Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsnachentrichtung zur Altersversorgung der Landwirte

 

Orientierungssatz

Beiträge zur Altersversorgung der Landwirte können nachentrichtet werden, wenn sie innerhalb einer angemessenen Frist nach einer Bereiterklärung zur Beitragszahlung gezahlt worden sind; für diese Zeit entsteht dann rückwirkend ein Anspruch auf Altersgeld.

 

Normenkette

GAL § 8 Abs. 4 Fassung: 1957-07-27, § 27 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1961-07-03, § 7 Abs. 5 Fassung: 1963-05-23

 

Verfahrensgang

SG Nürnberg (Entscheidung vom 28.07.1964)

 

Tenor

Die Sprungrevision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. Juli 1964 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Der frühere Kläger, der im Laufe des Revisionsverfahrens verstorbene F Sch (Sch.), hatte am 5. Januar 1961 bei der Beklagten Antrag auf Altersgeld gestellt. Diesen hatte die Beklagte am 10. Februar 1961 abgelehnt, weil Sch. wegen des Bezugs einer Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter gemäß § 8 Abs. 4 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte vom 27. Juli 1957 (BGBl I 1063) - GAL aF - von der Beitragspflicht befreit gewesen sei und deshalb keinen Anspruch auf Altersgeld gehabt habe. Der Bescheid ist bindend geworden. Im Dezember 1962 beantragte F Sch erneut die Gewährung von Altersgeld. Er erklärte sich am 1. Oktober 1963 bereit, die Beiträge für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 31. Dezember 1960 mit 438,- DM nachzuentrichten und legte gleichzeitig einen Verrechnungsscheck in dieser Höhe bei. Mit Bescheid vom 1. Oktober 1963 gewährte die Beklagte Altersgeld vom 1. Oktober 1963 an. Gegen diesen Bescheid hat Sch. Klage auf Altersgeld auch für die Zeit vom 1. April 1963 bis zum 30. September 1963 erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Altersgeld seien ab 1. April 1963 erfüllt gewesen. Wenngleich Sch. in seinem Antrag Altersgeld auf Grund des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte vom 3. Juli 1961 (BGBl I 845) - GAL nF - beantragt habe, so müsse doch davon ausgegangen werden, daß er Altersgeld auch unter den geänderten Voraussetzungen des Gesetzes vom 23. Mai 1963 (BGBl I 353) verlangen könne. Bis auf die Beitragsentrichtung hätten ab 1. April 1963 alle materiell-rechtlichen Voraussetzungen für dessen Gewährung vorgelegen. Mit Abgabe der Erklärung über die Nachentrichtung von Beiträgen sei Sch. beitragspflichtig geworden; die Erklärung habe eine Beitragspflicht für die Zeit festgelegt, in der er Unternehmer gewesen sei. Der Beginn des Altersgeldes könne aber nicht vom Eingang der Beiträge bei der Alterskasse abhängig gemacht werden. Vielmehr würden bei einer Nachentrichtung von Beiträgen diese als rechtzeitig entrichtet gelten, so daß Altersgeld auch schon vor einem vor der Nachentrichtung liegenden Zeitpunkt gewährt werden könne. Das SG hat die Berufung zugelassen.

Die Beklagte hat gegen das Urteil Sprungrevision eingelegt und diesem Schriftsatz eine Protokollausfertigung der Sitzung des SG beigefügt, nach der die Beteiligten jeweils ihre Einwilligung zur Revision gegeben haben.

Die Beklagte rügt Verletzung des § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF und trägt vor: Sch. sei gemäß § 8 Abs. 4 GAL aF wegen Bezugs einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsfrei gewesen. Eine Beitragspflicht sei erst eingetreten, als er gemäß Art. 2 § 7 Abs. 2 des Änderungsgesetzes vom 23. Mai 1963 sich bereit erklärt habe, für die Zeit nach dem 1. Oktober 1957 Beiträge nachzuentrichten. Unabdingbare Voraussetzungen für die Gewährung des Altersgeldes sei jedoch die rechtzeitige Entrichtung von Beiträgen, wie sich aus § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF ergebe. Solange aber die Beiträge nicht entrichtet seien, könne Altersgeld nicht gewährt werden. Die Möglichkeit der Nachentrichtung von Beiträgen durch Art. 2 § 7 des Neuregelungsgesetzes von 1963 habe am Leistungsrecht nichts geändert, wie sich aus Art. 2 § 7 Abs. 5 ergebe, der als den frühestmöglichen Leistungsbeginn den 1. April 1963 bestimmt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG vom 28. Juli 1964 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die jetzige Klägerin, die Witwe von F Sch, die das Verfahren aufgenommen hat, beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die nach § 161 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF besteht ein Anspruch auf Altersgeld, wenn ua der Berechtigte für die Zeit, in der er nach dem 1. Oktober 1957 landwirtschaftlicher Unternehmer war. Beiträge entrichtet hat. Diese Voraussetzungen sind bei Sch. erfüllt, und zwar auch für die noch streitige Zeit vom 1. April bis zum 30. September 1963. Entgegen der Ansicht der Beklagten bleibt dabei ohne Bedeutung, daß diese Beiträge erst im Oktober 1963 gemäß Art. 2 § 7 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte vom 23. Mai 1963 (BGBl I 353) nachentrichtet worden sind. Wie der Senat in seinem Urteil vom 22. April 1965 - BSG 23, 27 - ausgeführt hat, ist die Gewährung des Altersgeldes auch für eine Zeit zulässig, für die die übrigen Voraussetzungen des Anspruchs gegeben sind, selbst wenn die Beiträge erst später und nicht jeweils in dem Zeitraum entrichtet worden sind, für den sie gelten sollen. Durch Art. 2 § 7 des Gesetzes vom 23. Mai 1963 war dem Kläger die Befugnis eingeräumt worden, sich zur Beitrags nach Entrichtung bereit zu erklären; dies hat der Kläger auch getan. Eine ausdrückliche Frist, innerhalb deren die Beiträge zu entrichten sind, enthält das Gesetz nicht. Aus Abs. 5 dieser Vorschrift, wonach die Leistungen frühestens mit dem 1. April 1963 beginnen, läßt sich jedoch entnehmen, daß der Gesetzgeber eine Gewährung des Altersgeldes für eine Zeit nicht ausschließen wollte, in der die Beiträge noch nicht entrichtet waren. Denn das Gesetz, das am 1. April 1963 in Kraft getreten ist, datiert vom 23. Mai 1963 und ist am 30. Mai 1963 verkündet worden. Der Berechtigte war vor der Verkündung nicht in der Lage, eine Bereiterklärung abzugeben und die Beiträge nachzuentrichten. Wenn der Gesetzgeber eine - rückwirkende - Gewährung des Altersgeldes vor Entrichtung der Beiträge hätte ausschließen wollen, so hätte er nicht einen vor der Verkündung des Gesetzes liegenden Zeitpunkt des Beginns der Leistungen festlegen dürfen. Da andererseits das Gesetz auch keine ausdrückliche Vorschrift enthält, bis wann die Beiträge nachentrichtet werden müssen, so ist hier die Beitragsentrichtung als rechtzeitig erfolgt anzusehen, wenn sie innerhalb der angemessenen Frist nach der Bereiterklärung gezahlt worden sind. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 29. April 1966 - 7 RLw 26/64 - unter Hinweis auf die Grundgedanken des § 1420 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) näher begründet.

Da hier Sch. gleichzeitig mit der Bereiterklärung auch die Beiträge gezahlt hat, sind die vom Senat aufgestellten Voraussetzungen erfüllt. Es besteht mithin auch Anspruch auf Altersgeld für die Zeit vom 1. April 1963 bis zum 30. September 1963.

Die Sprungrevision der Beklagten muß daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2351469

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