Leitsatz (amtlich)
Gewährt ein Unfallversicherungsträger vorläufige Fürsorge nach RVO § 1735, weil er einen Arbeitsunfall für gegeben, sich aber nicht für zuständig hält, so begründet dies - nach Ablehnung des Entschädigungsanspruchs durch den zuständigen Versicherungsträger - nicht seine Verpflichtung, seinerseits diese Entschädigung zu gewähren.
Normenkette
RVO § 1735 Fassung: 1911-07-19; SGG § 77 Fassung: 1953-09-03; RVO § 141 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Oktober 1968 wird aufgehoben, soweit die Beigeladene verurteilt worden ist, dem Kläger Unfallentschädigung zu gewähren und ihm die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Anschließung der Beklagten an die Revision der Beigeladenen wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger ist niederländischer Staatsangehöriger und wohnt in den Niederlanden. Im September 1953 beantragte er bei der Beigeladenen mit folgender Begründung die Gewährung von Unfallentschädigung: Am 24. Juli 1944 sei er auf dem Gelände des Güterbahnhofs H bei einem Fliegerangriff durch Bombensplitter am linken Unterschenkel verletzt worden. Er sei damals bei der Firma R & Co., welche sich im O.T.-Einsatz befunden habe, als Sanitäter und Schreiber beschäftigt gewesen. Wegen der Folgen seiner Verletzung sei er zunächst im Städtischen Krankenhaus H, sodann im O.T.-Lazarett E und hierauf vom 12. September 1944 bis 6. Januar 1945 wiederum im Städtischen Krankenhaus H stationär behandelt worden. Im Februar 1952 sei die Wunde wieder aufgebrochen; der Zustand habe sich dermaßen verschlimmert, daß der Unterschenkel habe amputiert werden müssen.
Zwischen der Beigeladenen und der Beklagten entstand ein Streit, wer das Rentenfeststellungsverfahren durchzuführen habe. Im Verlaufe dieses Streits schrieb die Beklagte am 10. März 1955 an die Beigeladene:
"Falls Sie glauben, daß unsere Auffassung nicht richtig sei, so bitten wir ... zunächst die vorläufige Fürsorge zu übernehmen, damit durch den Zuständigkeitsstreit der Verletzte selbst keinen Schaden erleidet". Da sich die Versicherungsträger nicht einigten, wandte sich die Beigeladene mit Schreiben vom 5. November 1956 an das aufgrund des Frankfurter Abkommens vom 21./22. August 1946 bei der Arbeitsgemeinschaft der Bau-Berufsgenossenschaften errichtete Schiedsgericht. Nach Abschluß ihrer Ermittlungen teilte die Beigeladene mit Schreiben vom 8. November 1957 dem Kläger mit, sie gewähre ihm aus Anlaß des Unfalls, den er am 24. Juli 1944 im Betrieb der Firma R & Co. erlitten habe, rückwirkend vom Tag des Eingangs des Antrags an bis auf weiteres Rente von 20 v.H. der Vollrente als vorläufige Fürsorge nach § 1735 der Reichsversicherungsordnung (RVO); die endgültige Zuständigkeit stehe noch nicht fest. Durch Schiedsspruch vom 5. Oktober 1959 stellte das Schiedsgericht fest, daß die Beklagte für die Durchführung des Rentenfeststellungsverfahrens zuständig sei.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 27. Januar 1961 die Gewährung einer Unfallentschädigung ab, weil nach dem Ergebnis ihrer Ermittlungen ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen sei.
Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hat nach Beiladung der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover durch Urteil vom 29. Oktober 1965 die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des ihm am 24. Juli 1944 zugestoßenen Unfalls Entschädigung zu gewähren.
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat auf die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 30. Oktober 1968 (veröffentlicht in Breithaupt 1969, S. 454) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage wegen des Bescheids vom 27. Januar 1961 abgewiesen; es hat die Beigeladene verurteilt, dem Kläger die gesetzlichen Leistungen für die in ihrer Mitteilung vom 8. November 1957 anerkannten Unfallfolgen zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Es sei trotz Ausschöpfung aller Beweismittel nicht erwiesen, daß der Kläger den behaupteten Unfall erlitten habe. Zeugen- und Urkundenbeweise seien nicht vorhanden. Eigene im Jahre 1946 bei einer niederländischen Behörde gemachte Angaben stünden der klägerischen Behauptung entgegen. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast wirke sich dies zu Ungunsten des Klägers aus. Dieser habe somit gegen die Beklagte, welche zu keiner Zeit ihre Entschädigungspflicht bejaht habe, keinen Entschädigungsanspruch. Die Beklagte sei nicht etwa im Hinblick auf ihr Schreiben vom 10. März 1955 an die Mitteilung der Beigeladenen vom 8. November 1967 über die Gewährung einer vorläufigen Fürsorge gebunden; diese habe nur Rechtsbeziehungen zwischen der Beigeladenen und dem Kläger begründet. Die Beigeladene habe nicht, wie es nach § 1735 RVO erforderlich sei, die Beklagte über den Stand ihrer Ermittlungen unterrichtet und sie zur Anerkennung der Entschädigungspflicht aufgefordert. Im März 1955 seien seitens der Beigeladenen noch keine Ermittlungen angestellt gewesen, welche eine Beurteilung der Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliege, ermöglicht hätten. Der Streit sei damals allein darum gegangen, welcher Versicherungsträger das Feststellungsverfahren durchzuführen habe. Indessen sei die Beigeladene zur Entschädigung verpflichtet, weil ihre Mitteilung vom 8. November 1957 ein Verwaltungsakt des Inhalts sei, daß der behauptete Unfall vom 24. Juli 1944 ein Arbeitsunfall sei und der Kläger Anspruch auf Entschädigung für die festgestellten Unfallfolgen habe. Der Umstand, daß sie in diesem Verwaltungsakt nur eine vorläufige Fürsorge gewährt habe, befreie die Beigeladene von der bindenden Wirkung der dem Grund nach erfolgten Anerkennung des Entschädigungsanspruchs nicht. Die Gewährung einer vorläufigen Fürsorge setze voraus, daß die Entschädigungspflicht bejaht worden sei. Der Kläger habe auf die Beständigkeit des Verwaltungsakts vom 8. November 1957 vertrauen und erwarten dürfen, daß seine als Unfallfolge angesehenen Gesundheitsstörungen entschädigt würden; die Entschädigung sei allein deshalb als vorläufige Fürsorge gewährt worden, weil noch nicht festgestanden habe, welcher Versicherungsträger zuständig sei.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beigeladene hat dieses Rechtsmittel eingelegt und es im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Schiedsspruch vom 5. Oktober 1959 habe im Verhältnis zwischen den streitenden Versicherungsträgern die Beklagte für zuständig erklärt. Das Berufungsgericht habe diese Zuständigkeit der Beklagten auch im Verhältnis zum Kläger festgestellt. Die Beigeladene sei daher zur Entschädigung des Klägers nicht zuständig. Die Feststellung des LSG, daß der Kläger den behaupteten Unfall nicht erlitten haben könne, treffe offensichtlich zu. Die Mitteilung vom 8. November 1957 sei schon deshalb kein die Beigeladene bindender Verwaltungsakt, weil sein Empfänger nicht der Gewalt der Beigeladenen, sondern lediglich der Beklagten unterworfen gewesen sei. Das Berufungsgericht verkenne das Wesen der Gewährung vorläufiger Fürsorge, nämlich die Vorläufigkeit einer solchen Maßnahme und das ihr damit innewohnende Element, sie jederzeit rückgängig zu machen und zu beenden. Die vorläufige Fürsorge nach § 1735 RVO sei mit der vorläufigen Rente nach § 1585 RVO nicht vergleichbar, ihre Gewährung verleihe dem Fürsorgeempfänger nicht die starke Rechtsstellung wie dem Empfänger einer vorläufigen Rente. Selbst wenn man die Mitteilung vom 8. November 1957 als Verwaltungsakt ansehen wolle, könne man diesen nicht in eine Anerkennung eines Anspruchs des Klägers auf endgültige Unfallentschädigung umdeuten. Die Beigeladene und die Beklagte wollten mit der Bewilligung einer vorläufigen Fürsorge dem Kläger in seiner körperlichen und finanziellen Notlage so schnell als möglich helfen und hätten deshalb lediglich unterstellt, daß diese Notlage auf einem Arbeitsunfall beruhe. § 1735 RVO setze nicht eine bindende Feststellung eines Arbeitsunfalls, sondern lediglich die "Ansicht" des Versicherungsträgers voraus, daß ein Arbeitsunfall vorliege. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts habe die Beigeladene somit ihre endgültige Entschädigungspflicht nicht bindend anerkannt. Die Beigeladene hafte auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Die vorläufige Fürsorge sei weggefallen, nachdem die Beklagte als der in Wirklichkeit zuständige Versicherungsträger die Unfallentschädigung abgelehnt habe.
Die Beigeladene beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils entweder die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen oder die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
hilfsweise,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision insoweit zurückzuweisen als mit ihr die Verurteilung der Beklagten begehrt wird.
Im Wege der Anschlußrevision beantragt die Beklagte ferner,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als die Beigeladene zur Gewährung von Unfallentschädigung verurteilt worden ist.
Zur Begründung ihres Revisionsgegenantrags hat die Beklagte ausgeführt:
Die Feststellung des Berufungsgerichts, ein Arbeitsunfall sei nicht nachgewiesen, sei im Verhältnis zwischen allen Prozeßbeteiligten, also auch hinsichtlich der Beigeladenen, getroffen worden; deren Revision sei infolgedessen insoweit unbegründet, als sie trotzdem die Verurteilung der Beklagten begehre. Das angefochtene Urteil treffe jedoch nicht zu, soweit es die Beigeladene für entschädigungspflichtig angesehen habe; durch die Gewährung einer vorläufigen Fürsorge werde die Entschädigungspflicht als solche nicht anerkannt.
Zur Begründung ihrer Anschließung hat die Beklagte dargetan: Obwohl sie vor dem LSG obsiegt habe, sei sie durch das Urteil des Berufungsgerichts beschwert, weil im Falle einer Bestätigung dieser Entscheidung die Gefahr bestehe, daß die Beigeladene auf den über die Zuständigkeit gefällten Schiedsspruch zurückgreife und ihre an den Kläger gewährten Leistungen ganz oder teilweise auf die Beklagte überwälze. Insoweit richte sich die Revision der Beigeladenen auch gegen die Beklagte. Es könne nicht Rechtens sein, daß jemand, der keinen Arbeitsunfall erlitten habe, trotzdem Entschädigung erhalte.
Der - nicht vertretene - Kläger hat sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
II
Die Revision der Beigeladenen ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Ihr Prozeßantrag, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG möge zurückgewiesen werden, ist hingegen nicht zulässig. Die Anschließung der Beklagten an das Rechtsmittel der Beigeladenen ermangelt ebenfalls der Zulässigkeit. Dies ergibt sich aus der aufgrund des Urteils des Berufungsgerichts gegenüber vorher geänderten prozessualen Lage der Beteiligten sowie deren Prozeßverhalten in der Revision.
Die Beigeladene hat, nachdem sie aufgrund ihrer Ermittlungen zu der Ansicht gelangt war, daß ein Arbeitsunfall vorliege, sie für dessen Entschädigung jedoch nicht zuständig sei, nach § 1735 RVO dem Kläger eine vorläufige Fürsorge bewilligt. Eine in dieser Vorschrift vorgesehene förmliche Aufforderung an die Beklagte, die Entschädigung zu übernehmen, ist seitens der Beigeladenen nach Erlaß ihrer Mitteilung vom 8. November 1957 allerdings nicht ergangen; davon konnte die Beigeladene jedoch absehen, weil im Einverständnis mit der Beklagten bereits seit einem Jahr ein Verfahren vor dem aufgrund eines zwischen den Bau-Berufsgenossenschaften im Jahre 1946 abgeschlossenen Abkommens gebildeten Schiedsgericht anhängig war, welches über die zwischen beiden Versicherungsträgern strittige Frage, wer von ihnen zuständig sei, befinden sollte. Nachdem der Schiedsspruch dahin gelautet hatte, daß die Beklagte zuständig, dieser allerdings die Prüfung vorbehalten sei, ob der Kläger Anspruch auf Unfallentschädigung habe, hat die Beklagte ihre Entschädigungspflicht mit der Begründung verneint, es sei kein ausreichender Nachweis vorhanden, daß der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten habe. Die Frage der Zuständigkeit ist seit dem Schiedsspruch nicht mehr streitig. Deshalb kann dahinstehen, ob das aufgrund der Nachkriegsverhältnisse von den Bau-Berufsgenossenschaften errichtete Schiedsgericht noch entscheiden durfte, obwohl die die Grundlage seiner Existenz bildenden Vorschriften (§ 1736 RVO, Art. 42 des 3. Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 20. 12. 1928 - RGBl. I S. 405 -, Ausführungsbestimmungen des RVA vom 29. 2. 1929 - AN S. IV, 57) durch § 224 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGG mit dem 1. Januar 1954 aufgehoben worden waren und der erkennende Senat die Feststellungsklage eines Versicherungsträgers, welcher eine vorläufige Fürsorge nach § 1735 RVO gewährt, gegen den für zuständig gehaltenen Versicherungsträger auch dann nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG als zulässig ansieht, wenn dieser einen Arbeitsunfall nicht als vorliegend erachtet (BSG 15, 52; vgl. auch das Urteil des erkennenden Senats vom 15. 12. 1966 - 2 RU 44/65 -; Bay.LSG, Breithaupt 1961, 519, 522; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand 1. 3. 1971, Band I S. 240 m III).
In dem auf den Ablehnungsbescheid der Beklagten hin vom Verletzten eingeleiteten Rechtsstreit hat das LSG, anders als das SG, es nicht als erwiesen angesehen, daß der Kläger den behaupteten Arbeitsunfall erlitten hat. Das Berufungsgericht hat einen Entschädigungsanspruch gegen die Beigeladene allein aus dem Grund als bestehend angenommen, weil diese - wenn auch rechtsirrig - in ihrer Mitteilung vom 8. November 1957 die Anspruchsvoraussetzungen für eine Entschädigung, insbesondere einen Arbeitsunfall bejaht habe und daran nach § 77 SGG gebunden sei. Durch dieses Urteil des LSG ist in erster Linie die Beigeladene, aber auch der Kläger beschwert; dieser insofern, als das Berufungsgericht eine wesentliche Voraussetzung des von ihm geltend gemachten Entschädigungsanspruchs verneint hat. Revision hat indessen allein die Beigeladene eingelegt. Der Kläger hat, obwohl ihm bei einem Obsiegen der Beigeladenen ein Entschädigungsanspruch auch aus dem vom Berufungsgericht angenommenen Rechtsgrund aberkannt würde, sich dem Rechtsmittel der Beigeladenen nicht einmal hilfsweise für den Fall angeschlossen, daß die Revision Erfolg hat (vgl. SozR Nr. 9 zu § 521 der Zivilprozeßordnung - ZPO -); er hat im Revisionsverfahren die ihm nachteiligen tatsächlichen Feststellungen des LSG, ein Unfall sei nicht erwiesen, nicht angegriffen (vgl. BSG, AP Nr. 12 zu § 554 ZPO).
Aufgrund der für den Kläger ungünstigen bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 163 SGG) und angesichts des Prozeßverhaltens des Klägers in der Revision ist zwischen den Beteiligten somit in diesem Rechtszug außer Streit, daß der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unfallentschädigung hat. Die Mitteilung der Beigeladenen vom 8. November 1957 hat, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nur zwischen dem Kläger und dieser Rechtsbeziehungen geschaffen, so daß es für den Entschädigungsanspruch des Klägers nicht darauf ankommt, ob die Beigeladene, wie sie behauptet, zur Gewährung der vorläufigen Fürsorge durch das Schreiben der Beklagten vom 10. März 1955 veranlaßt worden ist. Im Hinblick auf die nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann das Vorliegen eines Arbeitsunfalls aber auch nicht Anspruchsgrundlage im Verhältnis des Klägers zur Beigeladenen sein; diese hält, im Gegensatz zu ihrer in der Mitteilung vom 8. November 1957 vertretenen Ansicht, das angefochtene Urteil insoweit für zutreffend.
In der Revisionsinstanz beschränkt sich der Rechtsstreit somit darauf, ob - was das LSG annimmt - der Kläger gegen die Beigeladene aufgrund einer in ihrer Mitteilung vom 8. November 1957 zum Ausdruck gelangten Anerkennung ihrer Entschädigungspflicht einen Anspruch hat. Das Begehren der Beigeladenen in der Revision kann also allein darauf gerichtet sein, daß das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben wird, soweit es zu ihren Ungunsten ergangen ist. Ihr weiterer Prozeßantrag, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, welches - im Gegensatz zum LSG - einen Arbeitsunfall und somit die Entschädigungspflicht der Beklagten bejaht hatte, möge zurückgewiesen werden, ist unzulässig; die Beigeladene stimmt dem angefochtenen Urteil insoweit selbst zu.
Die Anschließung der Beklagten an die Revision der Beigeladenen ist ebenfalls nicht zulässig. Bei diesem außerordentlichen Rechtsbehelf handelt es sich um einen angriffsweise wirkenden Antrag des Revisionsbeklagten innerhalb der Revision des Gegners. Mit ihrer Anschließung erstrebt die Beklagte indessen, wie insoweit ihr Prozeßantrag deutlich macht, dasselbe Prozeßziel wie die Beigeladene, mag sie auch andere Beweggründe haben als diese; in der Revision streitet sie also - anders als in den vorangegangenen Rechtszügen - auf der Seite der Beigeladenen. Sie kann sich daher deren Rechtsmittel nicht rechtswirksam anschließen (SozR Nr. 5 zu § 521 ZPO).
Die mit dem Prozeßziel, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es zu ihren Ungunsten ergangen ist, eingelegte Revision der Beigeladenen ist begründet.
Die Bindungswirkung der Mitteilung vom 8. November 1957, durch welche die Beigeladene dem Kläger nach § 1735 RVO eine vorläufige Fürsorge gewährt hat, reicht nicht so weit, wie das Berufungsgericht annimmt. Zwar hat die Beigeladene darin ihre Ansicht zum Ausdruck gebracht, daß der Kläger wegen eines Arbeitsunfalls entschädigungsberechtigt sei; sie hat sich aber, weil sie sich nicht für den zuständigen Versicherungsträger gehalten hat, geweigert, diese Entschädigung zu gewähren, und deshalb dem Kläger unter Hinweis auf § 1735 RVO lediglich eine vorläufige Fürsorge bewilligt. Da die Beigeladene sich somit, was die vom LSG angenommene Bindung des Versicherungsträgers jedoch voraussetzen würde, ausdrücklich nicht als Schuldnerin der vom Kläger erhobenen Entschädigungsansprüche bezeichnet hat, ist sie aufgrund jener Mitteilung nicht verpflichtet, über die von ihr gewährte vorläufige Fürsorge hinaus die Entschädigungsansprüche des Klägers zu befriedigen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht auch keine Leistungspflicht aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Die Beigeladene hat sich, wie sich aus ihrer Mitteilung vom 8. November 1957 ergibt, gegenüber dem Kläger mangels Zuständigkeit bis zur endgültigen Klärung nur zur Gewährung einer vorläufigen Fürsorge bereit erklärt. Dieser Inhalt der Mitteilung ist auch einem rechtlich nicht geschulten verständigen Leser erkennbar. An ihre - nach dem angefochtenen Urteil unzutreffende - Ansicht, der Kläger habe einen Arbeitsunfall erlitten, ist die Beigeladene sonach gegenüber dem Kläger nur in bezug auf die - ihrer Natur nach vorübergehende - vorläufig gewährte Fürsorge nach § 77 SGG gebunden gewesen.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben, soweit es die Beigeladene verurteilt hat, dem Kläger endgültig Unfallentschädigung zu gewähren. Die Anschließung der Beklagten an die Revision der Beigeladenen war als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen