Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderversorgung der Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit. Beitrittsgebiet. Überführung in die Rentenversicherung. Entgeltbegrenzung. Beitragsbemessungsgrenze. Verfassungsmäßigkeit. Voraussetzungen für eine erneute Vorlage an das BVerfG
Leitsatz (amtlich)
Durch die Neufassung der Anlage 6 zum AAÜG durch das AAÜGÄndG 2 vom 27.7.2001 wurde die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.4.1999 (1 BvL 11/94 ua = BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1) in verfassungskonformer Auslegung des § 7 Abs 1 AAÜG als verfassungsgemäß befundene besondere Beitragsbemessungsgrenze nicht verändert.
Orientierungssatz
Zu den Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise das Bundesverfassungsgericht erneut mit derselben Frage hätte befasst werden dürfen, über die es bereits rechtskräftig bindend und zum Teil mit Gesetzeskraft entschieden hatte.
Normenkette
AAÜG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1991-12-18, S. 1 Fassung: 2001-07-27, § 8 Abs. 1; AAÜG Anl 2 Nr. 4; AAÜG Anl 6 Fassung: 2001-07-27; AAÜGÄndG 2 Art. 1 Nr. 3 Buchst. a, Nr. 12; SGB VI §§ 64, 259b; BVerfGG § 31 Abs 1; BVerfGG § 31 Abs. 2 S. 1; GG Art. 3 Abs 1, Art. 100 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. November 2002 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 22. August 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Altersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für Bezugszeiten ab Rentenbeginn (1. März 1993). Er meint, er habe einen höheren Rangwert (= Summe der Entgeltpunkte ≪EP≫) erlangt. Seine Arbeitsverdienste aus den gleichgestellten Beitragszeiten vom 1. November 1950 bis 31. Januar 1990 (Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit ≪MfS/AfNS≫) seien bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der Ausgestaltung nach § 6 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets - Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) - vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606, 1677) iVm der Anlage 3 zu diesem Gesetz versichert. Die besondere BBG aus § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG iVm Anlage 6 idF des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) vom 27. Juli 2001 (BGBl I S 1939) sei nicht anwendbar, da sie gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) und Art 14 Abs 1 GG verstoße.
Der am 29. Juni 1930 geborene Kläger war vom 1. November 1950 bis zum 31. Januar 1990 beim MfS beschäftigt und gehörte ab 1. Januar 1953 dem Sonderversorgungssystem des MfS/AfNS gemäß Anlage 2 Nr 4 zum AAÜG an. Nach Hochschulausbildung zum Diplomjuristen war er langjährig in höheren Führungsfunktionen im Bereich der Hauptabteilung II "Spionageabwehr" und danach viele Jahre als stellvertretender und dann kommissarischer Leiter der Hauptabteilung I "Militärabwehr" eingesetzt. Er hat den Rang eines Generalmajors erlangt.
Der für das Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr 4 zum AAÜG zuständige Versorgungsträger (§ 8 Abs 4 Nr 2 AAÜG), die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister des Innern, dieser vertreten durch das Bundesverwaltungsamt, stellte am 20. Juli 1993 in einem Feststellungsbescheid gemäß § 8 Abs 3 AAÜG Zugehörigkeitszeiten nach § 5 AAÜG einschließlich von sogenannten Vorsystemzeiten iS von § 5 Abs 2 AAÜG vom 1. November 1950 bis 31. Januar 1990, die in dieser Zeit bezogenen tatsächlichen Jahresbruttoarbeitsentgelte sowie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen BBG nach § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG iVm Anlage 6 zum AAÜG idF des Gesetzes zur Änderung des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG-ÄndG) vom 18. Dezember 1991 (BGBl I S 2207) fest.
Der beklagte Rentenversicherungsträger, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), erkannte dem Kläger mit Rentenbescheid vom 9. November 1993 ab 1. März 1993 Altersrente nach dem SGB VI zu. Dessen Geldwert stellte die Beklagte als Monatsbetrag der Rente für Bezugszeiten ab 1. März 1993 mit 993,58 DM fest. Für die Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen MfS/AfNS vom 1. November 1950 bis 31. Januar 1990 legte die Beklagte Arbeitsentgelte bis zur besonderen BBG (maximal 0,7 EP pro Jahr) zugrunde. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 1994 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 10. März 1994 Klage erhoben, mit der er zunächst die Aufhebung der mit der Anwendung der besonderen BBG verbundenen Begrenzung auf 70 % des Durchschnittseinkommens des Beitrittsgebiets begehrte. Während des Klageverfahrens änderte die Beklagte unter Berücksichtigung weiterer Pflichtbeitragszeiten (1. Januar bis 31. Oktober 1950) ihre Rentenhöchstwertfestsetzung ab 1. März 1993 auf 1.005,54 DM (Bescheid vom 4. Januar 1995).
Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 28. April 1999 (1 BvL 11/94 ua = BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1) auf Vorlage des Senats vom 14. Juni 1995 (4 RA 54/94) § 7 Abs 1 Satz 1 (iVm Anlage 6) AAÜG idF des RÜG-ÄndG für nichtig erklärt hatte, "soweit für die Rentenberechnung das zugrunde zu legende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet abgesenkt wird", stellte der beklagte Rentenversicherungsträger (BfA) mit Bescheid vom 9. Mai 2000 den Wert des Rechts auf Altersrente für Bezugszeiten ab 1. Mai 1999 mit 1.962,01 DM neu fest. Für die Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen MfS/AfNS vom 1. November 1950 bis 31. Januar 1990 wurde nunmehr kalenderjährlich das Arbeitsentgelt bis zum Durchschnittseinkommen im Beitrittsgebiet (maximal 1 EP pro Jahr) berücksichtigt.
Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid vom 9. November 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 1994 sowie die Bescheide vom 4. Januar 1995 und 9. Mai 2000 geändert und die Beklagte verurteilt, die Rente des Klägers bereits für die Zeit ab Rentenbeginn nach Maßgabe der Anlage 6 zum AAÜG idF des 2. AAÜG-ÄndG neu zu berechnen und die daraus für die Zeit vom 1. März 1993 bis 30. April 1999 resultierende Nachzahlung an den Kläger zu leisten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. November 2002 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 22. August 2003). Die Klageabweisung hat das SG im Wesentlichen damit begründet, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass für die Berechnung seiner Rente Arbeitsentgelte oberhalb des Wertes der Anlage 6 zum AAÜG berücksichtigt würden. § 7 Abs 1 AAÜG idF des 2. AAÜG-ÄndG sei nicht verfassungswidrig. Das BVerfG habe bereits in seiner Entscheidung vom 28. April 1999 (1 BvL 11/94 ua = BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1) ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber mit der Begrenzung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG ein einsichtiges und legitimes Ziel verfolgt habe und dass der von dieser Vorschrift erfasste Personenkreis ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG festgelegt worden sei. Weiter habe das BVerfG ausgeführt, dass es im Hinblick auf das mit der Begrenzungsregelung verfolgte legitime Ziel, überhöhte Arbeitsverdienste in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu berücksichtigen, verfassungsrechtlich geboten erscheine, jedenfalls bei einer Kürzung das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet (100 vom Hundert) nicht zu unterschreiten. Dies sichere den in § 7 AAÜG genannten Personen typischerweise eine Altersversorgung, die sie von sonstigen Sozialleistungen unabhängig mache. Es sei dem Gesetzgeber allerdings unbenommen, eine für die Betroffenen günstigere Lösung vorzusehen und bei einer Neuregelung auch über dem Durchschnitt liegende Einkommensanteile als rentenwirksam anzuerkennen. Verfassungsrechtlich verpflichtet sei er hierzu nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers habe sich das BVerfG ausführlich und abschließend mit den tatsächlichen Gegebenheiten für das Sonderversorgungssystem des MfS/AfNS befasst. Es habe auch festgestellt, dass der Gesetzgeber zu keinen weiteren Ermittlungen verpflichtet gewesen sei. Das BVerfG habe des Weiteren festgestellt, dass keine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu einer Einzelfallprüfung bestanden habe. Der Gesetzgeber sei vielmehr berechtigt gewesen, Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen nach § 7 AAÜG in typisierender Weise zu begrenzen. Es seien bislang auch keine Erkenntnisse ersichtlich, die die Feststellungen des BVerfG in Frage stellen würden.
Der Kläger und die Beklagte haben die vom SG zugelassene Sprungrevision mit wechselseitiger Zustimmung eingelegt. Die Beklagte hat ihre Revision nach der Entscheidung des Senats vom 14. Mai 2003 (B 4 RA 65/02 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 1) zurückgenommen. Der Kläger hat seine Revision im Wesentlichen wie folgt begründet: Das SG habe § 6 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 AAÜG fehlerhaft ausgelegt. Das 2. AAÜG-ÄndG habe mit der Änderung des § 6 Abs 1 AAÜG nunmehr für den Rentenversicherungsträger die Möglichkeit geschaffen, im Rahmen der Ermittlung der Verdienste nach dem AAÜG für die Berechnung der EP selbst zu prüfen, ob im Einzelfall für die Zeiten einer festgestellten Zugehörigkeit zum Versorgungssystem des MfS die nach § 7 AAÜG maßgebliche besondere BBG oder die erzielten Arbeitsverdienste höchstens bis zur allgemeinen BBG nach Anlage 3 zum AAÜG zugrunde zu legen seien und zwar in den Fällen, bei denen nach der "dreistufigen Typik" des AAÜG Entgelte für tatsächlich qualitativ hervorgehobene Arbeit und Leistung bezogen worden seien. Der Rentenversicherungsträger habe daher zu prüfen, ob Sinn und Zweck entsprechend die Rechtsfolge gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG anzuwenden sei. Die Frage der sinnwidrigen Anwendung der Rechtsfolge des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG sei noch nicht abschließend durch das BVerfG geklärt. Seine Ausführungen zum persönlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift hätten nur die Phase der angemessenen Zeit, die dem Gesetzgeber zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen zur Verfügung stehe und in der gröbere Typisierungen erlaubt seien, nicht aber die Zeit danach betroffen.
Das SG habe auch § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG falsch ausgelegt. Diese Regelung sei getragen von der Vermutung, dass die davon Erfassten während ihrer Zugehörigkeit zum MfS überhöhte Entgelte bezogen hätten. Atypische sinnwidrige Fälle seien davon ausgenommen. "Maßgebend" iS von § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG stehe für "überhöht". Für die Entgeltkürzung sei demnach maßgebendes Arbeitsentgelt lediglich das während der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem des MfS erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, welches nicht auf realer Arbeit und Leistung beruhe. Die Begrenzung erfasse nicht die atypische Fallgruppe derjenigen Berechtigten, die nicht überhöht vergütet worden seien. Die Auslegung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG idF des 2. AAÜG-ÄndG durch das SG sei auch verfassungswidrig. Eine zulässige Typisierung setze voraus, dass von damit verbundenen Härten lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen sei und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Die unverändert vom Gesetzgeber mit dem 2. AAÜG-ÄndG vorgenommene grobe Typisierung sei fehlerhaft, weil sie nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Sie lasse unberücksichtigt, dass die Besoldung und Versorgung der Angehörigen des MfS, die als Berufssoldaten Wehrdienst verrichteten, auf qualitativ höherwertiger, volkswirtschaftlich sinnvoller Arbeit beruhten, die bei gleicher beruflicher Qualifikation und gleicher beruflicher Position in der allgemeinen Arbeitswelt der DDR gleich hoch bezahlt worden sei. Es habe eine tatsächliche Gleichheit der Arbeit und Leistung zwischen den Angehörigen des MfS und den Berufssoldaten der anderen Wehrdienstorgane der DDR hinsichtlich Arbeitsinhalt und Qualifikationsniveau bestanden. Für eine Sonderstellung des MfS im Hinblick auf Besoldung und Versorgung gebe es keinen sachlichen Anhalt. Der Gesetzgeber habe mit der unveränderten Abbauregelung nach § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG gegen die Pflicht zur Sammlung von Erfahrungen und Erkenntnissen verstoßen. Nach der Nichtigkeitsfeststellung des BVerfG sei es Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, das "ob" und "wie" einer neuen Begrenzungsregelung unter Beachtung des Urteils vom 28. April 1999 zu bestimmen. Aus der teilweisen Nichtigkeitsfeststellung sei nicht zu folgern, dass jede Entgeltbegrenzung schon deshalb im Einklang mit dem GG stünde, soweit mit ihr das allgemeine Durchschnittsentgelt nicht unterschritten werde. Der Gesetzgeber sei verpflichtet gewesen, eine eigene, verfassungsrechtlich zulässige Entscheidung zu treffen; diese sei mit der Neuregelung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG iVm Anlage 6 zum AAÜG erfolgt. Diese Bestimmungen seien auf ihre Vereinbarkeit mit dem GG hin voll überprüfbar. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, die getroffene Regelung anhand der gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse über die DDR-Realität zu überprüfen. Für die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme außerhalb des MfS habe das BVerfG in seinem Urteil vom 28. April 1999 zu § 6 Abs 2 und Abs 3 Nr 7 AAÜG (1 BvL 22, 34/95 = BVerfGE 100, 59 = SozR 3-8570 § 6 Nr 3) als angemessene Zeitspanne zur Sammlung von Erfahrungen und Erkenntnissen, in der gröbere Typisierungen zulässig seien, den Zeitraum bis zum 30. Juni 1993 angesehen. Auch im "MfS-Urteil" sei die Pflicht zur Sammlung von Erfahrungen und Erkenntnissen konkretisiert worden. Bis zum Erlass des AAÜG idF des RÜG-ÄndG hätten keine statistischen Materialien zur Einkommenssituation im MfS vorgelegen. Es hätte deshalb nach Auffassung des BVerfG in dieser Zeit weder einer Auswertung noch vorhandenen dienstinternen Materials noch sonstiger langwieriger Ermittlungen zur Beschäftigten- und Qualifikationsstruktur sowie zur Struktur der beim MfS/AfNS erzielten Pro-Kopf- und Durchschnittseinkommen bedurft. Nach dem 28. April 1999 habe jedoch eine Pflicht bestanden, die vorläufige Regelung zu korrigieren und die Sachermittlung auszuweiten, insbesondere auch zu prüfen, ob die Begrenzungsregelung noch ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 und Art 14 GG aufrecht erhalten bleiben könne. Durch die Urteile vom 28. April 1999 sei die "dreistufige Typik" grundlegend geändert worden. Für die Berechtigten der übrigen Zusatz- und Sonderversorgungssysteme sei die Benachteiligung rückwirkend ab 1. Juli 1993 außer Kraft gesetzt worden. Der Gesetzgeber sei bis zum 1. Juli 2001 verpflichtet worden, für diesen Personenkreis eine verfassungskonforme Regelung auszugestalten. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Gesetzgeber auch Erfahrungen und Erkenntnisse zum MfS sammeln können. Bei seiner Entscheidung, eine besondere unterhalb der allgemeinen BBG liegende BBG aufrecht zu erhalten, habe sich der Gesetzgeber auf die Grundannahme des BVerfG gestützt, die Arbeitsverdienste im MfS oberhalb der allgemeinen Durchschnittsverdienste beruhten durchwegs auf politisch motivierter Überhöhung. Diese Grundannahme sei sachlich falsch und gründe auf einem veralteten Kenntnisstand. Sie entspreche nicht der DDR-Realität. Die Gehälter im MfS hätten nicht die allgemein in der DDR für eine vergleichbare Tätigkeit mit gleichwertiger Qualifikation erzielbaren Verdienste überstiegen. Es seien auch keine zusätzlichen versicherungsrelevanten Prämien, Zulagen und Zuschläge erbracht worden. Es habe im Wesentlichen gleiche soziale Einrichtungen im MfS und den anderen bewaffneten Organen der DDR gegeben. Diese Tatsachenwahrnehmung sei im Zeitpunkt des Urteils des BVerfG am 28. April 1999 noch nicht bekannt gewesen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des 2. AAÜG-ÄndG sei es dem Gesetzgeber jedoch objektiv möglich gewesen, neue Erkenntnisse in seine Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. Auch die Volkskammer der DDR habe nicht nur das Niveau der Durchschnittsrente, sondern das allgemeine Niveau bis zur allgemeinen BBG (Rente aus der Sozialversicherung + FZR) gewähren wollen. Da es hinsichtlich der Arbeits-, Einkommens- und Versorgungssituation keine wesentlichen Unterschiede zwischen Berufssoldaten im MfS und den anderen bewaffneten Organen der DDR gegeben habe, seien diese gemäß Art 3 Abs 1 GG rentenrechtlich gleich zu behandeln. Die Kürzungsregelung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG greife auch unverhältnismäßig in die Eigentumsrechte der sinnwidrig erfassten Versicherten ein. Das Merkmal der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem des MfS reiche nicht (mehr) aus. Der Gesetzgeber sei seit dem 1. Juli 2001 verpflichtet gewesen, an andere Merkmale anzuknüpfen, die sicherstellten, dass nur die Personen von Kürzungen betroffen seien, deren Arbeitsentgelte tatsächlich überhöht gewesen seien.
Der Kläger beantragt,
die Klageabweisung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. November 2002 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 22. August 2003 sowie die Rentenhöchstwertfestsetzungen in den Bescheiden vom 4. Januar 1995 und 9. Mai 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für Bezugszeiten ab 1. März 1993 einen höheren Monatsbetrag des Rechts auf Altersrente unter Anrechnung als versichert geltender Arbeitsverdienste bis zur Höhe der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze neu festzusetzen und entsprechend höhere Beträge zu zahlen bzw nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die klageabweisende Entscheidung des SG für zutreffend. Sie (die Beklagte) habe bei der Festsetzung des Werts der Rente im Bescheid vom 9. Mai 2000 beachtet, dass nach § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG die während der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS erzielten Arbeitsentgelte höchstens bis zum jeweiligen Betrag der Anlage 6 zu berücksichtigen seien. Sie habe nach der Entscheidung des BVerfG vom 28. April 1999 (1 BvL 11/94 ua = BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1) in ihrem Bescheid die Anlage 6 in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG vorweg genommen und die kalenderjährlichen Durchschnittsentgelte im Beitrittsgebiet berücksichtigt. Das BVerfG habe § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG iVm Anlage 6 nur insoweit für nichtig erklärt, als "für die Rentenberechnung das zugrunde zu legende Arbeitsentgelt unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet abgesenkt wird". Das bedeute umgekehrt, dass die Begrenzungsregelung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG, soweit sie die Durchschnittsentgelte in Bezug nehme, verfassungsgemäß sei. Die durch das 2. AAÜG-ÄndG erfolgte Modifikation des § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG sei lediglich eine Klarstellung. Aus ihr könne kein Rückschluss gegen die zwingende Anwendbarkeit des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG gezogen werden. Das BVerfG habe im Zusammenhang mit den Angehörigen des früheren MfS das Problem einer "Härtefallregelung" nicht thematisiert. Vielmehr habe es ausdrücklich anerkannt, dass der Gesetzgeber des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG "ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG den von dieser Vorschrift erfassten Personenkreis festgelegt" habe. Somit entfalle die Diskussion einer Einzelfallprüfung oder Härtefallregelung. Das BVerfG habe zur Frage der überhöhten Leistung ausgeführt, dass sich diese nicht nach dem Kriterium der akademischen und sonstigen Qualifikation der Tätigkeit beantworte, sondern allein unter dem Blickwinkel, ob die jeweilige Personengruppe "bei typisierender Betrachtung einen erheblichen Beitrag zur Stärkung oder Aufrechterhaltung des politischen Systems der DDR geleistet" habe. Das BVerfG habe zudem dargelegt, dass der Gesetzgeber des § 7 AAÜG an die Entscheidung des mit den Verhältnissen vertrauten Gesetzgebers der DDR habe anknüpfen können, der die überhöhten Versorgungen im Bereich des MfS/AfNS in §§ 2 f des Gesetzes über die Aufhebung der Versorgungsordnung des ehemaligen MfS/AfNS (AufhebG) vom 29. Juni 1990 (GBl I S 501) ebenfalls pauschal gekürzt habe. Der Kläger habe auch übersehen, dass das BVerfG darauf hingewiesen habe, dass es im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG zur pauschalierenden Einstufung und Bewertung dieser Tätigkeiten weder einer Auswertung noch vorhandenen dienstinternen Materials des MfS/AfNS noch sonstiger langwieriger Ermittlungen des Gesetzgebers zur Beschäftigten- und Qualifikationsstruktur sowie zur Struktur der beim MfS/AfNS erzielten Pro-Kopf- und Durchschnittseinkommen bedurft hätte. Diese seien in der DDR - anders als in anderen Arbeitsbereichen - statistisch zu keiner Zeit erfasst worden. Eine Pflicht des Gesetzgebers zur Sammlung von Erfahrungen und Erkenntnissen habe das BVerfG ausschließlich im Zusammenhang mit § 6 AAÜG festgestellt; im Urteil zu § 7 AAÜG sei hiervon an keiner Stelle die Rede.
Entscheidungsgründe
A. Das Bundessozialgericht (BSG) durfte auf Grund der zulässigen Revision in der Sache entscheiden, obwohl nach der Neufassung der Anlage 6 durch Art 1 Nr 12 des 2. AAÜG-ÄndG vom 27. Juli 2001 (BGBl I S 1939) keine erneute Entscheidung der Beklagten über den Rentenhöchstwert ergangen ist (zum Erfordernis einer erneuten Verwaltungsentscheidung nach einer für den angefochtenen Verwaltungsakt wesentlichen Rechtsänderung: BSGE 90, 27, 31 = SozR 3-2600 § 307b Nr 9 S 95 f; BSG SozR 3-8570 § 4 Nr 3 S 9; BSGE 90, 42, 44 = SozR 3-8570 § 4 Nr 4 S 27). Denn die Neufassung der Anlage 6 hat das (bis dahin) geltende Recht nicht geändert.
1. Auf Vorlagebeschluss des Senats vom 14. Juni 1995 (4 RA 54/94) hatte das BVerfG am 28. April 1999 (1 BvL 11/94 ua = BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1) § 7 Abs 1 Satz 1 (iVm Anlage 6) AAÜG idF des RÜG-ÄndG (im Folgenden: Anlage 6 aF) für nichtig erklärt, "soweit für die Rentenberechnung das zugrunde zu legende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet abgesenkt wird". Dieser Teilnichtigerklärung der Anlage 6 aF kommt nach § 31 Abs 2 Satz 1 BVerfGG Gesetzeskraft zu mit der Folge, dass die aus der Beschäftigung beim MfS erzielten, als versichert geltenden Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen nicht mehr unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet begrenzt werden durften und die noch nicht bestandskräftigen Entscheidungen über den Rentenhöchstwert abgeändert werden mussten.
Zugleich hatte das BVerfG in verfassungskonformer Auslegung entschieden, dass die besondere BBG nach Maßgabe der jeweiligen Durchschnittsverdienste in der DDR verfassungsgemäß war. Dies ergibt sich aus den tragenden Gründen der Entscheidung vom 28. April 1999 zu § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG (iVm Anlage 6) idF des RÜG-ÄndG, die nach § 31 Abs 1 BVerfGG ua für alle Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend sind (zur Bestimmung der inhaltlichen Reichweite der in § 31 Abs 1 BVerfGG geregelten Bindungswirkung: stellv BSGE 86, 262, 288 f = SozR 3-2600 § 210 Nr 2 S 30 f mwN). Danach verfolgt der Gesetzgeber mit der Begrenzung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG ein einsichtiges und legitimes Ziel, nämlich den Zweck, Einkommen bestimmter Personengruppen aus Tätigkeiten, in denen diese im Vergleich zur anderen Personengruppe bei typisierender Betrachtung einen erheblichen Beitrag zur Stärkung oder Aufrechterhaltung des politischen Systems der DDR geleistet haben, nicht in vollem Umfang in die Rentenversicherung zu übernehmen und bei der künftigen sozialen Sicherung fortwirken zu lassen (vgl BVerfGE 100, 138, 175 f = SozR 3-8570 § 7 Nr 1 S 18). Auch die Abgrenzung des von der Begrenzungsregelung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG erfassten Personenkreises (Angehörige des Sonderversorgungssystems des MfS/AfNS ua) hatte das BVerfG verfassungsrechtlich nicht beanstandet (vgl BVerfGE, aaO, 176 f = SozR 3-8570 § 7 Nr 1 S 19 f). Im Hinblick auf das mit der Begrenzungsregelung verfolgte legitime Ziel, überhöhte Arbeitsverdienste in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu berücksichtigen, hatte es für verfassungsrechtlich geboten erachtet, jedenfalls bei einer Kürzung das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet (100 vH) nicht zu unterschreiten. Denn dies sichere den in § 7 genannten Personen typischerweise eine Altersversorgung, die sie von sonstigen Sozialleistungen unabhängig mache. Das BVerfG hatte den Gesetzgeber ferner nicht verfassungsrechtlich für verpflichtet gehalten, bei einer Neuregelung auch über dem Durchschnitt liegende Einkommensanteile als rentenwirksam anzuerkennen (vgl BVerfGE, aaO, 183 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1 S 23 f).
Durch den Verbund der Teilnichtigerklärung der Anlage 6 aF mit der verfassungskonformen Auslegung des § 7 Abs 1 AAÜG hat es die danach gesetzlich noch gegebene besondere Beitragsbemessungsgrenze in Höhe des jeweiligen Durchschnittsverdienstes in der DDR für verfassungsgemäß erklärt.
2. Durch das am 2. August 2001 verkündete 2. AAÜG-ÄndG vom 27. Juli 2001 (BGBl I S 1881, 1939) hat sich dieses auch noch nach der Entscheidung des BVerfG vom 28. April 1999 weiter geltende Recht nicht geändert. Die Änderungen des § 7 Abs 1 AAÜG durch Art 1 Nr 3 des 2. AAÜG-ÄndG sowie die Neufassung der Anlage 6 durch Art 1 Nr 12 des 2. AAÜG-ÄndG haben an der besonderen BBG für Angehörige des Sonderversorgungssystems des MfS/AfNS nach Maßgabe der jeweiligen Durchschnittsverdienste in der DDR festgehalten. Die Neufassung der Anlage 6 hat lediglich den weiter bestehenden verfassungsgemäßen Rechtszustand gesetzlich klargestellt. Der Gesetzgeber hat sich an die Vorgaben des BVerfG ge- und an der fiktiven Versicherung der Arbeitsentgelte der ehemaligen Angehörigen des MfS/AfNS bis zum Durchschnittsentgelt in der DDR festgehalten (vgl BT-Drucks 14/5640 S 1, 13, 14 ≪zur Nr 3 Buchst a≫, 16 ≪zu Nr 12≫). Zu der vom BVerfG als möglich, aber verfassungsrechtlich nicht geboten bezeichneten Anhebung dieser Beitragsbemessungsgrenze hat er sich nicht entschlossen.
3. Mit der Rentenhöchstwertfestsetzung vom 9. Mai 2000, hat die Beklagte ihre früheren Festsetzungen für Bezugszeiten ab Mai 1999 ersetzt und - auch entsprechend der Bindungswirkung des § 31 Abs 1 BVerfGG - das weitergeltende Recht (§ 7 Abs 1 AAÜG) so angewandt, wie es vom BVerfG als verfassungsgemäß erklärt worden war (besondere BBG nach Maßgabe des Durchschnittsentgelts in der DDR) und wie es jetzt auch nach dem 2. AAÜG-ÄndG maßgeblich ist. Auf Grund des insoweit rechtskräftig gewordenen Urteils des SG muss die Beklagte das am 9. Mai 2000 bereits angewandte Recht auch noch für Bezugszeiten vom 1. März 1993 bis April 1999 anwenden; hierüber war im Rechtsstreit nicht mehr zu befinden, weil die Beklagte die Revision zurückgenommen hat.
B. Die (Sprung-)Revision des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) des Klägers insoweit zu Recht abgewiesen, als dieser begehrt (§ 123 SGG), unter Aufhebung der entgegenstehenden Rentenhöchstwertfestsetzungen in den Bescheiden vom 4. Januar 1995 und 9. Mai 2000 die Beklagte zu verpflichten, für Bezugszeiten ab 1. März 1993 einen höheren Monatsbetrag des Rechts auf Altersrente unter Anrechnung als versichert geltender Arbeitsverdienste bis zur Höhe der allgemeinen BBG neu festzusetzen und entsprechend höhere (Geld-)Beträge zu zahlen bzw nachzuzahlen. Der Kläger kann nach positivem Recht keine höhere fiktive Vorleistung mit einem höheren Wert seiner Rangstelle und deswegen auch keine höhere Altersrente beanspruchen. Bei der Ermittlung des Wertes seiner fiktiven Vorleistung für die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland dürfen seine aus der Beschäftigung beim MfS/AfNS erzielten Arbeitsentgelte nur bis zur besonderen BBG des § 6 Abs 4 iVm § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG und dessen Anlage 6 idF des 2. AAÜG-ÄndG berücksichtigt werden.
1. Der Wert des Rechts auf Altersrente (sog Monatsbetrag der Rente - § 64 SGB VI) ergibt sich (für den Regelfall) als Produkt aus der Summe aller Entgeltpunkte ≪EP≫ (= Rangwert), dem Zugangsfaktor, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert, die jeweils mit ihrem Wert, den sie bei Rentenbeginn haben, in die Rentenformel einzusetzen sind (vgl BSG SozR 3-2600 § 70 Nr 6 S 9; BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 16). Streit besteht hier allein über den Rangwert, und zwar beschränkt auf den Gesamtbetrag der EP, der sich auf Grund der Beschäftigung in der DDR als fiktive Vorleistung ergibt.
a) Das SGB VI erkennt "Rente" grundsätzlich nur nach Maßgabe einer Vorleistung des Versicherten für die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zu, die seine - in EP gemessene - Rangstelle unter den Versicherten bestimmt (vgl dazu und zum Folgenden: BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 7 S 35 ff). Die (Zusatz- und) Sonderversorgungsberechtigten der DDR hatten aber durch ihre damaligen Beschäftigungen in der DDR naturgemäß keine und erst recht keine unmittelbar nach Bundesrecht bewertbare Vorleistung für die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erbracht. Deshalb erkennt das Gesetz ihnen - wie allen in der DDR beschäftigt oder erwerbstätig Gewesenen - einen fiktiven Rangstellenwert zu, in dem es auf Grund der Beschäftigung/Tätigkeit in der DDR eine Vorleistung für die heutige bundesrechtliche Rentenversicherung fingiert. Die rangstellenbestimmende Vorleistung wird in fiktiv erworbenen Entgeltpunkten bemessen. Für die einzelnen Kalenderjahre einer Beschäftigung/Tätigkeit in der DDR kommt es darauf an, in welchem Verhältnis der Arbeitsverdienst zum jeweiligen kalenderjährlichen Durchschnittsentgelt in der DDR stand (§ 63 Abs 2 SGG VI). Diese fiktive Rangstellenzuweisung erfolgt durch Gleichstellung von in der DDR zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung mit Beitragszeiten nach Bundesrecht (hier: § 5 AAÜG) und durch gleichfalls konstitutive, nicht limitierende Regelungen darüber, welche in der DDR tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste für die bundesrechtliche Rentenversicherung im jeweiligen Kalenderjahr als "versichertes Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen" gelten sollen (für Zusatz- oder Sonderversorgungsberechtigte: § 259 b SGB VI iVm §§ 5 bis 7 AAÜG).
b) Die §§ 5 bis 7 AAÜG enthalten gegenüber dem SGB VI spezielles Rentenversicherungsrecht. § 5 bestimmt, welche der in der DDR von einem am 1. August 1991 Versorgungsberechtigten ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten "beitragsunabhängig" den Pflichtbeitragszeiten des SGB VI gleichgestellt werden sollen. §§ 6 und 7 AAÜG regeln, welche fiktiven Rangstellenwerte aus diesen gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten in der allgemeinen Rentenversicherung des SGB VI erzielt werden. Hierfür kommt es zum einen darauf an, welchen Arbeitsverdienst der frühere Versorgungsberechtigte in jedem Kalenderjahr tatsächlich erzielt hat, zum anderen, welche BBG maßgeblich sein soll. Für einige Gruppen sind besondere, niedrigere Beitragsbemessungsgrenzen (§ 6 Abs 2 bis 4 und 7 Abs 1 AAÜG) als die für alle Versicherten im ganzen Bundesgebiet maßgebliche allgemeine BBG (§ 6 Abs 1 AAÜG iVm Anlage 3 zum AAÜG) vorgesehen. Hauptziel des AAÜG ist es, alle Anspruchselemente auszusondern, die nicht auf volkswirtschaftlich sinnvoller Arbeit, sondern sachfremd auf politischer Begünstigung durch das Regime der DDR beruhen (stRspr seit BSGE 72, 50, 61 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 1). Zu den Personengruppen, bei denen die in der DDR erzielten Arbeitsverdienste und Arbeitseinkommen nur bis zu einer besonderen BBG berücksichtigt werden, gehören nach § 6 Abs 4 iVm § 7 Abs 1 AAÜG und dessen Anlage 6 als besonders regimenützliche Beschäftigte auch die Angehörigen des ehemaligen MfS/AfNS, denen am 1. August 1991 Versorgungsansprüche oder -anwartschaften aus dem Versorgungssystem nach Anlage 2 Nr 4 zum AAÜG zustanden. Das BVerfG hat mit bindender Wirkung für alle Gerichte und Behörden (§ 31 Abs 1 BVerfGG) die Begrenzungsregelung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG hinsichtlich Zielsetzung und erfassten Personenkreis für verfassungsgemäß angesehen (vgl BVerfGE 100, 138, 175 f = SozR 3-8570 § 7 Nr 1 S 18 f). Lediglich die konkrete Ausgestaltung der Begrenzungsregelung ("soweit für die Rentenberechnung das zugrunde zu legende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet abgesenkt wird") hat es für nichtig erklärt (vgl BVerfGE, aaO, 139, 181 ff = SozR 3-8570 § 7 Nr 1 S 22 f). Zugleich hat es im Wege einer verfassungskonformen Auslegung - ebenfalls mit Bindungswirkung für alle Gerichte und Behörden - entschieden, dass die besondere BBG nach Maßgabe der jeweiligen Durchschnittsverdienste in der DDR, wie sie nunmehr die Neufassung der Anlage 6 durch Art 1 Nr 12 des 2. AAÜG-ÄndG vorsieht, verfassungsgemäß ist. Es hat ausdrücklich festgelegt, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet war, eine höhere BBG festzusetzen (vgl BVerfGE, aaO, 183 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1 S 24).
c) Entgegen der Ansicht des Klägers räumen die §§ 6 und 7 AAÜG dem Rentenversicherungsträger keinen Beurteilungsspielraum ein, sondern enthalten in einer dreistufigen Typik drei kategorial streng voneinander abgegrenzte Beitragsbemessungsgrenzen. Auch in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG räumt das AAÜG der Mehrzahl der am 1. August 1991 Versorgungsberechtigten beitragsunabhängig die rechtliche Stellung ein, als hätten sie ihre von Versorgungssystemen erfassten Beschäftigungen oder Tätigkeiten in der Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt. Zum Ausschluss des Fortwirkens politischer Begünstigung wurden für besonders regimenützliche Beschäftigungen (hauptamtliche Mitarbeiter im Staatsapparat und in bestimmten gesellschaftlichen Organisationen; Beschäftigungen mit herausgehobener Bedeutung für das Regime; Beschäftigungen beim ehemaligen MfS/AfNS) in §§ 6 Abs 2 bis 4, 7 Abs 1 AAÜG spezielle (niedrigere) Beitragsbemessungsgrenzen festgelegt. Dabei verdrängt die besondere BBG nach § 6 Abs 2 und 3 AAÜG die allgemeine BBG in § 6 Abs 1 AAÜG, während die besondere BBG des § 6 Abs 4 iVm § 7 Abs 1 AAÜG beide vorgenannten Grenzen verdrängt. Entgegen der Ansicht des Klägers besteht deshalb weder die Pflicht noch die Möglichkeit, dieses zwingend ausgestaltete positive Recht verfassungskonform in dem von ihm angedachten Sinn umzuinterpretieren. Die Auffassung, eine Einzelfallprüfung durchzuführen, findet in der einfach-rechtlichen Bestimmungen des SGB VI und des AAÜG keine Grundlage. Sie widerspricht der stRspr des Senats zur dreistufigen Typik (seit BSGE 72, 50, 61 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 1). Das BVerfG hat mit Bindungswirkung für das BSG (§ 31 Abs 1 BVerfGG) entschieden, dass die besondere BBG des § 7 Abs 1 AAÜG nach Maßgabe der jeweiligen Durchschnittsverdienste in der DDR verfassungsgemäß ist. Die entsprechenden Werte hat der Gesetzgeber mit der Neufassung der Anlage 6 durch Art 1 Nr 12 des 2. AAÜG-ÄndG klargestellt. Die Beklagte hat diese Werte bereits der Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 9. Mai 2000 zugrunde gelegt (maximal 1 EP pro Kalenderjahr der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS/AfNS).
d) Die Auffassung des Klägers, das BVerfG habe dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen verbunden mit einer Überprüfungspflicht eingeräumt, lässt sich aus dem Urteil des BVerfG vom 28. April 1999 (1 BvL 11/94 ua = BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1) zu § 7 Abs 1 Satz 1 (iVm Anlage 6) AAÜG nicht herleiten. Eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen, in der sich der Gesetzgeber mit größeren Typisierungen und Generalisierungen begnügen durfte, hat das BVerfG dem Gesetzgeber nur im Zusammenhang mit seiner Entscheidung vom 28. April 1999 (1 BvL 22, 34/95 = BVerfGE 100, 59 = SozR 3-8570 § 6 Nr 3) zu § 6 Abs 2 und Abs 3 Nr 7 AAÜG idF des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes (Rü-ErgG) vom 24. Juni 1993 (BGBl I S 1038) eingeräumt und zwar bis zum 30. Juni 1993 (BVerfGE, aaO, 101 ff = SozR 3-8570 § 6 Nr 3 S 36 f). Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass in dem Urteil vom 28. April 1999 zu § 7 Abs 1 Satz 1 (iVm Anlage 6) AAÜG an keiner Stelle davon die Rede ist, dass der Gesetzgeber für die Vergangenheit bzw ab dem Zeitpunkt der Entscheidung eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen zuzugestehen war bzw ist.
2. Das BSG durfte entgegen der Auffassung des Klägers die Sache auch nicht dem BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG vorlegen. Zum einen war der Senat entsprechend seinen im Vorlagebeschluss vom 14. Juni 1995 (4 RA 54/94) dargelegten Gründen nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG iVm der Anlage 6 idF des 2. AAÜG-ÄndG überzeugt. Zum anderen lagen aber auch die Voraussetzungen nicht vor, unter denen ausnahmsweise das BVerfG erneut mit derselben Frage hätte befasst werden dürfen, über die es bereits rechtskräftig bindend und zum Teil mit Gesetzeskraft entschieden hatte. Es sind insbesondere keine tatsächlichen und rechtlichen Veränderungen eingetreten, die die Grundlage dieser Entscheidung berühren und deren Überprüfung nahe legen (zu diesem Erfordernis zuletzt: BVerfGE 87, 341, 346; 94, 315, 323; 105, 61, 70). Wie bereits ausgeführt, hat sich durch das 2. AAÜG-ÄndG die Rechtslage nicht geändert. Es hat sich seit der Entscheidung des BVerfG vom 28. April 1999 auch kein Wandel in der Auslegung des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG vollzogen. Soweit der Kläger vorträgt, es lägen neue Erkenntnisse über die Einkommenssituation im MfS vor, so sind diese rechtlich nicht relevant. Zum einen beziehen sie sich auf Tatsachen, die bereits vor der Entscheidung des BVerfG vom 28. April 1999 (und sogar vor dem og Vorlagebeschluss des BSG) bekannt waren. Zum anderen hat das BVerfG in dieser Entscheidung mit bindender Wirkung nach § 31 Abs 1 BVerfGG ausgeführt, dass es bei der Abgrenzung des von § 7 Abs 1 Satz 1 (iVm Anlage 6) AAÜG erfassten Personenkreises zur pauschalierenden Einstufung und Bewertung der Tätigkeiten im Bereich des MfS/AfNS im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG weder einer Auswertung noch vorhandenen dienstinternen Materials des MfS/AfNS noch sonstiger langwieriger Ermittlungen des Gesetzgebers zur Beschäftigten- und Qualifikationsstruktur sowie zur Struktur des beim MfS/AfNS erzielten Pro-Kopf- und Durchschnittseinkommens bedurfte (vgl BVerfGE 100, 138, 179 f = SozR 3-8570 § 7 Nr 1 S 21).
Da somit das SG die auf eine höhere Rentenhöchstwertfestsetzung und Nachzahlung des Differenzbetrages gerichteten Klagen zu Recht abgewiesen hat, ist die dagegen eingelegte Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
BSGE 2004, 105 |
BSGE 92, 105 |
NWB 2005, 2893 |
SozR 4-8570 § 7, Nr.1 |
GuS 2004, 63 |
ZfSSV 2007 |