Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. schwere Hauterkrankung. Unterlassungszwang. Begriff der beruflichen Beschäftigung. tarifliche Einstufung. Kontrollarbeiter
Orientierungssatz
1. Zur Anerkennung einer schweren Hauterkrankung eines Kontrollarbeiters als Berufskrankheit gem BKVO 7 Anl 1 Nr 46.
2. Zum Begriff der beruflichen Beschäftigung gem BKVO 7 Anl 1 Nr 46.
Normenkette
BKVO 7 Anl 1 Nr. 46
Verfahrensgang
LSG Bremen (Urteil vom 04.05.1972) |
SG Bremen (Urteil vom 29.09.1971) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 4. Mai 1972 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Der 1906 geborene Kläger hat den Beruf eines Gärtners erlernt, diesen Beruf seit seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft jedoch nicht mehr ausgeübt. 1954 und 1955 war er Platzarbeiter beim Club zur V, Von September 1955 bis Januar 1960 arbeitete er als Schleifer bei der B S, anschließend bis zum 15. August 1961 bei der Firma B. Von November 1961 bis Juni 1962 war er mit der Aufbereitung von Haaren für die Perückenherstellung beschäftigt. Sodann war er 1962 und 1963 bei der Bilderrahmenfabrik W tätig, wo er hauptsächlich mit Schellack arbeitete. Zuletzt war er vom 27. März 1963 bis zum 29. Februar 1968 bei der Firma F mit Kontrollarbeiten beschäftigt. Seit dem 1. Juli 1968 bezieht er eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Beim Kläger trat erstmals während seiner Beschäftigung bei der Firma W ein Handekzem auf. Er war deswegen vom 6. Februar bis 3. März 1963 arbeitsunfähig. Während seiner Tätigkeit bei der Firma E-Sp war er vom 4. bis 25. Juli 1966 wegen eines Handsyndroms, vom 11. Juli bis 15. August 1967 wegen einer Handmykose und eines Handsyndroms sowie vom 16. Januar bis 19. Februar 1968 wegen eines beiderseitigen Handekzems arbeitsunfähig. Am 19. Januar 1968 erstattete der Facharzt für Hautkrankheiten Dr. med G die ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit. Die Anzeige des Arbeitgebers ging am 23. Februar 1968 bei der Beklagten ein. Bei den darauffolgenden Untersuchungen kamen die Sachverständigen zu dem Ergebnis, daß der Kläger an einem chronisch-rezidivierenden, dyshidrosiformen Handekzem bei ausgeprägter Chromat-, Kobalt-, Terpentinersatz- und Terpentinallergie und leicht verminderter Alkaliresistenz leide. Ferner bestehe eine Allergie gegen Nipagin und Nipasol. Daneben seien ein Lungenemphysem und eine Allgemeinsklerose festzustellen. Die Schwere der Hauterkrankung zeige sich an trophischen Nagelwachstumsstörungen sowie an den positiven Testproben auf dreiwertige Chromate, was nur außerordentlich selten vorkomme. Die Sensibilisierung könne sich erst in den beiden letzten Berufen entwickelt haben, da hier erstmals Hauterscheinungen aufgetreten seien. Die Allergie gegen Terpentin und Terpentinersatz habe der Kläger mit großer Wahrscheinlichkeit während seiner Tätigkeit in der Bilderrahmenfabrik W erworben. Bei der weiten Verbreitung von Chromaten, Terpentin, Terpentinersatz und Kobalt in allen handwerklichen Berufen werde die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf 30 v. H. geschätzt. Die berufsbedingte Hauterkrankung zwinge den Kläger zur Aufgabe seines Berufs. Der Landesgewerbearzt schloß sich diesem Gutachten unter der Voraussetzung an, daß die Tätigkeit des Klägers bei der Firma E-Sp als eine berufliche Beschäftigung anzuerkennen sei. Die Firma E-Sp teilte daraufhin der Beklagten auf Anfrage mit, daß die vom Kläger ausgeführten Arbeiten auch von anderen ungelernten Kräften nach kurzer Anlernzeit wahrgenommen werden könnten. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. März 1969 die Gewährung einer Entschädigung ab, weil das Hautleiden nicht schwer und nach kurzer Zeit wieder ausgeheilt sei. Seine Erwerbsunfähigkeit sei durch andere Beschwerden verursacht. Seine bei der Elektrofirma ausgeübte Tätigkeit könne auch von ungelernten Kräften nach kurzer Zeit übernommen werden. Im Verlauf des folgenden Streitverfahrens zog das Sozialgericht (SG) von Dr. med. G einen Befundbericht bei, in dem ausgeführt ist, daß die Allergie gegen Chromate auf den Kontakt mit chromhaltigen technischen Ölen und Fetten in der Firma E-Sp, die Allergie gegen Terpentin höchstwahrscheinlich auf den Umgang mit terpentinhaltigem Schellack bei der Firma W zurückzuführen seien. Zur Zeit der Berufsausübung sei das Ekzem wesentlich stärker ausgeprägt gewesen. Es sei zu mindestens drei Rückfällen gekommen.
Auf Befragen des SG erklärte der Kläger, daß er nach seiner Einstellung bei der Firma E-Sp eine vierzehntägige Ausbildung erhalten habe. Er legte dem Gericht ein Zeugnis dieser Firma vom 1. März 1968 vor, in dem es u. a. heißt: "Das Aufgabengebiet von Herrn L. umfaßte innerhalb unseres Prüffeldes für elektronische Geräte die visuelle und elektronische Prüfung von Kabelbäumen, die Wareneingangskontrolle für Fernsehmaterial sowie die Zwischenkontrolle an mechanischen Teilen und eigene Fertigung und damit verbundene Zählkontrollen." Auf Anfrage des SG teilte die Firma E-Sp mit, daß sie keinen Widerspruch zwischen ihrer Bestätigung an die Beklagte vom 12. Juni 1968 und den Angaben in dem Zeugnis vom 1. März 1968 sehe. Die vom Kläger ausgeführten Arbeiten seien in seinem Zeugnis richtig dargestellt. Es handele sich dabei um Tätigkeiten, die nach Einweisung von ungelernten Kräften ausgeführt werden könnten, jedoch keine Hilfsarbeiten seien. Bei völlig fehlender Ausbildung und Tätigkeit in der Elektroindustrie habe der Kläger für qualifizierte Facharbeiten nicht eingesetzt werden können. Tariflich sei er zuletzt in die Tätigkeitsgruppe 6 eingestuft gewesen. Nach der Definition im Tarifvertrag handele es sich dabei um Arbeiten, die Arbeitskenntnisse und Handfertigkeiten erforderten, wie sie durch ein systematisches Anlernen, eine gewisse Übung und Erfahrung erreicht würden und mit normaler körperlicher Belastung verbunden seien. Der Kläger gab weiter auf Befragen des Gerichts an, daß er bei der Firma E-Sp als "Prüffeldmechaniker" angelernt und geführt worden sei; zum Beweis legte er eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 1970 vor, die diese Bezeichnung enthielt.
Die Klage hatte in den beiden ersten Rechtszügen Erfolg (Urteile des SG Bremen vom 29. September 1971 und des Landessozialgerichts - LSG - Bremen vom 4. Mai 1972). Das Berufungsurteil ist im wesentlichen auf folgende Überlegungen gestützt:
Nach dem Inhalt der vorliegenden Befunde sei in Übereinstimmung mit der Bewertung durch die Sachverständigen und den Landesgewerbearzt davon auszugehen, daß die Hauterkrankung des Klägers "schwer" im Sinne der Nr. 46 der Anlage 1 zur 7. Berufskrankheitenverordnung (7. BKVO) sei. Die Ansicht der Beklagten, das Handekzem des Klägers habe in einem kurzen stationären Heilverfahren ausgeheilt werden können, sei durch den Befundbericht des Dr. G widerlegt. Daß die Hauterscheinungen nach dem Heilverfahren wesentlich weniger stark ausgeprägt gewesen seien als während seiner Tätigkeit bei der Firma E-Sp sei auf das Fehlen eines Kontaktes mit den genannten Allergenen zurückzuführen. Das Ekzem sei aber auch wiederholt rückfällig, nämlich in mindestens drei gleichartigen Krankheitsschüben, aufgetreten. Dabei müsse auch die Erkrankung während der Tätigkeit des Klägers bei der Firma W berücksichtigt werden. Für die Frage des Rückfalls sei es ohne Bedeutung, ob die früheren Krankheitsfälle in einer Zeit eingetreten seien, als insoweit ein Versicherungsschutz gegen Hauterkrankungen noch nicht bestand, und ob die Betriebe, in denen sie verursacht oder wesentlich mitverursacht wurden, bei der Beklagten versichert waren. Die Tätigkeit des Klägers bei der Firma E-Sp sei auch als eine "berufliche Beschäftigung" im Sinne der Nr. 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO anzusehen. Es sei zwar richtig, daß nicht schon die Aufgabe jeder irgendwie gearteten Tätigkeit eine Aufgabe des Berufs oder der beruflichen Beschäftigung im Sinne dieser Vorschriften darstelle. So genüge es nicht, wenn ein mit ungelernten Arbeiten als Gelegenheits- oder Hilfsarbeiter beschäftigter Versicherter sein Betätigungsfeld aufgebe, selbst wenn er seine Tätigkeit jahrelang ausgeübt habe. Andererseits könne aber die Möglichkeit eines "Berufes" angenommen werden, wenn der Versicherte bei Ausübung einer Hilfsarbeitertätigkeit durch Anlernung oder langdauernde Arbeit besondere Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten erworben habe und auf diese Weise zu einer brauchbaren Arbeitskraft für Unternehmen gleicher Art geworden sei. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger ausweislich des Zeugnisses der Firma E-Sp vom 1. März 1968 und der Einstufung in die Lohngruppe 6 erfüllt. Insbesondere die Tätigkeitsbeschreibung nach dem Tarifvertrag hebe den Kläger deutlich ab von einem Hilfsarbeiter, der nach einfacher Einweisung seine Arbeiten verrichte. In diesem Zusammenhang könne auch die innerbetriebliche Bezeichnung des Klägers als "Prüffeldmechaniker" Berücksichtigung finden. Durch sie werde das Aufgabengebiet des Klägers auch äußerlich gegen das eines Hilfsarbeiters abgegrenzt; jedoch sei nicht diese Bezeichnung, sondern die Art der vom Kläger verrichteten Tätigkeiten entscheidend. Diese berufliche Beschäftigung habe der Kläger auf Grund seiner Hauterkrankung aufgeben müssen, da der berufsbedingte Kontakt mit allergenen Arbeitsstoffen auf andere Weise nicht zu verhindern gewesen sei. Gegen eine Bewertung der MdE des Klägers mit 30 v. H. bestünden keine Bedenken.
Das LSG hat die Revision zugelassen. Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und wie folgt begründet:
Das LSG habe zu Unrecht die Tätigkeit des Klägers bei der Firma E-Sp als eine "berufliche Beschäftigung" angesehen. Der Kläger habe keine besonderen Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten erworben, durch die er zu einer brauchbaren Arbeitskraft für Unternehmen gleicher Art geworden sei. Die vom Kläger ausgeführten Arbeiten hätten auch von anderen ungelernten Kräften nach kurzer Zeit ausgeführt werden können. Zu Unrecht berufe sich das LSG auf die Einstufung des Klägers in die Lohngruppe 6. Nach dem Tarifvertrag seien in die Lohngruppe 8 Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Berufslehre, in die Lohngruppe 7 Arbeiten eingeordnet, die Arbeitskenntnisse und Handfertigkeiten erfordern, wie sie entweder durch eine Anlernausbildung in einem anerkannten Anlernberuf oder durch gleichzubewertendes Können erreicht werden. Da der Kläger nicht in diese Gruppe eingestuft worden sei, könne er als ein angelernter Arbeiter nicht angesehen werden. Der Kläger habe bei der Firma E-Sp lediglich eine ganz spezielle Tätigkeit ausgeübt, die bei einem Beschäftigungswechsel keinen Vorteil mit sich gebracht hätte. Die Bezeichnung des Klägers als "Prüffeldmechaniker" habe offenbar mehr dazu gedient, das Selbstwertgefühl der betroffenen Arbeitnehmer zu pflegen, als die von ihnen ausgeübte Tätigkeit zu charakterisieren. Die streitige Frage könne allenfalls nach Einholung eines Sachverständigengutachters bejaht werden, dessen Einholung bereits vor dem LSG beantragt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
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1. |
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das Urteil des LSG Bremen vom 4. Mai 1972 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 24. März 1969 abzuweisen. |
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2. |
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hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. |
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision. Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das LSG ist davon ausgegangen, daß sich der Kläger bei der Ausübung der versicherten Tätigkeit eine schwere und wiederholt rückfällige Hauterkrankung zugezogen hat. Hiergegen hat die Revision keine substantiierten Einwendungen erhoben. Diese Feststellungen begegnen auch keinen rechtlichen Bedenken. Das LSG hat weiter angenommen, daß der Kläger wegen dieser Erkrankung gezwungen war, seine "berufliche Beschäftigung" aufzugeben (vgl. Nr. 46 der Anl. 1 zur 7. BKVO). Dabei hat es die Tätigkeit des Klägers bei der Firma E-Sp deswegen als eine "berufliche Beschäftigung" angesehen, weil die dem Kläger obliegenden Aufgaben zwar auch von anderen ungelernten Kräften nach kurzer Anlernzeit wahrgenommen werden könnten, jedoch ihrer Art nach keine Hilfsarbeiten gewesen seien, und weil der Kläger in eine Lohngruppe eingestuft gewesen sei, die nach der Definition des Tarifvertrages Arbeiten umfasse, die Arbeitskenntnisse und Handfertigkeiten erforderten, wie sie durch ein systematisches Anlernen sowie eine gewisse Übung und Erfahrung erreicht werden. Diese Erwägungen sind bei Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls frei von Rechtsirrtum; entgegen der Ansicht der Revision ist insbesondere eine Verkennung des Begriffs der beruflichen Beschäftigung nicht ersichtlich.
Nach Nr. 46 der Anl. 1 zur 7. BKVO vom 20. Juni 1968 (BGBl I 721), die am 1. Juli 1968 in Kraft getreten ist, sind schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen nur zu entschädigen, wenn sie "zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben". Diese Vorschrift trägt ebenso wie die hier an sich maßgebende gleichlautende Nr. 46 der Anlage zur 6. BKVO vom 28. April 1961 (BGBl I S. 505) - vgl. auch die früheren Regelungen der Nr. 15 der Anlage zur 3. und Nr. 19 der Anlage zur 5. BKVO - dem Umstand Rechnung, daß auch schwere Hauterkrankungen nicht in jedem Falle die Erwerbsfähigkeit des Versicherten beeinträchtigen. Oftmals ist ein solches Leiden, so lästig es für den Betroffenen auch sein mag, ohne wesentlichen Einfluß auf die Fähigkeit des Versicherten, seine Arbeit zu verrichten, während es in anderen Fällen bei gleicher oder selbst geringerer Schwere dem Versicherten eine Ausübung seines Berufes unmöglich machen kann. Demgemäß soll eine Hauterkrankung insbesondere dann nicht als eine Berufskrankheit angesehen werden können, wenn sie den Versicherten nicht zur Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit zwingt, der Versicherte also unbeschadet der Erkrankung seinen bisherigen Arbeitsplatz weiterhin auszufüllen vermag. Aber auch dann, wenn der Versicherte zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes genötigt ist, besteht nicht in jedem Falle ein hinreichender Anlaß, das Vorliegen einer die Gewährung von Unfallentschädigung auslösenden Berufskrankheit anzunehmen. Das trifft vor allem dann zu, wenn der Versicherte zwar an dem aufgegebenen Arbeitsplatz schädigenden Einflüssen ausgesetzt war und diesen deshalb aufgeben mußte, er aber nicht gehindert ist, eine der bisherigen gleichartige oder ihr gleichzuachtende Arbeit an anderer Stelle auszuüben. Ob eine Tätigkeit, die der Versicherte weiterhin auszuüben vermag, der bisherigen gleichartig oder gleichzuachten ist, hängt davon ab, ob die bisher verrichtete Arbeit bestimmte Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten erforderte, über die nicht jeder ungelernte, normal begabte Arbeiter schon nach kurzer Einarbeitungszeit verfügt und deren Verwertung fortan nicht mehr möglich ist (vgl. RVA EuM 44, 131; BSG 10, 278 (280); 18, 98 (101)). Da jedoch die Frage der Zumutbarkeit einer "Verweisung" (vgl. § 1246 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) hier ohne Bedeutung ist, es sich vielmehr allein darum handelt, Fälle auszuklammern, in denen es an einer Verschlechterung der beruflichen Situation fehlt, muß sorgfältig darauf geachtet werden, daß die an die Qualifikation zu stellenden Anforderungen nicht überspannt werden. Zwar werden die Voraussetzungen der Nr. 46 der Anlagen zur 6. und 7. BKVO stets dann als erfüllt anzusehen sein, wenn ein Sachverhalt gegeben ist, der die Anwendungen von § 581 Abs. 2 RVO rechtfertigen würde (vgl. Dazu BSG 23, 253 (255); 28, 227 (229)). Im Gegensatz zu § 581 Abs. 2 RVO setzt jedoch Nr. 46 der Anlage "besondere" berufliche Kenntnisse und Erfahrungen, die über die durch den jeweiligen Beruf im allgemeinen vermittelten hinausgehen, nicht voraus; es genügt vielmehr jede Qualifikation, die die in Betracht kommende Tätigkeit aus der Gruppe der von jedermann auf Grund einer einfachen Anweisung zu verrichtenden Arbeiten (vgl. BSG 10, 278 (281)) heraushebt und sie damit als eine "berufliche Qualifikation" erscheinen läßt. Dabei braucht es sich nicht um eine gelernte Arbeit oder um einen anerkannten Anlernberuf zu handeln; auch der ungelernte, der Hilfs-Arbeiter kann durch eine über eine einfache Anweisung hinausgehende Einführung in ein bestimmtes Arbeitsgebiet, vor allem aber durch eine langandauernde fachbezogene Arbeit Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten erwerben, die den Wert seiner Arbeitskraft auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhöhen (vgl. BSG 10, 278 (280)). In diesem Zusammenhang kann deshalb auch der Dauer einer Tätigkeit eine gewisse Bedeutung zukommen. Zwar kann nicht allein entscheidend darauf abgestellt werden, wie lange der Versicherte eine solche Tätigkeit verrichtet hat (vgl. BSG 10, 278 (281) und Entscheidung des Senats vom 26.6.1973 - 8/7 RU 42/71). Es liegt jedoch auf der Hand, daß eine sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstreckende Befassung mit auf ein bestimmtes Feld des Erwerbslebens konzentrierten Arbeitsvorgängen geeignet ist, jenes Maß spezieller Erfahrungen zu vermitteln, das die ausgeübte Tätigkeit noch als eine "berufliche Beschäftigung" im obigen Sinne erscheinen läßt, auch wenn es oft schwierig sein mag, die dabei ins Gewicht fallenden Tätigkeitsmerkmale konkret zu definieren. Dafür, ob der Versicherte durch eine langandauernde fachliche Arbeit (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.-7. Aufl., Band II S. 492 - q II) solche Erfahrungen gesammelt hat, wird im allgemeinen die tarifliche Einstufung wertvolle Anhaltspunkte bieten (vgl. dazu auch BSG 31, 106 (108)). Läßt eine Einstufung erkennen, daß bei der Entlohnung des Versicherten auf ein durch Anlernung, Übung und Erfahrung erworbenes Können abgehoben worden ist, so rechtfertigt das regelmäßig den Schluß, daß in der Tat eine solche Qualifikation erworben worden ist. Dabei ist es für die Anwendung von Nr. 46 der Anlage ohne Bedeutung, ob die in Betracht kommende Tätigkeit ihrer Art nach und in ihrer konkreten Erscheinungsform auch von anderen ungelernten Kräften bei entsprechender Eignung nach kürzerer Einarbeitung wahrgenommen werden kann; denn auch in einem solchen Fall hat die durch langandauernde fachliche Arbeit erlangte Erfahrung und nicht lediglich eine kurze Einarbeitung (vgl. BSG 18, 98 (101)) eine in der Entlohnung sinnfällig zum Ausdruck kommende Position im Erwerbsleben vermittelt, deren Einbuße infolge der Hauterkrankung den Versicherten in seinem beruflichen Fortkommen fühlbar beeinträchtigt und damit die Gewährung von Unfallentschädigung als angebracht erscheinen läßt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das LSG zu Recht die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit als eine "berufliche Beschäftigung" angesehen. Seine Entscheidung wird von den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen getragen, daß der Kläger nahezu 5 Jahre hindurch innerhalb des Prüffeldes für elektronische Geräte die visuelle und elektronische Prüfung von Kabelbäumen, die Wareneingangskontrolle für Fernsehmaterial sowie die Zwischenkontrolle an mechanischen Teilen und eigene Fertigung und damit verbundene Zählkontrollen durchgeführt hat und daß er außerdem - jedenfalls zuletzt - nach der Lohngruppe 6, die Arbeitskenntnisse und Handfertigkeiten erfordert, wie sie durch ein systematisches Anlernen sowie eine gewisse Übung und Erfahrung erreicht werden, entlohnt worden ist. Gegen die dem angefochtenen Urteil zu entnehmende Feststellung, daß die Tätigkeit des Klägers diesen Lohngruppenmerkmalen entsprochen habe, sind substantiierte Rügen nicht vorgetragen worden. Wenn die Revision in den Merkmalen, die in der Entlohnung nach der Lohngruppe 6 ihren Niederschlag gefunden haben, den Anforderungen der Nr. 46 der Anlage genügende Fähigkeiten und Kenntnisse nicht erkennen zu können glaubt, übersieht sie, daß - wie im Vorstehenden näher dargelegt ist - die Annahme einer beruflichen Beschäftigung weder die Ausübung zumindest eines anerkannten Anlernberufs noch auch ein berufliches Können voraussetzt, das von einem ungelernten Arbeiter im allgemeinen nicht erwartet werden kann. Wollte man hier anderer Ansicht sein, so wäre ungelernten Arbeitern die Möglichkeit der Anerkennung einer Hauterkrankung als Berufskrankheit ohne Rücksicht auf die im Betrieb innegehabte Position praktisch verschlossen; hierfür bietet aber weder der Wortlaut der Nr. 46 der Anlage noch auch die bisherige Rechtsprechung einen Anhalt.
Der Annahme, daß sich der Kläger nach der Anlernung durch Übung und Erfahrung Arbeitskenntnisse und Handfertigkeiten angeeignet hat, steht nicht entgegen, daß die ihm obliegenden Arbeiten möglicherweise auch von anderen ungelernten Kräften nach kurzer Anlernzeit ausgeführt werden können. Es ist für die Bewertung der Arbeitskraft eines in einem anderen Unternehmen einzustellenden Arbeitnehmers von wesentlicher Bedeutung, ob lediglich von ihm erhofft werden kann, daß er nach einer gewissen Einarbeitung Arbeiten bestimmter Art zufriedenstellend verrichten werde, oder ob er solche Arbeiten bereits längere Zeit hindurch ausgeübt, sich dadurch bewährt und vervollkommnet und für die Ausfüllung ähnlicher Arbeitsplätze als in höherem Maße als ein noch Unerfahrener und Ungeübter geeignet erwiesen hat. Diese Voraussetzung konnte das LSG hier als gegeben erachten.
Zu Unrecht vermißt die Revision eine ausdrückliche Feststellung des LSG zu der Frage, ob der Kläger durch die von ihm erlangten Fähigkeiten und Fertigkeiten eine "brauchbare Arbeitskraft für Unternehmen gleicher Art" geworden ist. Aus Seite 11 des angefochtenen Urteils ist zu ersehen, daß das LSG diesen Umstand für entscheidungserheblich erachtet hat; in Ermangelung von Anhaltspunkten für das Gegenteil muß davon ausgegangen werden, daß es die Frage des Vorliegens dieses Punktes in seine Prüfung einbezogen und aus den obengenannten Gründen mit Recht bejaht hat. Gegen die damit getroffene Feststellung hat die Revision durchgreifende Verfahrensrügen nicht vorgebracht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß sich das LSG unter den hier gegebenen Umständen hätte gedrängt fühlen müssen, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Bei dieser Sachlage mag dahinstehen, ob dem genannten Punkt nach dem heutigen Recht, das nicht mehr von einem "Wechsel des Berufs", sondern von einer "Aufgabe der beruflichen Beschäftigung" spricht, noch die von der Revision angenommene Bedeutung beigemessen werden muß.
Soweit die Revision schließlich die Aussagekraft der Bezeichnung "Prüffeldmechaniker" in Zweifel zieht, übersieht sie, daß das LSG ausdrücklich nicht diese Bezeichnung, sondern die Art der nach den getroffenen Feststellungen vom Kläger verrichteten Tätigkeiten für entscheidend gehalten hat.
Nach alledem war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Fundstellen