Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verfahrensfehler. Überschreiten der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung. Fehlen besonderer Fachkunde. medizinische Frage
Orientierungssatz
Zum Überschreiten der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung gem § 128 SGG, wenn das Berufungsgericht über eine ärztliche Frage entschieden hat, ohne insoweit hinreichende Äußerungen von Sachverständigen zu haben.
Normenkette
SGG §§ 128, 162 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 18.06.1959) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts in München vom 18. Juni 1959 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger begehrt die Erhöhung seiner Rente. Auf seinen Antrag vom 8. April 1947 war ihm nach ärztlicher Untersuchung durch bindend gewordenen Bescheid vom 20. Mai 1948 wegen Zustandes nach Entfernung eines Teils des Magens und wegen Magenschleimhautentzündung, verschlimmert durch schädigende Einwirkungen im Sinne des Art. 1 des Bayerischen Gesetzes über Leistungen an Körpergeschädigte (KBLG), Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v.H. gewährt worden.
Am 22. Juni 1951 beantragte der Kläger eine Erhöhung seiner Rente und brachte eine Bescheinigung des ihn behandelnden praktischen Arztes Dr. Z... vom 23. April 1951 bei, nach der sich die MdE unter Einbezug der hochgradigen Abmagerung auf 80, mindestens auf 70 v.H. belief. Das Versorgungsamt (VersorgA) veranlaßte eine neue Untersuchung des Klägers durch den Facharzt für innere Krankheiten Dr. S... am 3. Oktober 1951. Gestützt auf das Ergebnis dieser Begutachtung erteilte es den Umanerkennungsbescheid vom 2. September 1952, in dem als Schädigungsfolgen anerkannt worden sind: Zustand nach Magenresektion ohne Zeichen deutlicher Stumpfgastritis mit Lageveränderung des Querdarmes und Dickdarmspasmen, verschlimmert durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Die MdE wurde wie bisher mit 60 v.H. beziffert.
Am 8. September 1952 beantragte der Kläger erneut eine Erhöhung der Rente wegen Verschlimmerung der Schädigungsfolgen. Nach ärztlicher Untersuchung durch den Facharzt für innere Krankheiten Dr. S... vom 23. Februar 1953 wies das VersorgA die Anträge vom 22. Juni 1951 und 8. September 1952 durch Bescheid vom 11. April 1953 zurück, weil eine wesentliche Änderung in den für die Festsetzung der Rente maßgeblichen Verhältnissen nicht eingetreten sei.
Gegen den Umanerkennungsbescheid vom 2. September 1952 hat der Kläger nach altem Recht Berufung an das Oberversicherungsamt (OVA) Nürnberg eingelegt, die nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Klage an das Sozialgericht (SG) übergegangen ist. Dieses hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 1954 den Facharzt für innere Krankheiten Dr. G... als Sachverständigen gehört, der in seinem Sitzungsgutachten eine nochmalige eingehende röntgenologische Magen-Darm-Untersuchung im Rahmen einer stationären Begutachtung als notwendig für eine Beurteilung der Frage erklärt hatte, inwieweit sich das Leiden verschlimmert habe. Der behandelnde Arzt des Klägers Dr. Z... hatte mit Bescheinigung vom 10. September 1954 nach Schilderung des Leidensverlaufs eine MdE um 90 v.H. für angemessen erachtet. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hielt er diese Schätzung zwar aufrecht, schlug aber ebenfalls eine klinische Untersuchung in der Ersten Medizinischen Klinik der Städtischen Krankenanstalten N... vor. Durch Urteil vom 15. Dezember 1954 hat das SG in Abänderung der Bescheide des VersorgA vom 2. September 1952 und 11. April 1953 den Beklagten zur Gewährung einer Rente nach einer MdE um 90 v.H. ab 1. März 1952 verurteilt. Es hat eine weitere wesentliche Verschlimmerung des als richtungsgebende Verschlimmerung anerkannten Magenleidens angenommen, wodurch die Unrichtigkeit der Einschätzung mit 60 v.H. erwiesen sei.
Der Beklagte hat Berufung eingelegt und gerügt, das SG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung dadurch überschritten, daß es ohne wohlerwogene und schlüssige Begründung über die Bewertung medizinischer Fragen durch die Sachverständigen hinweggegangen und seine eigene Auffassung an deren Stelle gesetzt habe, als es nicht die vorgeschlagene stationäre Untersuchung des Klägers durchgeführt, sondern selbst eine weitere Verschlimmerung des Magen- und Darmleidens angenommen habe. Der Kläger hat das Rechtsmittel gemäß § 148 Abs. 3 SGG für unzulässig gehalten. Durch Urteil vom 18. Juni 1959 hat das Landessozialgericht (LSG) auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Berufung des Beklagten sei nach § 150 SGG zulässig, weil für die behauptete weitere Verschlimmerung des Magenleidens der ursächliche Zusammenhang mit dem Wehrdienst oder den anerkannten Schädigungsfolgen streitig sei; auch sei die Verfahrensrüge des Beklagten begründet, weil das SG nicht geprüft habe, ob das Leiden überhaupt verschlimmert sei; hierüber hätte es Beweis durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens erheben müssen. Das LSG hat die Frage, ob das Magenleiden sich verschlimmert habe, nicht entschieden, sondern ist der Auffassung, daß der auf die besonderen Umstände des Wehrdienstes entfallende Anteil am Gesamtleidenszustand im Hinblick auf die Natur des Magenleidens und seinen bei derartigen anlagebedingten Leiden typischen Verlauf - der im näheren dargelegt ist - eine höhere MdE als 60 v.H. nicht bedinge, selbst wenn der Kläger - wofür ein Nachweis fehle - voll erwerbsunfähig sei. Es hat die Revision zugelassen, weil es sich bei der Frage der Bewertung des Verschlimmerungsanteils in Anbetracht des früheren Anerkenntnisses einer MdE um 60 v.H. um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung handele.
Der Kläger hat Revision eingelegt und beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Juni 1959 die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Statthaftigkeit der Revision hat er auf § 162 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGG gestützt. Er rügt mit näherer Begründung eine Verletzung der §§ 103, 128, 148 Abs. 3, 150 Nr. 2 und 3 SGG. Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß keine richtunggebende Leidensverschlimmerung durch wehrdienstliche Einflüsse vorliege und die MdE für den gegebenen Verschlimmerungsanteil nicht höher als um 60 v.H. bewertet werden könne, beruhe auf einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht und Überschreitung der Grenzen des Rechts der freien richterlichen Beweiswürdigung. Diese Fragen habe das LSG nicht aus eigener Sachkunde beantworten dürfen, sondern hätte Beweis durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens erheben müssen, zumal der ärztliche Sachverständige des SG und der behandelnde Arzt noch eine klinische Untersuchung des Klägers für erforderlich gehalten hätten, um die streitigen Fragen der weiteren Leidensverschlimmerung und die tatsächliche Höhe der MdE eindeutig festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Juni 1959 als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Das LSG hat die Revision zugelassen, weil es sich bei der Frage der Beurteilung des Verschlimmerungsanteils in Anbetracht des früheren Anerkenntnisses einer MdE um 60 v.H. um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung gehandelt habe. Nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist. Eine derartige Rechtsfrage liegt hier nicht vor. Vielmehr handelt es sich ausschließlich um eine Tatfrage, nämlich darum, inwieweit durch die festgestellten Schädigungsfolgen die Erwerbsfähigkeit herabgesetzt wird. Dies ist keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage im Einzelfall. Wenn dabei vorliegend auch zu berücksichtigen ist, daß das Leiden nicht als durch schädigende Einwirkungen entstanden, sondern als verschlimmert anerkannt worden ist, so handelt es sich hierbei nur um die Entscheidung, welcher Anteil einer Gesamt-MdE auf eine unstreitig vorhandene Verschlimmerung entfällt. Dadurch wird die Abschätzung der MdE ihres Charakters einer Tatfrage nicht entkleidet und wird nicht zur Rechtsfrage (BSG 6, 192, 194). Im übrigen ist die Frage, daß in solchen Fällen - Anerkennung einer Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung - bei jeder Leidensverschlimmerung stets zu prüfen ist, ob und inwieweit diese noch Schädigungsfolge ist, und daß aus der Höhe der MdE um 50 v.H. oder mehr nicht auf eine sogenannte richtunggebende Verschlimmerung geschlossen werden kann, vom Senat bereits mit Urteil vom 30. Oktober 1957 (BSG 6, 88, 91) entschieden worden. Hier kann aber unerörtert bleiben, ob die Zulassung gesetzwidrig ist und das Revisionsgericht nicht bindet (BSG 10, 240 ff, 269 ff), weil der Kläger die Statthaftigkeit der Revision ausdrücklich auch auf § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG gestützt, einen wesentlichen Mangel des Verfahrens ordnungsgemäß gerügt hat und dieser auch vorliegt.
Zu Recht hat hier der Kläger gerügt, daß das LSG die ihm obliegende Pflicht zur Sachaufklärung verletzt und die Grenzen des Rechts der freien Beweiswürdigung überschritten hat.
Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Hierbei ist es an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§ 103 Satz 2 SGG). Demnach bestimmt es allein im Rahmen seines richterlichen Ermessens die Ermittlungen und Maßnahmen, die es für die Aufklärung des Sachverhalts für notwendig erachtet. Sein Ermessen wird allerdings durch die in § 103 SGG festgelegte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts in dem für die Entscheidung erforderlichen Umfang begrenzt. Es kann dementsprechend ohne Antrag Beweis erheben oder auch von der Erhebung weiterer Beweise, die ein Beteiligter beantragt hat, absehen. Es kommt darauf an, ob es bei seiner Urteilsfällung die ihm bis dahin bekanntgewordenen Tatsachen als ausreichend ansehen durfte oder sich zu weiteren Ermittlungen hätte veranlaßt sehen müssen. Es hat daher sorgfältig zu prüfen, ob im Einzelfall eine weitere Beweiserhebung erforderlich ist (BSG 2, 236 ff, 238). Zur Beurteilung der beim Kläger vorliegenden Schädigungsfolgen standen dem Berufungsgericht zur Verfügung: Die ärztlichen Gutachten und Äußerungen des Dr. H... vom 31. Januar 1948, der Fachärzte für innere Krankheiten Dres. S... und Süß vom 3. Oktober 1951 und 23. Februar 1953, ferner des Facharztes für innere Krankheiten Dr. G... vom 15. Dezember 1954 und des behandelnden Arztes des Klägers, Dr. Z... vom 10. September und 15. Dezember 1954. Auch lagen Abschriften der Äußerungen der chirurgischen Universitätsklinik und der Universitäts-Nervenklinik E... vom 1. Dezember 1953 und 28. April 1954 vor. Wenn im Hinblick auf die im ersten Rechtszug erstatteten und die übrigen ärztlichen Gutachten und Äußerungen der behandelnde Arzt des Klägers und der Gerichtsarzt des SG ohne eine erneute klinische Untersuchung eine abschließende Beurteilung der Frage, inwieweit eine Verschlimmerung des anerkannten chronischen Magen- und Darmleidens eingetreten sei, für nicht möglich gehalten haben, so hätte das LSG, das insoweit einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht und eine Überschreitung des Rechts der freien Beweiswürdigung durch das SG angenommen hat, seinerseits über diese Frage nicht von sich aus entscheiden dürfen. Seiner Pflicht zur Sachaufklärung durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens hat es sich auch nicht dadurch entziehen können, daß es die volle Erwerbsunfähigkeit des Klägers durch sein Magenleiden unterstellt hat. Denn tatsächlich hat das LSG - wie sich aus den Ausführungen im Urteil im einzelnen ergibt - angenommen, daß diese von ihm unterstellte Erwerbsunfähigkeit nichts mehr mit Einflüssen des Wehrdienstes zu tun habe, sondern ausschließlich der körperlichen Anlage zur Entwicklung des Leidens zuzurechnen sei. Hierbei aber handelt es sich ebenfalls um eine ärztliche Frage, wie sich insbesondere aus den Ausführungen des Gerichtsarztes und des behandelnden Arztes des Klägers ergibt, welche im ersten Rechtszug die klinische Untersuchung auch aus dem Grunde für notwendig hielten, weil die Art der Leidensverschlimmerung nur auf diesem Wege geklärt werden könne. Infolgedessen wäre es erforderlich gewesen, daß das LSG ein neues ärztliches Gutachten erfordert hätte, um den ursächlichen Zusammenhang der weiteren Verschlimmerung mit den anerkannten Schädigungsfolgen zu klären. § 103 SGG ist somit verletzt.
Auch die weitere Rüge des Klägers, das Berufungsgericht habe die Grenzen des Rechts der freien Beweiswürdigung überschritten, ist begründet. Nach § 128 Abs. 1 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; in seinem Urteil hat es die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Ein Mangel des Verfahrens in bezug auf die Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Gericht die gesetzlichen Grenzen seines Rechts auf freie richterliche Beweiswürdigung überschritten hat; insoweit kommt insbesondere ein Verstoß gegen Erfahrungssätze des täglichen Lebens oder Denkgesetze in Betracht (BSG 2, 236, 237). Das LSG hat angenommen, es habe nur den Grad der MdE festzustellen, nach welchem die Höhe der Rente zu bemessen ist (§§ 29-32 BVG) und könne über diese in erster Linie der Verwaltung und dem Gericht vorbehaltene Frage allein entscheiden. Es ist zwar richtig, daß nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (BSG in SozR SGG § 128 Bl. Da 9 Nr. 25) bei der Antwort auf die Frage, in welchem Maße die durch eine Schädigung verursachten Gesundheitsstörungen einschließlich ihrer physiologischen und funktionellen Folgen die Erwerbsfähigkeit des Beschädigten mindern, von den ärztlichen Befunden ausgegangen werden muß, daß die Antwort selbst aber über das ärztlich-wissenschaftliche Gebiet hinaus greift, zumal die MdE nach der Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen und unter besonderen Umständen mit Rücksicht auf den Beruf höher zu bewerten ist. Hier aber hat das LSG keinen hinreichend gesicherten ärztlichen Befund gehabt, von dem es bei der Frage hätte ausgehen können, inwieweit durch Einwirkungen des Wehrdienstes das auf einer Anlage beruhende Magenleiden des Klägers verschlimmert und durch hierauf zu beziehende weitere Beeinträchtigungen zusätzlich verschlimmert worden ist. Diese Frage gehört ausschließlich dem ärztlich-wissenschaftlichen Gebiet an, wie sich insbesondere auch daraus ergibt, daß das LSG ohne hinreichende Äußerungen von Sachverständigen medizinische Ausführungen über den typischen Verlauf einer Magengeschwürserkrankung gemacht hat. Hierbei hat es allerdings nicht die Besonderheiten im Falle des Klägers, insbesondere die verschiedenen Operationen, berücksichtigt und mangels eigener medizinischer Sachkunde auch nicht berücksichtigen können. Somit ist auch § 128 SGG verletzt.
Da sonach die gerügten Mängel des Verfahrens vorliegen, ist die Revision statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und mithin zulässig. Sie ist auch begründet.
Das LSG hat zu Recht angenommen, daß es in der Sache entscheiden könne. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG 2, 225, 226, 227, 246; 3, 126) ist die Zulässigkeit der Berufung eine Prozeßvoraussetzung, von der das gesamte weitere Verfahren, auch in der Revisionsinstanz, in seiner Rechtswirksamkeit abhängt; sie ist deshalb bei einer zulässigen Revision vom Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Zulässigkeit der am 11. Februar 1955 eingelegten Berufung ist hier zunächst nach § 148 Nr. 3 SGG in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Zweiten Änderungsgesetzes zum SGG vom 25. Juni 1958 (BGBl I 409) zu beurteilen; denn es handelt sich hierbei um eine abgeschlossene Prozeßhandlung, die durch eine nachfolgende Gesetzesänderung nicht berührt wird (BSG 8, 135 ff und in SozR SGG § 143 Bl. Da 2 Nr. 3). Nach dieser Vorschrift konnten in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung Urteile mit der Berufung nicht angefochten werden, wenn sie den Grad der MdE betrafen und die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Gewährung der Grundrente davon nicht abhingen. Diese Ausnahmefälle lagen hier nicht vor. Die Berufung war jedoch trotzdem nach § 150 Nr. 2 SGG zulässig, weil das SG eine nochmalige ärztliche Untersuchung nicht hatte durchführen lassen und damit - wie das LSG zutreffend entschieden hat - gegen § 103 SGG verstoßen hatte. Die Berufung war daher bereits aus diesem Grunde zulässig; es kann somit unerörtert bleiben, ob sie noch aus weiteren Gründen zulässig war.
Demgemäß hat das LSG zu Recht eine Sachentscheidung gefällt. Sein Verfahren leidet aber - wie bereits dargelegt - an einem wesentlichen Mangel. Auf diesem beruht die angefochtene Entscheidung. Sie kann mithin nicht aufrechterhalten werden. Eine Entscheidung durch den Senat gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 SGG ist hier nicht möglich, weil die Entscheidung von der Frage abhängt, inwieweit eine weitere wesentliche Verschlimmerung des anerkannten Leidens eingetreten ist. Über diese Frage ist noch eine Beweiserhebung notwendig, die dem Senat verwehrt ist. Infolgedessen war die Sache nach § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Dieses wird gegebenenfalls auch zu prüfen haben, ob das SG den Bescheid vom 11. April 1953 zu Recht in seine Urteilsfindung einbezogen hat, wogegen der Kläger in der Revisionsinstanz Bedenken geltend gemacht hat.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Fundstellen