Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten nur noch darüber, ob die beklagte Krankenkasse die für die Zeit vom 16. Oktober bis zum 8. Dezember 1986 erteilten Krankengeldbewilligungen aufheben und von der Klägerin Krankengeld von insgesamt 3.568, 86 DM zurückfordern darf.
Die Klägerin war seit dem 1. Juni 1985 bei der L. GmbH als Pharmaberaterin beschäftigt. Nach dem Anstellungsvertrag vom 22. Mai 1985 stand ihr ein Grundgehalt von 2.000, 00 DM und ein Prämienvorschuß von 2.500, 00 DM, insgesamt 4.500, 00 DM monatlich zu. Die von ihr tatsächlich verdienten Prämien erreichten jedoch nicht die Höhe der gezahlten Prämienvorschüsse. Im Oktober 1986 kündigte die GmbH das Arbeitsverhältnis zunächst fristgerecht zum 31. Dezember 1986 und sodann fristlos. Die GmbH zahlte bis zum 15. Oktober 1986 das Gehalt weiter und bis einschließlich September 1986 die Prämienvorschüsse. Das von der Klägerin gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Gießen (Az: 3 Ca 460/86) angestrengte Verfahren wurde am 27. Oktober 1986 durch einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen. Danach endete das Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher Kündigung mit Ablauf des 28. Februar 1987. Außerdem einigten sich die Parteien des Arbeitsrechtsstreits, daß die Klägerin unter Fortzahlung ihrer bisherigen Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt wurde. Am 29. Oktober 1986 erstellte die GmbH eine Prämienabrechnung und teilte der Klägerin mit, daß sie gegen die überzahlten Prämienvorschüsse in Höhe von 12.284, 03 DM die restlichen Gehaltsforderungen verrechne. Auch hierüber kam es zu einem Rechtsstreit vor dem ArbG Gießen (Az: 3 Ca 540/86). Dieser wurde am 23. November 1988 ebenfalls durch Vergleich beendet. In dem Vergleich heißt es ua:
"1. Die Parteien sind sich darüber einig, daß alle Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich welchen Rechtsgrunds, erledigt sind.
2. …
3. … "
Schon vorher, und zwar am 22. September 1986, war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Die beklagte Krankenkasse gewährte ihr für die Zeit vom 16. Oktober bis zum 27. Februar 1987 Krankengeld. Mit Bescheid vom 19. Januar 1989 forderte die beklagte Krankenkasse die Rückzahlung dieser Leistungen. Die Klägerin habe das Krankengeld zu Unrecht erhalten, weil durch die Aufrechnung mit den Prämienvorschüssen alle Gehaltsansprüche für den genannten Zeitraum in Höhe von 12.284, 03 DM abgegolten worden seien. Der dagegen erhobene Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13. März 1990).
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) die Aufhebung der angefochtenen Bescheide nur insoweit bestätigt, als sie den Zeitraum ab 9. Dezember 1986 und die Rückforderung von mehr als 3.568, 86 DM betreffen. Zur Begründung wird in dem Urteil des LSG u.a. ausgeführt: Die Klägerin sei verpflichtet, der Beklagten das für die Zeit vom 16. Oktober bis 8. Dezember 1986 gewährte Krankengeld zurückzuzahlen. Die Beklagte habe die Krankengeldbewilligungen insoweit zu Recht aufgehoben und die Leistungen zurückgefordert. Der Klägerin sei nach der Krankengeldzahlung für die Zeit vom 16. Oktober bis 8. Dezember 1986 Arbeitsentgelt im Wege der Aufrechnung zugeflossen. Dies habe zum Ruhen des Krankengeldanspruchs gemäß § 189 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) a.F. geführt. Damit aber hätten sich nach der Bewilligung des Krankengeldes für die Zeit vom 16. Oktober bis 8. Dezember 1986 die Verhältnisse i.S. von § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) wesentlich geändert. Die Klägerin habe Einkommen erzielt, das zum Wegfall des Anspruchs geführt haben würde. Die Aufhebung der Krankengeldbewilligungen scheitere auch nicht an der Regelung des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Die dort vorgeschriebene Jahresfrist sei eingehalten. Zwar habe die Beklagte schon am 13. November 1986 aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 27. Oktober 1986 von dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 15. Oktober 1986 hinaus Kenntnis erhalten. Hieraus sei aber nicht zu entnehmen gewesen, daß der Klägerin für die Zeit bis zum 28. Februar 1987 tatsächlich Arbeitsentgelt durch Aufrechnung zufließen würde. Die Aufrechnungserklärung der GmbH sei der Beklagten erstmals durch das Schreiben der GmbH vom 18. Februar 1987, eingegangen am 19. Februar 1987, bekannt geworden. Da sie jedoch gleichzeitig von dem beim ArbG Gießen schwebenden zweiten Klageverfahren erfahren habe, in dem die Klägerin und ihre frühere Arbeitgeberin darüber gestritten hätten, ob die Gehalts- und Prämienansprüche durch die Aufrechnung bereits erfüllt gewesen seien, habe die Beklagte vor dem Vergleich vom 23. November 1988 nicht davon ausgehen können, daß die Aufrechnung wirksam erklärt und damit die Arbeitsentgeltansprüche erfüllt worden seien. Entgegen der Auffassung des SG habe die Beklagte hinsichtlich der Aufhebung der Krankengeldbewilligung für die Zeit vom 16. Oktober bis 8. Dezember 1986 keine Ermessensentscheidung treffen müssen. Es liege kein atypischer Fall vor. Soweit mit den angefochtenen Bescheiden Krankengeld für die Zeit ab 9. Dezember 1986 zurückgefordert worden sei, seien sie rechtswidrig. Die Beklagte hätte insoweit die Krankengeldbewilligungen nicht nach § 48 SGB X aufheben dürfen, sondern - wenn überhaupt - im Wege einer Ermessenentscheidung nach § 45 SGB X zurücknehmen müssen. Das könne jetzt nicht mehr nachgeholt werden, da die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X verstrichen sei.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 48 SGB X und macht geltend: Die genannte Vorschrift sei schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich bei einer Krankengeldbewilligung nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele. Die Bescheide seien aber auch aus einem anderen Grunde rechtswidrig: Die Beklagte habe die Krankengeldbewilligungen erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X aufgehoben. Dabei sei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides abzustellen. Denn in ihm sei erstmals die Aufhebung der Krankengeldbewilligungen ausgesprochen worden. Im übrigen fehle ein besonderer Grund für die rückwirkende Aufhebung. Diese könne - entgegen der Auffassung des LSG -nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt werden. Denn sie, die Klägerin, habe nach der Bewilligung des Krankengeldes am 8. und 15. Dezember 1986 kein Einkommen oder Vermögen erzielt. Dies gelte auch bezüglich des vor dem ArbG am 23. November 1988 geschlossenen Vergleichs. Das LSG hätte - bei Berücksichtigung des typischen Sinns und Zwecks eines Prozeßvergleichs - nicht davon ausgehen dürfen, daß Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der GmbH bestanden hätten und mit dem Vergleich erloschen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, daß die GmbH die Lohnforderung - in welcher Höhe auch immer - i.S. der §§ 781, 126 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), 55 Abs. 1 Nr. 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) anerkannt habe. Aber selbst wenn man dem LSG insoweit folge, sei ihr, der Klägerin, aufgrund des Vergleichs kein Arbeitsentgelt oder Einkommen zugeflossen, sondern sie sei allenfalls von einer Verbindlichkeit befreit worden. Dies genüge aber weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, um die Krankengeldbewilligung aufheben zu können. Schließlich ergebe sich die Rechswidrigkeit der Verwaltungsentscheidungen auch daraus, daß die Beklagte - trotz Vorliegens eines atypischen Falles - nicht von dem ihr in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht habe. Die Besonderheit des Falles sei hier darin zu sehen, daß nur relativ selten im Zusammenhang mit der Krankengeldgewährung eine Schuldbefreiung eine Rolle spiele. Außerdem habe der Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge S. , ihr, der Klägerin, geraten, die Zahlscheine einzulösen, und sie darauf hingewiesen, daß sie das Krankengeld nur dann zurückzahlen müsse, wenn sie für die Zeit ab 16. Oktober 1986 Gehalt bekomme. Wie solle nach dem Empfängerhorizont eines Rechtsunkundigen der Hinweis des Zeugen anders verstanden werden, als daß das Arbeitsentgelt auch ausgezahlt werden müsse.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 1. April 1993 auch insoweit aufzuheben, als es die Krankgeldbewilligungen für den Zeitraum bis 8. Dezember 1986 und die Rückforderung bis zu 3.568, 86 DM betrifft und auch insoweit die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht ergänzend geltend: Krankengeldzahlungen stellten Verwaltungsakte mit Dauerwirkung dar, die nicht einmalig eine Rechtslage regelten, sondern über einen gewissen Zeitraum das Verhältnis zwischen Krankenkasse und Versicherten gestalteten. Durch die Einbeziehung des Ausgangsbescheides in den Widerspruchsbescheid sei - entgegen der Auffassung der Klägerin - die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X gewahrt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des LSG durfte die Beklagte die Krankengeldbewilligungen auch nicht für die Zeit vom 16. Oktober bis zum 8. Dezember 1986 aufheben und die Leistungen zurückfordern.
Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Krankengeldbewilligungen kommt nur § 48 Abs. 1 SGB X in Betracht. Die Vorschrift setzt u.a. voraus, daß in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlaß eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Soweit die Revision einwendet, die Beklagte könne die angefochtenen Bescheide schon deshalb nicht auf § 48 Abs. 1 SGB X stützen, weil die Krankengeldbewilligungen keine Verwaltungsakte mit Dauerwirkung seien, ist dies unzutreffend. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sich der Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert (s dazu BT-Drucks 8/2034, S. 34). Dementsprechend hat Dauerwirkung der Verwaltungsakt, dessen rechtliche Wirkung sich über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse zeitliche Dauer erstreckt (BSGE 56, 165, 170 = SozR 1300 § 45 Nr. 6; 69, 255, 257f. = SozR 3-1300 § 48 Nr. 13). Das ist hier gegeben. Die beklagte Krankenkasse hat am 8. und 15. Dezember 1986 nicht nur jeweils einen Krankengeldbetrag ausgezahlt. Vielmehr lag in der Auszahlung gleichzeitig die Bewiligung der Leistung für bestimmte Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit (vgl. dazu BSG SozR 2200 § 182 Nr. 103).
Die weitere Voraussetzung, daß in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten sein muß, ist dann erfüllt, wenn der Versicherte bei Erlaß eines bewilligenden Verwaltungsakts einen Anspruch auf die Leistung hat und wenn der Anspruch später wegfällt (vgl. BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr. 19; BSG SozR 1300 § 48 Nr. 28; BSGE 65, 301, 302f. = SozR 1300 § 48 Nr. 60; BSGE 66, 103, 108 = SozR 4100 § 103 Nr. 47). Die Klägerin hatte, als ihr am 8. und 15. Dezember 1986 für die Zeit vom 16. Oktober bis 8. Dezember 1986 Krankengeld bewilligt wurde, einen Anspruch auf diese Leistung. Denn zu den genannten Zeitpunkten war ihr noch nicht - auch nicht durch Aufrechnung - Arbeitsentgelt zugeflossen, das nach der - hier noch anwendbaren - Vorschrift des § 189 Abs. 1 Satz 1 RVO a.F. zum Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld hätte führen können. Zwar hatte die GmbH bereits am 5. November 1986 die Aufrechnung der Gehaltsansprüche mit überzahlten Prämienvorschüssen erklärt. Diese Erklärung war jedoch unwirksam (vgl. dazu Heinrichs in Palandt, BGB, Komm, 50. Aufl, § 388 Anm. 1), weil sich die gegenseitigen Forderungen der Klägerin und der Arbeitgeberin noch nicht aufrechenbar gegenüberstanden (vgl. §§ 387 und 389 BGB). Der Anspruch auf Rückzahlung der Prämienvorschüsse war zu diesem Zeitpunkt nämlich noch nicht fällig. Nach dem Anstellungsvertrag vom 22. Mai 1985 und der Vereinbarung vom 27. März 1986 sollten die Prämienzahlungen halbjährlich abgerechnet und gegebenenfalls zuviel gezahlte Prämien "zurückgerechnet" werden. Daraus hat das LSG zu Recht den Schluß gezogen, daß eine erneute Prämienabrechnung nach dem 31. Mai 1986 vorgenommen und Überzahlungen ab 1. Dezember 1986 zurückgefordert werden konnten. Die Aufrechnungserklärung vom 5. November 1986 war somit "verfrüht". Sie konnte nicht zum Erlöschen der gegenseitigen Forderungen, insbesondere der Gehaltsansprüche der Klägerin, führen. Die Aufrechnungserklärung wurde durch die Arbeitgeberin erst in dem am 22. Dezember 1986 im Termin vor dem ArbG Gießen überreichten Schriftsatz vom 18. Dezember 1986 wiederholt. Daraus folgt: Die Ansprüche der Klägerin auf Arbeitsentgelt waren zum Zeitpunkt der Krankengeldzahlungen am 8. und 15. Dezember 1986 noch nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Wirkung der Aufrechnung trat erst am 22. Dezember 1986 ein.
