Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung der wegen einer beruflichen Hauterkrankung gewährten Dauerrente. abstrakte Schadensbemessung
Orientierungssatz
1. Daß nach Nr 19 der Anlage zur BKVO 5 die Hautkrankheit zum Wechsel des Berufs oder zur Aufgabe jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben mußte, während nach Nr 46 der Anlage zur BKVO 6 die Hautkrankheit nur zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben muß, um entschädigt zu werden, ändert nichts an dem Prinzip der abstrakten Schadensbemessung. Der von dem jeweils tatsächlich eingetretenen Personen- oder Vermögensschaden losgelöste Vomhundertsatz der MdE wird durch die Merkmale "Wechsel des Berufs" oder "Aufgabe der beruflichen Beschäftigung" nicht berührt (vgl BSG 1982-04-29 2 RU 43/81 = HVGBG RdSchr VB 158/82).
2. Der aus § 7 RehaAnglG abgeleitete Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" berechtigt nicht, bei der Neufeststellung einer wegen einer Hautkrankheit gewährten Dauerrente ausschließlich darauf abzustellen, ob der Erkrankte wirtschaftlich und sozial eingegliedert ist, dagegen die durch die Hauterkrankung verursachte Einbuße der Erwerbsfähigkeit auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens zu ignorieren.
Normenkette
BKVO 6 Anl 1 Nr 46; RVO § 622 Abs 1 Fassung: 1963-04-30; RehaAnglG § 7; RVO § 581 Abs 1
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 09.12.1980; Aktenzeichen L 5 U 115/79) |
SG Detmold (Entscheidung vom 28.11.1978; Aktenzeichen S 4 U 58/79) |
Tatbestand
Der Kläger war Maler und Anstreicher. Diese Beschäftigung gab er auf Veranlassung der Beklagten am 17. März 1956 wegen einer Hauterkrankung (Ekzem bei Allergie gegen Terpentin und Terpentinersatz) auf. In der Zeit vom 2. Juli bis 29. Dezember 1956 wurde er zum technischen Zeichner umgeschult. Seit dem 15. Januar 1957 ist er als technischer Zeichner beschäftigt. Durch Bescheid vom 25. Januar 1957 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen einer Berufskrankheit nach Nr 19 der Anlage zur Fünften Berufskrankheiten-Verordnung (5. BKVO) vom 26. Juli 1952 (BGBl I 395) "Schwere oder wiederholt rückfällige berufliche Hauterkrankung, die zum Wechsel des Berufes oder zur Aufgabe jeder Erwerbsarbeit zwingt" ab 18. März 1956 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vH. Durch weiteren Bescheid vom 17. Dezember 1957 stellte die Beklagte ab 1. Februar 1957 (richtig wohl: 1. Februar 1958) die Dauerrente nach einer MdE um 20 vH fest. Der Bescheid gründete sich auf das Gutachten des Staatlichen Gewerbearztes Oberregierungs- und Gewerbemedizinalrats Dr B. in B. vom 28. November 1957. In der Beurteilung des Gutachtens ist ua ausgeführt, daß es sich beim Kläger um ein chronisch-rezidivierendes Ekzem handele, das nach Aufgabe des Malerberufes völlig abgeheilt sei und zur Zeit der Begutachtung keinerlei Erscheinungen aufweise. Es bestehe noch eine gewisse Anfälligkeit und Empfindlichkeit der Haut und es sei eventuell noch mit Rückfällen zu rechnen. Am 13. Februar 1979 erstattete auf Veranlassung der Beklagten der Facharzt für Hautkrankheiten und Leiter der Hautabteilung der Städtischen Krankenanstalten B., Dr W., nach ambulanter Beobachtung des Klägers vom . bis 8. Februar 1979 ein Gutachten. Zusammenfassend ist darin ausgeführt, daß in den Verhältnissen, die für die Feststellung der bisherigen Rente maßgeblich gewesen seien, keine wesentliche Änderung eingetreten sei. Als Folge der Berufskrankheit beständen weiterhin eindeutige, und zwar teilweise hochgradige Empfindlichkeiten gegenüber Terpentin und Terpentingrundsubstanzen. Es dürfte auch noch eine gewisse Alkalischwäche der Haut vorliegen. Die MdE betrage deswegen weiterhin 20 vH. Durch Bescheid vom 25. April 1979 entzog die Beklagte dem Kläger die Dauerrente mit Ablauf des Monats Mai 1979, weil eine vollständige wirtschaftliche und soziale Wiedereingliederung vollzogen worden sei. Der Kläger habe durch seine Tätigkeit als technischer Zeichner einen erheblichen Mehrverdienst gegenüber der früheren Tätigkeit als Maler. Damit sei in den für die Festsetzung der 20%igen Rente maßgebend gewesenen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten. Es sei lediglich eine für den jetzigen Beruf nicht ins Gewicht fallende Überempfindlichkeit gegenüber Terpentin zurückgeblieben. Die Erwerbsfähigkeit werde durch Folgen der Berufskrankheit nach ärztlicher Feststellung nicht mehr in meßbarem Grad gemindert.
Die Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 25. April 1979 hat das Sozialgericht (SG) Detmold abgewiesen (Urteil vom 28. November 1979). Durch die Erschließung eines neuen Tätigkeitsfeldes sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein- Westfalen zurückgewiesen (Urteil vom 9. Dezember 1980). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des 8. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) liege eine wesentliche, die Entziehung der Rente rechtfertigende Änderung der Verhältnisse vor, wenn die äußeren Erscheinungen der Hautkrankheit abgeheilt seien und der Versicherte sich ein Tätigkeitsfeld erschlossen habe, auf dem er schädlichen Einwirkungen des früheren Berufes nicht mehr ausgesetzt sei und das ihm gleichwertige Betätigungs- und Verdienstmöglichkeiten biete. Der Kläger sei im wesentlichen als hautgesund zu beurteilen. Nach seinem Sachvortrag und seinen Erklärungen bei der Begutachtung durch Dr. W. am 13. Februar 1979 komme es bei entsprechender Lebensführung nur noch zu unwesentlichen Hauterscheinungen. Die jetzige Berufstätigkeit als technischer Zeichner bringe eine wesentliche Hautgefährdung nicht mit sich. Zwar trage der Kläger vor, daß er Salmiakgeist, Waschbenzin und Spiritus, die bei der Anfertigung von Lichtpausen und Folienzeichnungen verwendet würden, meiden müsse. Offensichtlich sei das aber beim Arbeitseinsatz in der Praxis möglich, weil wesentliche Hautfolgeerscheinungen beim Kläger nicht aufgetreten seien. Der Rentenentziehung stehe auch nicht entgegen, daß der Kläger bei Gewährung der Dauerrente am 17. Dezember 1957 bereits als technischer Zeichner tätig gewesen sei, denn damals habe er diese Tätigkeit nach der Umschulung erst 11 Monate ausgeübt gehabt. Dr B. habe im Gutachten vom 28. November 1957 festgestellt, daß noch eine gewisse Anfälligkeit und Empfindlichkeit der Haut bestanden habe und evtl noch mit Rückfällen zu rechnen sei. Der Hinweis des Klägers auf ein Urteil des 2. Senats des BSG, daß die Rechtsprechung über die Entziehung einer Hautkrankheitsrente bei Erschließung eines gleichwertigen Tätigkeitsfeldes eine Durchbrechung des in der gesetzlichen Unfallversicherung gültigen Prinzips der abstrakten Schadensbemessung darstelle, sei zutreffend. Jedoch sei diese Durchbrechung nach der Rechtsprechung des 8. Senats geboten, weil bei Hauterkrankungen der ausgeübte Beruf eine sehr viel weitergehende Rolle spiele als bei Arbeitsunfällen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Das LSG habe die §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und § 622 der Reichsversicherungsordnung (RVO) verletzt. Bei fehlerfreier Beweiswürdigung, vollständiger Sachaufklärung und zutreffender Anwendung der hier in Betracht kommenden materiell-rechtlichen Vorschriften hätte das LSG dem Berufungsantrag entsprechen müssen. Die Feststellung des LSG, daß er im Gegensatz zu den Verhältnissen bei Bewilligung der Dauerrente als hautgesund bezeichnet werden müsse, stimme mit dem Gutachten des Dr. W. vom 13. Februar 1979 nicht überein. Dr. W. habe eindeutig und zweifelsfrei dargelegt, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten sei. Soweit das LSG anstelle der eindeutigen Aussage des Sachverständigen seine eigene abweichende Meinung gesetzt habe, seien dadurch die Grenzen des Rechts der freien Beweiswürdigung überschritten und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verletzt worden. Für die weitere Feststellung des LSG, daß er die bei seiner Tätigkeit als technischer Zeichner zum Einsatz kommenden Hautreizstoffe wie Salmiakgeist, Waschbenzin und Spiritus meiden könne, fehle es an ausreichenden Tatsachen. Das LSG hätte sich zu einer weiteren Sachaufklärung gedrängt fühlen müssen, zumal da er im Schriftsatz vom 25. April 1980 ausdrücklich vorgetragen habe, daß seine Allergie auch bei seiner jetzigen Berufstätigkeit auftrete und die Inanspruchnahme eines Hautarztes nur deshalb unterbleibe, weil er sich bei Anzeichen einer beginnenden Erkrankung entsprechend schonend verhalte. Die unterlassene Sachaufklärung sei ein Verstoß gegen § 103 SGG. Der Rentenentziehung stehe auch entgegen, daß sich in seinen gesundheitlichen und beruflichen Verhältnissen seit der Dauerrentengewährung nichts geändert habe. Die Rechtsprechung des 8. Senats des BSG, daß bei Berufskrankheiten der Grundsatz der abstrakten Schadensbemessung nicht anzuwenden sei, könne er nicht teilen.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Dezember 1980 und des Urteils des SG Detmold vom 28. November 1979 sowie des Bescheides vom 25. April 1979 die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Mai 1979 hinaus die wegen seines Hautleidens mit Bescheid vom 17. Dezember 1957 gewährte Rente weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß die Rechtsprechung des 8. Senats des BSG, nach der eine Entschädigungspflicht wegfalle, wenn eine berufliche Hauterkrankung zwar einen Berufswechsel erzwungen habe, dem Erkrankten jedoch durch den Erwerb neuer Kenntnisse und Fähigkeiten neue Berufs- und Erwerbsmöglichkeiten erschlossen worden seien, durch § 7 des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG) bestätigt werde. Der Grundsatz dieser Vorschrift laute nach allgemeiner Rechtsüberzeugung "Rehabilitation gehe vor Rente" und nicht "Rehabilitation und Rente". Der 8. Senat des BSG habe seine Auffassung ferner damit begründet, daß bei Hauterkrankungen der ausgeübte Beruf eine sehr viel weitergehende Rolle spiele als bei Arbeitsunfällen. Der Berufswechsel bzw die Aufgabe jeder Erwerbsarbeit stelle bei Hauterkrankungen ein Tatbestandsmerkmal für die Berufskrankheit dar. Die Revision bemängele zu Unrecht, daß das LSG mit den Aussagen des Dr. W. in seinem Gutachten vom 13. Februar 1979 nicht übereinstimme. Daß Dr. W. eine wesentliche Änderung verneint und die MdE weiterhin auf 20 vH geschätzt habe, beruhe darauf, daß Dr. W. von einer falschen Fragestellung ausgegangen sei. Für ihn sei für die Beurteilung die Frage entscheidend gewesen, ob beim Kläger weiterhin eine Überempfindlichkeit gegen Berufsstoffe bestehe. Auf die Beantwortung dieser Frage sei es jedoch nicht angekommen; jeder medizinische Laie hätte sie ohne weiteres mit "ja" beantworten können. Die fortbestehende Überempfindlichkeit für sich allein rechtfertige aber keine Weitergewährung der Rente für unbestimmte Zeit. Entscheidend sei, ob krankhafte Erscheinungen aus der früher ausgeübten Tätigkeit noch vorhanden gewesen seien, oder ob durch die neu erschlossene Berufs- und Erwerbsmöglichkeit erneut Krankheitserscheinungen aufgetreten seien. Diese Frage sei aufgrund der eigenen Angaben des Klägers und der vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen eindeutig mit "nein" zu beantworten. Eine weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich gewesen. Das LSG habe auch § 622 RVO zutreffend angewendet. Trotz latenten Fortbestehens der Hautempfindlichkeit seien keine Krankheitserscheinungen und keine wesentliche Hautgefährdung durch die neue Tätigkeit vorhanden. Nach 20 Jahren rückfallfreier Tätigkeit und dem Erwerb neuer Kenntnisse und Fähigkeiten seien die Voraussetzungen für eine Rentenentziehung gegeben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist insofern begründet, als der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil reichen nicht zur Entscheidung aus, ob die Voraussetzungen für die Entziehung der dem Kläger von der Beklagten wegen einer Berufskrankheit gewährten Dauerrente vorliegen.
Tritt in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Leistung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung ein, so ist nach § 622 Abs 1 RVO eine neue Feststellung zu treffen. Diese Vorschrift ist zwar durch Art II § 4 Nr 1 des am 1. Januar 1981 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) gestrichen und durch § 48 SGB X ersetzt worden, jedoch ist § 48 SGB X erstmals anzuwenden, wenn nach dem 31. Dezember 1980 ein Verwaltungsakt aufgehoben wird (Art II § 40 Abs 2 SGB X). Der hier angefochtene Entziehungsbescheid ist indes bereits im Jahre 1979 erlassen worden, so daß sich die Neufeststellung noch nach § 622 Abs 1 RVO richtet. Der Entzug der Rente des Klägers setzt demnach voraus, daß in den für die Feststellung der Dauerrente durch Bescheid vom 17. Dezember 1957 maßgebend gewesenen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Grundlage des Bescheides vom 17. Dezember 1957 war das Gutachten des Gewerbearztes Dr. B. vom 28. November 1957, wie ausdrücklich im Bescheid vermerkt ist. Ob in bezug auf die im Gutachten vom 28. November 1957 als Folgen der berufsbedingten Hauterkrankung bezeichneten Gesundheitsstörungen, die eine MdE um 20 vH bedingten, bei Erlaß des Entziehungsbescheides vom 25. April 1979 eine wesentliche Änderung - Besserung - eingetreten war, hat das LSG nicht festgestellt. Zwar erwähnt das LSG im Tatbestand des angefochtenen Urteils das vor Erlaß des Entziehungsbescheides von der Beklagten zur Frage einer wesentlichen Änderung eingeholte Gutachten des Dr. W. vom 13. Februar 1979, berücksichtigt dies jedoch in den Entscheidungsgründen nur insoweit, als es ihm die Erklärung des Klägers entnommen hat, es komme bei entsprechender Lebensführung nur noch zu unwesentlichen Hauterscheinungen, die das Gutachten allerdings in dieser Art nicht enthält. Damit hat das LSG, wie die Revision zu Recht rügt, nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt und dadurch gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Das LSG wird bei Prüfung der Frage, ob in den für die Feststellung der Dauerrente des Klägers maßgebend gewesenen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist, das Gutachten des Dr. W. vom 13. Februar 1979 insbesondere insofern zu würdigen haben, als darin als Gesundheitsstörung der Berufskrankheit eine hochgradige Überempfindlichkeit gegen Grundsubstanzen der Terpentine festgestellt worden ist. Demgegenüber war im Gutachten des Dr. B. vom 28. November 1957 lediglich von einer gewissen Anfälligkeit und Empfindlichkeit der Haut die Rede. Dr. W. hat zudem auch auf eine Überempfindlichkeit des Klägers gegen Eburit hingewiesen. Der 8. Senat des BSG, der nicht mehr für Streitigkeiten aus der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig ist, hat im Urteil vom 29. November 1973 - 8/7 RU 66/71 - (SozR Nr 15 zu § 622 RVO) ausgeführt, daß bei Prüfung der Frage, ob eine wesentliche Änderung iS des § 622 Abs 1 RVO eingetreten ist, gerade bei einer latenten Terpentin- Allergie besonders strenge Maßstäbe anzulegen seien. Er hat sich in diesem Urteil auf Prof. Dr. C. (BG 1954, 70, 71) bezogen, der betont habe, daß die Terpentin-Allergie sich nicht auf einen bestimmten Zeitraum erstreckt, sondern praktisch immer eine dauernde sei. Ferner hat der 8. Senat auf eine Entscheidung des Reichsversicherungsamts (EuM 43, 102, 103 f) hingewiesen, daß auch dann, wenn keine ekzematöse Erscheinungen mehr vorhanden seien, eine weiterhin bestehende Überempfindlichkeit gegen Terpentin das dem Versicherten offenstehende Arbeitsfeld einengt und mithin den Versicherten in seiner Erwerbsfähigkeit noch beeinträchtigt.
Wie bei einem Arbeitsunfall richtet sich auch bei einer Berufskrankheit die MdE einerseits nach der Schwere des noch vorhandenen Krankheitszustandes sowie andererseits nach dem Umfang der dem Erkrankten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten (vgl BSG Urteile vom 15. Dezember 1981 - 2 RU 65/80 - und vom 29. April 1982 - 2 RU 43/81 - unveröffentlicht). Daß nach Nr 19 der Anlage zur 5. BKVO die Hautkrankheit zum Wechsel des Berufs oder zur Aufgabe jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben mußte (zur Geschichte des Merkmals "Wechsel des Berufs" vgl BSGE 10, 286, 290; BSG SGb 1960, 212, 213; SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 8; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl, S 492 o II; Noeske BG 1961, 249), während nach Nr 46 der Anlage zur 6. BKVO vom 28. April 1961 (BGBl I 505) die Hautkrankheit nur zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben muß, um entschädigt zu werden, ändert nichts an dem Prinzip der abstrakten Schadensbemessung. Der von dem jeweils tatsächlich eingetretenen Personen- oder Vermögensschaden losgelöste Vomhundertsatz der MdE wird durch die Merkmale "Wechsel des Berufs" oder "Aufgabe der beruflichen Beschäftigung" nicht berührt (vgl SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 8; BSG Urteile vom 30. September 1980 - 2 RU 61/78 - und vom 29. April 1982 - 2 RU 43/81 - unveröffentlicht). Der Senat hat ua in seinem Urteil vom 20. April 1978 (SozR 5677 aaO) dargelegt, daß durch das tätigkeitsbezogene einschränkende Merkmal in Nr 46 der Anlage 1 zur 6. BKVO in typisierender Betrachtung der Schweregrad der Krankheit beschrieben und andererseits ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz verhindert wird.
Das LSG hätte infolgedessen prüfen müssen, ob sich der durch die berufliche Hauterkrankung verursachte Gesundheitszustand des Klägers seit der Feststellung der Dauerrente durch Bescheid vom 17. Dezember 1957 in einer Weise gebessert hat, daß der Grad der MdE unter 20 vH herabgesunken ist. Bedingt allein der Schweregrad der Hauterkrankung weiterhin eine MdE um 20 vH, wie im Gutachten des Dr. W. vom 13. Februar 1979 ausgeführt worden ist, ist der Entzug der Rente nicht gerechtfertigt. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist Dr. W. in seinem Gutachten nicht von einer falschen Fragestellung ausgegangen. In dem Gutachtenauftrag der Beklagten an Dr. W. vom 19. Oktober 1978 stand an erster Stelle die Frage, ob in den für die Höhe der Rente (20%) maßgebenden Verhältnissen eine wesentliche Änderung gegenüber den früheren Befunden eingetreten sei, wenn ja, worin sie bestehe. Diese Frage hat Dr. W. auf Seite 10 seines Gutachtens vom 13. Februar 1979 dahin beantwortet, daß in den Verhältnissen, die für die Feststellung der bisherigen Rente maßgeblich gewesen seien, keine wesentliche Änderung eingetreten sei. Der 8. Senat des BSG, auf dessen Rechtsprechung das LSG Bezug nimmt, hat dem Urteil des erkennenden Senats vom 20. April 1978 (SozR 5677 aaO), daß bei einer durch die Hauterkrankung bedingten MdE von 20 vH der Entzug der Rente in keinem Fall gerechtfertigt ist, jedenfalls insoweit nicht widersprochen (vgl Urteil vom 26. Juli 1979 - 8a RU 62/78 -). Angesichts der dargelegten Rechtsgrundsätze hätte das LSG auch aufklären müssen, inwieweit vom Kläger bei seiner gegenwärtigen Tätigkeit verwendete Stoffe, wie Salmiakgeist, Waschbenzin und Spiritus sich nur deshalb nicht verschlimmernd auf seine Berufskrankheit auswirken, weil er sich bei Anzeichen einer beginnenden Erkrankung schonend verhalte und den Umgang mit diesen Stoffen meide. Darin könnte eine weitere Einengung des dem Kläger offenstehenden Arbeitsfeldes gesehen werden. Was schließlich den von der Beklagten aus § 7 RehaAnglG abgeleiteten Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" anbetrifft, so berechtigt dieser nicht, bei der Neufeststellung einer wegen einer Hautkrankheit gewährten Dauerrente ausschließlich darauf abzustellen, ob der Erkrankte wirtschaftlich und sozial eingegliedert ist, dagegen die durch die Hauterkrankung verursachte Einbuße der Erwerbsfähigkeit auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens zu ignorieren. Da beim Kläger vorhandene Gesundheitsstörungen, die zur Bewilligung einer Dauerrente geführt haben, anscheinend durch ärztliche Behandlung nicht zu beseitigen sind, also eine erfolgreiche medizinische Rehabilitation nicht zu erwarten ist, muß auch nach dem Grundgedanken des § 7 RehaAnglG Rente zumindest solange gewährt werden, wie sich der Zustand des Erkrankten nicht wesentlich bessert und der Grad der MdE auf weniger als 20 vH sinkt.
Das Berufungsurteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - zurückverwiesen werden.
Fundstellen