Leitsatz (redaktionell)
1. Bei dem Bemühen, einen auf einer ansteigenden Garagenausfahrt stehengebliebenen Personenkraftwagen die Rampe hinaufzuschieben und der Bereitschaft, den Fahrer bei dem anschließenden Versuch zu unterstützen, den Wagen wieder in die Garage zurückrollen zu lassen, handelt es sich nicht um eine "Hilfeleistung bei einem Unglücksfall"; der Helfer wird hierbei vielmehr "wie" ein Versicherter tätig und steht daher nach RVO § 539 Abs 2 unter Versicherungsschutz.
2. Der Unfallversicherungsschutz nach RVO § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a für Personen, die bei Unglücksfällen Hilfe leisten, ist nur so lange gewährleistet, als ein Unglücksfall mit seinen unmittelbaren Schadensfolgen noch nicht abgeschlossen ist, also weiterer Schaden droht.
3. Eine Hilfe bei "gemeiner Gefahr oder Not" iS des RVO § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a kann nur dann in Betracht kommen, wenn die Allgemeinheit bedroht ist.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 2 Fassung: 1963-04-30, Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a Fassung: 1963-04-30
Tenor
Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. April 1970 wird einschließlich der Kostenentscheidung aufgehoben, soweit die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. Dezember 1966 zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird das Urteil des Sozialgerichts einschließlich der Kostenentscheidung geändert und die Klage auch abgewiesen, soweit sie sich gegen die Beigeladene richtet.
Im übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Zahnärztin E… (E.) wollte am Vormittag des 5. Oktober 1964 mit ihrem Pkw (Marke NSU-Prinz) zu ihrer Praxis fahren. Der Wagen stand in der Tiefgarage des Hauses, in dem Frau E. wohnt. Aus der Garage führt nach einer Kurve eine Rampe mit mittlerer Steigung auf einen Hof, von dem aus die öffentliche Straße zu erreichen ist. Als Frau E. bereits ein Teilstück der Rampe hinaufgefahren war, setzte der Motor des Pkw aus, und der Wagen blieb stehen. Es gelang Frau E. nicht, den Wagen rückwärts in die Garage zurückrollen zu lassen. Sie bat deshalb die Hausmeisterin des Anwesens und einen ihr nicht bekannten Passanten - den selbständigen Ingenieur R… R… (R.) -, den Wagen die Rampe hinaufzuschieben. Beide kamen der Bitte nach, hatten jedoch keinen Erfolg. Deshalb beschloß man, den Wagen nochmals in die Garage zurückrollen zu lassen. Auch hierbei wollten die beiden hinter dem Wagen Stehenden behilflich sein, um ein zu schnelles Zurückrollen zu verhindern. Durch unsachgemäßes Einschlagen des Lenkrades geriet das zurückrollende Fahrzeug zu nahe an die Auffahrtsmauer, und R. wurde mit dem rechten Bein zwischen Pkw und Mauer eingeklemmt. Dabei zog er sich eine erhebliche Knieverletzung zu.
Frau E. meldete den Unfall bei der für ihre Zahnarztpraxis zuständigen Beklagten. Diese lehnte es durch Bescheid vom 26. November 1964 ab, an R. Entschädigung zu leisten, da dessen Hilfeleistung nicht der Zahnarztpraxis gedient habe.
Sowohl R. als auch Frau E., die den Bescheid ebenfalls erhalten hatte, haben - getrennt - Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat beide Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Durch Urteil vom 13. Dezember 1966 hat es die Klage gegen den Bescheid der Beklagten abgewiesen und die beigeladene Landeshauptstadt München (Gemeindliche Ausführungsbehörde für UV) verurteilt, an R. Entschädigung zu leisten. Es hat ausgeführt: Die Klage der Frau E. sei unzulässig; Frau E. sei zur Führung des Prozesses nicht befugt, da sie nach § 639 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nur statt des Berechtigten, nicht jedoch neben diesem das Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) betreiben dürfe. Der Bescheid der Beklagten sei aus den von dieser angeführten Gründen rechtmäßig. R. habe jedoch bei einem Unglücksfall Hilfe geleistet und daher nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 a RVO unter Versicherungsschutz gestanden, leistungspflichtig sei die Beigeladene.
Die Beigeladene und Frau E. haben Berufung eingelegt.
R. ist am 20. Juli 1968 - nicht an den Folgen des Unfalls - gestorben. Als Rechtsnachfolger haben sein Sohn Knut und seine geschiedene Ehefrau Helene (jetzt: Frau T…) - diese als Rechtsnachfolgerin des 1969 gestorbenen gemeinsamen Kindes Astrid - das Verfahren aufgenommen.
Durch Urteil vom 23. April 1970 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Frau E. als unzulässig verworfen und die Berufung der Beigeladenen zurückgewiesen. Es hat ausgeführt: Frau E. sei, wie das SG zutreffend angenommen habe, weder befugt, Klage zu erheben noch ein Rechtsmittel einzulegen. Die Beiladung der Berufsgenossenschaft (BG) für Fahrzeughaltungen komme nicht in Betracht, da deren Interessen durch die Entscheidung nicht berührt würden; R. sei nicht bei einer Tätigkeit verunglückt, die üblicherweise von den Beschäftigten gewerblicher Fahrzeughaltungen ausgeübt werde; eine Hilfe der vorliegenden Art werde bei den zahlreichen Verkehrsunfällen des täglichen Lebens sogar weitaus überwiegend von Personen geleistet, die gerade nicht berufsmäßig in der Fahrzeughaltung beschäftigt seien. Die Beklagte sei nicht leistungspflichtig, weil R. nicht bei Frau E. in einem Beschäftigungsverhältnis (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO) gestanden habe; nach § 539 Abs. 2 RVO sei R. nicht geschützt gewesen, weil Frau E. beim Herausfahren aus der Garage noch keine versicherte Tätigkeit verrichtet gehabt habe; überdies sei keine Vergleichsperson ersichtlich, an deren Stelle R, hätte tätig werden können: Frau E. habe keinen Chauffeur angestellt gehabt, und es sei auch nicht üblich, daß Zahnärzte für ihr Unternehmen einen Chauffeur gewerbsmäßig beschäftigten.
Mit Recht habe das SG die Beigeladene als leistungspflichtig erachtet, da R. nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 a RVO unter Versicherungsschutz gestanden habe. "Unglücksfall" im Sinne dieser Vorschrift sei eine bereits eingetretene Situation. Aus dieser als Unglücksfall zu wertenden Situation habe sich die Fahrzeughalterin nicht ohne fremde Hilfe befreien können. Entgegen der Meinung der Beigeladenen sei im Zeitpunkt des Unfalles der Unglücksfall nicht bereits behoben gewesen. Denn nach dem mißlungenen Versuch, den Wagen nach oben zu schieben, seien beide Helfer hinter das Fahrzeug getreten, um zu verhindern, daß der Wagen beim Zurückrollen die Rampe hinunter zu stark an Fahrt gewinnen werde. Ihre Hilfeleistung zur Beseitigung des Unglücksfalles sei infolgedessen nach dem ersten Anschieben des Wagens nicht beendet gewesen. Die Entschädigungspflicht der Beigeladenen sei auch deshalb gegeben, weil R. Hilfe bei einer "Not" der Fahrzeughalterin geleistet habe. Der Wortlaut des Gesetzes zwinge nicht zu der Annahme, daß sich das Wort "gemeine" auch auf das Wort Not beziehe und eine Hilfeleistung bei Not nur geschützt sei, wenn es sich um Hilfe bei einer gemeinen Not handele. Die Fahrzeughalterin habe sich in einer Not- und Zwangslage befunden, solange sie auf der abschüssigen Rampe ihren Wagen nicht mehr so in der Gewalt gehabt habe, daß sie ihn für eine normale Fahrweise benützen konnte.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beigeladene hat dieses Rechtsmittel eingelegt. Sie rügt, das LSG habe den Begriff des Unglücksfalls verkannt und zu Unrecht angenommen, für die Anwendung des § 539 Abs. 1 Nr. 9 a RVO reiche die Hilfeleistung bei einer individuellen Not aus. Es bedeute keinen Unglücksfall, sondern lediglich ein Mißgeschick, daß der Motor des Pkw ausgesetzt habe. Es sei kein Schaden entstanden, noch habe ein solcher gedroht. Sofortige Hilfe durch Dritte sei nicht unabdingbar erforderlich gewesen. Frau E. hätte den Wagen ohne Gefahr des Schadens für sich oder andere zunächst stehenlassen können. Der schließlich eingetretene Schaden sei nicht Folge des Aussetzens des Motors, sondern des Zurückrollenlassens des Wagens gewesen, das eine neue Kausalkette eröffnet habe. Sie rügt ferner, das LSG hätte - wie von ihr beantragt - die BG für Fahrzeughaltungen beiladen müssen, da dieser Versicherungsträger als leistungspflichtig in Betracht komme.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil aufzuheben und zu erkennen, daß R… R… am 5. Oktober 1964 keinen Arbeitsunfall erlitten hat, hilfsweise,
daß die Landeshauptstadt München nicht zuständiger Versicherungsträger ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Rechtsmittel für unbegründet, soweit es sich gegen die Beklagte richtet.
Frau E. hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt. Die Kläger haben sich zur Sache nicht geäußert.
II
Die Revision der beigeladenen Eigenunfallversicherung, die vom LSG als entschädigungspflichtig erachtet worden ist, hatte Erfolg. Die Sache war zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, damit die BG für Fahrzeughaltungen als für die Entschädigung zuständiger Versicherungsträger beigeladen werden kann.
Der Auffassung des LSG, die Beigeladene habe Entschädigung zu leisten, da die Voraussetzungen des & 539 Abs. 1 Nr. 9 a RVO gegeben seien, ist nicht beizupflichten. Nach dieser Vorschrift sind ua Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die bei Unglücksfällen Hilfe leisten. Wie der erkennende Senat bereits in mehreren Urteilen am 25. Januar 1973 (2 RU 55/71 - zur Veröffentlichung vorgesehen -, ferner 2 RU 159/72 und 2 RU 216/72), auf die Bezug genommen wird, näher ausgeführt hat, bezweckt die Nr. 9 a des § 539 Abs. 1 RVO insoweit, Versicherungsschutz nur zu gewähren, solange ein Unglücksfall mit seinen unmittelbaren Schadensfolgen noch nicht abgeschlossen ist. Es muß in diesem Sinn noch ein weiterer Schaden - für Personen oder auch nur für Sachgüter - drohen. Dagegen besteht kein Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift für denjenigen, der tätig wird, um nach dem Eintritt und Abschluß eines Schadensereignisses den bereits eingetretenen Schaden zu beheben. So aber lagen die Verhältnisse im vorliegenden Fall.
Nach den insoweit unangegriffenen und deshalb für das Revisionsgericht nach § 163 SGG bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG war der Motor des Pkw auf der von der Tiefgarage zur Straße hin ansteigenden Rampe "abgestorben"; die Eigentümerin des Pkw - Frau E. - wollte daraufhin den Wagen in die Garage zurückrollen lassen, kam jedoch wegen des kurvenförmigen Verlaufs der Rampe nicht zurecht; nachdem die Hausmeisterin auf die Bitte der Frau E. und - als Beobachter des Vorgangs - auch der Ingenieur R. versucht hatten, den Wagen die Rampe hinaufzuschieben, was mißlang, wurde beschlossen, den Wagen wiederum in die Garage zurückrollen zu lassen; die Hausmeisterin und R. traten hinter den Wagen und wollten behilflich sein, daß dieser "nicht zu sehr an Fahrt gewinne"; durch unsachgemäßem Einschlagen der Räder geriet der Wagen zu nahe an die Auffahrtmauer, und R. wurde zwischen Wagen und Mauer eingeklemmt.
Das LSG hat nicht festgestellt, und es besteht auch kein Anhalt dafür, daß von dem auf der Rampe stehengebliebenen Pkw für Personen oder Sachgüter eine unmittelbare Gefahr ausging, die R. durch sein Eingreifen abwenden wollte. Die zunächst Unternommenen Bemühungen, den Wagen die Rampe hinaufzuschieben, dienten nicht der Abwehr eines drohenden weiteren Schadens, sondern der Beseitigung der mißlichen Lage, in die Frau E. durch die Betriebsstörung ihres Pkw geraten war. Es lag keine Situation vor, in der die Gefahr weiterer Schäden bestand, deren Eintritt R. hätte verhindern wollen. Die Unterstützung bei dem anschließend von Frau E. unternommenen nochmaligen Versuch, den Wagen ohne Motorkraft in die Garage zurückrollen zu lassen, war keine Hilfeleistung zur Verhinderung oder Verminderung eines aus dem Schadensereignis drohenden weiteren Schadens. Sie diente vielmehr ebenfalls dazu, den bereits eingetretenen - abgeschlossenen - Schaden zu beheben. Der Motor des Pkw war "abgestorben", dafür jedoch, daß die Bremsvorrichtung nicht funktionierte, bietet sich schon deshalb kein Anhalt, weil der Pkw auf der abschüssigen Rampe stehengeblieben war. Da somit die Fahrerin selbst in der Lage war, den Pkw durch Betätigen der Fuß- und Handbremse anzuhalten und dessen Fahrt beim Zurückrollen zu verlangsamen, ist die Absicht des R., "behilflich zu sein, damit der Wagen nicht zu sehr an Fahrt gewinne", dahin zu verstehen, daß er - durch Zuruf oder Zeichengebung - mit Rücksicht auf die Kurvenführung der Rampe im wesentlichen auf ein sachgemäßes Einschlagen der Räder beim Zurückrollen des Fkw hinwirken wollte; dafür spricht schon, daß R. vom vorderen rechten Kotflügel des Pkw gegen die Mauer gedrückt wurde, in diesem Zeitpunkt also nicht hinter dem Wagen stand. Die Möglichkeit, daß Frau E. durch unsachgemäßes Lenken ihren Pkw gegen die Einfassungsmauer der Rampe fahren und dabei beschädigen würde, war zwar trotz der intakten Bremsvorrichtung nicht von vornherein auszuschließen.
Die bei der Bergung eines zu Schaden gekommenen Sachgutes in Betracht kommende Gefährdung dieses Sachgutes oder anderer Sachen reicht aber nicht aus, die zur Abwendung einer solchen Gefahr unternommene Hilfeleistung noch einem bereits abgeschlossenen Unglücksfall zuzurechnen. R. ist folglich nicht bei einer Hilfeleistung in einem Unglücksfall tätig geworden. Er hat auch nicht bei gemeiner Gefahr oder Not geholfen, da die Allgemeinheit nicht bedroht war; die Auffassung des LSG, die Notlage brauche nicht die Allgemeinheit zu betreffen, die Hilfe bei einer "individuellen" Not reiche zur Begründung des Versicherungsschutzes im Sinne des 539 Abs. 1 Nr. 9 a RVO aus, ist - nach ersichtlich einhelliger Ansicht - unzutreffend (vgl. ua Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.-7. Aufl. S.474 b; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 57 zu § 539).
Der Versicherungsschutz ist jedoch - entgegen der Auffassung des LSG - aufgrund des § 539 Abs. 2 RVO i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift gegeben. R. ist dadurch, daß er der Pkw- Halterin Frau E. beim Einweisen in die Garage geholfen hat, wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Versicherter - nämlich wie ein in der privaten Kraftfahrzeughaltung aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Beschäftigter - tätig geworden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist es für die Anwendung dieser Vorschrift nicht erforderlich, daß ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt; auch die Beweggründe des Hilfeleistenden für sein Eingreifen sind nicht wesentlich. Es genügt, daß es sich um eine Tätigkeit handelt, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei allerdings eine nur theoretische Möglichkeit hierfür nicht ausreicht. Es muß also der Art nach eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit sein. Entgegen der Ansicht des LSG kommt es nicht darauf an, daß die Tätigkeit üblicherweise von in dem betreffenden Unternehmen beschäftigten Personen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses verrichtet wird. Die gegenteilige Meinung würde dazu führen, daß derjenige, der sich eine bezahlte Arbeitskraft für seinen privaten Bereich nicht leisten kann, einem Hilfeleistenden für den dabei eintretenden Unfall persönlich schadensersatzpflichtig wird, nicht dagegen - in einem sonst gleichliegenden Fall - der finanziell Bessergestellte, dessen bezahlter Arbeitnehmer im gegebenen Fall für die betreffende Tätigkeit nicht zur Verfügung steht (vgl. § 636 RVO), Weder vom Standpunkt des Unternehmers noch des Hilfeleistenden lassen sich derart unterschiedliche Ergebnisse rechtfertigen, Unerheblich für die Anwendung des § 539 Abs. 2 RVO i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall ist deshalb sowohl der Umstand, daß Frau E., der die ernsthafte Arbeitstätigkeit des R. diente, keinen Chauffeur beschäftigte, als aber auch die Erwägung, das Beheben einer Autopanne gehöre nicht zu den Tätigkeiten, die ein aufgrund eines Arbeitsverhältnisses in der privaten Kfz-Haltung Beschäftigter im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses üblicherweise zu verrichten habe (Vgl. zu Vorstehendem Brackmann, aaO, S. 475 bis 476 f II mit Nachweisen aus der Rechtsprechung insbesondere des erkennenden Senats.)
Die Beschränkung des Versicherungsschutzes nach & 539 Abs. 2 RVO auf Arbeiten, die von in dem unterstützten Unternehmen Beschäftigten üblicherweise verrichtet werden, würde insbesondere der systematischen Verbindung dieser Vorschriften mit Abs. 1 Nr. 1 nicht ausreichend Rechnung tragen (vgl. Urteil des erkennenden Senats in BSG 34, 240, 242 = SozR Nr. 32 zu § 539 RVO; vgl. auch Urteil vom 29.11.1972 - 8/2 RU 200/71 -). Da der Versicherungsschutz der Beschäftigten nicht nur für die in dem jeweiligen Unternehmen typischen Tätigkeiten, sondern zB auch für im Einzelfall weisungsgemäß verrichtete sonstige Arbeiten besteht, wird derjenige, der - ohne Beschäftigter zu sein - eine ebensolche, dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Tätigkeit für das Unternehmen übernimmt, "wie" ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Versicherter tätig; die Anwendung des § 539 Abs. 2 RVO hängt nicht davon ab, daß der Außenstehende, der für ein Unternehmen tätig wird, vor seinem Eingreifen Überlegungen anstellt, ob die Tätigkeit von den im Unternehmen Beschäftigten üblicherweise verrichtet wird.
R. ist bei seinem Eingreifen in dem Unternehmen der privaten Kraftfahrzeughalterin Frau E. tätig geworden. Frau E. war insoweit Unternehmerin im Sinne der Unfallversicherung. Dies folgt aus der Vorschrift des § 658 Abs. 1 Nr. 2 RVO, nach der bei nicht gewerbsmäßigem Halten von Fahrzeugen Unternehmer ist, wer das Fahrzeug hält. Der Senat hat bereits entschieden, daß der Begriff des Unternehmers im Sinne der UV keinen Geschäftsbetrieb oder eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit voraussetzt (BSG 14, 1, 2; SozR Nr. 1 zu § 658 RVO). Der Versicherungsschutz ist auch im Falle des § 539 Abs. 2 RVO nicht davon abhängig, daß für die jeweilige Tätigkeit Beiträge an die Berufsgenossenschaft geleistet werden. Einer der Hauptanwendungsbereiche dieser Vorschrift bezieht sich gerade auf Fälle eines unvorhergesehenen, vorübergehenden Tätigwerdens.
Zuständiger Versicherungsträger ist die BG für Fahrzeughaltungen. Der für Versicherte in Haushaltungen zuständige Versicherungsträger (§ 657 Abs. 1 Nr. 3 RVO) kommt als leistungspflichtig nicht in Betracht; selbst wenn das Halten eines Kraftfahrzeugs noch in den Rahmen der Haushaltung fällt, ergibt sich doch aus der ausdrücklichen Regelung in § 658 Abs. 2 Nr. 2 RVO, daß als Unternehmer der privaten Kraftfahrzeughaltung nicht der Haushaltsvorstand, sondern der Kalter des Fahrzeugs anzusehen ist. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift richtet sich die Zuständigkeit des Versicherungsträgers.
Das LSG hätte hiernach, wie die Beigeladene zu Recht schon im Berufungsverfahren geltend gemacht und mit der Revision auch gerügt hat, gemäß § 75 Abs. 2 SGG die BG für Fahrzeughaltungen beiladen müssen. Der Senat hat deshalb die Sache insoweit an das LSG zurückverwiesen, um dem Berufungsgericht Gelegenheit zu geben, die Beiladung des zuständigen Versicherungsträgers nachzuholen. Soweit das LSG die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des SG zurückgewiesen hat, ist unter Aufhebung des Berufungsurteils das Urteil des SG geändert und auch die gegen die Beigeladene gerichtete Klage abgewiesen worden. Die Zahnärztin E. hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt; das Urteil des LSG ist daher rechtskräftig geworden, soweit mit ihm die Berufung der Frau E. gegen das Urteil des SG als unzulässig verworfen worden ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.
Fundstellen