Zu Unrecht macht die Revision gegen die Wirksamkeit der Aufrechnung geltend, die Arbeitgeberin habe die Ansprüche der Klägerin auf Gehalt für die Zeit ab 16. Oktober 1986 niemals anerkannt. Dem steht der Inhalt der am 27. Oktober 1986 und am 23. November 1988 vor dem ArbG Gießen geschlossenen Vergleiche entgegen. Aus ihnen und den Schriftsätzen der Parteien der Arbeitsrechtsstreitigkeiten wird deutlich, daß die GmbH sich ohne Einschränkung zur Fortzahlung des Gehalts bis zum 28. Februar 1987 verpflichtet hatte und daß wegen der - in der Höhe allerdings strittigen - Forderungen auf Rückzahlung der Prämienvorschüsse eine Einigung erzielt wurde, nach der die gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis als erledigt gelten.
Einer wirksamen Aufrechnung stand auch nicht entgegen, daß mit der Zahlung des Krankengeldes gemäß § 115 Abs. 1 SGB X die Gehaltsforderungen der Klägerin auf die Beklagte bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen übergegangen waren. Denn am 22. Dezember 1986 konnte die Arbeitgeberin noch mit befreiender Wirkung mit den überzahlten Prämienvorschüssen gegen die inzwischen auf die Beklagte übergegangenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt aufrechnen. Das ergibt sich aus § 407 Abs. 1 BGB i.V.m. § 412 BGB (dazu S. Heinrichs, a.a.O., § 406 Anm. 1 bb unter Hinweis auf BGH-RR 1986, 538). Danach muß der neue Gläubiger eine Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger bewirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei der Leistung oder Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt. Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG, an die der Senat gemäß § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebunden ist, hat die Arbeitgeberin von dem Anspruchsübergang nach § 115 Abs. 1 SGB X erstmals durch das Schreiben der Beklagten vom 18. Februar 1987 erfahren.
Der erkennende Senat kann deshalb davon ausgehen, daß der Klägerin für den hier streitigen Zeitraum nach den Krankengeldzahlungen vom 8. und 15. Dezember 1986 und für die Zeit bis zum 28. Februar 1987 noch Arbeitsentgelt zugeflossen ist. Dabei kommt es nicht auf eine tatsächliche Auszahlung des Arbeitsentgelts an, sondern es genügt, wenn die Gehaltsforderungen über eine Aufrechnung das Erlöschen von Gegenforderungen des Arbeitgebers zur Folge haben und der Arbeitnehmer dadurch von einer Schuld befreit wird. Denn nach § 14 Abs. 1 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) fallen unter den Begriff Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Entscheidend ist allein, daß dem Arbeitnehmer ein Vermögensvorteil aus seiner (früheren) Tätigkeit oder im Zusammenhang mit ihr zufließt (vgl. dazu Merten in Gleitze/Krause/von Maydell/Merten, GKG - SGB IV, 2. Aufl, § 14 RdNrn 25, 40 und 41).
Dadurch, daß für die Zeit bis zum 28. Februar 1987 Arbeitsentgelt erzielt worden ist, ist das Ruhen des Anspruchs der Klägerin auf Krankengeld jedenfalls für die Zeit ab 22. Dezember 1986, dem Tag des Wirksamwerdens der Aufrechnungserklärung ihrer früheren Arbeitgeberin, eingetreten. Dies folgt aus § 189 Abs. 1 Satz 1 RVO a.F. (vgl. dazu auch die seit dem 1. Januar 1989 geltende Vorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs ≪SGB V≫). Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn und soweit der Versicherte während der Krankheit beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhält. Damit liegt zumindest für die Zeit ab 22. Dezember 1986 eine wesentliche Änderung vor. Denn - anders als zum Zeitpunkt der Krankengeldbewilligungen am 8. und 15. Dezember 1986 - hätte die beklagte Krankenkasse der Klägerin ab 22. Dezember 1986 nicht mehr Krankengeld bewilligen dürfen, weil es ab diesem Zeitpunkt geruht hat. Zwar führt das in § 189 Abs. 1 Satz 1 RVO a.F. angeordnete Ruhen nicht dazu, daß der Anspruch auf Krankengeld entfällt. Das Stammrecht bleibt erhalten. Der Anspruch darf nur nicht erfüllt und die Leistung nicht ausgezahlt werden (BSGE 5, 4, 6 = SozR § 1286 RVO Nr. 3; BSGE 44, 226, 228 = SozR 2200 § 1241 Nr. 5; Höfler in KassKomm, § 49 RdNr 14; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, § 189 Anm. 2b). Für die Frage, ob eine wesentliche Änderung i.S. von § 48 Abs. 1 SGB X anzunehmen ist, kommt es aber nicht darauf an, ob der Anspruch auf die Sozialleistung wegfällt oder nur ruht und damit Einzelleistungen nicht mehr ausgezahlt werden dürfen (vgl. dazu Wiesner in Schroeder-Printzen ua, SGB X, Komm, 2. Aufl, § 48 Anm. 3).
Da die Beklagte mit dem Bescheid vom 19. Januar 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 1990 die Krankengeldbewilligungen vom 8. und 15. Dezember 1986 aufgehoben hat, kann dies nach § 48 Abs. 1 SGB X nur Rechtens sein, wenn die Änderung der Verhältnisse schon vor dem 22. Dezember 1986 eingetreten ist, und zwar aufgrund der Aufrechnung rückwirkend ab 16. Oktober 1986. Denn der Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse ist nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X der früheste Zeitpunkt einer rückwirkenden Aufhebung von Bewilligungsbescheiden. Allerdings fällt der Zeitpunkt des Ereignisses, das die wesentliche Änderung herbeigeführt hat, nicht immer mit dem für die Aufhebung des Verwaltungsakts maßgeblichen Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zusammen. So sieht § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Satz 3 SGB X für den Fall, daß nach der Antragstellung oder dem Erlaß des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, im Wege der Fiktion ("gilt") eine Zurückverlegung des Zeitpunkts der Änderung der Verhältnisse auf einen früheren Zeitpunkt als den des Einkommens- oder Vermögenszuflusses vor. Dies ermöglicht z.B. bei einer rückwirkenden Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente (vgl. dazu z.B. § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) die Aufhebung der Krankengeldbewilligung von dem Tage, von dem dem Versicherten die Rente zusteht (vgl. dazu auch BSGE 59, 111, 113f. = SozR 1300 § 48 Nr. 19; BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22; Wiesner, a.a.O., § 48 Anm. 7.3).
Es ist indessen zweifelhaft, ob in Fällen der vorliegenden Art, in denen Arbeitsentgelt nachgezahlt wird, die rückwirkende Aufhebung einer Krankengeldbewilligung überhaupt auf § 48 Abs. 1 SGB X gestützt werden kann. Die Anwendung dieser Vorschrift wäre dann ausgeschlossen, wenn der Gesetzgeber den Schutz der Krankenkassen allein durch die Regelung des § 115 Abs. 1 SGB X gewährleisten wollte. Danach geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über, soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Dies hat zur Folge: Der Arbeitgeber kann - wenn er den gesetzlichen Forderungsübergang kennt - nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Arbeitnehmer leisten (vgl. § 407 Abs. 1 i.V.m. § 412 BGB; Hauck/Haines, SGB X 3, Komm, § 115 RdNr 13). Der Arbeitnehmer ist gehindert, über den Arbeitsentgeltanspruch zu verfügen, weil er infolge des Anspruchsübergangs nicht mehr Inhaber der Forderung ist (vgl. Schmalz in Schroeder-Printzen ua, SGB X, § 115 Anm. 3). Deshalb bedarf es in der Regel keiner rückwirkenden Aufhebung der Krankengeldbewilligung. Denn die Krankenkasse kann dem Versicherten die gewährte Sozialleistung belassen. Dafür erhält sie vom Arbeitgeber das noch nicht gezahlte Arbeitsentgelt. Für die Annahme, daß § 115 Abs. 1 SGB X die Anwendung des § 48 Abs. 1 SGB X ausschließt, spricht ferner: § 189 Abs. 1 Satz 1 RVO a.F. enthält - anders als § 50 Abs. 1 SGB V für die rückwirkende Gewährung bestimmter Lohnersatzleistungen - keine ausdrückliche Regelung, nach der der Anspruch auf Krankengeld vom Beginn der Zahlung des Arbeitsentgelts an ruht.
Allerdings würde die Nichtanwendung des § 48 Abs. 1 SGB X bei nachträglicher Zahlung von Arbeitsentgelt vor allem dann den Doppelbezug von Krankengeld und Arbeitsentgelt ermöglichen, obwohl § 189 Abs. 1 RVO a.F. (dazu S. Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Komm, 2. Aufl., § 189 RVO Anm. 1; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, § 189 Anm. 2a; Hessisches LSG, Urteil vom 25. März 1981 - L 8 Kr 1380/79 - EzS 90/99) dies gerade verhindern soll, wenn der Arbeitgeber nicht von dem Übergang des bestehenden Arbeitsentgeltsanspruchs auf die Krankenkasse erfahren hat (vgl. dazu Heinrichs, a.a.O., § 404 Anm. 3a: Kennenmüssen genügt nicht). Seine Zahlung hat dann befreiende Wirkung (§ 407 BGB; Hauck/Haines, a.a.O., K § 115 RdNr 13) und der Anspruch auf Arbeitsentgelt erlischt, auch wenn er gemäß § 115 SGB X aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Krankengeldgewährung auf die Krankenkasse übergegangen ist. Der Krankenkasse wäre es verwehrt, die Krankengeldbewilligung rückwirkend aufzuheben und sie könnte sich - jedenfalls auf verwaltungsverfahrensrechtlichem Wege - auch nicht mit Erfolg an den Versicherten wenden und die Rückzahlung des Krankengeldes verlangen. Denn - anders als § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG - kennt § 115 SGB X keinen speziellen sozialrechtlichen Rückzahlungsanspruch, wenn der Arbeitgeber mit befreiender Wirkung an den Arbeitnehmer gezahlt hat (zu dieser Problematik S. Gagel, AFG, Komm, § 117 RdNr 196). Ob in diesen Fällen die Krankenkasse gegen den Versicherten einen Bereicherungsanspruch geltend machen kann, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
Für die rückwirkende Aufhebung einer Krankengeldbewilligung nach § 48 Abs. 1 SGB X in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt mit befreiender Wirkung an den Arbeitnehmer gezahlt hat, sprechen der Sinn und Zweck des § 189 Abs. 1 RVO aF. Die Vorschrift soll einen gleichzeitigen Bezug von Krankengeld und Arbeitsentgelt ausschließen (Krauskopf, a.a.O., § 189 Anm. 1; Hessisches LSG, Urteil vom 25. März 1981 - L 8 Kr 1380/79 - EzS 90/99). Im übrigen ergibt sich schon aus der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes (vgl. dazu BSGE 45, 126, 128 = SozR 2200 § 182 Nr. 26; BSG SozR 2200 § 216 Nr. 10), daß für die gleiche Zeit nicht Krankengeld und Arbeitsentgelt bezogen werden dürfen. Dieses Ziel des Gesetzes ließe sich nur erreichen, wenn § 189 Abs. 1 RVO a.F. dahin ausgelegt würde, daß der Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ruht, für die der Arbeitnehmer - auch nachträglich - Arbeitsentgelt erhält (vgl. dazu BSGE 56, 208, 210 = SozR 2200 § 189 Nr. 4: § 189 RVO a.F. verlangt die zeitliche Deckungsgleichheit beider Leistungen), also ohne Rücksicht darauf, ob das Arbeitsentgelt ohne Unterbrechung ab Eintritt der Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt oder - nach einer Unterbrechung - nachgezahlt wird. Bei dieser Interpretation des § 189 Abs. 1 RVO a.F. bestünde die Möglichkeit, die der Nachzahlung des Arbeitsentgelts vorausgegangene Krankengeldbewilligung über § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Satz 3 SGB X rückwirkend vom ersten Tage an, für den das Arbeitsentgelt nachgezahlt worden ist, aufzuheben und die Sozialleistung nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern.
Der Senat konnte jedoch die Frage offenlassen, ob § 48 Abs. 1 SGB X im Hinblick auf die Regelung des § 115 Abs. 1 SGB X überhaupt anwendbar ist und - wenn ja - ob § 189 Abs. 1 RVO a.F. in dem hier erörterten Sinne ausdehnend ausgelegt werden darf. Denn in beiden Fällen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig: Schließt § 189 RVO a.F. i.V.m. § 115 Abs. 1 SGB X bei nachträglicher Zahlung von Arbeitsentgelt die rückwirkende Aufhebung der Krankengeldbewilligung über § 48 Abs. 1 SGB X generell aus, so fehlt es schon deshalb an einer Rechtsgrundlage für die Bescheide der Beklagten. Aber selbst wenn man die Anwendung des § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. einer ausdehnenden Auslegung des § 189 Abs. 1 RVO a.F. bejaht, sind die angefochtenen Bescheide zu beanstanden. Die Beklagte hat nämlich nicht beachtet, daß ihr in diesem Falle bezüglich der Aufhebung der Krankengeldbewilligungen für die Vergangenheit ein Ermessensspielraum eingeräumt war.
Zwar sind Verwaltungsakte in der Regel (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X: "soll") vom Zeitpunkt des Eintritts der Änderung der Verhältnisse - also auch für einen schon in der Vergangenheit liegenden Zeitraum - aufzuheben. Bei atypischer Fallgestaltung besteht für die Behörde oder den Versicherungsträger jedoch nicht die Pflicht zur rückwirkenden Aufhebung. Vielmehr hat die Verwaltung im Wege einer Ermessensentscheidung darüber zu befinden, ob der Verwaltungsakt rückwirkend aufzuheben ist oder nicht (BSGE 59, 111, 115 = SozR 1300 § 48 Nr. 19; BSG SozR § 48 Nrn 21, 22, 24, 30 und 34; BSGE 60, 180, 185 = SozR 1300 § 48 Nr. 26; 66, 103, 108 = SozR 4100 § 103 Nr. 47). Macht sie nicht von dem ihr eingeräumten Ermessensspielraum Gebrauch, so ist der Verwaltungsakt fehlerhaft.
Ob ein atypischer Fall vorliegt, fällt nicht in den Ermessensbereich der Verwaltung (BSGE 59, 111, 115 = SozR 1300 § 48 Nr. 19; 66, 103, 108 = SozR 4100 § 103 Nr. 47). Dies können die Gerichte selbst überprüfen und entscheiden. Zwar hat das LSG das Vorliegen eines atypischen Falles verneint. Der erkennende Senat vermag sich dem jedoch nicht anzuschließen. Das Revisionsgericht ist nicht gehindert, im Gegensatz zum LSG die Atypik zu bejahen. Denn insoweit liegt keine bindende Tatsachenfeststellung i.S. von § 163 SGG vor. Es handelt sich vielmehr nur um eine Rechtsvoraussetzung für die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X (BSGE 66, 103, 108 = SozR 4100 § 103 Nr. 47). Die Bindung durch § 163 SGG bezieht sich lediglich auf die Tatsachenfeststellungen des LSG, aus denen das Vorliegen eines atypischen Falles geschlossen werden kann. Diese Schlußfolgerung ist aber selbst Rechtsanwendung, und das Revisionsgericht kann deshalb zu einem vom Berufungsurteil abweichenden Ergebnis kommen.
Bei der Beurteilung der aufgeworfenen Frage sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 44). Diese müssen Merkmale aufweisen, die signifikant vom (typischen) Regelfall abweichen, in dem die Rechtswidrigkeit eines ursprünglich richtigen Verwaltungsakts durch nachträgliche Veränderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist. Hierbei muß auch geprüft werden, ob die mit der Aufhebung verbundene Pflicht zur Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen (§ 50 Abs. 1 SGB X) nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher untypischerweise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nrn 44 und 53 sowie BSGE 66, 103, 109 = SozR 4100 § 103 Nr. 47). Außerdem ist das Verhalten des Leistungsträgers im Geschehensablauf in die Betrachtung einzubeziehen. Mitwirkendes Fehlverhalten auf seiner Seite, das als eine atypische Behandlung i.S. einer Abweichung von der grundsätzlich zu erwartenden ordnungsgemäßen Sachbearbeitung zu werten ist, kann im Einzelfall die Atypik des verwirklichten Tatbestandes nach § 48 Abs. 1 SGB X ergeben (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nrn 24 und 25).
Der Fall der Klägerin weist Merkmale auf, die signifikant vom Regelfall abweichen. Die Arbeitgeberin der Klägerin hat nicht - wie dies bei der nachträglichen Begleichung noch ausstehender Gehaltsforderungen die Regel ist - der Klägerin das Arbeitsentgelt für die Zeit ab 16. Oktober 1986 ausgezahlt, sondern mit Prämienvorschüssen aufgerechnet. Dadurch stand der Versicherten für die hier streitige Zeit weder Arbeitsentgelt zum Lebensunterhalt zur Verfügung, noch hatte sie später die Möglichkeit, mit nachträglich zugeflossenem Arbeitsentgelt das zu Unrecht bezogene Krankengeld zurückzuzahlen. Auch verfügte sie - wie sich aus den bindenden Feststellungen des LSG ergibt - über keine anderen Gel DMittel, um das Krankengeld zurückzuzahlen. Damit hat die Rückzahlungsforderung der Beklagten die Klägerin - jedenfalls im Zeitpunkt der Aufhebung der Krankengeldbewilligungen -in besondere Bedrängnis gebracht.
Entgegen der Auffassung des LSG kann die Atypik nicht damit verneint werden, die Klägerin hätte mit der Rückforderung der Prämienvorschüsse durch die Arbeitgeberin rechnen und entsprechende Rücklagen bilden müssen. Für die Frage der Atypik eines Falles kann es nicht darauf ankommen, aus welchen Gründen sich der von einer Rückforderung Betroffene in schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet und zur Rückzahlung des Krankengeldes nicht in der Lage ist.
Die Abweichung des vorliegenden Falles vom Regelfall zeigt sich auch darin, daß die Klägerin nach den Bekundungen des Zeugen S. bei der Krankengeldbewilligung die Auskunft erhalten hat, daß sie gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorgehen solle und das Krankengeld nur dann zurückzahlen müsse, wenn sie von ihrem Arbeitgeber für die Zeit ab 16. Oktober 1986 noch Gehalt bekomme. Der Klägerin ist - wie den Tatsachenfeststellungen des LSG weiter zu entnehmen ist - nicht erläutert worden, was unter Empfang von Gehalt zu verstehen ist. Sie konnte deshalb durchaus zu der Auffassung gelangen, das Arbeitsentgelt müsse nachträglich tatsächlich ausgezahlt werden, wenn es zum Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld führen soll.
Lag somit eine signifikante Abweichung vom Regelfall vor, so hätte die Beklagte hinsichtlich der Aufhebung der Krankengeldbewilligungen für die Zeit vom 16. Oktober bis 8. Dezember 1986 eine Ermessensentscheidung treffen müssen. Das ist nicht geschehen. Zwar heißt es in dem Widerspruchsbescheid vom 13. März 1990: "Besondere Umstände, die eine Abstandnahme von der Rückforderung nahelegen, sind nicht ersichtlich. " Es kann dahinstehen, ob die Beklagte damit die Atypik des Falles verneinen wollte. Jedenfalls läßt sich aus den angefochtenen Verwaltungsakten nicht entnehmen, daß die beklagte Krankenkasse sich bewußt war, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Im übrigen enthalten die angefochtenen Bescheide auch keine Ausführungen, die als Ermessenserwägungen angesehen werden könnten.
Ist damit die Aufhebung der Krankengeldbewilligungen rechtswidrig, so durfte die Beklagte auch nicht das der Klägerin für die Zeit vom 16. Oktober bis 8. Dezember 1986 gewährte Krankengeld nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern. Denn die Rückforderung setzt nach der genannten Vorschrift die rechtmäßige Aufhebung der Leistungsbewilligungen voraus. Hieran fehlt es.
Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Beklagte die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X versäumt hat und die angefochtenen Bescheide schon deshalb rechtswidrig sind, konnte der Senat offenlassen. Da die Bescheide vom 19. Januar 1989 und 13. März 1990 durch das SG zu Recht aufgehoben worden sind, ist eine erneute, nunmehr rechtmäßige Entscheidung der Beklagten - auch unter Ausübung des ihr hier nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X eingeräumten Ermessens - nach der Rechtsprechung des BSG ausgeschlossen. Denn für die Wiederholung einer zunächst von den Gerichten als rechtswidrig aufgehobenen Entscheidung gilt die gleiche Jahresfrist (BSGE 65, 221, 223 = SozR 1300 § 45 Nr. 45 unter Aufgabe der früheren Rspr). Diese Frist ist aber bei Erlaß des Rücknahmebescheides am 13. März 1990 längst abgelaufen. Die Frist beginnt nicht erst in dem Augenblick zu laufen, in dem die Verwaltung davon Kenntnis erhält, daß im konkreten Fall statt einer rechtsgebundenen Entscheidung eine Ermessensentscheidung ergehen muß (BSGE 65, 221ff., insbesondere 226f. = SozR 1300 § 45 Nr. 45).
Auf die Revision der Klägerin waren das Berufungsurteil zu ändern und die Berufung der Beklagten, soweit das LSG ihr stattgegeben hatte, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen