Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung der Frage, welche Tätigkeiten zumutbar sind, ist bei einem Selbstversicherten dessen bisheriger Beruf nur insoweit zu berücksichtigen, als die entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung ihm entsprechen.
Normenkette
RVO § 1246 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1243 Fassung: 1937-12-21; ArVNG Art. 2 § 4 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 9. September 1964 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein ausschließlich in der Arbeiterrentenversicherung selbstversicherter selbständiger Landwirt (§ 1243 der Reichsversicherungsordnung - RVO - aF) bei der Beurteilung der Frage, ob er berufsunfähig ist, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann.
Der Kläger arbeitete bis 1936 auf dem elterlichen Hof. Seitdem bewirtschaftete er einen eigenen Hof mit 33 Morgen Eigenland und 20 Morgen Pachtland. Seit 1938 entrichtete er als Selbstversicherter Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung.
Die Beklagte lehnte es ab, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, da sie ihn noch für fähig hielt, leichte bis mittelschwere Arbeiten ganztägig ohne schweres Heben und Tragen regelmäßig zu verrichten und daher als landwirtschaftlicher Verwalter oder in ähnlichen Beschäftigungen bei landwirtschaftlichen Absatzgenossenschaften und in den entsprechenden Berufen des allgemeinen Arbeitsmarktes, die eine Lehrzeit oder längere Anlernzeit nicht voraussetzen, erwerbstätig zu sein (Bescheid vom 2. Juli 1962). Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) dem Kläger ab 1. März 1962, das Landessozialgericht (LSG) jedoch erst im Anschluß an das von der Beklagten in der Zeit vom 28. August bis 25. September 1962 durchgeführte Heilverfahren Rente wegen Berufsunfähigkeit zuerkannt (Urteile vom 9. Juli 1963 und 9. September 1964).
Das LSG hat insbesondere ausgeführt, einerseits müsse davon ausgegangen werden, daß bei dem Selbstversicherten - im Gegensatz zu dem Pflichtversicherten - nicht dessen Erwerbsfähigkeit in seinem Beruf versichert worden sei, weil der Rentenversicherungsträger von dem Selbstversicherten keine auf den Beruf bezogenen Beiträge erhalten habe. Andererseits habe es sich wiederholt gezeigt, daß man dazu neige, selbständige Selbstversicherte ähnlich wie die pflichtversicherten Selbständigen, z. B. die Küstenschiffer und Küstenfischer, die Hausgewerbetreibenden und die Handwerker zu behandeln. Zum Vergleich und zur Verweisung seien deshalb grundsätzlich nicht nur die engeren Berufskreise dieser Versicherten, sondern auch die entsprechenden wirtschaftlich und sozial vergleichbaren Berufskreise von Pflichtversicherten heranzuziehen. Die Selbstversicherten könnten also auch auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden. Dabei seien jedoch die Besonderheiten des einzelnen Falles zu berücksichtigen; es sei insbesondere zu prüfen, ob ein selbständig tätiger Selbstversicherter nach seinem Gesundheitszustand, seinem Lebensalter und seinen Vorkenntnissen grundsätzlich auf alle vorkommenden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne bzw. welche abhängigen Arbeitsfunktionen ihm unter Abwägen aller Umstände zugemutet werden könnten. Der Kläger sei zwar nicht als Bauer in der Rentenversicherung der Arbeiter versichert worden. Er könne daher nicht verlangen, daß allein dieser Beruf für die Beurteilung seiner Erwerbsunfähigkeit im Rahmen der Arbeiterrentenversicherung herangezogen werde, jedoch sei es nicht gerechtfertigt, den Kläger wie einen ungelernten Arbeiter auf einfache, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen. Er sei einem qualifizierten landwirtschaftlichen Facharbeiter gleichzustellen, da er ein landwirtschaftliches Berufsleben mit umfassender und eigenverantwortlicher Tätigkeit von rund 40 Jahren aufweise. Selbst wenn der Umstand berücksichtigt werde, daß die heutige Landwirtschaft mehr oder weniger weitgehend Maschinen einsetze, könne der nur noch zu leichten bis allenfalls mittelschweren Arbeiten fähige Kläger wegen der an einen Landwirt oder landwirtschaftlichen Facharbeiter zu stellenden körperlichen Anforderungen nicht mehr in diesen Berufen tätig werden. Er könne auch nicht auf eine aufsichtsführende Tätigkeit als Gutsverwalter oder Gutsinspektor verwiesen werden, da er schwerhörig sei und es außerdem einen Arbeitsmarkt für derartige Stellen im Raum um Bremen praktisch nicht gebe. Es sei unzumutbar, einen pflichtversicherten qualifizierten Facharbeiter aus der Landwirtschaft, wenn er sich in dem Gesundheitszustand des Klägers befände, auf einfache Tätigkeiten in der Industrie oder auf andere Stellen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu verweisen. Daher scheide eine solche Verweisung auch für den Kläger aus.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte rügt Verletzung des § 1246 RVO. Sie meint, ein Selbstversicherter sei stets auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen. Es sei zu bedenken, daß auch Neugeborene in die Selbstversicherung hätten aufgenommen werden können, bei denen nicht voraussehbar sei, ob und wie sie später überhaupt berufstätig würden. Deshalb könne bei der Selbstversicherung überhaupt kein bestimmter Beruf versichert sein. Wegen der Ungewißheit der beruflichen Entwicklung eines Selbstversicherten sei es sogar denkbar, daß der Arbeiterrentenversicherung angesonnen werde, ihr wesensmäßig fremde Risiken zu decken, so z. B. wenn ein selbstversichertes Kind später den Beruf eines Arztes oder selbständigen Ingenieurs ergreifen würde. Aus der nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit könne der Selbstversicherte keinen Berufsschutz herleiten. Ferner hat die Beklagte ausgeführt, es treffe nicht zu, daß die Arbeit in der in letzter Zeit mit Maschinen ausgerüsteten Landwirtschaft im Durchschnitt einen körperlichen Einsatz erfordere, der über das hinausgehe, was dem Kläger ärztlicherseits zugemutet werden könne; in dieser Beziehung habe das LSG seine eigene Sachkunde überschritten, es hätte einen Sachverständigen beiziehen müssen. Endlich wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung des LSG, der Kläger könne nicht auf aufsichtsführende Tätigkeiten eines Gutsverwalters oder Gutsinspektors verwiesen werden, weil er schwerhörig sei und es zudem einen Arbeitsmarkt für derartige Stellen im Raum um Bremen praktisch nicht gebe. Selbst wenn man die Auffassung des LSG über die Verweisbarkeit von Selbstversicherten einmal als richtig unterstelle, so meint die Beklagte, habe das LSG bei der Verweisung nicht nur den Wohnort des Versicherten und dessen Umgebung, sondern das gesamte Bundesgebiet berücksichtigen müssen.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des SG Bremen vom 9. Juli 1963 und des Landessozialgerichts Bremen vom 9. September 1964 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
II
Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als die Sache an das LSG zurückzuverweisen ist.
Es geht darum, ob der Kläger berufsunfähig im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ist und deshalb bei Erfüllung der Wartezeit gemäß Abs. 1 der Vorschrift Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat.
Berufsunfähig im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Daß es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch für Versicherte, die, wie der Kläger, nur noch leichte bis allenfalls mittelschwere Arbeiten zu verrichten fähig sind, Arbeitsplätze in beträchtlicher Zahl gibt und daß der Kläger auf einem von ihnen die Hälfte des Verdienstes eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten erzielen könnte, ist nicht zweifelhaft. Der Streit geht darum, ob dem Kläger unter Berücksichtigung seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Einschränkung zugemutet werden können.
Das Berufungsgericht hat dies verneint und ausgeführt, der Kläger könne mit Rücksicht auf seinen bisherigen Beruf als selbständiger Landwirt mit Kenntnissen und Fähigkeiten, die denen eines landwirtschaftlichen Facharbeiters gleichständen, nicht wie ein ungelernter Arbeiter auf einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.
Diese Auffassung scheint dem § 1246 Abs. 2 RVO, der die Berücksichtigung des bisherigen Berufs des Versicherten vorschreibt, zu entsprechen.
Es geht indessen nicht an, diese Vorschrift auf Selbstversicherte uneingeschränkt anzuwenden. Dies ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:
§ 1243 RVO aF, wie er bis zum Inkrafttreten des Arbeiterrentenversicherungsneuregelungsgesetzes (ArVNG), d. h. bis zum 1. Januar 1957, galt, hatte diese Fassung durch § 10 des Gesetzes über den Ausbau der Rentenversicherung vom 21. Dezember 1937 (RGBl I S. 1393) erhalten. Danach waren zum freiwilligen Eintritt in die Versicherung (Selbstversicherung) bis zum vollendeten 40. Lebensjahr alle deutschen Staatsangehörigen im In- und Ausland berechtigt, die nicht versicherungspflichtig waren. Das Institut der Selbstversicherung stellte seit jeher in der Rentenversicherung, die in ihrem Umfang und in der Ausgestaltung ihrer Leistungen grundsätzlich auf Arbeitnehmer zugeschnitten war, einen Fremdkörper dar. Der Gesetzgeber des ArVNG hat die Selbstversicherung denn auch insofern beseitigt, als ihre Neubegründung nicht mehr möglich ist, wenn auch Art. 2 § 4 ArVNG ihre Fortsetzung unter bestimmten Voraussetzungen gestattet. Nach dem Willen des Gesetzgebers der Rentenversicherungsneuregelung sollen, soweit ein Bedürfnis hiernach besteht, für Selbständige eigenständige Einrichtungen der sozialen Sicherheit geschaffen werden, wie dies gerade für den Personenkreis, dem der Kläger angehört, schon durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte vom 27. Juli 1957 (BGBl I S. 1063) geschehen ist. Schon in dem Rundschreiben des Reichsversicherungsamts vom 3. Oktober 1938 an die Träger der Rentenversicherungen betreffend Zweifelsfragen aus dem Gesetz über den Ausbau der Rentenversicherung vom 21. Dezember 1937 (EuM 43 S. 289) war ausgeführt, die Auslegung der Begriffe "Invalidität" und "Berufsunfähigkeit" in der Selbstversicherung werde der Rechtsprechung überlassen. Damit war schon damals deutlich ausgedrückt, daß eine schematische Anwendung des Leistungsrechts der Rentenversicherung auf die Selbstversicherten zumindest für problematisch gehalten werde. Die hiernach der Rechtsprechung überlassene Aufgabe, mit dem Fremdkörper der Selbstversicherung im Recht der Rentenversicherung, insbesondere auch im Leistungsrecht, auf eine gerechte und billige und dem vermutlichen Willen des Gesetzgebers entsprechende Weise fertig zu werden, stellt sich der Rechtsprechung auch heute noch, zumal Entscheidungen des Reichsversicherungsamts und des Bundessozialgerichts von grundsätzlicher Bedeutung insoweit, soweit ersichtlich, nicht vorliegen.
Sicherlich liegt es nahe, auch bei Selbstversicherten, die eine Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 1246 RVO anstreben, diese Vorschrift ohne Einschränkungen anzuwenden. Es könnte versucht werden, dies mit der Erwägung zu begründen, der auf zulässige Weise in die Rentenversicherung eingetretene Selbstversicherte gehöre dieser nunmehr als ihr Mitglied an mit allen sich hieraus, auch zu seinen Gunsten, ergebenden Folgerungen; es gelte deshalb für ihn auch die in § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO enthaltene Vorschrift, daß bei der Prüfung der Frage, welche Tätigkeiten ihm zuzumuten seien, sein bisheriger Beruf zu berücksichtigen sei, daß er also, um einen verbreiteten Ausdruck zu gebrauchen, Berufsschutz wie andere Versicherte, insbesondere Pflichtversicherte, genieße.
Einer genaueren Prüfung hält diese an sich naheliegende Erwägung jedoch nicht stand.
Bei einer anderen Gruppe der freiwillig Versicherten, den Weiterversicherten, hat die ständige Rechtsprechung, auch des Bundessozialgerichts, zu § 1246 Abs. 2 RVO wie zu dem Vorgänger dieser Vorschrift, dem § 1254 RVO aF, den "bisherigen Beruf" nicht uneingeschränkt berücksichtigt, sondern sie hat die Berücksichtigung des bisherigen Berufs auf die versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit beschränkt (BSG 7, 66).
Die Prüfung, ob es dementsprechend Gründe gibt, die dazu nötigen, auch bei Selbstversicherten die in § 1246 RVO vorgesehene Berücksichtigung des bisherigen Berufs einzuschränken, führt zur Bejahung dieser Frage. Der bisherige Beruf des Selbstversicherten kann nur insoweit berücksichtigt werden, als die entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung ihm entsprechen.
Wenn allerdings diese Ansicht, neben dem bisherigen Beruf sei auch mitentscheidend, in welcher Höhe der Selbstversicherte Beiträge geleistet habe, damit begründet worden ist, der Selbstversicherte, der nur Beiträge in niederen Beitragsklassen geleistet habe, habe sich selbst entsprechend niedrig eingeschätzt und müsse sich deshalb auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18. Dezember 1964 - L 4 a 795/63 - nach Röss in der Sozialgerichtsbarkeit 1965 S. 324), so bestehen hiergegen Bedenken jedenfalls insoweit, als es sich um die Zeit seit dem Inkrafttreten des ArVNG, d. h. seit dem 1. Januar 1957, handelt. Seitdem steht nach der Vorschrift des § 1407 Abs. 2 Satz 2 RVO - die zunächst nur für Weiterversicherte gilt, aber für Selbstversicherte, die ihre Versicherung gemäß Art. 2 § 4 ArVNG fortsetzen, entsprechend anzuwenden ist (Gesamtkomm. § 1407 RVO Anm. 2) - dem Versicherten die Wahl der Beitragsklasse frei. Ist der freiwillig Versicherte in der Wahl der Beitragsklasse aber völlig frei, so geht es nicht an, aus seiner Wahl zwingende Schlüsse auf die Selbsteinschätzung seiner sozialen Stellung zu ziehen; denn für die Wahl einer niedrigeren oder höheren Beitragsklasse sind verschiedenartige Beweggründe denkbar.
Hingegen greifen die folgenden Erwägungen durch: Die Pflichtversicherten, die wegen ihrer beruflichen Qualifikation Berufsschutz genießen, haben im allgemeinen auch ein entsprechend hohes Einkommen. Entsprechend dem Einkommen sind Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten (§ 1385 Abs. 3 RVO). Die Pflichtversicherten verdienen sich daher den Berufsschutz durch ihrer beruflichen Qualifikation angemessene Beiträge. Bei dem Pflichtversicherten sind so berufliche Qualifikation und Beitragsleistung gekoppelt. Dies tritt nicht nur in der Rentenhöhe, sondern bereits im Versicherungswagnis zutage, so daß der Satz gerechtfertigt ist: Je größer die berufliche Qualifikation, um so höher sind das Einkommen und die Beiträge, aber um so kleiner ist der Kreis der zumutbaren Verweisungstätigkeiten des Pflichtversicherten. Der Selbstversicherte hatte bis zum 31. Dezember 1956 gemäß § 1440 Abs. 1 RVO aF die Pflicht und hat seitdem die Möglichkeit, ebenfalls die seinem Einkommen und damit seiner beruflichen Qualifikation entsprechenden Beiträge zu entrichten. Hat er dies aber nicht getan, so kann er nicht den Berufsschutz beanspruchen, den er bei einer seiner beruflichen Qualifikation angemessenen Beitragsentrichtung gehabt hätte. Bei der Feststellung der Tätigkeiten, auf die ein Selbstversicherter verwiesen werden kann (§ 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO), ist daher der bisherige Beruf nur insoweit zu berücksichtigen, als die Höhe der vom Selbstversicherten entrichteten Beiträge ihm entspricht. Das kann bei einem Selbstversicherten, der seiner beruflichen Stellung unangemessen niedrige Beiträge entrichtet hat, dazu führen, daß sein Berufsschutz je nach der Höhe der entrichteten Beiträge mehr oder weniger stark gemindert wird oder sogar ganz entfällt. Es wäre eine unverständliche und sicherlich nicht im Sinne des Gesetzgebers liegende unbillige Bevorzugung der Selbstversicherten gegenüber den Pflichtversicherten, wenn sie einen Berufsschutz genössen, ohne ihn durch entsprechende Beiträge erworben zu haben. (Zum Vorstehenden zu vgl. Röss, SGb 1965 S. 322, 325, dessen Ausführungen der Senat weitgehend gefolgt ist.)
Wenn dagegen die Beklagte die für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit des Klägers entscheidende Frage der Verweisbarkeit eines Selbstversicherten so lösen zu können glaubt, daß sie jeden Selbstversicherten ohne Rücksicht auf seinen bisherigen Beruf unterschiedslos auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweist, so kann dem nicht gefolgt werden. Diese Auffassung der Beklagten hätte zur Folge, daß die in § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO gesetzlich geforderte Mitberücksichtigung des "bisherigen Berufs" als eines Merkmals der Zumutbarkeit von Verweisungstätigkeiten völlig entfiele. Das aber wäre mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen.
Da das LSG über die Beiträge des Klägers keine Feststellungen getroffen hat, es hierauf aber nach dem oben Gesagten ankommt, muß das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 2347499 |
BSGE, 129 |