Leitsatz (amtlich)
Für die Beurteilung der Frage, was als der nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessene Unterhalt der geschiedenen Frau im Sinne des EheG § 58 Abs 1 anzusehen ist, sind die Lebensverhältnisse der früheren Ehegatten zur Zeit der Scheidung maßgebend.
In der Regel sind, je nach den Besonderheiten des Einzelfalles, 1/3 bis 1/4 des Nettoeinkommens des Mannes zur Zeit der Scheidung als angemessener Unterhalt der Frau anzusehen.
Ist zwischen der Scheidung und dem Eintritt des nach RVO § 1265 maßgebenden letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten eine nicht unerhebliche Zeit verstrichen, so muß eine inzwischen eingetretene allgemeine Erhöhung der Lebenshaltungskosten entsprechend berücksichtigt werden.
Bei der Anwendung des EheG § 58 Abs 1 muss die geschiedene Frau sich die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit jedenfalls dann anrechnen lassen, wenn diese Erwerbstätigkeit ihr zuzumuten ist.
Der Annahme der Zumutbarkeit einer Halbtagsbeschäftigung steht nicht entgegen, daß die geschiedene Frau ein etwa 13- bis 14-jähriges schulpflichtiges Kind zu betreuen hat.
Leben geschiedene Eheleute wieder in gemeinsamen Haushalt zusammen, ohne nochmals geheiratet zu haben, und liegt eine Unterhaltspflicht des Mannes gegenüber seiner früheren Ehefrau weder nach dem EheG noch aus sonstigem Grunde vor, so leistet der Mann seiner früheren Ehefrau jedenfalls dann keinen Unterhalt im Sinne des RVO § 1265, wenn der Wert des Beitrags, den er zu dem gemeinsamen Haushalt beisteuert, nicht höher ist als der Wert des Beitrags der Frau (mit Einschluss des Wertes der Haushaltsführung).
Normenkette
RVO § 1265 Fassung: 1957-02-23; EheG § 58 Abs. 1 Fassung: 1946-02-20
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Januar 1962 wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die ... 1912 geborene Klägerin begehrt als frühere Ehefrau des Versicherten Alfred Z aus dessen Arbeiterrentenversicherung Hinterbliebenenrente gemäß § 1265 der Reichsversicherungsordnung - RVO - (sog. Geschiedenen-Witwenrente). Ihre Ehe mit dem am 31. Dezember 1903 geborenen Versicherten wurde durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28. Januar 1955 wegen Verschuldens des Ehemannes geschieden. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, L geb. 1930, R geb. 1935, und T geb. 1945. Der Versicherte wurde durch Anerkenntnis-Teilurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 5. Juli 1955 und durch Versäumnis-Schlußurteil vom 4. August 1955 zur Zahlung von Unterhalt an die Klägerin in Höhe von wöchentlich 30,- DM und an das Kind T in Höhe von wöchentlich 20,- DM verurteilt. Der Versicherte verdiente damals durchschnittlich 115,- DM brutto in der Woche. Die Klägerin war nicht berufstätig. Der Versicherte kam seinen Verpflichtungen aus diesem Urteil nach. Im November 1955 zogen er und die Klägerin wieder zusammen. Die Klägerin nahm eine Berufstätigkeit zunächst halbtägig und seit dem 1. April 1959 ganztägig auf. Sie bezog bis zum 31. März 1959 einen Lohn in Höhe von monatlich 315,- DM brutto oder 276,- DM (= wöchentlich etwa 60,- DM) netto und seit dem 1. April 1959 in Höhe von durchschnittlich monatlich 394,- DM brutto oder 352,- DM (= wöchentlich etwa 80,- DM) netto. Der Versicherte verdiente bis August 1959 wöchentlich durchschnittlich 112,- DM brutto oder 94,- DM netto, und vom 24. August 1959 bis zu seinem Tode durchschnittlich 130,- DM brutto oder 100,- DM netto. Der Versicherte gab der Klägerin von seinen Einkünften wöchentlich im Durchschnitt etwa 80,- DM für den gemeinschaftlichen Haushalt. Die Klägerin führte im wesentlichen den Haushalt. Die Kinder R und T lebten mit in dem gemeinschaftlichen Haushalt. Im Oktober 1959 starb der Versicherte durch Herzschlag.
Am 10. November 1959 stellte die Klägerin Antrag auf die Hinterbliebenenrente. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 19. Mai 1960 mit der Begründung ab, daß der Versicherte seit April 1959 nicht mehr zur Unterhaltsleistung verpflichtet gewesen sei, weil die Klägerin ihren Lebensunterhalt durch die Erträgnisse aus eigener Erwerbstätigkeit voll gedeckt habe. Der Versicherte habe ihr auch keinen Unterhalt geleistet. Die von ihm für den Haushalt gezahlten Beträge hätten zur Bestreitung seines eigenen Lebensunterhalts gedient oder seien Vergütung für die Führung des Haushalts durch die Klägerin gewesen.
Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 10. Januar 1961 abgewiesen. Die Klägerin sei im letzten Jahr vor dem Tode des Versicherten auf dessen Unterhalt nicht angewiesen gewesen, so daß dieser nicht zum Unterhalt nach dem Ehegesetz (EheG) verpflichtet gewesen sei. Ein Unterhaltsurteil begründe keine Verpflichtung zum Unterhalt "aus sonstigem Grunde" im Sinne des § 1265 RVO. Der Versicherte habe zwar der Klägerin mehr gegeben, als sie selbst verdient habe. Damit habe er aber nur seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind T erfüllt und die Klägerin für die Haushaltsführung entschädigt. Unterhalt an die Klägerin habe er also nicht geleistet.
Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Hamburg eingelegt. Das LSG hat die Berufung durch Urteil vom 16. Januar 1962 zurückgewiesen; es hat die Revision zugelassen. Es ist der Ansicht, daß eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des Versicherten gegenüber der Klägerin zur Zeit seines Todes schon deshalb nicht bestanden habe, weil sie wegen ihres Einkommens nicht unterhaltsbedürftig gewesen sei. Das Anerkenntnisurteil stelle, da es nicht über das hinausgehe, wozu der Versicherte ohnedies gegenüber der Klägerin verpflichtet gewesen sei, keinen "sonstigen Grund" im Sinne des § 1265 RVO dar. Auch habe der Versicherte im Jahre vor seinem Tode der Klägerin keinen Unterhalt geleistet. Man könne von einer Unterhaltsleistung des Versicherten an die Klägerin nur sprechen, wenn seine Leistungen zu dem gemeinschaftlichen Haushalt höher gewesen seien als die der Klägerin. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Der Versicherte habe der Klägerin selbst dann keinen Unterhalt geleistet, wenn seine Barleistung zur Familienkasse höher gewesen sei als die der Klägerin. In dem Mehrbetrag sei der von dem Versicherten dem Kind Thomas geschuldete Unterhalt oder auch eine Gegenleistung für die Betreuung durch die Klägerin zu erblicken.
Ihre gegen dieses Urteil eingelegte Revision hat die Klägerin im wesentlichen wie folgt begründet: Da der Versicherte in der Zeit vor seinem Tode mehr als sie zum gemeinsamen Unterhalt beigetragen habe, habe er sie, wenn auch nur zum Teil, unterhalten. Im übrigen hätten sie und der Versicherte wie Eheleute zusammengelebt, man könne sie also nicht nur als Haushälterin ansehen. Wenn sie auch zur Zeit noch berufstätig sei, so könne sich das bei ihrem Gesundheitszustand doch schnell ändern. Dann aber sei sie auf die Witwenrente angewiesen.
Sie beantragt,
unter Aufhebung der Urteile des LSG Hamburg vom 16. Januar 1962 und des SG Hamburg vom 10. Januar 1961 sowie des Bescheides der Beklagten vom 19. Mai 1960 die Beklagte zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenrente nach § 1265 RVO zu gewähren,
hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des Urteils des LSG Hamburg vom 16. Januar 1962 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen,
ferner der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend.
Die zulässige Revision hatte keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, daß die Voraussetzungen keiner der Alternativen des § 1265 RVO vorliegen.
Der Klägerin steht Hinterbliebenenrente nach § 1265 RVO nur dann zu, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder wenn er im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat.
Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat (BSG 5, 277 ff), ist für die Frage, ob eine Unterhaltsverpflichtung des geschiedenen Mannes gegenüber seiner früheren Ehefrau nach dem EheG besteht, dasjenige EheG anzuwenden, welches im Zeitpunkt des Todes des Versicherten, d.h. hier im Jahre 1959, galt. Maßgebend ist also das EheG von 1946.
Nach § 58 dieses Gesetzes hat der allein oder überwiegend für schuldig erklärte Mann der geschiedenen Frau den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit nicht ausreichen, soweit sie also in diesem Sinne unterhaltsbedürftig ist. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Versicherte in dem Ehescheidungsurteil allein für schuldig erklärt worden ist. Dennoch war er nicht verpflichtet, der Klägerin Unterhalt nach dieser Vorschrift zu leisten. Denn die Klägerin war zur Zeit des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten nicht unterhaltsbedürftig, weil sie ihren angemessenen Unterhalt selbst verdiente. Der Entscheidung der Frage, welcher Unterhalt nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessen ist, müssen die Lebensverhältnisse der Ehegatten zur Zeit der Ehescheidung zugrunde gelegt werden. Maßgebend sind Beruf sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Ehegatten. Als angemessener Unterhalt der Ehefrau wird im allgemeinen ein Drittel bis ein Viertel des Nettoeinkommens des Mannes anzusehen sein, wobei aber die Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere auch etwaige Unterhaltspflichten des Versicherten gegenüber anderen Angehörigen, vor allem gegenüber minderjährigen Kindern oder gegenüber der Ehefrau, berücksichtigt werden müssen (vgl. zum Vorstehenden Hoffmann-Stephan, Ehegesetz, Anm. 4 A zu § 58; Godin, Ehegesetz, 2. Aufl., Anm. 3 zu § 58; Brühl, Unterhaltsrecht, 2. Aufl., S. 56 ff). Da der Versicherte zur Zeit der Scheidung ein Nettoeinkommen von etwa 400,- bis allenfalls 450,- DM monatlich bezog, hätte der angemessene Unterhalt der Klägerin zur Zeit der Scheidung höchstens 150,- DM monatlich betragen. Allerdings muß, wenn sich auch der angemessene Unterhalt nach den Verhältnissen der Eheleute zur Zeit der Scheidung richtet und spätere Änderungen der Lebensverhältnisse der früheren Ehegatten, soweit sie zur Zeit der Scheidung nicht mit berechenbarer Sicherheit vorausgesehen werden können, nicht zu berücksichtigen sind, doch eine in der Zeit zwischen der Scheidung und dem Tode des Versicherten eingetretene allgemeine Erhöhung der Lebenshaltungskosten berücksichtigt werden, da andernfalls der Lebensstandard zur Zeit des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten nicht mit dem zur Zeit der Scheidung übereinstimmen würde. Man wird daher den angemessenen Unterhalt der Klägerin für die Zeit des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten etwas höher als 150,- DM anzusetzen haben. Auf jeden Fall reichten aber die Erträgnisse der Klägerin aus ihrer Erwerbstätigkeit zu jener Zeit aus, um ihren angemessenen Unterhalt zu decken, ohne daß hier im einzelnen dazu Stellung genommen werden müßte, um welchen Betrag dieses Einkommensdrittel wegen der allgemeinen Steigerung der Lebenshaltungskosten erhöht werden müßte. Die Klägerin hat während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten, d.h. vom 1. April 1959 an - zu diesem Zeitpunkt ging sie von der Halbtagsbeschäftigung zur Ganztagsbeschäftigung über - nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 352,- DM gehabt.
Nun könnte allerdings die Ansicht vertreten werden, daß das Erwerbseinkommen der Klägerin hier deshalb nicht angerechnet werden dürfe, weil ihr zu jener Zeit die Ausübung einer Tätigkeit deshalb nicht zuzumuten gewesen sei, weil sie ihre Kinder R und T habe betreuen müssen. Wenn auch der Wortlaut des § 58 EheG ohne Einschränkung auf die tatsächlichen Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit abstellt, so spricht doch vieles dafür, daß Erträgnisse aus einer Erwerbstätigkeit der Frau nur dann anzurechnen sind, wenn ihr die Verrichtung dieser Tätigkeit zuzumuten ist (so Hoffmann-Stephan, Ehegesetz Anm. 4 B c aa zu § 58; a.A. Godin, Ehegesetz, 2. Aufl. Anm. 6 zu § 58 und die dort aufgeführte weitere Literatur, auch der 8. Senat des BSG in einer Entscheidung vom 22.1.1959, NJW 1959 S. 647). Diese Frage kann hier jedoch unentschieden bleiben. Auch wenn man der Auffassung folgt, daß nur die Erträgnisse einer zumutbaren Erwerbstätigkeit der Frau anzurechnen sind, so muß sich die Klägerin doch zumindest die Erträgnisse einer Halbtagstätigkeit anrechnen lassen. Der Sohn R war im Jahre 1959 bereits etwa 23 Jahre alt und bedurfte daher einer Betreuung nicht mehr. Anders könnten die Verhältnisse allerdings bei dem Sohn Thomas, der im Jahre 1959 erst sein 14. Lebensjahr vollendete, dann liegen, wenn er nach dem 1. April 1959 noch die Schule besucht hätte. Eine Feststellung, wann er die Schule verlassen hat, ist nicht getroffen worden. Aber selbst wenn er die Schule noch über diesen Zeitpunkt hinaus besucht hätte, wäre der Klägerin die Ausübung zumindest einer Halbtagstätigkeit, die sie ja auch bis zum 31. März 1959 tatsächlich ausgeübt hat, zuzumuten. Denn bei einer Halbtagstätigkeit hätte ihr die erforderliche Zeit für die Betreuung dieses Sohnes zur Verfügung gestanden, da dieser bereits fast 14 Jahre alt war, wenn er nicht sogar schon das 14. Lebensjahr vollendet hatte, und daher in gewissem Umfang schon selbständig gewesen wäre. Der Verdienst aus ihrer Halbtagstätigkeit betrug 276,- DM netto monatlich. Selbst mit diesem Einkommen verdiente sie schon das erforderliche Drittel in dem oben aufgeführten Sinne. Der Klägerin stand also während der Zeit vor dem Tode des Versicherten ein Unterhaltsanspruch nach dem EheG 46 diesem gegenüber keinesfalls zu.
Ebenso hatte die Klägerin während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten keinen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten aus "sonstigem Grunde" im Sinne des § 1265 RVO. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Unterhaltsurteil, wie es hier vorlag, zwar grundsätzlich als "sonstiger Grund" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen, wie der Große Senat des BSG in seinem Beschluß vom 27. Juni 1963 (GS 5/61) entschieden hat. Jedoch hat der Große Senat diesen Grundsatz dahin eingeschränkt, daß ein Unterhaltsurteil dann nicht mehr als "sonstiger Grund" in diesem Sinne anzusehen ist, wenn der Versicherte zur Zeit seines Todes die Wirkungen des Titels nach den Grundsätzen der §§ 323, 767 der Zivilprozeßordnung (ZPO) hätte beseitigen können. Im vorliegenden Falle aber hätte eine vom Versicherten erhobene Klage auf Abänderung der Unterhaltsurteile nach § 323 ZPO Erfolg gehabt. In der Zeit vom Erlaß des Unterhaltsurteils im Jahre 1955 bis zum Tode des Versicherten war insofern eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die zur Verurteilung des Versicherten zur Unterhaltsleistung geführt hatten, eingetreten, als die Klägerin inzwischen eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte. Da der Klägerin infolgedessen während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten, wie bereits ausgeführt wurde, kein Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten mehr zustand, wäre das Unterhaltsurteil, wenn der Versicherte eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO erhoben hätte, entsprechend abgeändert worden.
Auch die Voraussetzungen der letzten Alternative des § 1265 RVO liegen nicht vor, da der Versicherte der Klägerin im letzten Jahr vor seinem Tode keinen Unterhalt geleistet hat. Es war hier vor allem zu prüfen, was als Unterhalt im Sinne des § 1265 RVO zu verstehen ist. Wenn auch die Klägerin und der Versicherte seit Ende des Jahres 1955 wieder "wie Eheleute" zusammengelebt haben, so darf doch nicht übersehen werden, daß die eherechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für sie nicht mehr galten. Insbesondere kann daher auch nicht § 1360 BGB für die Auslegung des Begriffs "Unterhalt" herangezogen werden. Es können hier die Fälle unerörtert bleiben, in welchen während der Zeit, in welcher eine Leistung erfolgt ist, eine Unterhaltspflicht des Leistenden dem Empfänger dieser Leistungen gegenüber besteht. Denn in diesem Falle liegen die Voraussetzungen der ersten Alternative des § 1265 RVO vor, so daß es auf die Frage, ob eine Zuwendung als tatsächlich geleisteter Unterhalt anzusehen ist, nicht ankommt. Leben frühere Ehegatten wieder in gemeinsamem Haushalt zusammen, ohne daß eine Unterhaltspflicht zwischen ihnen besteht, so könnte von Unterhalt, den der eine Partner dem anderen leistet, allenfalls dann gesprochen werden, wenn der Wert des Beitrags des einen Partners zu dem gemeinsamen Haushalt den Wert des Beitrags des anderen Partners übersteigt, nicht aber dann, wenn der Wert der beiderseitigen Beiträge sich die Waage hält. Der letztere Fall aber liegt hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor. Wegen der Fälle, in denen die Leistungen des einen Partners an den anderen höher sind als die Gegenleistungen, wird auf das Urteil des erkennenden Senats vom 21. Januar 1963 (SozR SozVers RVO § 1265 Aa 11 Nr. 13) verwiesen.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Versicherte für den Haushalt wöchentlich 80,- DM beigesteuert. Es ist zwar nicht festgestellt, welchen Betrag die Klägerin ihrerseits für den gemeinschaftlichen Haushalt aufgebracht hat. Aus dem Zusammenhang der Gründe des angefochtenen Urteils ist aber mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß das Berufungsgericht davon ausgeht, daß die Klägerin zumindest einen ihrem niedrigen Einkommen entsprechenden Betrag zum Haushalt beigesteuert hat. Wenn auch die Klägerin in der ersten Zeit des nach § 1265 RVO maßgebenden Jahres vor dem Tode des Versicherten, nämlich bis zum 31. März 1959, nur halbtägig beschäftigt gewesen ist, demgemäß nur ein geringeres Einkommen als nach diesem Zeitpunkt gehabt hat und daher auch nur eine geringere Barleistung für den gemeinsamen Haushalt beigesteuert haben wird, so ändert sich doch dadurch nichts an der Feststellung des Berufungsgerichts, daß der Wert dieser Leistungen zuzüglich dem Wert ihrer Haushaltsführung dem Wert der Leistungen des Versicherten entspricht. Wenn dies auch nicht ausdrücklich festgestellt ist, so ergibt sich doch aus den Urteilsgründen ebenso mit hinreichender Deutlichkeit, daß das Berufungsgericht angenommen hat, daß die Klägerin im wesentlichen jedenfalls den Haushalt geführt hat. Denn es spricht davon, daß der vom Versicherten wöchentlich geleistet. Barbetrag, soweit er die Barleistungen der Klägerin übertroffen hat, Entgelt für die Haushaltsführung durch die Klägerin gewesen ist. Die hierin zu erblickende Feststellung ist nicht angefochten worden, so daß der erkennende Senat nach § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hiervon ausgehen mußte. Es darf im übrigen nicht übersehen werden, daß die Klägerin während der Zeit ihrer Halbtagsbeschäftigung immerhin ein Nettoeinkommen von etwa 60,- DM wöchentlich gehabt hat, und daher ihre Barleistungen im Verhältnis zu denen des Versicherten mit etwa 50,- DM angenommen werden dürften. Mit dem 1. April 1959 hat sich das Einkommen der Klägerin auf 352,- DM netto monatlich erhöht, so daß man annehmen darf, daß seit diesem Zeitpunkt die Barleistungen der Klägerin sogar eine Höhe von etwa 60,- DM erreicht haben werden. Jedenfalls aber ist die Feststellung des Berufungsgerichts, welches allerdings keine Aufschlüsselung des Wertes der Leistungen der Klägerin vorgenommen hat, daß der Wert ihrer Barleistungen zuzüglich des Wertes ihrer Haushaltsführung den Wert der Barleistungen des Versicherten erreichen, nicht angegriffen worden, so daß das Revisionsgericht davon ausgehen muß. Allerdings kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, daß es von den Leistungen des Versicherten in Höhe von wöchentlich 80,- DM einen Betrag von 20,- DM für den Unterhalt des Sohnes Rolf abzieht, ohne gleichzeitig von den Barleistungen der Klägerin einen entsprechenden Betrag für den Unterhalt des Sohnes abzuziehen. Wenn es auch richtig sein mag, daß der Versicherte, da er zur Unterhaltszahlung an den Sohn in dieser Höhe verurteilt worden ist, den Betrag von 20,- DM wöchentlich für seinen Sohn gezahlt hat, so wird man doch ebenso annehmen müssen, daß die Klägerin den Unterhalt des Kindes angemessen mit bestritten hat. Dies ändert aber nichts daran, daß der Versicherte nicht mehr an die Klägerin geleistet hat als die Klägerin an den Versicherten. Denn auch für diesen Fall will das Berufungsgericht seine Feststellung als maßgebend angesehen wissen.
Da somit keine der Voraussetzungen des § 1265 RVO erfüllt ist, hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, daß der Klägerin ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 1265 RVO nicht zusteht und hat zu Recht die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG Hamburg vom 10. Januar 1961 zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen