Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann ein Großvater sein Enkelkind, das uneheliche Kind seiner mit ihm zusammenlebenden Tochter, iS von BKGG § 2 Abs 1 S 1 Nr 7 überwiegend unterhalten hat.
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Versicherte hat einen Angehörigen nur dann überwiegend unterhalten, wenn er aus eigenen Mitteln mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs des Angehörigen bestreitet; die vom Ehegatten des Versicherten zugunsten des mitunterhaltenen Angehörigen erbrachten Leistungen können den Leistungen des Versicherten nicht zugerechnet werden.
Werden die genannten Einnahmen der Familie für ihren Unterhalt benötigt und verbraucht, so richtet sich der Unterhaltsbedarf des einzelnen Angehörigen nach diesem Gesamteinkommen und nicht danach, welcher Betrag von den Familienmitgliedern an die gemeinsame Haushaltskasse tatsächlich abgeführt wird.
Zur Feststellung des Unterhaltsbedarfs kann ohne rechtliche Bedenken unter Berücksichtigung von Erfahrungssätzen des täglichen Lebens auf pauschalierende Berechnungsmethoden zurückgegriffen werden.
2. Der Versicherte hat einen Angehörigen nur dann überwiegend unterhalten, wenn er aus eigenen Mitteln mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs des Angehörigen bestreitet, die von Ehegatten des Versicherten zugunsten des mitunterhaltenen Angehörigen erbrachten Leistungen können den Leistungen des Versicherten nicht zugerechnet werden.
Der Unterhaltsbedarf des Angehörigen richtet sich nicht danach, welcher Betrag von den Familienmitgliedern an die gemeinsame Haushaltskasse tatsächlich abgeführt wird, sondern ist grundsätzlich aus den gesamten Einnahmen aller Familienmitglieder zu ermitteln.
Es ist zulässig, den Unterhaltsbedarf der einzelnen Familienmitglieder unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten des täglichen Lebens mittels pauschalierender Berechnungsmethoden festzustellen.
Normenkette
RVO § 1267 Fassung: 1964-04-14, § 1262 Abs. 2 Nr. 8 Fassung: 1964-04-14; BKGG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Fassung: 1964-04-14
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. März 1967 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die am 10. März 1959 unehelich geborene Klägerin, deren Vater unbekannt ist, begehrt Waisenrente aus der Versicherung ihres am 11. Dezember 1964 gestorbenen Großvaters, des Versicherten E H. Die Klägerin lebte von Geburt an mit ihrer Mutter (geboren 1940) bei deren Eltern. Der Versicherte (Großvater) bezog vor seinem Tode ein Arbeitsentgelt von monatlich etwa 620,- DM netto; davon führte er monatlich 500,- DM an die gemeinsame Haushaltskasse ab. Die Mutter der Klägerin war gleichfalls berufstätig und hatte ein Einkommen von monatlich etwa 420,- DM netto; davon trug sie mit 200,- DM im Monat zum Haushalt bei. Die Ehefrau des Versicherten (Großmutter) führte vorwiegend den Haushalt und betreute die Klägerin während der beruflichen Abwesenheit ihrer Mutter; deren Mitarbeit beschränkte sich in der Hauptsache auf eine Tätigkeit am Abend und am Wochenende.
Die Beklagte lehnte es ab, der Klägerin Waisenrente aus der Versicherung ihres Großvaters zu zahlen, weil sie weder in den Haushalt der Großeltern aufgenommen noch von dem Versicherten überwiegend unterhalten worden sei. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht (SG) ab. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Landessozialgericht (LSG) hält die Voraussetzungen des § 1262 Abs. 2 Nr. 8 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) nicht für erfüllt. Eine Aufnahme in den Haushalt des Versicherten scheide aus, weil die Familiengemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrer Mutter als engere Gemeinschaft dem familienhaften Verhältnis, das sie mit den Großeltern verbinde, vorgehe. Der Versicherte habe die Klägerin auch nicht "überwiegend unterhalten" (zweite Alternative des § 1262 Abs. 2 Nr. 8 RVO, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG); im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 Satz 3 des Kindergeldgesetzes (KGG) aF spreche § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG in der hier maßgeblichen Fassung vom 14. April 1964 (BGBl I 265) nicht mehr von der überwiegenden Unterhaltsleistung der "Großeltern", sondern von derjenigen des "Berechtigten"; dieser Unterschied im Wortlaut des Gesetzes enthalte eine inhaltliche Änderung mit der Folge, daß dem Unterhaltsbeitrag des "Berechtigten", hier also des Versicherten als Großvater, bei der Abwägung mit der Unterhaltsleistung anderer Personen nicht mehr der finanzielle Anteil des anderen Großelternteils hinzugerechnet werden dürfe. Danach bleibe die Unterhaltsleistung des Versicherten hinter dem Unterhaltsbeitrag der Kindesmutter zurück. Das LSG ließ die Revision zu (Urteil vom 13. März 1967).
Die Klägerin legte dieses Rechtsmittel ein mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Sie rügt, das LSG habe es bei der Prüfung der Frage des überwiegenden Unterhalts (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG) zu Unrecht unterlassen, den mit monatlich 300,- DM bezifferten Unterhaltsbeitrag der Großmutter den Aufwendungen des Versicherten hinzuzurechnen. Die Auslegung des Begriffs "Berechtigter" in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG idF vom 14. April 1964, wie sie die Beklagte für richtig halte, stelle eine sachlich ungerechtfertigte und vom Gesetzgeber nicht gewollte Schlechterstellung des Enkelkindes gegenüber dem bisherigen Rechtszustand dar.
Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Revision.
Sie macht geltend, die Auslegung des Begriffs "Berechtigter" in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG durch das LSG trage der Unterhaltsersatzfunktion der Waisenrente Rechnung; diese knüpfe allein an die Unterhaltsleistung des Versicherten an, so daß die Unterhaltsaufwendungen anderer Personen außer Betracht bleiben müßten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 165 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
II
Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG); sie ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung ihres Großvaters nicht zu.
Der Versicherte ist im Dezember 1964 gestorben; Grundlage des Anspruchs der Klägerin sind somit die §§ 1267 Satz 1, 1262 Abs. 2 RVO in der ab 1. Juli 1964 geltenden Fassung. Hiernach erhalten nach dem Tode des Versicherten seine Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Waisenrente. Als Kinder des Versicherten gelten nach § 1262 Abs. 2
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Nr. 7: |
die Pflegekinder im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BKGG, wenn das Pflegekindschaftsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalles begründet worden ist; |
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Nr. 8: |
die Enkel und Geschwister unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG, d. h., wenn der Berechtigte sie vor Eintritt des Versicherungsfalles in seinen Haushalt aufgenommen hat oder überwiegend unterhält. |
Das LSG hat zutreffend das Vorliegen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne von § 1262 Abs. 2 Nr. 7 RVO verneint. Ein solches kann nur angenommen werden, wenn der Berechtigte mit dem in seinen Haushalt aufgenommenen Kind durch ein familienähnliches Band verbunden ist. Ein an sich auch bei Enkelkindern mögliches Pflegekindschaftsverhältnis kommt aber bei diesen in der Regel nur in Betracht, wenn die leiblichen Eltern tot sind oder beide sich um ihr Kind praktisch nicht kümmern (vgl. SozR Nr. 15 zu § 1262 RVO mit weiteren Hinweisen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Klägerin von ihrer Mutter gemeinsam mit den Großeltern betreut worden ist.
Auch § 1262 Abs. 2 Nr. 8 RVO ist nicht anwendbar; denn die Klägerin als Enkel des Versicherten erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG. Nach der ersten Alternative dieser Bestimmung müßte der Versicherte die Klägerin in seinen Haushalt aufgenommen haben. Mit der Frage, was unter "Aufnahme" eines Enkelkindes in den "Haushalt der Großeltern" zu verstehen ist, hat sich das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt befaßt. In mehreren Entscheidungen hat es zu § 2 Abs. 1 Satz 3 KGG ausgesprochen, daß ein Kind, das im gemeinsamen Haushalt seiner Mutter und seiner Großeltern lebt, grundsätzlich nicht in den Haushalt der Großeltern aufgenommen sei (BSG 19, 106; 20, 91; 25, 109; SozR Nr. 24 zu § 1267 RVO). Diese Rechtsprechung hat, auch wenn sie in ihrer Begründung nicht einheitlich ist, für § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG in der jetzt maßgeblichen Fassung insofern Bedeutung, als sich an dem Begriff "Aufnahme in den Haushalt" nichts geändert hat (vgl. auch BSG Urteil vom 10. Juli 1969 - 7 RKg 17/66, noch nicht veröffentlicht). Hiernach hat die Klägerin im Haushalt ihrer (volljährigen) Mutter gelebt und ist jedenfalls nicht in den Haushalt ihres Großvaters aufgenommen worden.
In Übereinstimmung mit dem LSG sieht der erkennende Senat auch die zweite Alternative des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG nicht als erfüllt an. Sie setzt voraus, daß der Berechtigte das Enkelkind überwiegend unterhält. Ein Anspruch auf Waisenrente besteht also nur, wenn der Versicherte den überwiegenden Unterhalt der Klägerin bestritten hat. Die Revision meint, das LSG habe den Begriff des "Berechtigten" unrichtig angewandt, indem es nicht von dem gemeinsamen Unterhaltsbeitrag der Großeltern, sondern allein von demjenigen des Versicherten ausgegangen sei. Diese Rüge ist nicht gerechtfertigt.
Zuzugeben ist wohl, daß es nach den Gesetzesmaterialien zweifelhaft erscheint, ob mit der Änderung des § 2 Abs. 1 BKGG eine sachliche Änderung des Inhalts gewollt war, daß im Gegensatz zum bisherigen Recht nunmehr allein die Unterhaltsleistung des Großvaters als des "Berechtigten" zugrunde gelegt und ein etwaiger Unterhaltsbeitrag der Großmutter als Leistung eines Dritten behandelt werden solle. Diese Zweifel ergeben sich aus der Amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum Bundeskindergeldgesetz (BT-Drucks. IV 818 - Teil B, § 2 Abs. 1), in der es heißt, der Kinderbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 BKGG stimme inhaltlich mit dem Kinderbegriff des geltenden Kindergeldrechts und der gesetzlichen Rentenversicherungen überein. Wie das LSG zu Recht ausführt, kann dieser Hinweis auf den Kinderbegriff der Sozialversicherungsgesetze allerdings auch dahin verstanden werden, daß der Kreis der zu berücksichtigenden Kinder nunmehr für das Kindergeldrecht wie für die Sozialversicherung einheitlich festgelegt sein solle. Indes steht der Annahme, daß die Gesetzesänderung lediglich redaktionellen Charakter habe (so RVO-Kommentar des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger, Anm. 13 zu § 1262), der Wortlaut der neuen Bestimmung entgegen. Die Verwendung des Wortes "Berechtigter", also der Einzahl, erlaubt nicht den Schluß, daß als Unterhaltsgewährung die Leistungen beider Großelternteile zusammen berücksichtigt werden können, wenn nur ein Teil als Berechtigter in Betracht kommt. Dem geänderten Wortlaut des Gesetzes ist um so größere Bedeutung beizumessen, als dem Gesetzgeber bekannt war, welche Rechtsfolgerungen seit langem aus dem bisherigen Wortlaut der Vorschrift hergeleitet wurden; er mußte daher in Rechnung stellen, daß die Neufassung einen Wandel in der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hervorrufen werde. Diese dem Gesetzeswortlaut entsprechende Neufassung ist aber - worauf es entscheidend ankommt - auch sinnvoll. Die in der Neufassung zum Ausdruck kommende Beschränkung auf einen Berechtigten trägt nämlich dem Gedanken der Lohnersatz- bzw. Unterhaltsersatzfunktion, von dem auch in den Verweisungsvorschriften der Unfall- und Rentenversicherung ausgegangen wird, besser Rechnung als die frühere Regelung (vgl. Schubert, Deutsche Rentenversicherung 1967, 133, 137 ff). Dies wird an dem Beispiel der Waisenrente besonders deutlich: Sie stellt - wie das LSG zutreffend ausführt - lediglich einen Ausgleich für den Wegfall des Unterhalts dar, den der Versicherte vor seinem Tode dem Kind geleistet hat. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, daß der Versicherungsträger nach dem Tode des Versicherten auch Leistungen "ersetzen" soll, die dem Kind von anderen Personen - hier der Großmutter - gewährt worden sind, zumal diese Unterhaltsleistungen durch den Tod des Versicherten nicht wegzufallen brauchen.
Durch die Neufassung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BKGG ist daher nach der Ansicht des Senats die frühere Vorschrift nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich geändert worden. Es kommt somit allein darauf an, ob der Unterhalt - nur - der Klägerin überwiegend aus Mitteln des Versicherten (Großvater) oder durch ihre Mutter bestritten wurde. Das LSG ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß der Unterhaltsbedarf der Klägerin jedenfalls mehr als zur Hälfte von ihrer Mutter gedeckt worden ist, so daß der Großvater sie nicht "überwiegend" unterhalten haben kann.
Dem Urteil des LSG ist insoweit allerdings nur im Ergebnis beizutreten. Zwar ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß sich das LSG bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin eines von der Verwaltungspraxis entwickelten Punktsystems bedient hat (vgl. Richtlinien des Landesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen Westfalen-Lippe in WzS 1958, 9; ferner Dellinger, BKK 1962, Sp. 420 und Barnewitz, Sozialversicherung 1965, 177, 178). Vor allem bei Haushalten mit mehreren Personen, in denen die Unterhaltsmittel dem einzelnen über die gemeinsame Haushaltskasse zufließen, lassen sich häufig exakte Bedarfswerte nicht feststellen. In solchen Fällen kann es sich - wie das BSG bereits dargelegt hat (BSG 25, 157, 160) - zur Vermeidung umständlicher und häufig auch unergiebiger Beweiserhebungen als nützlich und notwendig erweisen, den Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung von Erfahrungssätzen des täglichen Lebens mittels pauschalierender Berechnungsmethoden festzustellen. Die vom LSG angewandte Berechnungsart ist jedoch nur eine von mehreren denkbaren Methoden.
Das LSG ist mit Recht davon ausgegangen, daß der von der Mutter der Klägerin zur gemeinsamen Haushaltskasse monatlich eingebrachte Einkommensbetrag in erster Linie ihren eigenen Unterhaltsbedarf und denjenigen ihres Kindes abdecken sollte. Diese Annahme erscheint auch dann gerechtfertigt, wenn eine entsprechende Abrede von den Familienangehörigen nicht getroffen wurde. Es ist auch vertretbar, wenn das LSG die Haushalts- und Betreuungsdienste der Großmutter mit monatlich 300,- DM und diejenigen der Mutter der Klägerin mit 100,- DM monatlich bewertet hat (vgl. BSG 28, 1). Das LSG hat jedoch übersehen, daß die letztere zum Unterhalt der Klägerin nur beitragen konnte, wenn und soweit ihr eigener Bedarf aus ihren Mitteln gedeckt war (vgl. Ullenbruch, Zeitschrift für das Fürsorgewesen 1966, 242, 243). Bei dem von ihm angewandten Punktsystem hat das LSG für jeden der drei erwachsenen Familienangehörigen einen Bedarfssatz (Verbrauchsanteil) von monatlich 323,52 DM ermittelt, indem es die Summe der Barleistungen (Großvater: 500,- DM und Kindesmutter: 200,- DM) und den Wert der Betreuungsdienste (Großmutter: 300,- DM und Kindesmutter: 100,- DM) addiert und diese Zahl (1.100,-) durch die Gesamt-Punktzahl der Familienangehörigen (34, das sind je 10 Punkte für jeden Erwachsenen und 4 für die Klägerin) geteilt und das Ergebnis mit 10 multipliziert hat. Die Mutter der Klägerin liegt mit ihrem vom LSG angenommenen Unterhaltsbeitrag von insgesamt 300,- DM (200,- DM bar und 100,- DM Betreuung) um 23,52 DM unter dem errechneten Bedarfssatz. Ein Überschuß, den sie dem Kind hätte zuwenden können, läge bei dieser Berechnung nicht vor. Gleichwohl ist der Entscheidung des LSG im Ergebnis zuzustimmen. Der Unterhaltsbedarf der einzelnen Familienmitglieder ist nämlich nicht isoliert, sondern nach den gesamten Einnahmen aller erwerbstätigen Familienangehörigen zu ermitteln. Dabei kommt es nicht darauf an, was von ihnen an die gemeinsame Haushaltskasse abgeführt wird, sondern wie hoch die tatsächlichen Bareinnahmen der einzelnen Familienangehörigen sind. Lediglich bei höheren Einkommen deckt sich der Unterhaltsbedarf der Familie nicht notwendig mit dem Gesamteinkommen (BSG 14, 129, 130); im vorliegenden Falle aber kann davon ausgegangen werden, daß die gesamten Einnahmen für den Unterhalt der Familie benötigt und verbraucht werden. Denn auch die persönlichen Bedürfnisse, die das einzelne Familienmitglied aus nicht an die Haushaltskasse abgeführten Einnahmen befriedigt, gehören zum Unterhalt der Familie und bestimmen den Lebensstandard aller Familienangehörigen.
Bei Berücksichtigung der gesamten Nettoeinnahmen des Versicherten (620,- DM) und der Mutter der Klägerin (420,- DM) zuzüglich der vom LSG mit insgesamt 400,- DM bewerteten Haushalts- und Betreuungsdienste ergibt sich somit nach dem vom LSG angewandten Berechnungsschema ein Gesamtunterhaltsbedarf der Familie von monatlich 1.440,- DM, der Bedarfssatz (Verbrauchsanteil) jedes erwachsenen Familienangehörigen beläuft sich somit auf je 423,52 DM (1.440,- DM : 34 x 10). Die Mutter der Klägerin trägt danach mehr zu dem Gesamteinkommen bei als ihr Verbrauchsanteil ausmacht, und zwar 96,48 DM (520,- DM minus 423,52 DM), die sie - entsprechend ihrer primären Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind (§ 1707 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) - der Klägerin in voller Höhe zuwendet; sie trägt damit mehr als die Hälfte des Verbrauchsanteils der Klägerin (42,35 DM x 4 : 2 = 84,70 DM), so daß diese von dem Versicherten nicht überwiegend unterhalten worden ist.
Dieses Ergebnis entspricht durchaus der Erfahrung des täglichen Lebens, wenn man bedenkt, daß die Mutter der Klägerin als alleinige Verdienerin neben dem Großvater mit ihrem Arbeitseinkommen mehr als 40 v. H. des gesamten Bedarfs des Vierpersonenhaushalts (einschließlich eines sechsjährigen Kindes) bestreitet und daß die gerade für ein Kleinkind so wichtige Betreuung zu 3/4 der Großmutter und zu 1/4 der Mutter zugerechnet werden muß, keinesfalls aber als Unterhaltsleistung des Versicherten (Großvater) gewertet werden kann. Da im vorliegenden Fall nicht darüber zu befinden ist, wer den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, wird an diesem Ergebnis auch durch die Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 21. Mai 1969 (GS 2/67) nichts geändert.
Die Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen