Leitsatz (redaktionell)

Die Anpassung der Rente nach dem 7. und 8. RAG muß auf Grund der §§ 4 und 5 beider Gesetze an den nach dem 6. RAG zuletzt bindend festgestellten Rentenzahlbetrag anknüpfen.

 

Normenkette

RAG 7 § 4; RAG 8 § 5; RAG 7 § 5; RAG 8 § 4; RAG 6

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 2. März 1966 geändert: Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Rente des Klägers nach dem 7. und 8. Rentenanpassungsgesetz anzupassen und dabei von der Rente nach dem 6. Rentenanpassungsgesetz in Höhe von 399,60 DM auszugehen.

Im übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Kosten sind im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Mit Bescheid vom 10. September 1959 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab August 1959 Altersruhegeld in Höhe von 313,10 DM. Sie berechnete die Rente nach den §§ 30 ff des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG - (idF des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG -) und bewertete dabei die von 1924 bis 1930 zur Danziger Angestelltenversicherung entrichteten Beiträge wie deutsche Beiträge der gleichen Beitragsklasse. Die Rente wurde mehrfach den Änderungen der allgemeinen Bemessungsgrundlage angepaßt; im Jahre 1964 betrug sie nach der Anpassung auf Grund des 6. Rentenanpassungsgesetzes (RAG) 399,60 DM.

Am 21. Februar 1964 erteilte die Beklagte dem Kläger einen neuen Rentenbescheid. Darin hieß es:

"Ihre Rente mußte gemäß Art. 6 § 6 Abs. 1 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG), § 14 Abs. 1 der Verordnung zu § 33/3 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), Art. 6 § 17 Abs. 1 FANG nach dem für Versicherungsfälle nach dem 31. Dezember 1956 geltenden Recht neu berechnet werden.

Wie aus den beigefügten Anlagen zu ersehen ist, ergibt sich bei der Neuberechnung kein höherer Zahlbetrag. Es verbleibt daher bei dem Bescheid vom 10.9.59 und der bisherigen Rentenhöhe. Eine Überprüfung hat jedoch ergeben, daß die mit dem oben angegebenen Bescheid festgestellte Rente nicht richtig berechnet worden ist. Ihre Rente dürfte nur 285,30 DM statt 399,60 DM betragen.

Da der derzeitige monatliche Zahlbetrag jedoch besitzgeschützt ist, wird die Rente in der bisherigen Höhe weitergezahlt. Wir behalten uns aber vor, Ihre Rente in Zukunft erst dann anzupassen, wenn die richtig berechnete und richtig angepaßte Rente den derzeitigen zu hohen monatlichen Zahlbetrag übersteigt. Die überzahlten Beträge fordern wir nicht zurück."

In den beigefügten Anlagen berechnete die Beklagte die Rente wieder nach der neuen Rentenformel, sie bewertete die Danziger Beiträge diesmal jedoch nach § 22 Fremdrentengesetz (FRG); dabei ergab sich für 1959 eine Rentenhöhe von 223,50 DM und für 1964 eine Höhe von 285,30 DM.

Mit seiner Klage hatte der Kläger erst vor dem Landessozialgericht (LSG) Erfolg. Dieses verurteilte die Beklagte "in Änderung ihres Bescheides vom 21. Februar 1964 das Altersruhegeld des Klägers auch weiterhin an den Rentenanpassungen zu beteiligten und dabei von der ursprünglich bindend zuerkannten Höhe auszugehen" (Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 2. März 1966). Die Entscheidung der Beklagten über die künftige Rentenanpassung sei rechtswidrig. Auch seit dem 4. RAG hätten die Rentenanpassungen wie schon nach dem 1. bis 3. RAG auf der Grundlage der zuletzt bindend gewährten Rente zu erfolgen. Das ergäbe sich eindeutig aus dem Wortlaut der Anpassungsvorschriften für die nach den §§ 30 ff AVG berechneten Renten im 4. bis 7. RAG.

Mit der zugelassenen Revision beantragte die Beklagte, das Urteil des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie rügte unrichtige Anwendung des § 54 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Der Bescheid vom 21. Februar 1964 sei kein Verwaltungsakt, soweit er die Frage der künftigen Rentenanpassung anspreche; geregelt werde die Anpassung erst durch besondere Anpassungsbescheide; seit dem Erlaß des Bescheides vom 21. Februar 1964 seien solche dem Kläger bisher nicht erteilt worden. Auf Anfrage hat die Beklagte ferner vorgetragen: Die Rente sei im Bescheid vom 10. September 1959 unrichtig festgestellt worden, weil nicht das Fremd- und Auslandsrentengesetz vom 7. August 1953 angewandt und die Rente deshalb nach §§ 30 ff AVG statt nach Art. 2 § 42 AnVNG berechnet worden sei; bei richtiger Berechnung nach Art. 2 § 42 AnVNG hätte sich für 1959 ein Betrag von 189,- und für 1964 ein Betrag von 254,60 DM ergeben. Von den Hinweisen auf die im Bescheid vom 21. Februar 1964 eingangs angeführten Rechtsvorschriften sei nur der Hinweis auf Art. 6 § 6 Abs. 1 FANG berechtigt; die Neufeststellung nach dem FANG sei erforderlich gewesen, weil der Versicherungsfall vor der Verkündung des Gesetzes - am 8. August 1959 - eingetreten sei; soweit der Bescheid vom 21. Februar 1964 die Rente nach dem FANG neu berechne, habe er den Charakter eines Verwaltungsaktes, denn insoweit sei eine rechtliche Regelung erfolgt. Der Bescheid vom 10. September 1959 habe auch einen Fehler zum Nachteil des Klägers enthalten. Es seien fünf Inflationsbeiträge und infolgedessen ein halbes Versicherungsjahr zu wenig angerechnet worden.

Der Kläger ließ sich im Revisionsverfahren nicht vertreten.

II

Die Revision der Beklagten ist im wesentlichen unbegründet.

Soweit die Beklagte im Bescheid vom 21. Februar 1964 die Rente des Klägers auf Grund des FANG für die gesamte Bezugszeit (ab August 1959) erneut festgestellt hat, hat das LSG den Bescheid nicht "geändert"; dieser Teil des Bescheides vom 21. Februar 1964 - dem die Beklagte zu Recht die Eigenschaft eines Verwaltungsaktes zuspricht -, ist daher kein Gegenstand des Revisionsverfahrens. Die "Änderung" des Bescheides vom 21. Februar 1964 durch das LSG bezog sich, wie die Urteilsgründe ergeben, auf die Erklärung der Beklagten über die künftige Rentenanpassung. Zu Recht rügt die Beklagte, daß das LSG den Vorbehalt, die Rente erst anzupassen, wenn die richtig berechnete und richtig angepaßte Rente den bisherigen Zahlbetrag übersteige, nicht als "Entscheidung" der Beklagten habe werten dürfen. Wie der Senat wiederholt dargelegt hat (vgl. Urteile vom 15. Februar 1966, AnV 1966 S. 70 und vom 22. August 1967 - 11 RA 264/66 -), handelt es sich dabei um keinen - selbständigen oder zusätzlichen - Verwaltungsakt; diese Erklärung hat nicht zum "Verfügungssatz" des Bescheides vom 21. Februar 1964 gehört. Die Beklagte hat damit nicht im Vorgriff auf künftige, damals noch unbekannte Rentenanpassungsgesetze die Rentenhöhe vorab für spätere Anpassungsjahre geregelt. Sie hätte das auch gar nicht tun können, weil damals noch nicht bekannt gewesen ist, wie die Rentenanpassungen für die Jahre 1965 und später gesetzlich geregelt werden; folgerichtig hat sich die Beklagte ihr künftiges Verhalten allein "vorbehalten" können. Indessen ergibt sich daraus nur, daß das Klagebegehren als Aufhebungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG unzulässig gewesen wäre. Im vorliegenden Falle mußte aber im Zeitpunkt des Berufungsurteils, um eine sachliche Entscheidung zu ermöglichen, die Klage als Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG verstanden werden (vgl. Urteil des Senats vom 27. September 1967 - 11 RA 309/65 -). Diese Auslegung darf noch das Revisionsgericht vornehmen (BSG 21, 168). Für die Feststellungsklage bestand (und besteht) ein Rechtsschutzbedürfnis im Sinne des § 55 Abs. 1 SGG, d. h. ein berechtigtes Interesse an baldiger Feststellung insoweit, als die späteren Rentenanpassungen zur Zeit der Entscheidung des LSG bereits gesetzlich geregelt waren. Da im Zeitpunkt des Berufungsurteils das 7. RAG und das 8. RAG schon vorlagen, ist die Feststellungsklage somit zulässig gewesen, soweit der Kläger die Feststellung begehrte, daß die Beklagte die Rente des Klägers auch nach dem 7. und dem 8. RAG anzupassen und dabei von der ursprünglich zuerkannten Rentenhöhe auszugehen hat.

Mit diesem Begehren mußte der Kläger auch Erfolg haben. Die Rente des Klägers gehört zu den in § 1 Abs. 1 beider RAGe genannten Versichertenrenten, für welche diese Vorschrift die Anpassung nach Maßgabe der §§ 2 bis 8 zwingend vorschreibt (ohne daß sich dabei immer die Rente erhöhen müßte, vgl. § 12 Abs. 1 letzter Satz). Die §§ 2 ff unterscheiden zwischen mehreren Rentengruppen. Bezogen auf die Angestelltenversicherung regelt § 2 die Anpassung der nach §§ 30 ff AVG berechneten Renten (1. Gruppe), § 3 die Anpassung der nach Art. 2 § 31 bis 34 AnVNG berechneten Renten (2. Gruppe) und § 4 die Anpassung der "übrigen" Renten (3. Gruppe). Die Rente des Klägers gehört seit der Neufeststellung auf Grund des FANG im Bescheid vom 21. Februar 1964, die bindend geworden ist, zur letzten Rentengruppe. In diese Gruppe fallen die Vergleichs- und Besitzstandsrenten und damit auch die Besitzstandsrenten des FANG, d. h. die Renten, bei denen die Neufeststellung nach dem FANG zu keiner höheren Rente führt und infolgedessen die Rente in der bisherigen Höhe zur Wahrung des Besitzstands fortgezahlt wird. Eine solche Besitzstandsrente sieht das FANG in Art. 6 § 7 und auch in Art. 6 § 17 Abs. 1 vor. In dem Bescheid vom 21. Februar 1964 hatte sich die Beklagte u. a. auf Art 6 § 17 Abs. 1 FANG bezogen. Sie hat aber inzwischen selbst erkannt, daß diese Bezugnahme nicht gerechtfertigt ist. Es bliebe daher zu fragen, ob der Kläger eine Besitzstandsrente im Sinne des Art. 6 § 7 FANG erhält. Dafür könnte sprechen, daß die Beklagte offenbar einen der "Fälle des § 6 Abs. 1 dieses Artikels" für gegeben hält, in denen der Besitzstandsschutz des Art. 6 § 7 Platz greift; dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß Art. 6 § 6 Abs. 1 nur für Renten aus Versicherungsfällen vor dem 1. Januar 1959 gilt, und vor allem, daß Art. 6 § 7, soweit er Besitzstandsschutz gewährt - also auch bei Renten aus Versicherungsfällen zwischen dem 1. Januar 1959 und der Verkündung des FANG (vgl. Art. 6 § 7 Satz 2) -, nur den Besitzstand wahrt, der sich aus der Rentenberechnung nach Art. 2 § 42 Abs. 1 AnVNG ergibt (vgl. SozR Nr. 1 zu Art. 6 § 7 FANG). Einen solchen Besitzstand - nach der Berechnung der Beklagten in Höhe von 254,60 DM für das Jahr 1964 - hat die Beklagte bei der Neufeststellung nach dem FANG im Bescheid vom 21. Februar 1964 aber nicht wahren wollen, sie hat vielmehr den - höheren - Besitzstand gewahrt, der der Rentenberechnung im Bescheid vom 10. September 1959 und in den folgenden Anpassungsberechnungen, also einer früheren Rentenberechnung nach der neuen Rentenformel (§§ 30 ff AVG), entsprach. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Besitzstandsschutz gerechtfertigt war (vgl. jedoch §§ 15 Abs. 2, 16 der VO vom 3. März 1960). Für die hier zu entscheidende Frage, in welche Rentengruppe die Rente des Klägers bei den Anpassungen nach dem 7. und 8. RAG einzuordnen ist, ist das unerheblich. Für die Einordnung in die Rentengruppen ist nur entscheidend, daß die Beklagte die Rente in dem Bescheid vom 21. Februar 1964 als Besitzstandsrente nach dem FANG fortgewährt hat. Das hatte aber zur Folge, daß die Rente von da an keine nach §§ 30 ff AVG berechnete Rente mehr war; denn nach den Berechnungen der Beklagten in den Anlagen zum Bescheid vom 21. Februar 1964 hätte die auf Grund des FANG nach der neuen Rentenformel gerechtfertigte Rente 1964 nur 285,30 DM betragen. Die Rente kann daher, da auch eine Zuordnung zur 2. Rentengruppe ausscheidet, nur zu den "übrigen Renten", d. h. zu den Renten der 3. Gruppe gerechnet werden. Zu den Ausführungen des LSG über die Anpassung der 1. Rentengruppe nach dem 7. und 8. RAG bedarf es daher keiner Stellungnahme.

Grundlage für die Anpassung der Renten der 3. Rentengruppe ist nach dem 7. und 8. RAG der jeweils nach § 5 ermittelte Anpassungsbetrag. Bei dessen Ermittlung ist grundsätzlich von dem Rentenzahlbetrag für den Monat Januar des Anpassungsjahres auszugehen. Demzufolge muß die Anpassung nach dem 7. RAG von dem - für Januar 1965 an sich weiterzuzahlenden - vorhergehenden Zahlbetrag nach dem 6. RAG in Höhe von 399,60 DM ausgehen, und die Anpassung nach dem 8. RAG muß an den auf diese Weise ermittelten Zahlbetrag nach dem 7. RAG anknüpfen. Der Zahlbetrag nach dem 6. RAG kann dabei nicht berichtigt werden. Die Feststellung des Zahlbetrages nach dem 6. RAG in Höhe von 399,60 DM ist spätestens mit dem 31. Dezember 1964 im Sinne des § 77 SGG bindend geworden (Art. III § 3 des 6. RAG). Eine Berichtigung der Ausgangsbeträge bei der Anpassung der Rente der 3. Rentengruppe ist weder im 7. noch im 8. RAG zugelassen; eine solche Berichtigungsmöglichkeit hat erst das 9. RAG in seinem § 5 Abs. 1 Satz 3 geschaffen.

Im wesentlichen erweist sich somit die Revision der Beklagten als unbegründet. Da die Klage als Feststellungsklage zu verstehen war und sich zulässigerweise nur auf das 7. und 8. RAG beziehen konnte, muß allerdings der Tenor des Berufungsurteils teilweise geändert werden. Es ist festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Rente des Klägers auch nach dem 7. und 8. RAG anzupassen und dabei von der nach dem 6. RAG zuvor zuerkannten Rentenhöhe von 399,60 DM auszugehen. Über die Rentenanpassung nach dem 9. RAG und den noch bevorstehenden weiteren Rentenanpassungsgesetzen ist nicht zu entscheiden gewesen. Der Senat sieht sich jedoch zu dem Hinweis veranlaßt, daß die Beklagte dem Kläger auch nach dem 9. RAG einen Anpassungsbescheid erteilen muß (§ 14 Abs. 1 des 9. RAG); dabei hat sie zu prüfen, ob sie von der nun gegebenen Berichtigungsmöglichkeit des § 5 Abs. 1 Satz 3 des 9. RAG Gebrauch machen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger im Revisionsverfahren nicht vertreten gewesen ist, hat der Senat davon abgesehen, der Beklagten Kosten des Klägers im Revisionsverfahren aufzuerlegen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2296960

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