Leitsatz (amtlich)
1. Die Berufung ist nicht nach SGG § 145 Nr 4 ausgeschlossen, wenn das Urteil des SG neben dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch den Jahresarbeitsverdienst betrifft und beide Streitpunkte Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.
2. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind grundsätzlich nicht befugt, die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit um nur 5% zu ändern. Eine Ausnahme hiervon gilt insoweit, als es sich nicht um die Bewertung medizinischer Befunde, sondern darum handelt, daß der Beruf des Verletzten angemessen zu berücksichtigen ist.
3. Die Satzung einer Berufsgenossenschaft, deren Bereich sich über den Bezirk eines LSG hinaus erstreckt, ist revisibles Recht im Sinne des SGG § 162 Abs 2.
4. Ist nach der Satzung einer Berufsgenossenschaft für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes versicherter Unternehmer der letzte Steuerbescheid maßgebend, so sind hierunter die jeweils letzter Steuerbescheide zu versehen, die bei der erstmaligen Feststellung der vorläufigen Rente bzw bei Festsetzung der ersten Dauerrente (RVO § 1585 Abs 2) vorliegen und sich auf einen Zeitraum vor dem Unfall beziehen.
Normenkette
SGG § 145 Nr. 4, §§ 128, 162 Abs. 2; RVO § 559a Fassung: 1939-02-17, § 677 Fassung: 1939-02-17, § 1585 Abs. 2 Fassung: 1924-12-15, § 563 Fassung: 1949-08-10
Tenor
Unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Schleswig vom 11. Juni 1954 wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der im Jahre 1893 geborene Kläger ist von Beruf Mechanikermeister und war Mitinhaber eines Fahrrad- und Nähmaschinengeschäftes in Hamburg. In der diesem Betrieb angeschlossenen Werkstatt erlitt er am 27. August 1949 einen Unfall, der zum Verlust seines linken Auges führte. Die Beklagte gewährte ihm deswegen durch Bescheid vom 21. Februar 1950 auf Grund eines Gutachtens des Augenarztes Dr. J vom 11. Januar 1950 eine vorläufige Rente von 30 v. H. und berechnete sie nach einem Jahresarbeitsverdienst (JAV.) von 3530,-- DM. Dr. J hielt an der bisherigen Schätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) in seinem am 29. Januar 1951 nach erneuter Untersuchung des Klägers erstatteten Gutachten fest und bezweifelte, daß sich der Kläger in den nächsten Jahren an das einäugige Sehen gewöhnen werde. Trotzdem erließ die Beklagte am 26. Februar 1951 einen Bescheid über die Gewährung der Dauerrente von 25 v. H.; sie zog diesen Bescheid jedoch wieder zurück und gewährte die bisherige vorläufige Rente weiter. Ohne erneute ärztliche Begutachtung des Klägers setzte die Beklagte durch Bescheid vom 27. November 1951 die erste Dauerrente auf 25 v. H. für die Zeit nach dem 1. Januar 1952 fest und legte ihrer Berechnung als JAV. das durch den letzten Steuerbescheid des Finanzamts für das Jahr 1947 ausgewiesene Einkommen des Klägers im Betrage von 3.730,-- DM zugrunde.
Mit der Berufung an das Oberversicherungsamt (OVA.) Schleswig hat der Kläger beantragt, ihm die Rente in Höhe von 30 v. H. zu belassen und als JAV. sein im Jahre 1948 erzieltes Einkommen von 7.563,45 DM zu berücksichtigen. Er hat dazu ausgeführt, sein Gesichtsfeld sei durch den Verlust des Auges stark eingeengt, er könne deswegen Arbeiten an komplizierten Spezialmaschinen nicht mehr selbst ausführen und benötige daher eine die Betriebskosten steigernde Hilfskraft. Der JAV. müsse nach seinem höheren Betriebseinkommen aus dem Jahre 1948 berechnet werden; denn für die Rentenberechnung sei der im letzten Jahre vor dem Unfall erzielte Jahresverdienst maßgebend.
Das OVA. hat nach Anhörung des Gerichtsarztes Dr. D, der sich dem Gutachten des Dr. J vom 11. Januar 1950 angeschlossen hat, die Berufung zurückgewiesen. Es ist der Ansicht, daß der Beruf des Klägers bei der Bewertung des Augenverlustes durch Gewährung der vorläufigen Rente übergangsweise ausreichend berücksichtigt worden sei und daß in Übereinstimmung mit der Auffassung des Gerichtsarztes nach dieser Zeit der Verlust des Auges auch beim Kläger entsprechend „unfallrechtlichen Richtlinien“ mit 25 v. H. ausreichend bewertet werde. Die Ermittlung des JAV. entspreche der Satzung der Beklagten.
Gegen dieses Urteil hat sich der Kläger im Februar 1953 an das Oberverwaltungsgericht (OVerwG.) Lüneburg gewandt. Die Sache ist nach dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf das Landessozialgericht (LSG.) Schleswig als Berufung übergegangen. In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG. hat der Kläger anhand vorgelegter Steuerunterlagen geltend gemacht, daß im Jahre vor dem Unfall sein Einkommen 8.153,55 DM betragen habe. Das LSG. hat durch Urteil vom 11. Juni 1954 die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Es führt im wesentlichen aus: Die Zulässigkeit der Berufung gegen das Urteil des OVA. bestimme sich ausschließlich nach dem SGG. Soweit sich die Berufung des Klägers gegen den Grad der MdE. richte, sei sie gemäß § 145 Nr. 4 SGG ausgeschlossen, da weder ein in dieser Vorschrift vorgesehener Ausnahmefall gegeben, noch die Anwendung des § 150 SGG möglich sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Kläger neben dem Grad der MdE. die Berechnung des JAV. beanstande und für diesen Streitpunkt die Berufung nicht ausgeschlossen sei. Im Gegensatz zur früheren gesetzlichen Regelung der Ausschließung des Rekurses in § 1700 Reichsversicherungsordnung (RVO) komme es bei der Vorschrift des § 145 Nr. 4 SGG nicht auf die Art des Anspruchs, sondern auf einen bestimmten Streitpunkt, nämlich den Grad der MdE. an, welcher der Nachprüfbarkeit in der Berufungsinstanz entzogen werden solle. Diese Regelung habe verfahrensrechtliche Vorbilder in dem vorübergehend in Kraft gewesenen § 1700 Abs. 2 RVO (VO über Vereinfachung in der Soz. Vers. vom 30.12.23, RGBl. I S. 1057) sowie in § 90 Abs. II Ziff. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen unter Beachtung des Änderungsgesetzes vom 27. September 1938 (RGBl. I S. 1217) und in § 92 des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen vom 10. Januar 1922 (RGBl. I S. 59). In dieser Hinsicht sei auch auf § 1707 RVO zu verweisen, der allerdings dann nicht anwendbar sei, wenn es sich im Rekursverfahren um einen einheitlichen Anspruch handele, bezüglich dessen mehrere Einzelfragen streitig sind. Eine derartige einschränkende Vorschrift kenne das SGG nicht. Wenn auch die Vorschriften des SGG über den Ausschluß der Berufung grundsätzlich eng auszulegen seien, könne gleichwohl eine Berufung hinsichtlich eines Streitpunkts, der für sich der instanziellen Nachprüfung nicht zugänglich ist (MdE.), nicht deshalb zulässig sein, weil daneben das angefochtene Urteil einen weiteren, berufungsfähigen Streitpunkt (JAV.) betrifft. Demzufolge sei die Berufung des Klägers nur hinsichtlich des JAV. statthaft; soweit sie wegen des Grades der MdE. eingelegt ist, müsse sie als unzulässig verworfen werden.
Dessen ungeachtet hätte die Berufung hinsichtlich des Grades der MdE. sachlich auch keinen Erfolg haben können, da es dem LSG. im vorliegenden Falle als Rechtsmittelinstanz versagt sei, die Feststellung der MdE. um nur 5 v. H. zu ändern. Unbegründet sei die Berufung hinsichtlich des JAV.; denn die Beklagte habe ihn ohne Rechtsverletzung ermittelt, wenn sie bei der Rentenberechnung gemäß ihrer Satzung den letzten Steuerbescheid berücksichtigt habe, den der Kläger vor dem Unfall vom Finanzamt erhalten hatte. Daß sich dieser letzte Steuerbescheid auf eine frühere Zeit als das Jahr vor dem Unfall bezog, sei in Kauf zu nehmen, führe auch nicht zu unbilligen Ergebnissen, weil derselbe Einkommensbetrag nicht nur für die Berechnung der Rente, sondern auch für die Bemessung der Beiträge maßgebend sei. Außerdem werde durch die satzungsmäßige, mit den Vorschriften der RVO im Einklang stehende Regelung eine schnelle und endgültige Rentenberechnung sowie eine im Interesse aller Unternehmer liegende rechtzeitige Beitragsumlegung ermöglicht. Auf Grund des § 677 Abs. 1 Nr. 8 RVO sei es jedenfalls möglich, bei versicherten Unternehmern die Ermittlung des JAV. abweichend von der allgemeinen Regelung der §§ 563 ff. RVO zu bestimmen. Die Beklagte habe daher durch ihre Satzung in gesetzlich zulässiger Weise bestimmt, daß der JAV. für die bei ihr zwangsversicherten Unternehmer nach dem Betrag des steuerpflichtigen Einkommens zu berechnen ist, den der bei Eintritt des Versicherungsfalles vorliegende letzte Steuerbescheid ausweist.
Gegen das am 8. Dezember 1954 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. Januar 1955 Revision eingelegt und sie am 2. Februar 1955 begründet. Er rügt, daß das LSG. die Berufung hinsichtlich des Grades der MdE. für ausgeschlossen gehalten habe. Dabei habe es verkannt, daß auch insoweit die Berufung zulässig sei, wenn mit ihr das Urteil des OVA. zulässig wegen des JAV. angefochten worden sei. Der Kläger beanstandet ferner, daß das LSG. zur Frage der MdE. sachlich Stellung genommen habe, obwohl es hierzu die Berufung gemäß § 145 Nr. 4 SGG für ausgeschlossen gehalten habe. Schließlich wendet sich die Revision gegen die Feststellung des JAV., weil das LSG. gebilligt habe, daß die Beklagte der Rentenberechnung das durch den letzten Steuerbescheid ausgewiesene Einkommen für das Jahr 1947 und nicht das höhere Einkommen aus dem Jahre 1948 zugrunde gelegt hat. Hierzu sei die Beklagte auf Grund des § 45 ihrer Satzung nicht gezwungen gewesen; denn beim Zustandekommen dieser Bestimmung habe nicht vorausgesehen werden können, daß nach der Währungsreform die Ausgabe der Steuerbescheide ungewöhnlich lange verzögert wurde.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und anderweit nach seinen bisher gestellten Anträgen zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie tritt der Auffassung des Klägers, daß die hinsichtlich des JAV. zulässige Berufung auch die sachliche Entscheidung über den Grad der MdE. ermögliche, nicht entgegen. Der Ansicht des Vorderrichters, daß eine Abweichung von der festgestellten MdE. um nur 5 v. H. durch die Umstände des vorliegenden Falles nicht gerechtfertigt sei, pflichtet sie bei. Hinsichtlich des JAV. führt die Beklagte aus: Auf Grund des § 677 Abs. 1 Nr. 8 RVO habe sie durch ihre Satzung in freier Gestaltung bestimmen können, in welcher Weise der JAV. versicherter Unternehmer zu ermitteln ist. Die in § 45 ihrer Satzung getroffene Regelung sei durch Zweckmäßigkeitserwägungen geboten. Mit dieser Bestimmung sollte es vor allem praktisch möglich sein, unmittelbar nach Eintritt des Unfalls den JAV. für die Feststellung der Entschädigungsleistung zu ermitteln.
Die Revision ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft, da das LSG. sie zugelassen hat (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Die Zulassung ist im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten nicht auf die mit der Feststellung des JAV. zusammenhängenden Rechtsfragen beschränkt worden. Eine solche Beschränkung hätte überdies keine rechtliche Bedeutung (BSG. 3 S. 135 ff).
Die Revision ist auch begründet.
Das LSG. hat die Berufung gemäß § 145 Nr. 4 SGG insoweit für unstatthaft angesehen, als das Urteil des OVA. hinsichtlich des Grades der MdE. angefochten worden ist. Dieser Ansicht vermochte sich der Senat nicht anzuschließen.
Die Zulässigkeit der Berufung richtet sich, da es sich hier um einen Überleitungsfall nach § 215 Abs. 8 SGG handelt, ausschließlich nach den Vorschriften dieses Gesetzes. In Angelegenheiten der Unfallversicherung können nach § 145 Nr. 4 SGG Urteile mit der Berufung nicht angefochten werden, wenn sie den Grad der MdE. betreffen. Diese Vorschrift bedeutet jedoch nicht, daß die Berufung stets dann ausgeschlossen ist, wenn über den Grad der MdE. in dem angefochtenen Urteil auch nur mit entschieden worden ist. Sonst würde ein über die Höhe des Rentenanspruchs entscheidendes Urteil niemals mit der Berufung angefochten werden können, da die Entscheidung immer von der Feststellung des Grades der MdE. abhängig ist. Die Anwendung des § 145 Nr. 4 SGG erfordert, daß dieser Streitpunkt auch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Die Berufung ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn das Urteil allein wegen des Grades der MdE. angefochten wird. Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn wie im vorliegenden Falle außer dem Grad der MdE. auch der JAV. streitig ist und beide Streitpunkte Gegenstand des Berufungsverfahrens sind. In diesem Falle ist die Höhe des Rentenanspruchs im ganzen und nicht nur hinsichtlich eines Berechnungsfaktors, nämlich der MdE. streitig; die Berufung ist daher mangels eines für die Höhe des Rentenanspruchs schlechthin im Gesetz vorgesehenen Ausschließungsgrundes gemäß § 143 SGG an sich statthaft. Das hat auch das LSG. nicht verkannt; denn es hat die Berufung hinsichtlich des JAV. jedenfalls als unbegründet zurückgewiesen. Seine in der Urteilsbegründung dargelegte Auffassung, daß der sachlichen Prüfung im Berufungsverfahren nur der JAV. zugänglich, die Berufung hingegen auf Grund des § 145 Nr. 4 SGG insoweit unstatthaft sei, als der Kläger eine höhere Festsetzung des Grades der MdE. begehrt, ist indessen nicht frei von Rechtsirrtum. Gesondert zu prüfen ist die Zulässigkeit des Rechtsmittels beim Zusammentreffen einer zulässigen mit einer unzulässigen Berufung allerdings dann, wenn in dem Rechtsstreit mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden (BSG. 1. Senat in Breithaupt 55 S. 1300; BSG. 3 S. 135 ff. (139)). In dem gleichen Sinne war auch § 1707 RVO zu verstehen, nach dem verschiedene selbständige Ansprüche grundsätzlich nach der Zulässigkeit des Rechtsmittels zu trennen waren. Hiervon unterscheidet sich jedoch der vorliegende Fall dadurch, daß Gegenstand des Rechtsstreits nur ein einheitlicher prozessualer Anspruch ist, nämlich das Begehren des Klägers auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der Verletztenrente. Der JAV. und der Grad der MdE. treten hierbei lediglich als Berechnungsfaktoren dieses einheitlichen Anspruchs in Erscheinung. Als solche bloße Streitpunkte eines Anspruchs können sie hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung nicht unterschiedlich behandelt werden. Die abweichende Auffassung des LSG. findet weder im Wortlaut der angeführten Vorschrift noch in ihrer Sinndeutung eine Stütze; vor allem steht sie aber auch mit den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozeßrechts, die über § 202 SGG auch in der Sozialgerichtsbarkeit zu berücksichtigen sind, nicht im Einklang. Nach der im vorliegenden Verfahren entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 537 Zivilprozeßordnung (ZPO) sind Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung des Berufungsgerichts alle den zuerkannten oder aberkannten Anspruch betreffenden Streitpunkte, über die nach den Anträgen eine Verhandlung und Entscheidung erforderlich ist. Das bedeutet für den vorliegenden Streitfall, daß in der Berufungsinstanz, an die der Rechtsstreit kraft der Anfallwirkung der Berufungseinlegung zur Erledigung gelangt ist, nicht nur über den JAV., sondern auch über den Grad der MdE. als die beiden Berechnungsfaktoren des Rentenanspruchs hätte entschieden werden müssen. Von dem Grundsatz des § 537 ZPO bildet die Vorschrift des § 145 Nr. 4 SGG keine Ausnahme. Sie gehört ihrer Stellung im Gesetz und ihrem Wortlaut nach zu den Vorschriften, welche die Zulässigkeit der Berufung regeln. Hierbei geht es immer darum, das Rechtsschutzbegehren des Rechtsmittelklägers als Ganzes dem Berufungsgericht zur Verhandlung und Entscheidung zu unterbreiten; denn die Zulässigkeit der Berufung betrifft stets den gesamten, den Gegenstand des angefochtenen Urteils bildenden prozessualen Anspruch (Streitgegenstand). Dieser Anspruch ist im vorliegenden Falle durch den Antrag des Klägers gekennzeichnet, die Beklagte zur Gewährung einer höheren als ihm vom OVA. zugesprochenen Rente zu verurteilen. Mit der Einlegung der Berufung ist der Anspruch daher im ganzen Umfange beim Berufungsgericht angefallen. Da es sich hierbei um einen einheitlichen prozessualen Anspruch handelt, der seiner Natur nach auch eine einheitliche, jedenfalls nicht nach einzelnen Berechnungsfaktoren aufgespaltene Entscheidung erfordert, ist es nach der Ansicht des Senats nicht vertretbar, von dieser Entscheidung einzelne Streitpunkte auszunehmen und hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung gesondert zu behandeln. Hätte der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 145 Nr. 4 die gegenteilige Rechtsfolge im Hinblick auf den Grad der MdE. beabsichtigt, würde er dies auch zum Ausdruck gebracht haben, und zwar indem er statt der Worte: „wenn sie betreffen ...“ die Worte: „soweit sie betreffen ...“ gewählt hätte. Zwar vertritt Bettermann (Anm. zu dem Urteil des BSG. 8 RV 171/54 - NJW. 56 S. 1176, Nr. 38) hinsichtlich des § 148 Nr. 2 SGG die Auffassung, daß das Wort „wenn“ im Sinne von „soweit“ oder „wenn und soweit“ zu lesen sei. Eine solche, die Vorschriften über den Berufungsausschluß ausdehnende Deutung würde auch für die hier in Betracht kommende Vorschrift des § 145 Nr. 4 SGG gelten müssen, wenn diese Meinung zuträfe. Ihr ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Zweck dieser auf den Ausschluß der gemäß § 143 SGG grundsätzlich zulässigen Berufung gerichteten Vorschriften eine enge Auslegung rechtfertigt, was übrigens auch das LSG. nicht in Abrede stellt. § 145 Nr. 4 SGG will jedenfalls im Interesse einer Entlastung der Berufungsgerichte verhindern, daß es zum Berufungsverfahren wegen Bagatellsachen kommt, um die es sich bei den sog. Gradsachen im allgemeinen handelt. Dieser Zweck würde im vorliegenden Falle nicht vereitelt worden sein, wenn im Berufungsverfahren, das wegen des streitigen JAV. doch durchgeführt werden mußte, die sachliche Prüfung auf die Feststellung des Grades der MdE. erstreckt worden wäre. Eine wirkliche Entlastung der Rechtsmittelinstanz ist nur dann zu gewährleisten, wenn das Berufungsverfahren überhaupt vermieden werden kann, nämlich wenn das Urteil den Grad der MdE. betrifft und nur dieser Streitpunkt dem Berufungsgericht zur Verhandlung und Entscheidung unterbreitet wird. Durch die Vorschrift des § 145 Nr. 4 SGG, welche die Zulässigkeit der Berufung betrifft, wird auch nicht etwa eine hinsichtlich des Grades der MdE. bindende Wirkung der erstinstanzlichen Entscheidung geschaffen, wie z. B. für das Revisionsverfahren eine entsprechende Regelung ausdrücklich in § 163 SGG für die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen erfolgt ist. Einer solchen Auffassung würde schon der Wortlaut des Gesetzes entgegenstehen, in dem weder von einer solchen Bindung noch sonst vom Ausschluß der sachlichen Nachprüfbarkeit die Rede ist.
Hiernach ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des OVA. insgesamt zulässig, obwohl sie hinsichtlich des einen Berechnungsfaktors (MdE.) für sich allein ausgeschlossen wäre. Die Bezugnahme auf die einschlägigen Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen zwingt angesichts der Verschiedenheit der Verhältnisse nicht zu einer Auslegung des § 145 Nr. 4 SGG im Sinne der angefochtenen Entscheidung. Allerdings trifft es zu, daß die ursprüngliche Fassung des § 90 Abs. 2 Nr. 1 des früheren Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen durch die Einfügung des Wortes „lediglich“ geändert worden ist. Daraus kann jedoch für die Auslegung des § 145 Nr. 4 SGG nicht gefolgert werden, daß die Vorschrift wegen des Fehlens dieses Wortes nicht den ihr nach den allgemeinen prozessualen Grundsätzen beizumessenden Sinn haben dürfte.
Das Ergebnis vorstehender Erwägungen wird im Schrifttum mit eingehenden Darlegungen geteilt von Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. - 5. Aufl., Bd. I, S. 250 c und von Wilde, NJW, 1956 S. 448. Die abweichende Ansicht des LSG. vertritt ohne nähere Begründung Mellwitz, Komm. z. SGG, S. 336, Anm. 2 zu § 148.
Gegen die Richtigkeit dieses Ergebnisses sind Bedenken auch nicht aus der übereinstimmenden Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG.) und des Bundesgerichtshofs (BGH.) zu der ähnlichen prozessualen Frage herzuleiten, ob im Rahmen einer nur wegen eines Klagegrundes zulässigen Berufung (§ 511 a Abs. 4 ZPO) oder Revision (§ 547 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) andere, nicht bevorrechtigte Klagegründe geprüft werden können, bzw. die Entscheidung hierüber nachgeprüft werden kann (RGZ. 130 S. 401; 144 S. 358 = JW. 34 S. 2141 m. Anm. von Schwinge; 164 S. 341; BGHZ. 1 S. 369 ff (380) und Stein-Jonas-Schönke-Pohle, Komm. z. ZPO, 18. Aufl., § 511 a Anm. IV, 2). Das RG. hat zu § 547 ZPO entschieden, daß andere Klagegründe als gerade die nach dieser Vorschrift bevorrechtigten der Nachprüfung in der Revisionsinstanz nicht unterliegen. Es hat dabei auf den Gesetzeszweck hingewiesen, der Rechtsstreitigkeiten über gewisse auf öffentlich-rechtlichem Gebiet liegende materiell-rechtliche Ansprüche trotz Geringwertigkeit eine bevorrechtigte Behandlung hinsichtlich der instanziellen Nachprüfbarkeit einräumen wollte. Im Interesse der Entlastung des obersten Gerichts sollten andere Ansprüche, auch wenn sie mit den bevorrechtigten im Zusammenhang stehen, von der Nachprüfbarkeit ausgeschlossen bleiben, falls diese für sich allein an das Vorhandensein eines die Revisionssumme übersteigenden Wertes des Beschwerdegegenstandes geknüpft sind. Aus den gleichen Erwägungen hat das RG. in den entsprechenden Fällen das Prüfungsrecht und die Prüfungspflicht des Berufungsgerichts verneint, soweit es sich dabei nicht um einen gemäß § 511 a Abs. 4 ZPO bevorrechtigten Anspruch oder einen sonst der Berufung ohne weiteres zugänglichen Anspruch handelt. Danach ist die Einschränkung der Nachprüfbarkeit eines geltend gemachten prozessualen Anspruchs von der Klagebegründung, d. h. von der Art des ihm zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Anspruchs abhängig (z. B. Haftung aus Verletzung der Amtspflicht oder aus ungerechtfertigter Bereicherung), während es sich in dem hier zu entscheidenden Fall lediglich um einzelne Berechnungsfaktoren des geltend gemachten prozessualen Anspruchs handelt, die zusammen dessen Höhe ausmachen. Im übrigen unterscheiden sich die angeführten zivilprozessualen Vorschriften von der des § 145 Nr. 4 SGG wesentlich in ihrer Zweckbestimmung: Jene Vorschriften räumen dem Rechtsuchenden als Ausnahme von der Beschränkung der Statthaftigkeit des Rechtsmittels ein Vorrecht ein, das ohne Zwang nicht ausgedehnt werden darf; die Vorschrift des SGG hingegen will den Ausschluß der Zulässigkeit der Berufung auf einen Streitpunkt beschränken und würde als Ausnahmevorschrift von der Regelung über die Zulässigkeit der Berufung eine nicht gebotene Verschärfung der Zulässigkeitsbeschränkung erfahren, wenn sie im Sinne der Auffassung des LSG. ausgelegt würde.
Da hiernach die Zulässigkeit der Berufung des Klägers in vollem Umfange zu bejahen war, mußte unter Aufhebung der Entscheidung des LSG. die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Diese wird nunmehr zu prüfen haben, ob in diesem Fall wegen der besonderen Bedeutung der vollen Sehfähigkeit für den Beruf des Klägers von dem Regelfalle abzuweichen ist, daß nach Gewöhnung an das einäugige Sehen nur noch eine MdE. von 25 v. H. angemessen ist (vgl. Lauterbach, Komm. zur UV., 2. Aufl., S. 108, Anm. 7 zu § 559 a RVO mit weiteren Nachweisen). Dazu bedarf es einer eingehenden Feststellung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse des Klägers, die dem LSG. obliegt. Obwohl in dem angefochtenen Urteil eine Sachentscheidung über den streitigen Grad der MdE. unterblieben ist, weil insoweit die Berufung als unzulässig angesehen worden ist, enthält das Urteil hierzu sachlich-rechtliche Ausführungen. Diese haben keine rechtlich verbindliche Wirkung (BGHZ. Bd. 11 S. 222 (225), BSG. 1 S. 283 ff. (287)). Sie treffen überdies auch nicht zu. Der Senat hält zwar an dem Grundsatz fest, daß die Rechtsmittelinstanz die Feststellung der MdE. regelmäßig nicht um nur 5 v. H. ändern darf (Urteil des erkennenden Senates in SozR. RVO § 559 a Bl. Aa 2 Nr. 3; RVA in EuM. 22 S. 220; LSG. Berlin in BG. 1955 S. 39; a. M. Krebs in BG. 1957 S. 202 ff. (204)). Dieser Grundsatz erleidet jedoch nach der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA.), die der Senat aufrechterhält, eine Ausnahme, wenn eine Abweichung durch die Lage der gegebenen Verhältnisse besonders gerechtfertigt ist (EuM. 22 S. 325 ff.). Im vorliegenden Fall würde die Nichtbeachtung der besonderen Berufsverhältnisse des Klägers einen rechtlichen Gesichtspunkt darstellen, der eine um 5 v. H. von der Schätzung der Beklagten abweichende Bemessung der MdE. gestattet. Dabei wird das LSG. außerdem zu berücksichtigen haben, daß die bisherigen ärztlichen Gutachten die Annahme einer MdE. von nur 25 v. H. nicht stützen.
Mit dem gegen die Festsetzung des JAV. gerichteten Revisionsangriff rügt der Kläger unrichtige Anwendung des Satzungsrechts der Beklagten. Die Beurteilung der Frage, ob diese Rüge gerechtfertigt ist, hängt von der Auslegung des § 45 Abs. 1 der z. Zt. des Unfalls geltenden Satzung der Beklagten vom 1. Januar 1943 ab. Der Geltungsbereich dieser Satzung geht, da die Beklagte eine bundesunmittelbare Berufsgenossenschaft ist, über den Bezirk des LSG. Schleswig hinaus. Bei der Auslegung der Satzung handelt es sich daher um die Anwendung revisiblen Rechts im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG (vgl. RGZ. 78 S. 19; ferner Urteilsgründe zu SozR. SGG § 162, Bl. Da 15 Nr. 60; Brackmann a. a. O. S. 252 w und x). Der erkennende Senat war somit zur Auslegung der angeführten Satzungsbestimmung berechtigt. Die Rüge ist begründet.
In § 45 ihrer bis 1953 geltenden Fassung hat die Satzung bestimmt, daß bei der Unternehmer-Versicherung als JAV. für die Berechnung sowohl der Beiträge als auch der Renten der Betrag des ... steuerpflichtigen Einkommens des Unternehmers aus dem Einzelhandelsunternehmen gilt und daß maßgebend der „letzte Steuerbescheid“ ist. Diese nicht eindeutige Bestimmung hat das LSG. in Übereinstimmung mit der Beklagten dahin ausgelegt, daß unter dem letzten Steuerbescheid derjenige zu verstehen sei, der z. Zt. des Unfalls als letzter vorlag, und zwar ohne Rücksicht auf die Zeit, in der das darin ausgewiesene Einkommen erzielt worden war. Diese Auslegung wird nach der Überzeugung des Senats durch den erkennbaren Zweck dieser Bestimmung nicht geboten. Wohl trifft es zu, daß die Beklagte nach § 677 Abs. 1 Nr. 8 RVO mit der Aufgabe, die Höhe und Ermittlung des JAV. der bei ihr versicherten Unternehmer satzungsmäßig zu bestimmen, auch das Recht erhalten hat, auf diesem Wege in freier Gestaltung festzulegen, nach welchem JAV. die Berechnung der Entschädigungsleistungen sowie der Beiträge zu erfolgen hat, insbesondere in welcher Weise das entsprechende Jahreseinkommen nachzuweisen ist. Es wäre der Beklagten hiernach sogar möglich gewesen, einen rein nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit ermittelten, frei gegriffenen Festbetrag zu bestimmen, der vom individuellen Erwerbseinkommen des versicherten Unternehmers ganz unabhängig ist. Sie hat indessen diesen von der gesetzlichen Regelung der §§ 563 ff. RVO völlig losgelösten Maßstab nicht gewählt. Vielmehr läßt § 45 der Satzung erkennen, daß mit ihm lediglich die Gewinnung einer objektiven Berechnungsgrundlage für den JAV. bezweckt worden ist. Diesen Zweck erfüllt bei den nach § 537 Nr. 1 RVO Versicherten § 1581 RVO, welcher der Besonderheit der Unternehmerversicherung nicht Rechnung trägt. Die in § 45 der Satzung vorgesehene Zugrundelegung des letzten Steuerbescheides ist demnach als Ersatz für die sonst maßgebenden Entgeltaufzeichnungen des Unternehmers aufzufassen; sie findet darin ihre durchaus sinnvolle, aber anderseits, was das LSG. nicht hinreichend beachtet hat, auch nicht ausdehnungsfähige Erklärung. Mit der Heranziehung von steuerlichen Unterlagen ist weiter noch die Besonderheit verbunden, daß der JAV. in der Unternehmerversicherung nur nach dem für ein Steuerjahr und nicht für das „Jahr vor dem Unfall“ (§ 563 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 RVO) nachgewiesenen Erwerbseinkommen berechnet werden kann. Ereignet sich der Unfall - wie z. B. im vorliegenden Fall - im Monat August, so wird hiernach der JAV. für einen Unternehmer einerseits und einen Arbeitnehmer anderseits nicht nach genau übereinstimmenden Berechnungszeiträumen zu ermitteln sein. Dies ist jedoch nach Ansicht des Senats der einzige, mit Notwendigkeit aus der Satzungsvorschrift herzuleitende Unterschied; denn im übrigen steht § 45 der Satzung keineswegs in einem Gegensatz zu den allgemeinen Grundgedanken (§§ 563, 564 RVO), nach dem für die Rentenberechnung das Erwerbseinkommen maßgebend ist, das der Verunglückte während eines dem Unfalltage möglichst nahe vorangegangenen Zeitraums erzielt hat. § 45 der Satzung zwingt also nicht zu der Annahme, daß immer nur der letzte, vor dem Unfall in die Hand des Versicherten gelangte Einkommensteuerbescheid maßgebend sein soll. Vielmehr läßt der Wortlaut dieser Bestimmung darauf schließen, daß dasjenige Erwerbseinkommen des Unternehmers berücksichtigt werden soll, welches er im letzten Betriebsjahr vor dem Unfall erzielt hat. Dies läßt sich unter normalen Verhältnissen auch verwirklichen. Lassen es jedoch besondere Umstände geboten erscheinen, auf einen Steuerbescheid zurückzugreifen, der das Einkommen des Verletzten aus einem weiter zurückliegenden Betriebsjahr des Unternehmers ausweist, so schließt § 45 a. a. O. diese Möglichkeit nicht aus. Z. B. erscheint es im Interesse einer baldigen Entschädigungsleistung nach dem Unfall unbedenklich, den bei der erstmaligen Feststellung der vorläufigen Rente vorhandenen letzten Steuerbescheid heranzuziehen, wenn er nur ein vor dem Unfall liegendes Erwerbseinkommen betrifft. Das bedeutet aber schon im Hinblick auf § 1585 Abs. 2 RVO nicht, daß der anläßlich der vorläufigen Rente festgesetzte JAV. für alle Zukunft beizubehalten ist; denn nach dieser Vorschrift ist für die Feststellung der Dauerrente die vorher getroffene Feststellung der Grundlagen für die Rentenberechnung nicht bindend. Das gilt insbesondere für den der Rentenberechnung zu Grunde zu legenden JAV. Diese in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigte Rechtsfrage ist zwar von dem LSG. Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 27. 1. 1955 -... LS V (VI) UV 2149/54) dahin entschieden worden, daß der für die Feststellung der vorläufigen Rente maßgebliche JAV. auch für die Berechnung der Dauerrente maßgebend sei und daß nur vorher unterlaufene fehlerhafte Ermittlungen des JAV. anläßlich der Feststellung der Dauerrente berichtigt werden könnten. Diese Auffassung ist aber weder aus § 1585 Abs. 2 RVO unmittelbar herzuleiten, noch wird sie durch die Rechtsprechung hierzu gestützt (RVO-Mitgl. Komm., 2. Aufl., Bd. I, S. 235, Anm. 14 zu § 1585; AN 1916 S. 717 Nr. 2909). Wenn danach sogar ein im Verfahren über die vorläufige Rente geschlossener Vergleich über die Höhe des JAV. dessen Nachprüfung bei der ersten Feststellung der Dauerrente nicht ausschließt, muß bei der Feststellung der Dauerrente erst recht eine anderweitige Ermittlung des JAV. durch Berücksichtigung eines späteren Steuerbescheids zulässig sein, zumal wenn - wie im vorliegenden Fall - nur aus technischen Gründen (Verzögerung der Aushändigung durch das Finanzamt) ein solcher Steuerbescheid nicht früher zu erlangen war. Entscheidend bleibt freilich, daß sich der festgestellte JAV. in jedem Fall auf ein Einkommen bezieht, das vor dem Unfall erzielt worden ist. Hiernach ist nach der Überzeugung des Senats § 45 der Satzung der Beklagten dahin auszulegen, daß unter dem „letzten Steuerbescheid“ die jeweils letzten Einkommensteuerbescheide zu verstehen sind, die bei der erstmaligen Feststellung der vorläufigen Rente bzw. bei Feststellung der ersten Dauerrente vorliegen und sich auf einen Zeitraum vor dem Unfall beziehen. Demgegenüber fallen die vom LSG. für seine abweichende Auffassung dargelegten Gesichtspunkte nicht ins Gewicht. Verdienstschwankungen können mit der Folge zufälliger Ergebnisse für die Ermittlung des JAV. in jedem in Betracht kommenden Betriebsjahr auftreten und sind daher in dieser Hinsicht bedeutungslos. Daß ferner in gewissem Umfang ein Ausgleich dadurch erreicht wird, daß das ermittelte Einkommen für die Entschädigung der Unfälle wie für die Beiträge die Berechnungsgrundlage darstellt, mag für die vom LSG. vertretene Auslegung sprechen. Dieser Umstand hat jedoch angesichts der Tatsache, daß die Beklagte wie die meisten gewerblichen Berufsgenossenschaften ihre Beiträge nach dem Umlageverfahren erhebt (§ 749 ff. RVO), keine wesentliche Bedeutung. Jedenfalls kann er die der Ansicht des erkennenden Senats zugrunde liegenden Erwägungen nicht entkräften. Darüber, daß die Satzung in dem dargelegten Sinne einheitlich, d. h. bei steigender wie bei sinkender Einkommensentwicklung, zu handhaben ist und dem Ermessen der Beklagten insoweit kein Spielraum bleibt, läßt die Bestimmung des § 45 keinen Zweifel.
Das LSG. wird bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung auch diese rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen und die insoweit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen haben.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil des LSG. überlassen.
Fundstellen