprüft und ermittelt worden ist, wie die vom Kläger zur Zeit in der Telefonzentrale der Universität Köln als Hilfspedell verrichtete Tätigkeit gestaltet ist. Das LSG hat hierzu lediglich festgestellt, daß es sich bei dieser Beschäftigung ausschließlich um eine ungelernte Tätigkeit handelt, die mit dem Maurerberuf des Klägers oder einem anderen Lehrberuf keine Berührungspunkte aufweist. In dem Urteil ist nicht dargelegt, worauf diese Feststellung beruht. Die Akten ergeben nicht, daß Ermittlungen darüber angestellt worden sind, welche Tätigkeitsmerkmale die Beschäftigung des Klägers als Hilfspedell aufweist, ob der Kläger als volle Arbeitskraft eingesetzt und entlohnt wird, ob er den Anforderungen dieser Beschäftigung ohne fremde Hilfe in vollem Umfang genügt und schließlich, ob es sich bei dieser Beschäftigung um eine solche ungelernte Tätigkeit handelt, die ein gehobenes soziales Ansehen genießt, weil mit ihr eine besondere Verantwortung und Vertrauenswürdigkeit verbunden ist. Auch in dieser Beziehung bedarf es einer weiteren Sachaufklärung, bevor darüber entschieden werden kann, ob der Kläger berufsunfähig im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ist.
Da das Revisionsgericht mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen in der Sache selbst nicht entscheiden kann, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen