Leitsatz (redaktionell)

Zur Entschädigung eines Unfalls nach RVO § 537 Nr 10 aF (Unfall bei der Ausführung von Putzarbeiten bei Errichtung eines Mietshauses für den Vater).

 

Normenkette

RVO § 537 Nr. 10 Fassung: 1942-03-09

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. November 1964 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat den übrigen Beteiligten auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für die Folgen eines Unfalls, den der Beigeladene am 30. Oktober 1961 erlitten hat, Entschädigung zu leisten hat. Über den Hergang dieses Unfalls enthält das Urteil des Berufungsgerichts folgende Feststellungen:

Der Kläger hatte in einem vom Vater des Beigeladenen errichteten Neubau eines Mietshauses die Putzarbeiten übernommen. Der Beigeladene war nach Ablegung der Großen juristischen Staatsprüfung zunächst noch ohne Stellung; er sollte sich auf Wunsch seines Vaters darum kümmern, daß die Bauarbeiten voran gingen, und hielt sich deshalb wiederholt auf der Baustelle auf. Die Putzarbeiten führte der Sohn des Klägers, der Malermeister W K, mit einigen Gesellen aus. Am Morgen des 30. Oktober 1961 ließ er eine vor dem Haus aufgestellte Putzmaschine durch einen der Gesellen in Betrieb setzen. Danach sollte, wie üblich, vor dem Mörtelspritzen reiner Kalk durch die Spritzanlage gedrückt werden, um die Innenwandungen für den Mörtelfluß gleitfähig zu machen. Im 2. Stockwerk des Neubaus, dessen Wände an jenem Tag verputzt werden sollten, stand der Geselle Blumenschein arbeitsbereit; er hielt mit beiden Händen das Schlauchende der von der Putzmaschine heraufführenden Leitung. Da die übrigen Malergesellen in einem anderen Teil des Neubaus arbeiteten, bat der Sohn des Klägers den Beigeladenen, der sich gerade am Fenster des Raumes aufhielt, in dem Blumenschein stand, ihm nach unten ein Zeichen zu geben, sobald Kalk aus dem Schlauch herauskomme. Als der Beigeladene im Begriff war, sich zur Vorbereitung der übernommenen Zeichengebung dem Rauminneren zuzuwenden, löste sich der Spritzkopf vom Schlauch. Der herausspritzende Kalk verletzte den Beigeladenen und - weniger schwer - den Gesellen B an den Augen. Der Beigeladene erlitt an beiden Augen schwere Kalkverätzungen. Er befand sich mehrere Wochen in stationärer und anschließend in ambulanter fachärztlicher Behandlung.

Der Beigeladene erhob beim Landgericht Darmstadt gegen den Kläger, dessen Sohn und einen beim Kläger beschäftigten Gesellen, der den Spritzkopf nicht ordnungsgemäß am Schlauch befestigt hatte, Klage auf Schadensersatz. Diese machten - auf Drängen der Haftpflichtversicherung des Klägers - geltend, daß ein Arbeitsunfall vorliege. Das Landgericht ordnete im Einvernehmen der Parteien das Ruhen des Verfahrens an.

Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 4. April 1963 gegenüber dem Beigeladenen ihre Verpflichtung zur Entschädigung mit der Begründung ab, daß dieser sich auf der Baustelle allein im Interesse seines Vaters aufgehalten habe, so daß der Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Unfallversicherungsneuregelungsgesetzes - UVNG - RVO aF) entfalle. § 537 Nr. 10 RVO aF sei nicht anzuwenden, weil der Beigeladene im Zeitpunkt des Unfalls für das Unternehmen des Klägers keine ernstliche, wirtschaftlich wertvolle Arbeit verrichtet habe. Eine Abschrift des Bescheides übersandte die Beklagte dem Kläger zur Kenntnisnahme.

Der Beigeladene hat Klage beim Sozialgericht (SG) Darmstadt erhoben; er hat diese in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 1963 zurückgenommen, weil der Kläger schon vorher seinerseits den Klageweg zu diesem SG beschritten hatte. In diesem Verfahren hat das SG mit Beschluß vom 23. Oktober 1963 den Verletzten beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 1964 hat es den Malermeister K jun. und den Gesellen B als Zeugen vernommen. Durch das in derselben mündlichen Verhandlung verkündete Urteil hat es die Klage abgewiesen, weil der Beigeladene für den Kläger keine beachtliche, wirtschaftlich wertvolle Tätigkeit ausgeführt habe; dessen Augenblickshandlung habe nur der Bequemlichkeit eines Versicherten gedient und stehe deshalb nicht unter Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 10 RVO aF.

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers durch Urteil vom 11. November 1964 die Entscheidung des SG sowie den Bescheid der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, den Unfall des Beigeladenen als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Klage sei nach § 902 RVO aF zulässig. Sie sei auch begründet, weil der Beigeladene im Unfallzeitpunkt für den Betrieb des Klägers, wenn auch nur vorübergehend, wie ein aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Beschäftigter tätig gewesen sei. Zwar habe der Beigeladene - entgegen anderslautenden früheren Angaben - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für das Unternehmen des Klägers allenfalls nur gelegentliche Handreichungen gemacht. Er habe den Unfall aber erlitten, als er die Aufgabe übernommen habe, den Sohn des Klägers zu verständigen, wenn Kalk aus dem Spritzschlauch heraustrete. Zu diesem Zweck habe er sich gerade dem Zeugen B zuwenden wollen. Diese für den Betrieb des Klägers eben begonnene Tätigkeit sei nach Art und Dauer zwar nur geringfügig gewesen. Es habe sich aber um eine ernstliche und für das Unternehmen des Klägers notwendige Tätigkeit gehandelt. Sie hätte sonst von einem am Unfallort nicht anwesenden Arbeitnehmer des Klägers ausgeführt werden müssen, sei deshalb nicht ohne wirtschaftliche Bedeutung gewesen und habe somit in einem inneren Zusammenhang mit dem Unternehmen des Klägers gestanden. Der Umstand, daß sie auch dem Vater des Beigeladenen als Bauherrn zugute gekommen sei, schließe den Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 10 RVO aF nicht aus. Entgegen der Ansicht des SG habe es sich nicht um eine lediglich zur Bequemlichkeit eines Arbeitnehmers ausgeführte Tätigkeit gehandelt; hätte der Beigeladene die Aufgabe, dem Sohn des Klägers ein bestimmtes Zeichen zu geben, nicht übernommen, so hätte ein am unmittelbaren Arbeitsort nicht vorhanden gewesener Arbeitnehmer des Klägers herbeigeholt werden müssen. Im übrigen komme es versicherungsrechtlich auf den Beweggrund für die Ausübung der Tätigkeit nicht an. Es liege auch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall vor. Nach seinen glaubhaften Angaben habe der Beigeladene den Unfall gerade deswegen erlitten, weil er im Begriff gewesen sei, sich zur Vorbereitung der übernommenen Zeichengebung zum Rauminneren umzuwenden; andernfalls hätte er die Augenverletzung mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht erlitten.

Das LSG hat die Revision zugelassen, weil es sich bei der Frage, ob die vom Beigeladenen übernommene Aufgabe bereits die Voraussetzung des § 537 Nr. 10 RVO aF erfülle, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handele.

Die Beklagte hat Revision eingelegt und diese im wesentlichen wie folgt begründet:

Es bedürfe schon ganz besonderer Umstände, um die Tätigkeit des Beigeladenen in eine unfallversicherungsrechtlich wesentliche Beziehung zum Betrieb des auf dem Bau des Vaters des Beigeladenen beschäftigten Klägers zu bringen. Der Beigeladene sei im alleinigen Interesse des Bauherrn, seines Vaters, tätig gewesen. Es könne daher keinesfalls angenommen werden, daß der Vertreter des Bauherrn, noch dazu ein Jurist, der von Putz- und Malerarbeiten vermutlich nichts verstanden habe, Gehilfe eines Bauhandwerkers geworden sei. Voraussetzung dafür wäre, daß der Beigeladene eine echte ins Gewicht fallende Tätigkeit des allgemeinen Arbeitslebens verrichtet hätte. Der vom Berufungsgericht als wesentlich angesehene Umstand, daß die vom Beigeladenen übernommene Aufgabe sonst von einem Arbeitnehmer des Klägers hätte ausgeführt werden müssen, vermöge den Versicherungsschutz nicht zu begründen; denn es seien, wie der Aussage des Sohnes des Klägers zu entnehmen sei, am Tage des Unfalls noch andere Arbeitnehmer des Klägers auf der Baustelle tätig gewesen. Die Mithilfe des Beigeladenen sei sonach überflüssig gewesen. Der Sohn des Klägers habe, statt einen dieser Leute heranzuziehen, aus Bequemlichkeit die Mitwirkung des Beigeladenen verlangt. Dies sei also im betrieblichen Interesse des Klägers nicht notwendig gewesen. Außerdem sei der Beigeladene im Zeitpunkt des Unfalls für den Betrieb des Klägers noch gar nicht tätig gewesen. Wie sich aus der Zeugeneinvernahme des Sohnes des Klägers ergebe, habe sich dieser im 2. Stockwerk befunden, als er den Beigeladenen gebeten habe, ihm das bewußte Zeichen zu geben; noch während sich der Zeuge nach unten zur Putzmaschine begeben habe, habe sich aber der Unfall bereits ereignet. Der Beigeladene habe also gar keine Möglichkeit und Gelegenheit gehabt, mit der Ausführung des ihm erteilten Auftrages zu beginnen; denn dies hätte vorausgesetzt, daß der Sohn des Klägers an der Putzmaschine gestanden hätte, um diese auf ein Zeichen des Beigeladenen hin zu bedienen. Die dem entgegenstehende Feststellung, daß der Beigeladene im Unfallzeitpunkt sich vom Fenster abgewandt habe, um mit der gewünschten Tätigkeit für den Kläger zu beginnen, habe das Berufungsgericht dem Inhalt der Akten, insbesondere den Aussagen der Zeugen und des Beigeladenen, nicht entnehmen können; es habe mit jener Feststellung somit die ihm in § 128 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gesetzten Grenzen überschritten. Der Unfall sei plötzlich und unvermutet gekommen. Er stehe angesichts der gegebenen tatsächlichen Umstände mit der kurz zuvor geäußerten Bitte des Sohnes des Klägers in keinem Zusammenhang. Der Beigeladene habe in Wirklichkeit noch nicht damit begonnen gehabt, dessen Bitte zu erfüllen. Der Unfall hätte ebenso gut irgendeine andere auf der Baustelle sich aufhaltende Person treffen können. Im Zeitpunkt des Unfalls des Beigeladenen habe es somit an der notwendigen betrieblichen Beziehung gefehlt.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Darauf, daß sein Sohn anstelle des Beigeladenen einen seiner Arbeiter hätte heranziehen können und müssen, komme es versicherungsrechtlich nicht an. Die unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit des Beigeladenen habe möglicherweise schon mit der Beauftragung durch den Sohn des Klägers, jedenfalls in dem Zeitpunkt begonnen, als sich der Beigeladene vom Fenster weggewandt habe. Sie könne nicht allein auf den Augenblick des Zurufs beschränkt und davon abhängig gemacht werden, daß der Sohn des Klägers zuvor an der Putzmaschine angelangt gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

II

Die Revision ist nicht begründet.

Zutreffend hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 902 RVO aF, an dessen Stelle mit dem Inkrafttreten des UVNG die ihr inhaltlich im wesentlichen entsprechende Vorschrift des § 639 RVO nF getreten ist, bejaht (vgl. BSG 5, 168, 170). Ob ein Rechtsschutzbedürfnis für die vom Kläger erhobene Klage auch für die Dauer der - später eingelegten - Klage des Beigeladenen bestanden hat (§ 902 RVO nF, § 638 RVO nF: "statt des Berechtigten"), braucht vorliegendenfalls nicht entschieden zu werden, da der Beigeladene mit Rücksicht auf die vom Kläger erhobene Klage seine Klage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung längst zurückgenommen hatte, in diesem - verfahrensrechtlich maßgeblichen - Zeitpunkt somit jene Prozeßvoraussetzung jedenfalls vorgelegen hat (Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl., § 89 IV 4, S.430).

Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, daß der Beigeladene im Zeitpunkt des Unfalls nach § 537 Nr. 10 RVO aF i.V.m. Nr. 1 dieser Vorschrift versichert gewesen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, der das LSG gefolgt ist, setzt jene Vorschrift voraus, daß eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit vorliegt, die - ungeachtet des Beweggrundes des Tätigwerdenden - ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem dem Erwerbsleben zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen könnte, und einer aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübten Tätigkeit ähnlich ist, so daß durch sie ein innerer Zusammenhang mit dem unterstützten Unternehmen hergestellt wird (BSG 5, 168; 14, 1; 17, 211; 18, 143; 19, 117; SozR Nr. 16, 23, 25, 29 zu § 537 RVO aF).

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß es sich bei der vom Sohn des Klägers erbetenen, vom Beigeladenen - wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht - stillschweigend zugesagten Mithilfe um eine ernstliche, dem Unternehmen des Klägers dienende Tätigkeit gehandelt hätte, wenn ihre Ausführung wie vorgesehen erfolgt wäre. Dem steht nicht entgegen, daß vom Beigeladenen eine einmalige, nur kurz vorübergehende Mitwirkung gefordert war (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand 15.6.1966, Bd. II, S. 476 b; BGH, Versicherungsrecht 1959, 109; AP Nr. 42 zu §§ 898, 899 RVO aF). Entgegen der Meinung der Revision ist die Anwendung des § 537 Nr. 10 RVO aF nicht ausgeschlossen, weil der wirtschaftliche Wert der erbetenen Arbeit gering gewesen wäre (SozR Nr. 15 zu § 537 RVO aF), eine Gegenleistung vom Beigeladenen somit offensichtlich nicht erwartet worden ist (Brackmann, aaO, S. 476). Nach der Rechtsprechung des Senats hängt der Versicherungsschutz ferner nicht davon ab, daß durch die helfende Tätigkeit des Verletzten dem unterstützten Unternehmen kein objektiver Nutzen entstanden ist. Wollte man versicherungsrechtlich hierauf abstellen, würde der Versicherungsschutz immer versagt werden müssen, wenn - wie dies auch hier der Fall gewesen ist - einer Tätigkeit infolge eines vorher eingetretenen Unfalls der Erfolg versagt geblieben ist (BSG 5, 168, 172).

Der Revision kann auch darin nicht gefolgt werden, daß der Beigeladene im Zeitpunkt des Unfalls für das Unternehmen des Klägers noch gar nicht tätig gewesen sei. Selbst wenn die von der Revision gegebene Darstellung des Sachverhalts zutreffen würde, hätte eine Tätigkeit im Sinne von § 537 Nr. 10 RVO aF vorgelegen. Ob diese bereits, wie der Kläger meint, mit der Annahme des dem Beigeladenen erteilten Auftrages begonnen hat, braucht vorliegendenfalls nicht entschieden zu werden. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beigeladene, nachdem der Sohn des Klägers die entsprechende Bitte an ihn gerichtet hatte, sich in Richtung auf die Örtlichkeit umgedreht, der er seine Aufmerksamkeit widmen sollte. Das LSG hat festgestellt, daß diese Körperbewegung bereits zwecks Durchführung der übernommenen Tätigkeit erfolgt ist. Die von der Revision gegen diese Feststellung erhobene Verfahrensrüge ist selbst dann nicht begründet, wenn die von ihr behauptete, vom LSG nicht festgestellte Tatsache zutreffen würde, daß der Sohn des Klägers in diesem Augenblick erst auf dem Weg nach unten zur Putzmaschine war und er nur an dieser Stelle das verabredete Zeichen des Beigeladenen wahrnehmen konnte. Dies schließt nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht aus, daß jemand die Gelegenheit nutzt, um sich vorher mit den Gegebenheiten vertraut zu machen, denen er in wenigen Augenblicken seine Aufmerksamkeit zuwenden soll. Das Berufungsgericht hat deshalb mit der Feststellung, der Beigeladene habe sich zu diesem Zweck nach dem Inneren des Raumes, an dessen Fenster er stand, umgedreht, die ihm in § 128 SGG gesetzten Grenzen nicht überschritten. Mit dieser Bewegung hat der Beigeladene, wie das LSG mit Recht angenommen hat, schon mit der Ausführung der von ihm erbetenen Mithilfe begonnen, da mit ihr der Anfang zu der von ihm erwarteten Beobachtung, deren Ergebnis er dem Sohn des Klägers durch ein Zeichen mitteilen sollte, gemacht worden ist.

Es kommt ferner nicht darauf an, ob, wie die Revision vorbringt, der Sohn des Klägers die Möglichkeit gehabt hätte, einen seiner am Bau tätigen Gesellen herbeizuholen, um die für erforderlich gehaltene, vom Beigeladenen erbetene Tätigkeit auszuführen. Rechtlich wesentlich ist vielmehr, daß dessen beabsichtigte Mithilfe dem Unternehmen des Klägers dienen sollte. Dies hat das Berufungsgericht unbedenklich bejaht, da die Tätigkeit des Beigeladenen vom Vertreter des Klägers verlangt worden ist. Der Anwendung des § 537 Nr. 10 RVO aF steht nicht entgegen, daß die - bereits zu ihrem Beginn durch den Unfall beendete - Tätigkeit des Beigeladenen dessen Vater, dem Bauherrn, ebenfalls von Nutzen gewesen wäre (BSG 18, 143, 146 ff). Es ist auch ohne rechtliche Bedeutung, ob die Tätigkeit des Beigeladenen dem Unternehmen des Klägers überwiegend hätte dienen sollen, vielmehr reicht es für den Versicherungsschutz aus, daß es für den Beigeladenen wesentlich war, auch dem Unternehmen des Klägers zu dienen (Brackmann, aaO, S. 476 a). Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen nicht den Schluß zu, der Beigeladene habe eine Tätigkeit beabsichtigt gehabt, die zum Aufgabenkreis des Unternehmens seines Vaters in seiner Eigenschaft als Bauherr gehörte, mit der - den Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 10 RVO aF ausschließenden - Rechtsfolge, daß er selbst dann für dieses Unternehmen ausschließlich tätig geworden wäre, wenn seine Tätigkeit zugleich den Zwecken des Unternehmens des Klägers gedient hätte (BSG 5, 168, 174; 7, 195, 198). Es ist ferner versicherungsrechtlich ohne Bedeutung, daß der Beigeladene als Vertreter des Bauherrn gegenüber dem Sohn des Klägers, der als Vertreter eines Bauhandwerkers auf der Baustelle tätig gewesen ist, hinsichtlich der Bauausführung Wünsche äußern und ihm Weisungen erteilen konnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist nicht entscheidend, welche persönliche und wirtschaftliche, insbesondere auch gesellschaftliche Stellung der "wie ein Versicherter" Tätigwerdende im Verhältnis zu dem unterstützten Unternehmen hat und welche Beweggründe ihn zur Verrichtung dieser Tätigkeit veranlaßt haben (BSG 5, 168, 173, 174; 16, 73, 75; 17, 211, 216; 19, 117, 118; vgl. auch OVA Württemberg-Hohenzollern, Breithaupt 1951, 903). Rechtlich wesentlich kann somit auch nicht sein, daß es im Belieben des Beigeladenen gestanden hat, ob er die Bitte des Sohnes des Klägers erfüllen wollte. Die "Herrschaft" des Beigeladenen "über die" von ihm erbetene "Tätigkeit" (Rienau, SozVers 1967, 181, 183) genügt daher für sich allein nicht, die Möglichkeit auszuschließen, daß der Beigeladene "wie ein Versicherter" hat tätig werden können.

Da das Berufungsgericht ferner mit Recht angenommen hat, daß die vom Beigeladenen erwartete Tätigkeit eine dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Betätigung gewesen wäre, hat es den nach der Rechtsprechung des Senats (BSG 5, 168, 174; 18, 143, 146) für die Begründung des Versicherungsschutzes notwendigen inneren Zusammenhang der Tätigkeit des Beigeladenen mit dem Unternehmen des Klägers zutreffend bejaht.

Schließlich hat das LSG unbedenklich angenommen, daß sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität vorliegen, die Voraussetzungen für eine Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach somit gegeben sind (vgl. SozR Nr. 4 zu § 130 SGG).

Die Revision der Beklagten war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2365107

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