Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwartschaft auf Arbeitslosengeld aus Beschäftigungszeiten im Saisonbetrieb
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Erwerbs einer Anwartschaft auf Arbeitslosengeld aus Beschäftigungszeiten in einem Saisonbetrieb gemäß § 104 Abs 1 S 4 AFG iVm § 1 Abs 2 Nr 3 AnwZV (Anschluß an und Fortführung von BSG SozR 4100 § 104 Nr 17).
Normenkette
AFG § 104 Abs. 1 Sätze 4-5; AnwZV § 1 Abs. 1 Fassung: 1984-10-15, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Fassung: 1984-10-15
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin in einem Saisonbetrieb beschäftigt war und demzufolge aufgrund einer gemäß § 104 Abs 1 Satz 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf 180 Kalendermonate herabgesetzten Anwartschaftszeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.
Die Klägerin war vom 21. August bis 23. November 1984 und vom 18. März bis 31. Juli 1985 als Montagearbeiterin im Zweigwerk B. der Firma W.S. beschäftigt. In diesem Werk wurden Fernsehantennen und Zubehör hergestellt. Zur Beschäftigung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) folgendes festgestellt: Die Klägerin wurde jeweils wegen einer vorübergehenden Produktionssteigerung von vornherein zeitlich befristet eingestellt. Die Produktionssteigerungen der Firma W.S. beruhten darauf, daß sie immer wieder zusätzlich zu dem normalen Auftragsbestand einen Großauftrag zu beschaffen vermochten. Wegen derartiger Sonderaufträge, vor allem von Staaten aus dem Nahen Osten und dem nördlichen Afrika, hat die Firma W.S. in den Jahren 1976 bis 1986 überwiegend für mindestens vier und weniger als zwölf Monate immer wieder zusätzliche Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt; von Oktober 1976 bis Februar 1977 25, von Juni bis November 1978 29, von Juli bis November 1979 28, von Oktober 1980 bis Februar 1981 36, von Juni bis September 1983 15, von August bis November 1984 26, von März bis Juli 1985 16 und von April bis September 1986 8. Ob und wann derartige Aufträge eingehen würden, war für die Firma W.S. jedoch nicht sicher voraussehbar. Sie konnte nicht mit regelmäßig wiederkehrenden Sonder- oder Großaufträgen rechnen. Zur Bewältigung der Auftragsspitzen entschied sie sich, nicht die Stammbelegschaft zu vergrößern, sondern zusätzliche Arbeitskräfte nur auf Zeit einzustellen.
Am 5. August 1985 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosenhilfe (Alhi). Mit Bescheid vom 10. Oktober 1985 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da die Klägerin wegen des Einkommens ihres Ehemannes nicht bedürftig sei. Der Widerspruch, mit dem sie einen Anspruch auf Alg bei verkürzter Anwartschaftszeit (§ 104 Abs 1 Satz 4 AFG) geltend machte, blieb ohne Erfolg, weil es sich bei der Firma W.S. nicht um einen Saisonbetrieb iS des § 104 Abs 1 Satz 4 AFG in Verbindung mit der Anwartschaftszeit-Verordnung vom 29. Januar 1982 (AnwZV aF) handele, zumal in der Arbeitsbescheinigung die dementsprechende Frage ausdrücklich verneint worden sei (Widerspruchsbescheid vom 25. November 1985).
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben, da die Klägerin die Anwartschaftszeit gemäß § 104 Abs 1 Sätze 4 und 5 AFG iVm § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 3 AnwZV erfüllt habe (Urteil vom 15. Oktober 1986). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage mit der Begründung abgewiesen, die verkürzte Anwartschaftszeit sei auf Personen beschränkt, deren Arbeitsplätze der Natur der Sache nach - branchentypisch - nicht das gesamte Jahr zur Verfügung stünden. Einen solchen Arbeitsplatz habe die Klägerin aber nicht gehabt.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 104 Abs 1 Sätze 4 und 5 AFG iVm den Vorschriften der AnwZV. Sie trägt unter Bezugnahme auf ein Urteil des 7. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. Oktober 1987 (SozR 4100 § 104 Nr 17) vor, bei der Anwendung des § 104 Abs 1 Sätze 4 und 5 AFG und des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 3 AnwZV komme es nicht darauf an, welche tatsächlichen Beschäftigungen der anspruchsberechtigte Arbeitnehmer ausgeübt habe. Entscheidend seien die betrieblichen Verhältnisse. Die maßgeblichen Arbeitsplätze müßten dadurch gekennzeichnet sein, daß infolge betrieblicher Besonderheiten eine durchgehende Beschäftigung im Kalenderjahr regelmäßig nicht stattfinde. Die Gründe einer solchen zeitlichen Begrenzung des Arbeitsverhältnisses seien dabei unerheblich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Dezember 1987 aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Sie erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg.
Der Anspruch auf Alg setzt ua voraus, daß die Anwartschaftszeit erfüllt ist (§ 100 Abs 1 AFG). Im Zeitpunkt der Antragstellung vom 5. August 1985 richtete sich der Anspruch der Klägerin auf Alg nach § 104 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 und 3 AFG idF des Gesetzes vom 15. Oktober 1984 (BGBl I 1277). Danach hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre und geht dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt sind. Die Rahmenfrist lief, da die Klägerin die übrigen Voraussetzungen auf Alg erst mit der Antragstellung am 5. August 1985 erfüllte, vom 5. August 1982 bis 4. August 1985. In dieser Zeit hat die Klägerin nach den Feststellungen des LSG keine 360 Kalendertage, sondern nur 231 Kalendertage eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt.
Einen Anspruch auf Alg könnte die Klägerin somit lediglich aufgrund des § 104 Abs 1 Sätze 4 und 5 AFG erworben haben. Danach beträgt die anwartschaftsbegründende Beschäftigungszeit bei Arbeitnehmern, die allein wegen der Besonderheiten ihres Arbeitsplatzes regelmäßig weniger als 360 Kalendertage im Kalenderjahr beschäftigt werden, 180 Kalendertage. Näheres zur Abgrenzung des Personenkreises soll nach Abs 1 Satz 5 der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) durch Rechtsverordnung bestimmen. Hiervon hat der BMA Gebrauch gemacht und die AnwZV vom 29. Januar 1982 (BGBl I 112), geändert durch Verordnung vom 7. Februar 1983 (BGBl I 66) und durch Art 6 des Gesetzes vom 15. Oktober 1984 (BGBl I 1277), erlassen. Gemäß § 1 Abs 1 AnwVZ in der hier maßgeblichen Fassung vom 15. Oktober 1984 ist Arbeitnehmer iS des § 104 Abs 1 Satz 4 AFG, wer innerhalb der letzten 16 Monate vor dem Tage der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 180 Kalendertage bei Betrieben iS des Absatzes 2 in einer Beschäftigung gestanden hat, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen kann.
Nach den Feststellungen des LSG war die Klägerin zwar in der Frist von 16 Monaten bei der Firma W.S. mehr als 180 Kalendertage beschäftigt. Die ehemalige Arbeitgeberfirma der Klägerin gehört jedoch, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, nicht zu den Betrieben iS des § 1 Abs 2 AnwZV.
Nach § 104 Abs 1 Satz 4 AFG ist eine Herabsetzung der für die Erfüllung der Anwartschaftszeit nach Satz 1 erforderlichen Beschäftigungszeit nur zulässig für Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz wegen seiner Besonderheiten nicht regelmäßig eine Beschäftigungsdauer von 360 Tagen im Kalenderjahr gewährleistet. Der Zweck dieser Vorschrift ist es, vor allem Saisonarbeitern den Zugang zum Schutz der Arbeitslosenversicherung zu erleichtern. Dies hat der 7. Senat des BSG in seinem Urteil vom 14. Februar 1985 (7 RAr 68/83) und in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 28. Oktober 1987 (SozR 4100 § 104 Nr 17) unter Hinweis auf die Gesetzesgeschichte bereits geklärt.
Der Verordnungsgeber hat in § 1 Abs 1 AnwZV den Kreis der Begünstigten danach abgegrenzt, ob sie in Betrieben beschäftigt waren, deren Beschäftigungslage von regelmäßigen Unterbrechungen bzw Schwankungen gekennzeichnet ist. In § 1 Abs 2 AnwZV sind diese Betriebe nach Art und Charakter festgelegt worden (vgl BSG SozR 4100 § 104 Nr 17 zu dem nahezu wortgleichen § 2 Abs 1 und Abs 2 AnwZV aF). Es kommt also für die Anwendung des § 104 Abs 1 Satz 4 AFG - wie das LSG zutreffend entschieden hat - nicht darauf an, wie sich das Beschäftigungsverhältnis des jeweiligen Antragstellers in den letzten 16 Monaten vor Eintritt der Arbeitslosigkeit gestaltet hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die Beschäftigung der Klägerin in einem Betrieb stattgefunden hat, der einen der Tatbestände des § 1 Abs 2 AnwZV erfüllt (BSG aaO). Daran fehlt es hier.
Von § 1 Abs 2 Nr 1 AnwZV werden Betriebe erfaßt, in denen regelmäßig und jährlich wiederkehrend die Beschäftigungsverhältnisse der in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmer wegen vollständiger Einstellung der Produktion für eine zusammenhängende Zeit von mehr als 35 Kalendertagen beendet werden. Der Tatbestand der Produktionseinstellung kommt hier nach den Feststellungen des LSG nicht in Frage.
Ebenso sind die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Nr 2 AnwZV nicht gegeben. Hierzu gehören Betriebe, in denen die Beschäftigungsverhältnisse der auf witterungsabhängigen Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer regelmäßig und jährlich wiederkehrend aus witterungsbedingten Gründen beendet werden.
Schließlich erfüllt der Arbeitsplatz, den die Klägerin bei der Firma W.S. innegehabt hat, auch nicht die Voraussetzungen der Nr 3 des § 1 Abs 2 AnwZV. Davon werden Betriebe erfaßt, in denen regelmäßig und jährlich wiederkehrend Arbeitnehmer wegen einer Produktionssteigerung für eine zusammenhängende Zeit von mindestens vier, aber weniger als zwölf Monaten beschäftigt werden. Die zusätzliche Beschäftigung von Arbeitnehmern bei "wiederholten kurzfristigen Steigerungen - die sich etwa in Kauf- und Versandhäusern anläßlich von Schluß-und Feiertagsverkäufen ergeben -" sollte nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von der Vorschrift nicht erfaßt werden (vgl BT-Drucks 10/2012, Begründung zu Art 1c, Abs 1 Nr 2, Buchst b).
Nach den Feststellungen des LSG hat der Arbeitgeber der Klägerin in den Jahren seit 1976 bis 1986 wegen Produktionssteigerungen zusätzlich Arbeitnehmer für eine zusammenhängende Zeit - und zwar überwiegend mindestens vier, aber weniger als zwölf Monate - beschäftigt. Dabei ist unerheblich, ob der Arbeitslose selbst - was bei der Klägerin im Jahre 1984 nicht der Fall war - jeweils eine Beschäftigung von mehr als vier und weniger als zwölf Monaten ausgeübt hat. Denn, wie bereits ausgeführt, hängt die Anwendung des § 1 Abs 2 Nr 3 AnwZV davon ab, daß die betrieblichen Verhältnisse den Anforderungen der Vorschrift entsprachen (SozR 4100 § 104 Nr 17). Aus der Maßgeblichkeit der betrieblichen Verhältnisse folgt jedoch entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht, daß damit jeder Betrieb, der wegen regelmäßig wiederkehrender Produktionssteigerungen - aus welchen Gründen auch immer - zusätzlich Arbeitnehmer für die Dauer von mindestens vier Monaten beschäftigt, die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Nr 3 AnwZV erfüllt. Denn damit würde - wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat - der Sinn und Zweck der Ermächtigungsnorm des § 104 Abs 1 Satz 4 AFG, nämlich der Schutz der Saisonarbeiter, außer Betracht gelassen.
Das Gesetz selbst gibt zwar keine Definition des Begriffes "Saisonbetrieb". In § 104 Abs 1 Satz 4 AFG ist jedoch festgelegt, daß eine kürzere als die regelmäßige Anwartschaftszeit nur für solche Arbeitnehmer in Betracht kommt, die "allein wegen der Besonderheiten ihres Arbeitsplatzes regelmäßig weniger als 360 Kalendertage im Kalenderjahr beschäftigt werden". Dementsprechend fordert die Verordnung in § 1 Abs 2 Nrn 1 bis 3 AnwZV, daß die dort angeführten Tatbestände "in der Regel jährlich wiederkehrend" in diesen Betrieben auftreten. Beschäftigungsschwankungen müssen also - wie bereits ausgeführt - nach der Besonderheit des Betriebes regelmäßig und jährlich wiederkehrend auftreten, um für den einzelnen Beschäftigten die Rechtsfolge einer kürzeren Anwartschaftszeit auszulösen (vgl BSG SozR 4100 § 104 Nr 17). Nur bei Arbeitnehmern in Betrieben mit regelmäßig schwankender Beschäftigungslage greift der Schutzzweck der Bestimmung, nämlich der Erhalt der Lohnersatzleistung in Form des Alg. Gerade am Beispiel sogenannter Saison- oder Kampagne-Betriebe, die von der Nr 3 des § 1 Abs 2 AnwZV erfaßt werden, wird dies besonders deutlich. Es gilt jedoch auch bei dem Tatbestand der Nr 1 (Produktionseinstellung) und der Nr 2 (witterungsabhängige Verhältnisse). Ein "Saisonbetrieb" iS des § 104 Abs 1 Satz 4 AFG iVm § 1 Abs 2 AnwZV setzt somit voraus, daß die schwankende Beschäftigungslage bei vorausschauender Betrachtungsweise regelmäßig wiederkehrt, wobei die Beschäftigungsschwankung häufig, aber nicht notwendig an eine bestimmte Jahreszeit geknüpft ist (so auch zum Begriff des Saisonbetriebs in § 20 KSchG BSG-Urteil vom 20. Oktober 1960 - 7 RAr 98/56 in AP § 20 KSchG 1951 Nr 1; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 5. Aufl § 142 II 1). Dementsprechend hat auch beispielsweise das LSG Hamburg (Urteil vom 14. März 1985 - L 5 Ar 21/84) festgestellt, ein "Saisonbetrieb" liege dann vor, wenn aufgrund von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Feststellung getroffen werden könne, daß aus den in § 1 Abs 2 AnwZV genannten Gründen eine schwankende Beschäftigung regelmäßig in einer bestimmten Jahreszeit wiederkehre (vgl zum Begriff des Saisonbetriebes in § 7 Abs 2 Schwerbehindertengesetz -SchwbG- auch LSG Berlin vom 10. April 1981 - L 4 Ar 60/79 - und Bayerisches LSG, Urteil vom 27. Mai 1982 - L 9 Al 110/81, AMBl BY 1983, B 15f - maßgeblich ist die Notwendigkeit erheblich verstärkter Arbeit während bestimmter Zeiten des Jahres). Diese Voraussetzungen sind bei der in Rede stehenden Firma W.S. nicht gegeben.
Nach den Feststellungen des LSG sind zwar seit 1976 in der Regel jährlich wiederkehrend wegen einer vorübergehenden Produktionssteigerung zusätzlich Arbeitsplätze auf begrenzte Zeit geschaffen worden. Die schwankende Beschäftigungslage war jedoch nicht von vornherein kalkulierbar. Vielmehr hingen diese Produktionssteigerungen davon ab, ob es der Firma W.S. gelang, sich zusätzlich zu dem normalen Auftragsbestand einen Großauftrag zu verschaffen. Ob und daß derartige Aufträge eingehen würden, ließ sich nach den Feststellungen des LSG - die von der Klägerin nicht angegriffen worden sind - nicht im voraus sicher sagen. Sie traten innerhalb eines Jahres unregelmäßig, dh nicht in einem bestimmten Zeitablauf, auf und konnten - wie im Jahr 1982 - auch überhaupt nicht auftreten. So zeichnete sich beispielsweise nach den Feststellungen des LSG im Mai 1986 noch kein Großauftrag aus dem Nahen Osten für das Jahr 1986 ab.
Der Klägerin ist einzuräumen, daß - entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung - die Gründe einer Produktionssteigerung für die Einordnung des Betriebes unter Nr 3 des § 1 Abs 2 AnwZV keine Rolle spielen. Denn eine Abgrenzung danach, ob die Schwankungen der Beschäftigungslage hervorgerufen worden sind - so das LSG - "durch Umstände, die der Wirtschaftslage vorgegeben und vom Arbeitgeber im wesentlichen nicht zu beeinflussen sind", würde erhebliche Probleme aufwerfen. Dies entspräche auch nicht dem Sinn der Ermächtigungsnorm des § 104 Abs 1 Satz 5 AFG zur AnwZV, wonach eine abschließende und möglichst eindeutige Beschreibung der erfaßten Betriebe Aufgabe des Verordnungsgebers sein sollte. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Ermächtigungsnorm und der Verordnung, Saisonarbeitnehmer in besonderer Weise zu schützen, ist deshalb entscheidend, ob das spezifische Charakteristikum eines "Saisonbetriebs", nämlich die in der Regel jährlich wiederkehrende schwankende Beschäftigungslage, gegeben ist. Allerdings trifft dieses Merkmal nur auf Betriebe bestimmter Art zu, so daß insofern die Aussage des LSG, wonach die schwankende Beschäftigungslage aus den betrieblichen Verhältnissen und aus der Natur der Sache folgen muß, im Ergebnis zutreffend ist. Die Schwankungen dürfen also nicht für das gesamte Wirtschaftsleben üblich sein (vgl BSG in AP § 20 KSchG 1951 Nr 1).
Soweit die Klägerin entgegenhält, nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4100 § 104 Nr 17) schütze § 104 Abs 1 Satz 4 AFG nicht nur, sondern "vor allem" die Saisonarbeiter, ist dies kein Widerspruch zu den bisherigen Ausführungen. Vielmehr erklärt sich das daraus, daß Nr 3 des § 1 Abs 2 AnwZV die typischen Saison- oder Kampagnebetriebe erfaßt, während die Nrn 1 und 2 Fallgestaltungen betreffen, bei denen ebenfalls nach der Besonderheit des Betriebes Beschäftigungsschwankungen wiederkehrend auftreten.
Soweit die Klägerin sich schließlich auf Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) beruft und ausführt, sie sei in ähnlicher Weise schutzwürdig wie Arbeitnehmer in Saison- oder Kampagne-Betrieben, ist dies unzutreffend. Der Gleichheitssatz ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 55, 72, 88; 68, 287, 201; stRspr). Hier besteht hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit zwischen Arbeitnehmern mit einem befristeten Arbeitsverhältnis - wie im Fall der Klägerin - und Arbeitnehmern, die allein wegen der Besonderheit ihres Arbeitsplatzes regelmäßig weniger als 360 Kalendertage im Kalenderjahr beschäftigt werden, ein erheblicher sachlicher Unterschied. Während bei ersteren die Bestimmung der Dauer des Arbeitsverhältnisses in der Gestaltungsfreiheit der Parteien liegt, ist bei einem Saisonarbeitsverhältnis wegen der Besonderheit des Betriebs die bestimmte Bindung von vornherein vorgegeben. In dieser Besonderheit des Arbeitsplatzes liegt - wie auch die Gesetzesgeschichte zeigt - die Rechtfertigung der Ausnahmeregelung des § 104 Abs 1 Satz 4 AFG für Saisonarbeitnehmer. Dementsprechend behandelt der Gesetzgeber umgekehrt beim Kurzarbeitergeld den saisonbedingten Arbeitsausfall nicht wie einen "normalen" Arbeitsausfall, sondern gewährt nach § 64 Abs 3 AFG in diesem Fall kein Kurzarbeitergeld. Es begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit die Herabsetzung der Anwartschaftszeit für den Alg-Anspruch auf den Personenkreis der Saisonarbeitnehmer begrenzt hat.
Das LSG hat deshalb zu Recht die angefochtenen Bescheide bestätigt.
Der Senat kann insoweit von einer Stellungnahme dazu absehen, ob das LSG eine in den Jahren 1976 bis 1986 überwiegende Einhaltung der Zeitschranke von mindestens vier, aber weniger als zwölf Monaten hat genügen lassen, auch wenn der Arbeitgeber innerhalb der Anwartschaftszeit der Klägerin die Zeitschranke nicht in jedem Jahr - so im Jahre 1984 - eingehalten hat.
Die Revision der Klägerin war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen