Entscheidungsstichwort (Thema)

Besondere berufliche Betroffenheit. richterliche Überzeugungsbildung

 

Orientierungssatz

1. Bescheinigen medizinische Sachverständige eine völlige Erwerbsunfähigkeit und kommt das Gericht selbst zu dem Ergebnis, daß die wehrdienstbedingte MdE des Klägers 40 vH betrage, so muß mit Rücksicht auf den Beruf des Klägers geprüft und entschieden werden, ob sich in Anwendung des § 30 BVG eine besondere berufliche Betroffenheit und deshalb eine höhere wehrdienstbedingte MdE ergibt. Dies um so mehr, als das SG in seinem Urteil ausgeführt hat, gemäß § 30 BVG sei bei Feststellung der MdE des Klägers zu berücksichtigen, daß er bereits seit 1945 Rentner sei und infolge seines Leidens dem vor seiner Einberufung zur Wehrmacht ausgeübten Beruf nicht mehr nachgehen könne.

2. Das LSG hat durch ihre Nichtanwendung des § 30 BVG zugleich aber auch die ihm durch § 128 Abs 1 S 1 SGG auferlegte Pflicht verletzt, sich bei der Entscheidung seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden. Es hat den von ihm selbst festgestellten Facharbeiterberuf des Klägers in seiner Bedeutung für das im Sinne abgrenzbarer Verschlimmerung anerkannte Leiden "Schüttellähmung" bei der rechtlichen Würdigung nicht genügend beachtet und ist deshalb nicht zur Prüfung der MdE unter dem Gesichtspunkt des § 30 BVG gekommen.

 

Normenkette

SGG §§ 103, 106, 128 Abs. 1 S. 1; BVG § 30

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 07.09.1960)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 7. September 1960 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der Kläger ist gelernter Autolackierer. Im zweiten Weltkrieg leistete er von 1941 bis 1943 und von 1944 bis 1945 Wehrdienst. Von Januar bis Juli 1945 stand er wegen Gelenkrheuma und Nervenlähmung in Lazarettbehandlung und wurde mit dem Befund "postencephalitischer Parkinsonismus" entlassen; Wehrdienstbeschädigung wurde als wahrscheinlich angenommen.

Am 23. Juli 1951 beantragte der Kläger Versorgung wegen dieses Leidens. Das Versorgungsamt zog Befunde aus dem Invalidenrentenverfahren bei und lehnte entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme den Antrag mit der Begründung ab, das Leiden habe sich offenbar aus einer vor dem Wehrdienst durchgemachten Gehirnentzündung entwickelt. Die Schüttellähmung des Klägers stehe daher nicht in ursächlichem Zusammenhang mit Einflüssen des Wehrdienstes. Im Widerspruchverfahren hörte das Landesversorgungsamt (LVersorgA) die Neurologin Dr. W, die der Auffassung war, die Schüttellähmung sei durch die Anstrengungen und Impfungen im Wehrdienst beeinflußt worden. Daraufhin erkannte das LVersorgA Schüttellähmung als Schädigungsfolge im Sinne der abgegrenzten Verschlimmerung an und setzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 40 v. H. fest.

Mit der Klage begehrte der Kläger Anerkennung dieses Leidens im Sinne richtunggebender Verschlimmerung sowie Zuerkennung der Rente eines Erwerbsunfähigen und der Pflegezulage. Das Sozialgericht (SG) holte ein Gutachten des Neurologen Dr. L ein. Dieser sah die Schüttellähmung des Klägers als durch den Wehrdienst verursacht und den Kläger als erwerbsunfähig und pflegebedürftig an.

Das SG verurteilte mit Urteil vom 27. November 1956 den Beklagten, Schüttellähmung im Sinne richtunggebender Verschlimmerung anzuerkennen und dem Kläger ab 1. Juli 1951 unter Berücksichtigung seiner beruflichen Schädigung Rente nach einer MdE um 100 v. H. zu zahlen. Im übrigen wies es die Klage ab.

In seiner Berufung vertrat der Beklagte die Ansicht, die chronische Gehirnerkrankung des Klägers könne durch den Wehrdienst nicht richtunggebend verschlimmert worden sein. Er beantragte, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Der Kläger beantragte mit der Anschlußberufung, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und diesen zur Gewährung der einfachen Pflegezulage ab 1. Juli 1951 zu verurteilen. Der Beklagte bat, die Anschlußberufung zurückzuweisen. Der vom Landessozialgericht (LSG) mit der Begutachtung beauftragte Neurologe Dr. M vertrat die Auffassung, körperliche Überforderung im Wehrdienst könne niemals als ursächlicher oder verschlimmernder Faktor für eine Parkinsonsche Krankheit angesehen werden. Der auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gutachtlich gehörte Neurologe Dr. D war der Meinung, es läge eine richtunggebende Verschlimmerung dieses Leidens durch den Wehrdienst vor, auf die die Erwerbsunfähigkeit und Hilflosigkeit des Klägers zurückgeführt werden müßten. Der Kläger beantragte in der mündlichen Verhandlung, nach § 109 SGG den Internisten und Neurologen Dr. E darüber zu hören, ob die postencephalitische Erkrankung mit Wahrscheinlichkeit durch den Wehrdienst richtunggebend verschlimmert worden sei. Das LSG hob mit Urteil vom 7. September 1960 das Urteil des SG mit der Maßgabe auf, daß die Schädigungsfolge nur im Sinne der Verschlimmerung anerkannt werde; im übrigen wies es die Klage ab und die Anschlußberufung des Klägers zurück. Der Kläger habe bei den Untersuchungen im Invaliden-Rentenverfahren Prof. Dr. H, Dr. D, Dr. M und Dr. S gegenüber selbst angegeben, das Zittern seiner rechten Hand sei bereits 1941 vorhanden gewesen. 1945 seien Gedächtnisschwäche und anfallartige Zustände hinzugekommen. Auch nach der Anamnese der Krankengeschichte der Königin-Elena-Klinik in Kassel habe das Zittern 1941 begonnen. Demgegenüber müßten die vom Kläger ab 1950 gemachten Angaben, wonach die Krankheit erst 1944 oder gar erst im Winter 1945 aufgetreten sei, als zweckgebunden angesehen werden. Habe das Zittern aber bereits 1941 begonnen, so müsse die Infektion, die zum Parkinsonismus geführt habe, vor Beginn des Wehrdienstes stattgefunden haben. Den Gutachten des Dr. L und des Dr. D, die von einer Infektion während des Wehrdienstes ausgingen, könne deshalb nicht gefolgt werden. Besonderen Belastungen durch Kampfhandlungen sei der Kläger nicht ausgesetzt gewesen. Für die Entwicklung der Schüttellähmung hätten nur die während des Krieges durchgeführten Impfungen eine gewisse, wenn auch nicht entscheidende Bedeutung gehabt, die es nach dem Gutachten der Neurologin Dr. W rechtfertige, den wehrdienstbedingten Verschlimmerungsanteil der MdE des Klägers mit 40 v. H. zu bewerten. Der Antrag des Klägers, nach § 109 SGG ein Gutachten des Dr. E einzuholen, sei unbegründet; denn zur gleichen Beweisfrage habe sich in der Berufungsinstanz bereits Dr. D nach § 109 SGG geäußert, und der Kläger habe nicht darzutun vermocht, welche Mängel dieses Gutachtens ein weiteres Gutachten erforderlich machten.

Mit der vom LSG nicht zugelassenen Revision rügt der Kläger zunächst Verletzung der §§ 103, 106 und 128 SGG.

Das LSG habe es versäumt, die Frage, wann die zum Parkinsonismus des Klägers führende Infektion wahrscheinlich stattfand, durch ein internistisches Fachgutachten zu klären. Hierzu habe Veranlassung bestanden, weil vom Kläger darauf hingewiesen worden sei, daß ein postencephalitischer Parkinson und auch ein Spätparkinson in das Fachgebiet des Internisten gehöre. Der Kläger habe auch einen Internisten unter Bezugnahme auf § 109 SGG benannt. Gleichwohl habe das LSG diesen nicht gehört und dadurch die §§ 103, 106, 109 SGG verletzt. Darüber hinaus habe das LSG weder den seit 1944 den Kläger ständig behandelnden Dr. V als sachverständigen Zeugen gehört, noch in den Krankenbuchsammellagern nach früheren Krankengeschichten des Klägers geforscht, obwohl aus vielen Fällen bekannt sei, daß dort gerade seit 1959 bei erneuten Nachforschungen weitere alte Krankenunterlagen aufgefunden werden konnten. Auch aus dem großen Bekannten- und Verwandtenkreis des Klägers habe das LSG Zeugen über die Entwicklung seines Leidens nicht vernommen. Ohne diese Ermittlungen habe sich das LSG nicht über die eingehend begründeten Gutachten von Dr. W und Dr. D hinwegsetzen dürfen; es habe dadurch § 128 SGG verletzt. Übersehen sei auch, daß 1946 im Invaliden-Rentenverfahren die MdE des Klägers mit 70 v. H. bewertet worden sei. Selbst wenn also die wehrdienstbedingte MdE nur 40 v. H. betrage, so stelle sie doch den überwiegenden Teil der Gesamt-MdE dar. Die Frage der besonderen Betroffenheit im Beruf eines Autolackierers, die bei einem überwiegenden Anteil der wehrdienstbedingten MdE an der Gesamt-MdE geprüft werden mußte, habe das LSG völlig übersehen. Das angefochtene Urteil gehe auch nicht darauf ein, inwieweit die wehrdienstbedingte MdE des Klägers die von ihm geltend gemachte Hilflosigkeit bedinge. Schließlich sei bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Wehrdienst und dem Leiden des Klägers das Gesetz verletzt worden, da das LSG keine ausreichende Grundlage für seine Entscheidung gehabt habe, das Leiden des Klägers sei durch den Wehrdienst weder entstanden noch richtunggebend verschlimmert worden. Der Kläger beantragt, den Beklagten in Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Zurückweisung seiner Berufung zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Juli 1951 die einfache Pflegezulage zu gewähren; hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Beklagte hält die Revision für unzulässig und beantragt, sie zu verwerfen.

Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist auch statthaft; denn der Kläger rügt zutreffend einen wesentlichen Mangel im Verfahren des LSG (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Er beanstandet mit Recht, das LSG habe nicht geprüft, ob bei einem wehrdienstbedingten Anteil der MdE von 40 v. H. die besondere berufliche Betroffenheit des Klägers hinreichend berücksichtigt sei oder ob sich daraus eine Erhöhung dieser MdE ergebe. Sinngemäß rügt der Kläger damit Verletzung des § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG; denn er macht geltend, das LSG habe sich mit der Frage besonderer beruflicher Betroffenheit nicht auseinandergesetzt, obwohl der erhebliche wehrdienstbedingte Anteil an der Gesamt-MdE und das Unvermögen, in seinem Beruf als Autolackierer tätig zu sein, dazu Anlaß gegeben hätten. Der Kläger hat zwar in diesem Zusammenhang nicht angegeben, welche Verfahrensnorm er als verletzt ansieht. Sein Vorbringen läßt jedoch mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, daß er § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG für verletzt hält. Aus den substantiiert vorgetragenen Tatsachen ergibt sich genügend klar, daß der Kläger der Auffassung ist, das LSG habe sich seine in der Entscheidung zum Ausdruck gekommene Überzeugung, es liege nur eine wehrdienstbedingte MdE um 40 v. H. vor, nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, nämlich ohne Berücksichtigung seines Berufs gebildet. Die Rüge genügt deshalb auch ohne ausdrückliche Bezeichnung der als verletzt angesehenen Rechtsnorm den Anforderungen des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG (BSG 1, 227).

Der gerügte Verfahrensmangel liegt auch vor. Aus den Gutachten der Neurologen Dr. L, Dr. M und Dr. D ging übereinstimmend die völlige Erwerbsunfähigkeit des Klägers infolge seiner Schüttellähmung seit Juli 1951 hervor. Das LSG hat auch selbst festgestellt, daß der Kläger Autolackierer sei. Kam es nun zu dem Ergebnis, die wehrdienstbedingte MdE des Klägers betrage 40 v. H., so mußte mit Rücksicht auf den Beruf des Klägers geprüft und entschieden werden, ob sich in Anwendung des § 30 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) eine besondere berufliche Betroffenheit und deshalb eine höhere wehrdienstbedingte MdE ergab. Dies um so mehr, als das SG in seinem Urteil ausgeführt hatte, gemäß § 30 BVG sei bei Feststellung der MdE des Klägers zu berücksichtigen, daß er bereits seit 1945 Rentner sei und infolge seines Leidens dem vor seiner Einberufung zur Wehrmacht ausgeübten Beruf nicht mehr nachgehen könne. Durch die Aufhebung des Urteils des SG hat das LSG die in diesem Urteil getroffenen Feststellungen über Schädigungsfolge und MdE beseitigt; es war somit gehalten, sich mit den vom SG für seine Entscheidung angeführten Gründen im einzelnen auseinanderzusetzen.

Dies ist in dem wesentlichen Punkt der besonderen beruflichen Betroffenheit unterblieben, obwohl der Kläger im Berufungsverfahren die Berufsberücksichtigung ausdrücklich begehrte. Das LSG hat im Tenor seines Urteils auch nicht einmal einen Ausspruch über die Höhe der MdE getroffen; seine Entscheidung hierüber ergibt sich vielmehr erst aus den Urteilsgründen, die allerdings für die Auslegung des Urteils mit heranzuziehen sind (BSG 3, 137; 6, 98). Übersehen ist in jedem Fall die Frage besonderer beruflicher Betroffenheit. Auf den darin möglicherweise liegenden Verstoß gegen § 30 BVG durch Nichtanwendung dieser Vorschrift kommt es für die Verfahrensrevision zwar nicht an; das LSG hat damit zugleich aber auch die ihm durch § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG auferlegte Pflicht verletzt, sich bei der Entscheidung seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden. Es hat den von ihm selbst festgestellten Facharbeiterberuf des Klägers in seiner Bedeutung für das im Sinne abgrenzbarer Verschlimmerung anerkannte Leiden "Schüttellähmung" bei der rechtlichen Würdigung nicht genügend beachtet und ist deshalb nicht zur Prüfung der MdE unter dem Gesichtspunkt des § 30 BVG gekommen. Es ist ohne weiteres glaubhaft, daß das mit der Schüttellähmung verbundene Zittern am ganzen Körper, vor allem der rechten Hand, es dem Kläger unmöglich macht, das Werkzeug, insbesondere den Pinsel, bei der Berufsarbeit, in der es auf Geradheit, Genauigkeit und Sicherheit der Linienführung ankommt, werkgerecht zu handhaben. Mithin sind diese zum Gesamtergebnis des Verfahrens gehörenden und für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Tatsachen bei der Urteilsbildung nicht beachtet worden, so daß die Rüge der Revision, das LSG habe sich seine Überzeugung insoweit nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet, zu Recht erhoben ist. Dies führt nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG zur Statthaftigkeit der Revision.

Die demnach zulässige Revision ist auch begründet; denn das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung des § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG (§ 162 Abs. 2 SGG). Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß das Urteil des LSG anders ausgefallen wäre, wenn die Vorschrift des § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG hinreichend beachtet und die besondere berufliche Betroffenheit des Klägers geprüft worden wäre (vgl. BSG 2, 197; 8, 228).

Unter diesen Umständen kann sich die angefochtene Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellen (§ 170 Abs. 1 Satz 2 SGG). Voraussetzung hierfür wären ausreichende tatsächliche Feststellungen, inwieweit der Kläger durch die vom LSG angenommene nicht richtunggebende Verschlimmerung seiner Schüttellähmung an der Ausübung seines Berufs als Autolackierer gehindert ist. Die Frage, ob ein Autolackierer, bei dem sich als erstes Zeichen einer beginnenden Schüttellähmung ein Zittern der rechten Hand einstellt, allein dadurch bereits berufsunfähig wird oder ob die Unfähigkeit, den erlernten Beruf auszuüben, wesentlich erst durch die danach eingetretene wehrdienstbedingte Verschlimmerung des Leidens mit einer MdE um 40 v. H. bedingt ist, hat das LSG weder den ärztlichen Sachverständigen vorgelegt noch selbst zu lösen versucht. Das LSG hat sich auch nicht mit der Vermutung auseinandergesetzt, daß die Einberufung zum Wehrdienst im Juni 1941 dafür spricht, daß damals Krankheitszeichen noch nicht vorhanden waren. Seine tatsächlichen Feststellungen reichen somit schon aus diesem Grunde nicht zur Entscheidung aus. Ob sie auch unter anderen Gesichtspunkten - etwa wegen der vom Kläger gerügten Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG) oder wegen einer Verletzung des § 109 SGG - zu beanstanden sind und ob ferner das angefochtene Urteil infolge eines Verstoßes gegen die in der Kriegsopferversorgung geltende Kausalitätsnorm oder wegen fehlender Entscheidung über den Anspruch auf Pflegezulage mangelhaft ist, konnte deshalb dahingestellt bleiben. Das angefochtene Urteil mußte allein schon wegen des mit Erfolg gerügten Verstoßes gegen § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Das LSG wird die bisher fehlenden Feststellungen gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines medizinischen Sachverständigen sowie unter sorgfältiger Abwägung aller Umstände des Falles nachzuholen haben. Es wird dabei zu berücksichtigen haben, daß die gebotene gründliche medizinische Beurteilung der Schüttellähmung und ihrer Verschlimmerung in der Auswirkung auf die Berufsfähigkeit des Klägers eine möglichst eingehende Klärung des Entwicklungsverlaufs voraussetzt. Die Anhörung von Zeugen über den Verlauf des Leidens und über die Arbeitsfähigkeit des Klägers in seinem Beruf sowie die erneute Nachforschung nach weiteren Krankenbuchunterlagen wird deshalb - auch für die Frage der Entstehung oder einfachen bzw. richtunggebenden Verschlimmerung des Leidens durch den Wehrdienst - unerläßlich sein. Selbst bei Annahme einfacher Verschlimmerung wird aber nicht nur über die MdE unter Berücksichtigung einer etwaigen besonderen beruflichen Betroffenheit, sondern unter Beachtung der in BSG 13, 40 ausgesprochenen Grundsätze (alleinige Ursache oder Mitursache an der Hilflosigkeit) auch über den Anspruch des Klägers auf Pflegezulage zu befinden sein.

Die Kostenentscheidung bleibt dem den Rechtsstreit abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324823

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