Leitsatz (redaktionell)

1. Die bloße Bereitschaft zur Zahlung von Unterhalt kann einer tatsächlichen Unterhaltsleistung nicht gleichgestellt werden und stellt auch keine Unterhaltsverpflichtung aus sonstigen Gründen dar.

2. Für eine Unterhaltsleistung iS des BVG § 42 Abs 1 S 1 Alternative 3 genügt ein ernstlich bekundeter Wille des Verstorbenen zur Unterhaltsleistung selbst dann nicht, wenn eine tatsächliche Unterhaltsleistung nur deshalb unterblieben ist, weil der geschiedene Ehemann schon kurze Zeit nach der Scheidung verstorben ist.

 

Normenkette

BVG § 42 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 Fassung: 1960-06-27

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Mai 1965 wird zurückgewiesen, soweit der geltend gemachte Anspruch die Zeit bis 31. Dezember 1966 betrifft.

Für die Zeit ab 1. Januar 1967 wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Klägerin ist die geschiedene Witwe des am 18. Mai 1944 gefallenen Berufssoldaten (Obergefreiten) R K (K.). Ihre am 25. Februar 1942 geschlossene Ehe wurde durch ein am 10. März 1944 rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts Darmstadt aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Die Klägerin erhob im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsstreit keine Unterhaltsansprüche und bestritt nach der Scheidung ihren Lebensunterhalt durch Arbeit in der Fabrik. K. erklärte sich nach Rechtskraft des Urteils dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gegenüber bereit, einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 20,- RM zu leisten.

Zu einer abschließenden Einigung über die Höhe des Unterhalts und zu einer Zahlung von Unterhaltsbeiträgen ist es jedoch nicht mehr gekommen.

Im Dezember 1960 erhob die Klägerin Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 23. November 1962 ab. Der Widerspruch war erfolglos. Mit Urteil vom 13. Februar 1964 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 11. Mai 1965 die Berufung zurückgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente sei nach § 42 BVG an die Voraussetzungen geknüpft, daß der Gefallene zur Zeit seines Todes an die geschiedene Frau entweder Unterhalt nach den eherechtlichen Vorschriften oder aus sonstigen Gründen zu leisten gehabt oder im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet habe. Keine dieser Voraussetzungen sei erfüllt. Daß K. nach eherechtlichen Vorschriften oder aus sonstigen Gründen, vor allem im Hinblick auf das seinerzeitige Erwerbseinkommen der Klägerin, nicht unterhaltsverpflichtet gewesen sei, sei unter den Beteiligten unstreitig. Fraglich sei nur, ob die Bereitschaft des K. zur Zahlung eines Unterhalts von 20,- RM monatlich einer tatsächlichen Unterhaltszahlung im Sinne des § 42 BVG gleichgesetzt werden könne. Das sei zu verneinen. Nach dem abschriftlich vorliegenden Brief des Rechtsanwalts Dr. M. vom 7. Mai 1944 hätten zwar gewisse, sich zugunsten der Klägerin abzeichnende Verhandlungen über die Gewährung von Unterhalt vorgelegen, sie seien aber noch nicht abgeschlossen gewesen, und es sei auch durchaus noch offengeblieben, inwieweit, unter welchen weiteren Bedingungen und in welcher Form - vom Unterhaltsbetrag ganz abgesehen - sich K. für die Zukunft und ab wann zu Unterhaltsleistungen habe verpflichten wollen. Diese Situation unterscheide sich nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß es sich um geschiedene Eheleute gehandelt habe, so wesentlich von einer tatsächlichen Unterhaltszahlung, daß sich die Gleichstellung mit einer solchen verbiete.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG. Der ernstlich bekundete Wille des Verstorbenen zur Unterhaltsleistung müsse hier jedenfalls dann ausreichen, wenn es zur tatsächlichen Unterhaltszahlung nur deshalb nicht gekommen sei, weil der geschiedene Ehemann schon kurze Zeit nach der Scheidung den Kriegstod gefunden habe. Zwar liege der Regelung des § 42 BVG der Gedanke der Unterhaltsersatzfunktion zugrunde, aber es müsse doch gefragt werden, ob dem Gesetzgeber, wie das Berufungsgericht gemeint habe, bei der getroffenen Regelung wirklich Fälle der vorliegenden Art vorgeschwebt haben sollten, in denen die Beteiligten Opfer der Kriegsverhältnisse geworden seien, oder ob hier nicht vielmehr eine Gesetzeslücke vorliege, die im Wege der richterlichen Rechtsfindung auszufüllen sei. Einen gewissen Anhaltspunkt hierfür könnte schon die Verwaltungsvorschrift (VerwV) Nr.5 Buchstabe b zu § 42 BVG bieten, die es ausreichen lasse, daß der Verstorbene für einen kürzeren Zeitraum Unterhalt geleistet habe, wenn im übrigen aber seine erkennbare Absicht, der früheren Ehefrau laufend Unterhalt zu gewähren, vor Ablauf eines Jahres durch den Tod vereitelt worden sei. Hier sei weitgehend auf die erklärte Bereitschaft abgestellt; diese müsse der tatsächlichen Unterhaltszahlung gleichgestellt werden, wenn zwischen der Scheidung und dem Kriegstod eine so geringe Zeitspanne gelegen habe, daß der Verstorbene nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine erklärte Absicht zu realisieren.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil, das Urteil des SG sowie die Bescheide des Beklagten vom 23. November 1962 und 23. Juli 1963 (Widerspruchsbescheid) aufzuheben und diesen zu verurteilen, der Klägerin vom 1. Juni 1960 an Witwenrente zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Unstreitig habe K. im letzten Jahr vor der Scheidung keinen Unterhalt geleistet. Es sei nicht möglich, dem § 42 BVG eine so intensive Auslegung zu geben, daß auch Fälle der vorliegenden Art noch von dieser Bestimmung erfaßt werden sollten. Dagegen spreche auch der Wille des Gesetzgebers, lediglich eine Ersatzleistung zu gewährleisten, die in erster Linie an die Stelle des im Zeitpunkt des Todes bestehenden Unterhaltsanspruch trete.

Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Sie ist auch im Sinne der - teilweisen - Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.

Der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung richtet sich, da der Antrag der Klägerin im Dezember 1960 gestellt worden ist, nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG in der seit dem Inkrafttreten (1. Juni 1960) des Ersten Neuordnungsgesetzes (1. NOG) vom 27. Juni 1960 (BGBl I, 453) geltenden und - insoweit - seitdem unverändert gebliebenen Fassung. Hiernach steht im Falle der Scheidung die frühere Ehefrau des Verstorbenen einer Witwe gleich, wenn der Verstorbene zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den eherechtlichen Vorschriften oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder im letzten Jahr vor seinem Tode geleistet hat. Durch das Dritte Neuordnungsgesetz (3. NOG) vom 28. Dezember 1966 (BGBl I, 750) hat § 42 Abs. 1 BVG noch einen Zusatz erhalten, der als Satz 2 dem Absatz 1 angefügt worden ist. Dafür, daß der ebenfalls als Ergänzung angefügte Satz 3 des Absatzes 1 hier Anwendung finden könnte (Scheidung im Zusammenhang mit einer Gesundheitsstörung des Verstorbenen, die Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG war), bietet der Sachverhalt keinen Anhalt. § 42 Abs. 1 Satz 2 idF des 3. NOG lautet: Hat eine Unterhaltsverpflichtung aus kriegs- oder wehrdienstbedingten Gründen nicht bestanden, so bleibt dies unberücksichtigt. Diese Vorschrift bezweckt, auch den Frauen eine Versorgung zukommen zu lassen, die aus kriegs- oder wehrdienstbedingten Gründen keinen Unterhaltsanspruch im Zeitpunkt des Todes des früheren Ehemannes hatten, z.B. weil der frühere Ehemann durch die Ausübung des Wehrdienstes nicht mehr über ausreichende Einkünfte verfügte, um Unterhaltsleistungen an seine frühere Ehefrau zu erbringen. Daneben kann in Einzelfällen auch die Unterhaltsberechtigung der Ehefrau durch kriegsbedingte Umstände, z.B. eine Dienstverpflichtung, ungünstig beeinflußt worden sein (vgl. Deutscher BT 5. Wahlp. Drucks. V 1012 - Begründung zum Entwurf des 3. NOG Nr. 37 zu § 42 Abs. 1 - S. 27). Da K. Berufssoldat war, wurde seine Unterhaltspflicht durch kriegs- oder wehrdienstbedingte Gründe nicht beeinflußt. Daß die Unterhaltsberechtigung der Klägerin selbst durch kriegsbedingte Umstände ungünstig beeinflußt worden wäre, hat sie nicht vorgetragen.

Maßgebend nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG in der hier anzuwendenden Fassung ist nicht mehr - wie noch nach dem Sechsten Änderungsgesetz zum BVG vom 1. Juli 1957 (BGBl I, 661) -, ob der Verstorbene nach den eherechtlichen Vorschriften Unterhalt zu gewähren "hätte"; es sind deshalb nicht mehr die eherechtlichen Vorschriften im Zeitpunkt der Geltendmachung des Versorgungsanspruchs zugrunde zu legen, ebensowenig ist noch zu prüfen, ob die geschiedene Ehefrau nach diesen Vorschriften unterhaltsberechtigt wäre, wenn ihr früherer Ehemann noch lebte (vgl. zu dem früheren Recht BSG 9, 86, 89, 90; 13, 170). In dem nach der neueren Fassung des Gesetzes nunmehr maßgebenden Todeszeitpunkt des K. am 18. Mai 1944 galt das Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet vom 6. Juli 1938 (RGBl I, 807) - EheG -. Es regelt in § 66 die Unterhaltspflicht des allein oder überwiegend schuldigen Mannes (und der allein oder überwiegend schuldigen Frau) und in § 68 die Unterhaltspflicht für den Fall, daß beide Ehegatten schuld an der Scheidung sind, aber keiner die überwiegende Schuld trägt; dann kann dem Ehegatten, der sich nicht selbst unterhalten kann, ein Beitrag zu seinem Unterhalt zugebilligt werden, wenn und soweit dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des anderen Ehegatten und der nach § 71 unterhaltspflichtigen Verwandten des Bedürftigen der Billigkeit entspricht. Die Beitragspflicht konnte zeitlich beschränkt werden. Das LSG ist nicht von der im Sinne des § 68 EheG anspruchsbegründenden Feststellung einer überwiegenden Schuld des K. im Ehescheidungsurteil ausgegangen; daß diese in dem Scheidungsurteil getroffen worden ist, hat die Klägerin auch nicht behauptet; die Ehescheidungsakten sind, wie die Versorgungsakten ergeben, durch Kriegseinwirkung vernichtet worden. Da die tatsächlichen Feststellungen des LSG über die Scheidung aus beiderseitigem Verschulden von der Revision nicht angegriffen sind, ist der Senat an diese gebunden (§ 163 SGG).

Die erste Alternative des § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG, d.h. die Verpflichtung des K. zur Gewährung von Unterhalt nach den eherechtlichen Vorschriften, konnte auf Grund der von dem LSG zutreffend angewendeten Fassung des § 42 Abs. 1 BVG nicht angenommen werden, da die Klägerin ihren Lebensunterhalt durch Fabrikarbeit selbst verdiente und deshalb im Sinne des § 68 EheG in der Lage war, sich selbst zu unterhalten.

Unstreitig hat K. nach der Scheidung keinen Unterhalt geleistet, denn das Anerbieten zur Leistung eines Unterhaltsbetrages stellt noch keine Unterhaltsleistung dar. Nur dieser Zeitraum nach der Scheidung kann für die Frage, ob K. "im letzten Jahr vor seinem Tode" Unterhalt geleistet hat, berücksichtigt werden, mag er auch kürzer als ein Jahr gewesen sein (BSG 14, 255, 258 f zu dem im wesentlichen gleichlautenden § 1265 der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Es bliebe somit nur noch als letzte Alternative des § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG, ob K. "aus sonstigen Gründen" Unterhalt zu leisten hatte. Mit Recht hat das LSG diese Vorschrift nicht, auch nicht im Wege der Analogie oder der Ausfüllung einer Lücke des Gesetzes, angewandt. Mit der dem Rechtsanwalt der Klägerin gegenüber abgegebenen Erklärung des K., er wolle 20,- RM monatlich zahlen, war eine Verpflichtung des K. nicht begründet worden. Hierzu hätte es einer Annahme dieses Angebotes durch die Klägerin, das sie nach den Ausführungen ihres Prozeßbevollmächtigten im ersten Rechtszuge nicht für "akzeptabel" hielt, bedurft. Nach dem Wortlaut und dem Sinn des § 42 BVG bedarf es aber als Voraussetzung des Anspruchs auf Witwenrente der Feststellung einer solchen Verpflichtung, die durch die mehr oder weniger entfernte Möglichkeit, daß es zu einer Vereinbarung hätte kommen können, wenn der Ehemann nicht gestorben wäre, nicht ersetzt werden kann. Im vorliegenden Falle ist im übrigen durchaus denkbar, daß K. die Forderung der Klägerin auf einen höheren Unterhaltsbeitrag als 20,- RM monatlich abgelehnt hätte, es somit zu einer Unterhaltsvereinbarung überhaupt nicht gekommen wäre. Das Gesetz hat dadurch, daß es entweder eine Unterhaltsverpflichtung nach eherechtlichen Vorschriften oder aus sonstigen Gründen oder eine tatsächliche Unterhaltsleistung im letzten Jahr vor dem Tode verlangt, erschöpfende Tatbestände aufgestellt, die, wenn sie vorliegen - aber auch nur dann -, den Anspruch auf Versorgung ergeben. Wie sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum 1. NOG ergibt, bezweckt die Vorschrift, die frühere Ehefrau des Verstorbenen, die durch dessen Tod einen Unterhaltsanspruch verloren hat, durch Zahlung einer Rente zu entschädigen. Dort ist ausgeführt, die Erweiterung des Personenkreises entspreche der Regelung in der Sozialversicherung (§§ 1265 RVO, 584 Abs. 1 UVNG - Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz). Für diese Ergänzung bestehe ein echtes Bedürfnis, weil nach dem Grundgedanken der Hinterbliebenenversorgung an die Stelle der entfallenen Unterhaltsverpflichtung oder Unterhaltsleistung der Staat trete (Deutscher BT 3. Wahlper. Drucks. 1239 S. 28 zu § 41, der dem Gesetz gewordenen § 42 entspricht). Eine Unterhaltsverpflichtung oder wenigstens eine Zahlung von Unterhalt waren somit die vom Gesetzgeber als unerläßlich angesehenen Mindestvoraussetzungen für die Gewährung von Witwenrente als Ersatz für den verlorengegangenen Unterhaltsanspruch oder den tatsächlich gezahlten Unterhalt. Das Gesetz hat damit Härten, die sich daraus ergeben können, daß die Partner es vor oder nach der Scheidung versäumt haben, eine Unterhaltsvereinbarung zu treffen, oder daß einer der Eheleute kurz nach der Scheidung gestorben ist und es deswegen nicht mehr zu einer Vereinbarung gekommen ist, bewußt in Kauf genommen.

Da im übrigen die gesetzliche Regelung unter dem Leitgedanken steht, daß die Witwenversorgung Ersatzfunktion für tatsächlich entgangene Unterhaltsansprüche oder doch wenigstens für entgangene Unterhaltsleistungen haben soll, läßt sich die Rechtsfolge des Gesetzes auch nicht im Wege der Analogie oder der Lückenausfüllung auf andere Tatbestände erweitern (vgl. BSG 14, 239 f, 241). Es kann deshalb auch nicht der von der Revision vertretenen Auffassung zugestimmt werden, der ernstlich bekundete Wille des Verstorbenen zur Unterhaltsleistung müsse jedenfalls dann ausreichen, wenn es zur tatsächlichen Unterhaltszahlung nur deshalb nicht gekommen sei, weil der geschiedene Ehemann schon kurze Zeit nach der Scheidung der Kriegstod erlitten habe. Im übrigen würden, wie bereits hervorgehoben ist, die Feststellungen des LSG hier nicht die Annahme rechtfertigen können, daß die Unterhaltsvereinbarung nur an dem etwas später als zwei Monate nach der Scheidung eingetretenen Tod des K. gescheitert ist, da K. möglicherweise, vielleicht sogar wahrscheinlich, nach Kenntniserhalt von der höheren Forderung der Klägerin seinen Vorschlag überhaupt zurückgezogen hätte. Zu § 1265 RVO hat das Bundessozialgericht (BSG) zwar entschieden, daß, wenn der Zeitraum zwischen der Scheidung und dem Tod des Versicherten so kurz gewesen ist, daß er für die Beurteilung der Frage, ob der Versicherte seiner früheren Ehefrau Unterhalt nach dem EheG zu leisten hatte (z.B. bei Krankheit kurz vor dem Tode), ungeeignet sei, aus sonstigen Merkmalen, auch soweit sie vor der Scheidung lägen, zu schließen sei, ob die Frau durch den Tod des Versicherten eine Einbuße an Unterhaltsberechtigung erlitten habe (BSG 14, 255 = SozR Nr. 8 zu § 1265 RVO sowie Nr. 24 und Nr. 32 ebenda). Deshalb sei maßgeblich der wirtschaftliche Dauerzustand, der sich bei einem längeren Zeitraum zwischen Scheidung und Tod unter den geschiedenen Eheleuten aller Wahrscheinlichkeit nach ergeben hätte und dessen Beginn auch vor der Scheidung liegen könne (BSG in SozR Nr. 32 - Aa 31 - zu § 1265 RVO und BSG 14, 260). Um diese Frage der Leistungsfähigkeit des Ehemannes als Voraussetzung seiner Unterhaltspflicht geht es im vorliegenden Falle aber nicht; es ist nicht einzusehen, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse, die vor seinem Tode bestanden haben, sich später geändert haben sollten, wenn er nicht gefallen wäre.

Nach alledem hat das LSG, das seiner Entscheidung nur die auf Grund des 1. und 2. NOG sich ergebende Fassung des § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG zugrunde legen konnte, mit Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die durch das 3. NOG geänderte Fassung des § 42 Abs. 1 BVG eröffnet aber die Möglichkeit, daß nun ein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegebenenfalls bejaht werden kann, insbesondere dann, wenn die Klägerin durch kriegsbedingte Umstände, etwa durch den Zwang einer Dienstverpflichtung, veranlaßt worden ist, Berufsarbeit durch die Tätigkeit in einer Fabrik zu übernehmen oder sie fortzusetzen. Da die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen, die von dem LSG nicht zu treffen waren, nun aber erforderlich sind und im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2374868

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