Leitsatz (amtlich)
Der Beginn der Waisenrente richtet sich unabhängig von einem Rentenantrag auch dann nach RVO § 1290 Abs 1 S 1, wenn ihre Voraussetzungen gemäß RVO § 1267 zum ersten Mal nach Vollendung des 18. Lebensjahres erfüllt sind.
Orientierungssatz
Zum Begriff der "Wiedergewährung der Rente" in RVO § 1290 Abs 3 S 1.
Zur Auslegung des ArVNG Art 2 § 41.
Normenkette
RVO § 1267 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1290 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1957-02-23, Abs. 3 S. 1 Fassung: 1957-02-23; ArVNG Art. 2 § 41 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 19. November 1963 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die nachträgliche Gewährung der Waisenrente wegen Berufsausbildung für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres gemäß § 1267 Abs. 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Streitig ist, ob sich der Beginn der Rente nach der Vorschrift des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO oder der des § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO richtet.
Der am 1. Oktober 1934 geborene Kläger beansprucht Waisenrente aus der Versicherung seines seit dem 13. Mai 1945 als Soldat vermißten Pflegevaters. Er beantragte am 31. Mai 1960, ihm Waisenrente für die Zeit vom 1. April 1958 bis zum 30. September 1959 zu gewähren. Er war am 1. April 1958 als Inspektorenanwärter gegen Zahlung eines Unterhaltszuschusses bei der Beklagten eingetreten und ist seit Juni 1961 nach Ablegung der Inspektorenprüfung Landesinspektor. Aus der Versicherung seines Pflegevaters hatte er Waisenrente bis dahin nicht bezogen, auch nicht bis zur Vollendung seines 18. Lebensjahres, weil das Gesetz bis zum Inkrafttreten des § 1258 Abs. 2 Nr. 7 RVO idF des Kindergeldergänzungsgesetzes vom 23. Dezember 1955 (BGBl I 841) eine Waisenrente für Pflegekinder nicht gewährte und der Kläger beim Inkrafttreten dieser Vorschrift das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 9. August 1961 den Antrag mit der Begründung ab, Waisenrente für Waisen, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, würden vom Inkrafttreten des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) an gewährt, soweit die Voraussetzungen des § 1267 RVO vorlägen, und wenn von der Waise oder dem gesetzlichen Vertreter bis zum 31. Dezember 1957 ein Antrag gestellt werde; bei späterer Antragstellung werde die Waisenrente vom Beginn des Antragsmonats an gewährt (Art. 2 § 41 ArVNG). Der Kläger habe bereits bei Antragstellung das 25. Lebensjahr vollendet gehabt.
Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, dem Kläger Waisenrente für die Zeit vom 1. April 1958 bis 30. September 1959 zu zahlen; es hat die Berufung zugelassen (Urteil vom 1. März 1963). Mit der gegen das Urteil eingelegten Berufung hat sich die Beklagte darauf berufen, der Gesetzgeber habe jede Waisenrentenzahlung nach Vollendung des 18. Lebensjahres als einen Fall der Wiedergewährung der Rente angesehen ohne Rücksicht darauf, ob die Waisenrente vorher bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gezahlt worden sei. Eine Wiedergewährung der Rente sei aber nach § 1290 Abs. 3 RVO nur vom Antragsmonat an zulässig und deshalb beim Kläger, der zur Zeit des Rentenantrags schon älter als 25 Jahre gewesen sei, ausgeschlossen. Das Landessozialgericht (LSG) hat unter Zulassung der Revision die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 19. November 1963).
Gegen das Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie unrichtige Anwendung des § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO rügt. Sie beantragt, das Urteil des LSG Niedersachsen vom 19. November 1963 und das Urteil des SG Hannover vom 1. März 1963 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist unbegründet.
Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 1267 Abs. 1 Satz 2 RVO für den Anspruch des Klägers auf Waisenrente für die Zeit vom 1. April 1958 bis zum 30. September 1959 sind nach den nicht angegriffenen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil erfüllt, wie auch die Revision nicht in Abrede stellt. Ebensowenig ist streitig, daß gemäß Art. 2 § 20 ArVNG die Vorschrift des § 1267 RVO auch für den vor dem Inkrafttreten des ArVNG im Jahre 1945 eingetretenen Versicherungsfall gilt. Die Revision wendet sich gegen das Urteil des Berufungsgerichts nur insoweit, als sie entgegen der Ansicht des LSG den vom Kläger verfolgten Anspruch auf Waisenrente wegen Berufsausbildung nach Vollendung des 18. Lebensjahres für einen Anspruch auf Wiedergewährung der Waisenrente hält und diese Wiedergewährung gemäß § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO nur vom Beginn des Antragsmonats an verlangt werden könne. Auf den am 31. Mai 1960 gestellten Antrag könne dem Kläger daher die Waisenrente nicht rückwirkend für die Zeit vom 1. April 1958 bis 30. September 1959 gewährt werden. Das LSG hat indessen mit Recht angenommen, daß sich der erstmalige Beginn der Waisenrente des Klägers gemäß Art. 2 § 25 Abs. 2 Satz 2 ArVNG nach der Vorschrift des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO richtet, dem Kläger die Waisenrente daher unabhängig von seinem Rentenantrag rückwirkend für die streitige Zeit zu gewähren ist, und daß die Voraussetzungen des § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO hier nicht erfüllt sind. Die Auffassung der Revision, jede Gewährung von Waisenrente wegen Berufsausbildung nach Vollendung des 18. Lebensjahres falle unter den Begriff der Wiedergewährung der Rente im Sinne des § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO, auch wenn bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres eine Waisenrente nicht gewährt worden ist, findet - wie das LSG bereits zutreffend dargelegt hat - im Gesetz keine Stütze.
Auszugehen ist davon, daß der Kläger aus der Versicherung seines Pflegevaters vor April 1958 eine Waisenrente nicht bezogen hat, und daß die Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers auf Waisenrente erstmals im April 1958 eingetreten sind. Die Gewährung der Waisenrente vom 1. April 1958 an betrifft demnach die Feststellung des erstmaligen Beginns der Waisenrente. Die grundlegende Vorschrift über den erstmaligen Rentenbeginn enthält § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO. Danach ist die Rente vorbehaltlich der Bestimmungen des § 1268 Abs. 4 und des § 1276 Abs. 1 RVO vom Beginn des Monats an zu gewähren, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Daß für den Kläger die Voraussetzungen des Anspruchs auf Waisenrente erstmals nach Vollendung seines 18. Lebensjahres eingetreten sind, und ihm daher die Rente auch erstmals für eine Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres zusteht, schließt die Anwendung des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO nicht aus; denn diese Umstände rechtfertigen es entgegen der Ansicht der Revision nicht, die erstmalige Gewährung der Waisenrente als eine Wiedergewährung im Sinne des § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO anzusehen. Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff "Wiedergewährung" ist zwar im Gesetz selbst nicht definiert. Er setzt aber voraus, wie seine Gleichstellung mit der Erhöhung der Rente zeigt, daß auf Grund eines Versicherungsfalles die Rente bereits festgestellt und bezogen war und weggefallen ist, und daß auf Grund desselben Versicherungsfalles die Rente erneut, nämlich - wieder - zu gewähren ist. Die Wiedergewährung der Rente verlangt also begrifflich schon, daß ihr eine Gewährung der Rente vorausgegangen ist, die Rente bereits einmal festgestellt und bezogen worden ist und geendet hat (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 712; Jantz/Zweng, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 1. Aufl. § 1290 RVO Anm. III 3; Verbandkomm . 6. Aufl. § 1267 Anm. 15 am Ende; Elsholz-Theile, Die Gesetzliche Rentenversicherung, Syn. Komm. Nr. 74 - § 1290 RVO - Anm. 5 d aa). Lediglich für diesen Fall der Wiedergewährung schreibt § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO vor, daß die Rente nur vom Antragsmonat an verlangt werden kann. Der Beginn der erstmaligen Gewährung der Waisenrente fällt nicht hierunter, sondern beurteilt sich nach dem Grundsatz des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO.
Es besteht kein überzeugender Grund für die Annahme der Revision, jede Gewährung einer Waisenrente, die ihre Begründung in § 1267 Abs. 1 Satz 2 RVO finde und die Zeit außerhalb des "gewöhnlichen Zeitraums bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres" betreffe, sei ein Fall der Wiedergewährung der Rente, weil der Gesetzgeber von dem "Normalfall" ausgegangen sei, daß eine Waise vom Tode des Versicherten an bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres eine Waisenrente beziehe, und daß es sich bei späterer Aufnahme einer Berufsausbildung stets um die Wiedergewährung der Waisenrente im Sinne des § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO handele. Das Gesetz hat indessen in den gesetzlichen Tatbestand des § 1267 RVO als Voraussetzung für den Anspruch auf Waisenrente für die Zeit vor und nach Vollendung des 18. Lebensjahres einheitlich den Rentenantrag nicht aufgenommen und auch für den Beginn dieser Rente in § 1290 RVO keine Sondervorschrift getroffen. Der Gebrauch der Worte "über diesen Zeitpunkt hinaus" in § 1267 RVO in der hier maßgeblichen Fassung des ArVNG bedeutet nicht, daß in der Regel vor Vollendung des 18. Lebensjahres schon Waisenrente gewährt worden ist. Sie besagt vielmehr, daß der Anspruch auf Gewährung der Waisenrente nicht auf die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres beschränkt ist, sondern daß das Gesetz einen allgemeinen Anspruch auf Waisenrente auch über das 18. Lebensjahr hinaus begründet. Demnach kann auch eine erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres begonnene Schul- oder Berufsausbildung zu einer erstmaligen Gewährung der Rente führen (Jantz/Zweng aaO Anm. zu § 1267 i. V. m. Anm. II, 2 b zu § 1262 RVO; Elsholz-Theile aaO Nr. 51 - § 1267 RVO - Anm. 1 i. V. m. Nr. 45 - § 1262 RVO - Anm. 11 a). Ebenso gibt es eine Reihe anderer Tatbestände, in denen erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres zum Erstenmal die Voraussetzungen für den Anspruch auf Waisenrente erfüllt sind, und in denen deshalb nicht eine Wiedergewährung, sondern der erstmalige Beginn der Waisenrente in Betracht kommt (Brackmann aaO S. 712 d). Der Beginn der Waisenrente richtet sich demnach wie bei den anderen Hinterbliebenenrenten (Witwen- und Witwerrente) grundsätzlich unabhängig von einem Rentenantrag nach § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO.
Die mit dieser Vorschrift abweichend von der bis dahin gegebenen Rechtslage eingeführte Verbesserung, daß die Renten ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung grundsätzlich vom Beginn des Monats an zu zahlen sind, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, hat deshalb auch für die Waisenrenten zu gelten, die erstmals - sei es für Zeiten vor oder nach Vollendung des 18. Lebensjahres - zu gewähren sind. In § 1290 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 5 RVO hat das Gesetz die Ausnahmen von diesem Grundsatz ausdrücklich aufgezählt, nämlich in welchen Fällen auch nach dem neuen Recht ausnahmsweise der Rentenanspruch oder der Beginn der Rente vom Zeitpunkt der Antragstellung weiterhin abhängig sein soll. Für den Fall, daß die Voraussetzungen der Waisenrente erstmals wegen Berufsausbildung nach Vollendung des 18. Lebensjahres eintreten, hat das Gesetz eine solche Ausnahme nicht gemacht. Für den Beginn der Waisenrente ist - abgesehen vom Übergangsrecht - eine Ausnahme nur in der allgemeinen Vorschrift des § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO für die Fälle vorgesehen, daß die Waisenrente zu erhöhen oder wiederzugewähren ist. Liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor, so hat es bei dem Grundsatz des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO zu bleiben. Hätte das Gesetz den Anspruch auf Waisenrente, die erstmals wegen Berufsausbildung für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres zu gewähren ist, oder den Beginn einer solchen Rente von einem Antrag abhängig machen wollen, so hätte es dies in § 1267 oder in § 1290 RVO ausdrücklich bestimmen müssen, wie dies z. B. für das Altersruhegeld in § 1248 Abs. 2 und 3 und in § 1290 Abs. 5 RVO geschehen ist. Da das Gesetz eine solche Regelung aber nicht getroffen hat, ist davon auszugehen, daß der Beginn der Waisenrente, deren Voraussetzungen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erstmals erfüllt sind, auch nach der grundlegenden Vorschrift des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO zu beurteilen ist (Brackmann aaO S. 712 d; Verbandskomm. aaO § 1267 Anm. 15; Elsholz-Theile aaO Nr. 74 - § 1290 RVO - Anm. 5 d aa).
Aus der Unterhaltsersatzfunktion der Waisenrente, auf die sich die Revision zur Begründung ihrer Auffassung weiterhin beruft, läßt sich eine andere Beurteilung ebenfalls nicht rechtfertigen; diese Funktion hat die Waisenrente, auch wenn sie erstmals für die Zeit vor Vollendung des 18. Lebensjahres zu gewähren ist. Für diese Zeit ist es aber gleichfalls nicht entscheidend, ob die Waise bei rückwirkender Bewilligung der Waisenrente ihren Lebensunterhalt aus anderen Mitteln bestritten hat.
Schließlich findet die Auffassung der Revision auch in der Übergangsvorschrift des Art. 2 § 41 ArVNG keine Stütze. Es trifft nicht zu, daß hier die Gewährung der Waisenrente nach Vollendung des 18. Lebensjahres schlechthin für solche Waisen geregelt worden ist, die vor dem 1. Januar 1957 das 18. Lebensjahr vollendet haben. Nach Art. 2 § 41 ArVNG werden Waisenrenten für Waisen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, vom Inkrafttreten des ArVNG, dem 1. Januar 1957, an gewährt, soweit die Voraussetzungen des § 1267 RVO vorliegen, und wenn von der Waise oder dem gesetzlichen Vertreter bis zum 31. Dezember 1957 ein Antrag gestellt wird; bei späterer Antragstellung wird die Waisenrente vom Begin des Antragsmonats an gewährt. Das LSG hat angenommen, daß diese Vorschrift sich nur auf die Wiedergewährung der Waisenrente bezieht, wenn also vor Vollendung des 18. Lebensjahres die Waisenrente schon gewährt worden und weggefallen war. Aber selbst wenn sie sich auch auf Waisenrenten bezieht, deren Voraussetzungen wegen Berufsausbildung nach Vollendung des 18. Lebensjahres erstmals mit dem Inkrafttreten des ArVNG erfüllt waren, so kommt dieser Vorschrift doch nur die Bedeutung einer Ausnahme nicht nur von Art. 2 § 25 Abs. 2 Satz 1 ArVNG und von § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO, sondern ebenfalls von § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO zu, wie dies auch gemäß Art. 2 § 40 ArVNG für den Beginn des Kinderzuschusses gilt.
Der Sinn des Artikels 2 § 41 ArVNG wird deutlich, wenn der Zusammenhang berücksichtigt wird, in den diese Vorschrift gestellt ist, nämlich wenn sie im Zusammenhang mit der Vorschrift des Art. 2 § 40 ArVNG beurteilt wird. In dieser Bestimmung ist ebenfalls vorgeschrieben, daß zu den Renten an Versicherte, die nach Art. 2 § 32 ArVNG umgestellt werden, Kinderzuschuß über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus für Rentenbezugszeiten vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an gewährt wird, soweit die Voraussetzungen des § 1262 RVO vorliegen, und wenn von dem Rentenempfänger bis zum 31. Dezember 1957 ein Antrag gestellt wird; bei späterer Antragstellung wird der Kinderzuschuß vom Beginn des Antragsmonats an gewährt. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 25. Januar 1962 (SozR RVO § 1262 Nr. 4) entschieden, daß sich die Vorschrift des § 1290 Abs. 3 RVO nicht auf den Kinderzuschuß bezieht und die Erhöhung der Rente um den Kinderzuschuß von einem Rentenantrag unabhängig ist. Wird also die Rente um den Kinderzuschuß erhöht, oder wird er wiedergewährt, so liegt kein Fall des § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO vor. Wenn demnach der Kinderzuschuß unabhängig vom Antrag zu zahlen ist, so macht hiervon Art. 2 § 40 ArVNG eine Ausnahme für den Fall, daß sämtliche Voraussetzungen für den Kinderzuschuß über das 18. Lebensjahr hinaus am 1. Januar 1957 vorliegen. Der Kinderzuschuß sollte zu diesem Zeitpunkt nur dann beginnen, wenn er bis zum 31. Dezember 1957 beantragt war. Wird der Antrag erst nach dem 31. Dezember 1957 gestellt, so beginnt der Kinderzuschuß sogar erst mit dem Antragsmonat. Zu beachten ist aber, daß es sich hierbei stets nur um solche Kinderzuschüsse über das 18. Lebensjahr hinaus handelt, deren Voraussetzungen schon am 1. Januar 1957 erfüllt waren. Die Vorschrift schließt es also aus, daß auf einen erst nach dem 31. Dezember 1957 gestellten Antrag hin der Kinderzuschuß noch für die Zeit vom 1. Januar 1957 an nachzuzahlen ist. Ist der Anspruch auf den Kinderzuschuß jedoch erst nach dem 1. Januar 1957 entstanden, so findet Art. 2 § 40 ArVNG keine Anwendung, sondern es gelten für einen solchen Kinderzuschuß die allgemeinen Vorschriften. Er beginnt unabhängig von der Antragstellung mit dem Beginn des Monats, in dem seine Voraussetzungen erfüllt sind.
Obgleich also auch Art 2 § 40 ArVNG in seinem letzten Halbsatz vorschreibt, daß bei einer Antragstellung nach dem 31. Dezember 1957 der Kinderzuschuß erst vom Beginn des Antragsmonats an gewährt wird, so kann aus dieser Vorschrift doch nicht der Schluß gezogen werden, mit dieser Bestimmung werde die Gewährung des Kinderzuschusses für Kinder, die vor dem 1. Januar 1957 das 18. Lebensjahr vollendet haben, schlechthin geregelt, so daß vom 1. Januar 1958 an der nach § 1262 RVO zustehende Kinderzuschuß stets nur vom Antragsmonat an gewährt wird. Das gleiche hat aber auch bei der entsprechenden Vorschrift des Artikels 2 § 41 ArVNG für Waisenrenten zu gelten (Elsholz-Theile aaO Nr. Ü 42 i. V. m. Nr. Ü 41 Anm. 1; Jantz/Zweng aaO Anmerkungen zu Art. 2 §§ 40, 41 ArVNG; Verbandskomm. aaO § 1267 Anm. 15; Brackmann aaO S. 698 i). Art. 2 § 41 ArVNG trifft als Übergangsvorschrift eine Regelung nur für die Fälle, in denen beim Inkrafttreten des ArVNG am 1. Januar 1957 die Waisen das 18. Lebensjahr vollendet hatten und die Voraussetzungen des § 1267 erfüllt waren. Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt dieser Vorschrift nicht zu. Zwar hatte der Kläger am 1. Januar 1957 sein 18. Lebensjahr vollendet; die Voraussetzungen des § 1267 RVO waren zu diesem Zeitpunkt in seiner Person aber nicht erfüllt, sondern erst am 1. April 1958, weil er erst zu diesem Zeitpunkt in eine Berufsausbildung eingetreten ist. Art. 2 § 41 ArVNG kommt also für die Waisenrente des Klägers nicht in Betracht.
Schließlich greift auch der Gesichtspunkt der Revision nicht durch, die hier vertretene Auffassung sei mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren. Das Gesetz hat in § 1290 Abs. 1 Satz 1 und in Abs. 3 Satz 1 RVO aus sachgerechten Gründen verschiedene Sachverhalte, nämlich den erstmaligen Beginn der Rente anders geregelt als den erneuten Beginn der wiedergewährten Rente. Es hat also nicht für gleichgelagerte Sachverhalte eine verschiedene Regelung getroffen. Wie es sachlich begründet ist, daß die erstmalige Gewährung anderer Renten gemäß § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO unabhängig von einem Rentenantrag rückwirkend vom Beginn des Monats an zu erfolgen hat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt waren, während die Wiedergewährung dieser Rente gemäß § 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO nur vom Antragsmonat an verlangt werden kann und ein rückwirkender Rentenbezug ausgeschlossen ist, so ist es auch als gerechtfertigt anzusehen, wenn bei der Waisenrente wegen Berufsausbildung nach Vollendung des 18. Lebensjahres nach dem erstmaligen Beginn der Waisenrente und ihrer Wiedergewährung unterschieden wird.
Der Revision der Beklagten muß aus diesen Gründen der Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen