Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisung eines oberarmamputierten Landwirts
Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung, ob der Kläger noch in der Lage ist, durch geeignete zumutbare Tätigkeiten die erforderliche Lohnhälfte zu verdienen, ist sowohl zu ermitteln, welche Tätigkeiten möglicherweise infrage kommen als auch, ob Arbeitsplätze dieser Art in dem für den Kläger in Betracht kommenden Gebiet vorhanden sind.
Ein Landwirt, der fast ausschließlich allein in seinem kleinen Betrieb tätig war, kann nicht auf landwirtschaftliche Aufsichtstätigkeiten verwiesen werden. Es ist aber zu prüfen, ob ihm die Verrichtung sonstiger einfacher Arbeiten außerhalb der Landwirtschaft möglich ist.
Normenkette
RVO § 1293 Abs. 1 Fassung: 1934-05-17
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts ... vom 14. April 1955 wird mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht ... zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
I. Der im Jahre 1910 geborene, ledige Kläger, der von 1932 bis 1938 Beiträge an die Beklagte entrichtete, hat durch Kriegseinwirkung im März 1945 seinen rechten Arm verloren, wofür er Versorgungsbezüge nach einer MdE vom 70 v.H. bezieht.
Der berufliche Werdegang des Klägers hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts folgende Entwicklung gehabt:
"Im Jahre 1936 hat sich der Kläger mit seinen beteiligten Geschwistern über die Bewirtschaftung des von seinem Vater nachgelassenen, ererbten Hofes geeinigt. Dem Kläger wurden etwa 20 ha eigenes Land zur Bewirtschaftung überlassen. Dieses Land hat der Kläger während des Krieges verpachtet. Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft wurde dem Kläger etwa die Hälfte seines Landes zurückgegeben. Den Rest bewirtschaftet er erst seit 1949 selbst. Der Kläger betrieb Weide- und Wiesenwirtschaft und ließ zuerst fremde, seit 1950 auch eigene Tiere grasen. Seit Jahresfrist ist der Kläger der Eigentümer der von ihm bewirtschafteten 20 ha Land. Da er aber nicht über eigene Wirtschaftsgebäude verfügt, bewirtschaftet er seine Ländereien vom Hof seiner Schwester aus. Er ist inzwischen zur Hälfte zur Ackerwirtschaft übergegangen. Trotzdem beschäftigt der Kläger keine ständigen Arbeitskräfte. Er zieht solche nur bei besonderen Anlässen, insbesondere zur Ernte hinzu. Im übrigen wird er von seinem Schwager unterstützt, dem er auch dafür aushilft.
Der Kläger hat sich inzwischen zum Linkshänder entwickelt und betätigt sich bei allen landwirtschaftlichen Arbeiten, bei denen das Fehlen des rechten Arms nicht gerade hinderlich ist. So läßt er den Acker durch Lohnpflüger bestellen. Er beteiligt sich aber beim Auswerfen des Kunstdüngers und führt die Säh-, Mäh- und Hackmaschine. Bei der Getreideernte trägt er das Getreide zusammen, das von Tagelöhnern gebunden und gemäht wird. Auch beim Einfahren von Heu und Getreide betätigt sich der Kläger durch Aufheben und Einlegen. Soweit erforderlich und möglich unterstützt er die Arbeit seines linken Armes durch die Prothese des rechten Armes."
II. Im Jahre 1951 wandte sich der Kläger an die Beklagte mit der Anfrage, ob seine freiwillige Weiterversicherung zulässig sei. Die Beklagte verneinte diese Anfrage auf Grund einer Äußerung ihres Vertrauensarztes, der den Kläger für dauernd invalide ansah, und empfahl gleichzeitig die Stellung eines Invalidisierungsantrages. Mit Bescheid vom 9. Oktober 1951 gewährte die Beklagte dem Kläger die Invalidenrente vom 1. August 1951 ab.
Auf Grund des Ergebnisses der am 23. Oktober 1953 durch den Facharzt für Chirurgie Dr. ... in ... durchgeführten Nachuntersuchung entzog die Beklagte durch Bescheid vom 11. Januar 1954 dem Kläger die Invalidenrente mit Wirkung vom 1. Februar 1954 unter Hinweis auf § 1293 Abs. 1 RVO und die SVD Nr. 3 mit der Begründung, der Kläger sei nicht mehr invalide; eine Besserung sei insofern eingetreten, als ein Dauerzustand vorliege und ausreichende Gewöhnung eingetreten sei.
Das Sozialgericht in ... verurteilte auf die vom Kläger erhobene Klage am 5. Oktober 1954 die Beklagte zur Weiterzahlung der Invalidenrente.
III. Mit ihrer Berufung machte die Beklagte geltend, der Kläger sei nicht invalide; er könne einen landwirtschaftlichen Betrieb beaufsichtigen und leiten; ihm seien auch außerhalb der Landwirtschaft zahlreiche von Armamputierten ausführbare Tätigkeiten wie die eines Maschinenverwalters, Postboten, Kassierers, Stromablesers, ja sogar eines Fabrikarbeiters am laufenden Band usw. noch zuzumuten. Durch die Schwerbeschädigteneigenschaft werde die verminderte Wettbewerbsfähigkeit teilweise ausgeglichen.
Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
Es geht davon aus, daß die Beklagte nach der SVD Nr. 3 in Verbindung mit § 1293 Abs. 2 RVO berechtigt wäre, dem Kläger die Rente wieder zu entziehen, wenn dieser nicht oder nicht mehr invalide sei. Es hält den Kläger jedoch weiterhin für invalide, wobei es sich auf seine ständige Rechtsprechung in Bezug auf einseitig Oberarmamputierte beruft.
Aus der noch ausgeübten Tätigkeit als selbständiger Landwirt könne nicht der Schluß gezogen werden, Invalidität liege nicht mehr vor. Dadurch sei zwar erwiesen, daß der Kläger seine Arbeitskraft sehr weitgehend einsetze, aber hier komme es darauf an, ob der Kläger auch auf dem allgemeinen Arbeitsfeld noch in ausreichendem Umfange wettbewerbsfähig sei. Dies sei zu verneinen. Der Kläger habe auch keine neuen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben; Anpassung und Gewöhnung lägen daher ebenfalls nicht vor. Das Landessozialgericht weist schließlich noch darauf hin, daß durch die gesetzliche Neuregelung der Begriff "Invalide" jetzt erheblich weiter als früher gezogen sei.
Das Landessozialgericht hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen.
IV. Die Beklagte hat gegen das am 6. August 1955 zugestellte Urteil am 19. August 1955 Revision eingelegt und diese am 27. September 1955 begründet. Sie rügt einmal einen Verstoß gegen § 103 SGG. Das Landessozialgericht habe das bisherige Arbeitsleben des Klägers und seinen Werdegang nicht genügend erforscht und keine Ermittlungen darüber angestellt, welche Arbeiten dem Kläger noch zugemutet werden können. Allein auf die Angaben des Versicherten und auf die ärztliche Untersuchung könne die Entscheidung nicht gestützt werden. Das Landessozialgericht habe weiterhin den § 1254 RVO durch Zugrundelegung eines falschen Invaliditätsbegriffs verletzt. Eine grundsätzliche Betrachtungsweise allein sei nicht statthaft; es müsse vielmehr auf den Einzelfall abgestellt werden. Auch daraus, daß den früheren Entscheidungen der alte Invaliditätsbegriff zugrunde gelegen habe, ließen sich keine gegenteiligen Schlüsse ziehen, da der Prothesenbau erhebliche Fortschritte gemacht habe.
Im vorliegenden Fall habe der Kläger im übrigen die sonst erhobene Forderung des Landessozialgerichts nach Arbeitsbewährung erfüllt. Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 15. April 1954 und das Urteil des Sozialgerichts vom 5. Oktober 1954 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
V. Der Kläger beantragt demgegenüber, die Revision der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Der Kläger verneint die Möglichkeit, die Entziehung auf eine erhebliche Änderung seines Zustandes durch Anpassung oder Gewöhnung zu stützen, da schon zur Zeit der Rentengewährung - 6 Jahre nach Armverlust - völlige Anpassung und Gewöhnung vorgelegen habe. Hinsichtlich der mangelnden Sachaufklärung weist er darauf hin, daß die Beklagte bei dem Erlaß ihres Entziehungsbescheides selbst keine ausreichenden Feststellungen getroffen habe, ihre Rüge sie daher praktisch selbst treffe.
Eine Verweisung auf andere dem Kläger angeblich mögliche Arbeiten scheitere bereits daran, daß es in erreichbarer Nähe für den Kläger derartige Arbeiten nicht gäbe. In dieser Hinsicht entfielen insbesondere auch die von der Beklagten in der Berufungsinstanz genannten Tätigkeiten.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, sie ist vom Landessozialgericht zugelassen und daher statthaft.
Die Revision ist auch begründet.
II. Das angefochtene Urteil geht davon aus, daß nach der SVD Nr. 3 in Verbindung mit § 1293 Abs. 2 RVO eine Rentenentziehung bei dem Kläger auch ohne Feststellung einer wesentlichen Veränderung in seinen Verhältnissen zulässig ist. Die gesamten Ausführungen des Urteils befassen sich allein mit der Untersuchung der Frage, ob der Kläger im Zeitpunkt der Rentenentziehung invalide war oder nicht. Auch die Erwägungen, die die Annahme einer Anpassung und Gewöhnung ablehnen, verneinen diese Annahme beim Kläger als Armamputierten ganz allgemein und nicht etwa bezogen auf den Zeitpunkt der Rentengewährung als Vergleichszeitpunkt. Der Zeitpunkt der Rentenbewilligung wird nur insofern erwähnt, als das Urteil zusätzlich ausführt, gegenüber jenem Zeitpunkt sei der Begriff der Invalidität inzwischen in einer für den Kläger günstigen Richtung geändert worden. Aus diesem Aufbau und Inhalt des angefochtenen Urteils muß entnommen werden, daß das Landessozialgericht die Feststellung treffen wollte, eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers gegenüber dem Zeitpunkt der Rentengewährung sei nicht eingetreten. Auch wenn eine ausdrückliche Feststellung dieser Art in dem Urteil fehlt, ist es unter Berücksichtigung der gesamten Ausführungen des Urteils nicht zweifelhaft, daß das Landessozialgericht diese Feststellung seinem Urteil auch tatsächlich zugrunde gelegt hat. Diese Feststellung wird auch von der Beklagten nicht beanstandet; ihre Rügen richten sich sämtlich nur gegen die ihrer Ansicht nach nicht hinreichende Sachaufklärung und gegen die rechtliche Annahme des Vordergerichts, der Kläger sei überhaupt invalide im Sinne des § 1254 RVO. Da mithin eine Rentenentziehung nach § 1293 Abs. 1 RVO nach den ohne Rechtsirrtum getroffenen Feststellungen des Landessozialgerichts nicht vorliegt, ist nur zu prüfen, ob die Entziehung nach § 1293 Abs. 2 RVO gerechtfertigt ist.
III. Voraussetzung für die Anwendung des § 1293 Abs. 2 RVO ist dessen Gültigkeit. Der erste Senat hat sich in seinem Urteil vom 9. Februar 1956 (1 RA 5/55) mit der Frage auseinandergesetzt, ob und inwieweit durch die SVD Nr. 3 der § 1293 Abs. 2 RVO wieder wirksam inkraftgesetzt sei und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß Nr. 1 der SVD Nr. 3 eine Norm materiellen Rechts sei, auf Grund deren der § 1293 Abs. 2 RVO im Gebiet der ehemaligen britischen Zone auch heute noch gelte. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung - jedenfalls soweit sie für den zur Entscheidung stehenden Fall von Bedeutung ist - an und bejaht dementsprechend die Zulässigkeit der Anwendung des § 1293 Abs. 2 RVO im Zeitpunkt der Entziehung der Invalidenrente des Klägers.
IV. Das Landessozialgericht stützt seine Feststellung, der Kläger sei invalide, in erster Linie auf den von ihm angenommenen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß Oberarmamputierte grundsätzlich invalide seien, falls keine besonderen Ausnahmefälle vorliegen. Ein derartiger Erfahrungssatz besteht, wie der erkennende Senat bereits durch Urteil vom 1. März 1956 (4 RJ 120/55) ausgesprochen hat, jedoch nicht. Bei Oberarmamputierten mag zwar im allgemeinen die Wahrscheinlichkeit, daß Invalidität vorliegt, größer sein als bei Oberschenkelamputierten; auch dies entbindet das Gericht jedoch nicht seiner Pflicht, für den Einzelfall Feststellungen zu treffen, ob die Voraussetzungen des § 1254 RVO vorliegen. Das Fehlen solcher Feststellungen wird von der Beklagten daher mit Recht gerügt. Von solchen Feststellungen ist das Landessozialgericht, da ihm die Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen obliegt, auch nicht etwa deshalb befreit, weil die Beklagte in ihrem Verwaltungsverfahren möglicherweise ihr selbst bereits obliegende Feststellungen unzulässigerweise unterlassen hat.
Wenn die Beklagte hinsichtlich der von ihr vermißten Feststellungen ausführt, das Landessozialgericht habe das bisherige Arbeitsleben des Klägers und seinen Werdegang nicht genügend erforscht, so trifft dieser Vorwurf allerdings nicht zu; es ist nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht die in dieser Beziehung recht eingehenden Feststellungen des Urteils noch einer Ergänzung bedürfen. Zwar ist in dem Urteil nicht ausdrücklich festgestellt, welche Arbeiten der Kläger bis zur Einberufung in den Wehrdienst entrichtet hat. Es dürfte jedoch nicht in Zweifel zu ziehen sein und wird von der Beklagten offenbar auch als unstreitig angesehen, daß der Kläger auch in dieser Zeit in der Landwirtschaft tätig und damals auch bereits als "landwirtschaftlicher Arbeiter" anzusehen war, und daß auch das Vordergericht von dieser Feststellung ausgegangen ist.
Ebensowenig läßt das Urteil Feststellungen über den Gesundheitszustand des Klägers vermissen. Die Beklagte gründet ihre Rüge sogar gerade darauf, daß auf diese Feststellungen allein die Entscheidung nicht gestützt werden könne.
V. Es verbleibt daher nur noch die Frage, ob das Landessozialgericht eine ausreichende individuelle Prüfung in der Hinsicht vorgenommen habe, ob der Kläger noch in der Lage ist, durch geeignete zumutbare Tätigkeiten die erforderliche Lohnhälfte zu verdienen. Bei dieser Prüfung ist sowohl zu ermitteln, welche Tätigkeiten möglicherweise infrage kommen als auch, ob Arbeitsplätze dieser Art in dem für den Kläger in Betracht kommenden Gebiet vorhanden sind.
Das Landessozialgericht verneint die Möglichkeit, daß der Kläger durch entsprechende Tätigkeiten noch die vergleichbare Lohnhälfte auf dem allgemeinen Arbeitsfeld verdienen könne. Dabei sieht es die Tätigkeit des Klägers nicht als beweisend dafür an, daß Invalidität nicht bestehe, wobei es besonders darauf eingeht, daß die Tätigkeit im eigenen Betrieb mit einer abhängigen Arbeit in der Landwirtschaft nicht vergleichbar sei. Mit diesen Ausführungen hat das Landessozialgericht gleichzeitig die Fähigkeit des Klägers mit landwirtschaftlichen Lohnarbeiten die erforderliche Lohnhälfte verdienen zu können, verneinen wollen. Daß eine Verweisung auf die rein körperlichen Arbeiten eines Landarbeiters nicht mehr möglich ist, bedurfte in diesem Zusammenhang keiner weiteren Ausführungen. Zweifelhaft könnte mit Rücksicht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Juni 1955 (3 RJ 83/54) sein, ob das Landessozialgericht auch noch die Tätigkeit eines Vogtes oder Verwalters hätte in den Kreis seiner Betrachtungen ziehen müssen und ob es durch diese Unterlassung zu einer unrichtigen Anwendung des § 1253 RVO gekommen ist. Ein Vergleich beider Fälle zeigt jedoch, daß es sich in dem vom 3. Senat entschiedenen Fall um einen Versicherten gehandelt hat, bei dem es gerade auf Grund seiner jahrelangen Tätigkeit in einem um das mehrfache größeren landwirtschaftlichen Betrieb (75 ha zu 20 ha) und mit Rücksicht auf die dauernde Beschäftigung einer Anzahl eigener Hilfskräfte nicht ausgeschlossen erschien, daß ihm eine im wesentlichen aufsichtsführende Tätigkeit in der Landwirtschaft zugemutet werden könne, während in dem hier vorliegenden Fall ausdrücklich die fast ausschließlich alleinige Tätigkeit des Klägers in seinem Betrieb betont wird. Wenn das Landessozialgericht daher die Möglichkeit, den Kläger auf landwirtschaftliche Aufsichtstätigkeiten zu verweisen, ungeprüft zugelassen hat, so kann darin hier keine Rechtsverletzung erblickt werden.
Das Landessozialgericht mußte jedoch auch insoweit eine Prüfung vornehmen, ob dem Kläger die Verrichtung sonstiger einfacher Arbeiten außerhalb der Landwirtschaft möglich ist. Das Urteil mußte sich daher mindestens mit der Frage auseinandersetzen, warum der Kläger auf die hierfür etwa infragekommenden Arbeiten (wobei in erster Linie an die von der Beklagten in der Berufungsinstanz genannten Tätigkeiten zu denken war) nicht verwiesen werden konnte. Eine solche Auseinandersetzung kann nicht bereits darin gesehen werden, daß das Urteil einmal die Auffassung der Beklagten wiedergibt, welche Arbeiten ihrer Ansicht nach dem Kläger noch zugemutet werden könnten, und daß es darin generell erklärt, der Kläger sei nicht in der Lage, die gesetzliche Lohnhälfte zu verdienen.
Von dieser Prüfung hätte nur dann abgesehen werden dürfen, wenn die Verhältnisse des Einzelfalles eine derartige Verweisung ausgeschlossen erscheinen lassen. In dieser Beziehung könnte möglicherweise von Bedeutung sein, daß der Kläger im Kreise ... ansässig ist, also wahrscheinlich in einer rein landwirtschaftlichen Gegend wohnt, weitab jeder Möglichkeit, einen Arbeitsplatz auf einem anderen als landwirtschaftlichen Gebiet erhalten zu können. Da das angefochtene Urteil in dieser Hinsicht jedoch jede tatsächliche Feststellung vermissen läßt, ist das Bundessozialgericht nicht in der Lage, derartige Überlegungen in seinem Urteil zu berücksichtigen.
VI. Insgesamt ist daher festzustellen, daß das Landessozialgericht die Vorschrift des § 1254 RVO unrichtig angewandt hat.
Mangels ausreichender Feststellungen war die Sache zur erneuten Überprüfung und Verhandlung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen