Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung zur Zahlung eines Beitrags nach dem KGG auch für Berechtigte nach G131

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der Bescheid einer Familienausgleichskasse, durch den der Beitrag für ein bestimmtes Geschäftsjahr angefordert wird, angefochten, so werden die im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ergehenden Beitragsbescheide für weitere Geschäftsjahre jedenfalls dann nicht nach SGG § 96 Gegenstand des Verfahrens, wenn eine Anfechtungsklage nur gegen den ersten Bescheid erhoben ist.

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Rechtsanwalt ist auch dann als beitragspflichtiger Unternehmer iS des KGG § 10 Abs 1 anzusehen, wenn es sich um einen pensionierten Beamten oder um einen Berechtigten nach G131 handelt. Im Sozialversicherungsrecht gilt nicht das Prinzip der Gegenseitigkeit, sondern der Grundsatz des sozialen Ausgleichs. Deshalb gibt es keine Ausnahmen von der Beitragspflicht darum, weil der Beitragspflichtige oder die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer Ansprüche auf Kindergeld nicht geltend machen können oder werden. Ausnahmeregelungen gibt es nur für Bezieher niedriger Einkommen.

 

Normenkette

SGG § 96 Fassung: 1953-09-03; KGG § 10 Abs. 1; G131

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. September 1960 wie folgt geändert:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 28. Oktober 1959 insoweit aufgehoben, als es den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 1957 bezüglich des Beitragsvorschusses für 1957 sowie die Bescheide der Beklagten vom 14. November 1958 und vom 19. August 1959 betrifft. In diesem Umfang wird die Klage als unzulässig abgewiesen. Darüber hinaus wird die Berufung als unbegründet zurückgewiesen.

2. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I. Der Kläger übt den Beruf eines Rechtsanwalts aus. Er war früher Landgerichtsrat; auf Grund dieser Tätigkeit bezieht er Ruhegeld nach dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131).

Mit Bescheid vom 24. September 1956 (Heberollenauszug) forderte die Beklagte vom Kläger einen Beitrag nach dem Kindergeldgesetz (KGG) für das Jahr 1955 (DM 40,-) und einen Vorschuß für das Jahr 1956 (DM 50,-). Dieser erhob hiergegen am 22. Oktober 1956 Klage, indem er sich auf die Verfassungswidrigkeit des KGG berief, darüber hinaus aber auch geltend machte, die Beitragsverpflichtung für seine Person entfalle, da das Kindergeldrecht vom Grundsatz der Gegenseitigkeit beherrscht werde, jedenfalls deshalb, weil er als ehemaliger Beamter (Richter) niemals in den Genuß von Leistungen nach dem KGG zum Ausgleich seiner Beiträge gelangen könne.

Während des Rechtsstreits übersandte die Beklagte dem Kläger den Heberollenauszug vom 25. Oktober 1957, in dem der Beitrag für 1956 und ein Vorschuß für 1957, den Heberollenauszug vom 14. November 1958, in dem der Beitrag für 1957 und ein Vorschuß für 1958, und den Heberollenauszug für 1959, in dem der Beitrag für 1958 und ein Vorschuß für 1959 festgesetzt waren. Der Kläger beantragte im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens, diese Bescheide sämtlich aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die - unter Vorbehalt - gezahlten Beiträge zurückzuerstatten.

Das Sozialgericht (SG) wies die Klage ab (Urteil vom 28. Oktober 1959). Es ging davon aus, daß neben dem mit der Klage angefochtenen Bescheid vom 24. September 1956 auch die jeweils in den Jahren 1957 bis 1959 erlassenen Bescheide gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Diese seien jedoch alle rechtmäßig. Insbesondere beständen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des KGG. Ferner führe die Behauptung fehlender Gegenleistung nicht zur Rechtswidrigkeit; denn als Versicherung eigener Art sei es charakteristisch für die Sozialversicherung, der das KGG zugehöre, daß die Beitragspflicht nicht nur den Berechtigten treffe, sondern auch andere Gruppen, ohne daß sie jemals in den Genuß von Versicherungsleistungen gelangten. Die Berufung des Klägers wurde vom Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 20. September 1960). Es legte ebenfalls zugrunde, daß die Bescheide aus den Jahren 1957 bis 1959 nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Der Mangel des nicht durchgeführten Vorverfahrens führe trotz der ab 1. Oktober 1957 wirksam gewordenen Änderung des § 28 Abs. 2 KGG durch das Kindergeldänderungsgesetz nicht zur Unzulässigkeit der Klage, da diese bereits zuvor erhoben wäre. Dies beziehe sich auch auf die erst nach dem 1. Oktober 1957 ergangenen Bescheide; denn deren Streitbefangenheit beruhe allein auf § 96 SGG. Sachlich bejahte auch das LSG die Verfassungsmäßigkeit des KGG. Die Beitragspflicht in der Sozialversicherung sei nicht auf die Leistungsberechtigung abgestellt. Dieser Rechtsbereich unterscheide sich gerade dadurch vom sonstigen Versicherungsrecht, daß hier der Grundsatz des sozialen Ausgleichs, nicht der einer Abgeltung des individuellen Vorteils das Wesensmerkmal bilde. Der Anspruch des Klägers auf Beitragsfreiheit lasse sich aber auch sonst nicht aus dem KGG herleiten. Er gehöre unbestreitbar zum Kreis der beitragspflichtigen Personen nach § 10 Abs. 1 KGG. Soweit gesetzliche Befreiungsvorschriften geschaffen seien, träfen sie für den Kläger nicht zu. Insbesondere aus § 11 Abs. 3 KGG ergebe sich kein Befreiungsanspruch. Diese Norm regele vielmehr die Beitragszahlung und Beitragsberechtigung, falls ein Versicherter mehreren Familienausgleichskassen angehöre. Hieraus aber könne nicht geschlossen werden, daß der Kläger überhaupt keinen Beitrag zu zahlen hätte. Schließlich rechtfertige auch § 32 KGG die Beitragsbefreiung nicht; hier seien lediglich bestimmte Regelungen aus besonderen Einrichtungen betrieblicher oder überbetrieblicher Art als Leistungen im Sinne des Kindergeldrechts anerkannt, nicht aber für Bund, Länder, Gemeinden und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts Ausnahmen bewirkt.

Revision wurde zugelassen.

II. Gegen das am 5. Oktober 1960 zugestellte Urteil legte der Kläger am 29. Oktober im eigenen Namen Revision ein und begründete diese am 29. November 1960. Er wiederholte im wesentlichen sein Vorbringen aus den Vorinstanzen. Da er als Berechtigter nach G 131 unter den Ausschlußbestimmungen von § 3 Abs. 2 KGG stehe, sei er nicht nur von dem Anspruch auf Kindergeld ausgeschlossen, sondern scheide für seine Person aus dem Anwendungsbereich des KGG in jeder Beziehung aus. Infolgedessen komme es nicht darauf an, ob er unter einen der positiven Befreiungstatbestände des KGG falle. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe die Beitragspflicht von Selbständigen, die keine Arbeitnehmer beschäftigten, nur mit der Begründung bejaht, daß diese zu der Gruppe der empfangsberechtigten Selbständigen gehören. Er als sogenannter G 131-Richter sei hiervon jedoch kraft Gesetzes ausgenommen. Man dürfe nicht entgegenhalten, daß die juristischen Personen ebenfalls beitragspflichtig seien, obwohl sie nie Kindergeld beziehen könnten. Diese spezielle Regelung bestehe nur, weil jene die Voraussetzungen zum Bezug des Kindergelds - Vorhandensein von drei oder mehr Kindern - nicht erfüllen könnten. Die Bestimmung des § 11 Abs. 2 KGG erlaube keine Rückschlüsse auf die Behandlung nicht empfangsberechtigter Personen hinsichtlich der Beitragspflicht für ihre Person; denn dort handele es sich um die Befreiung Anspruchsberechtigter aus wirtschaftlichen Gründen. Schließlich ergebe sich die Abhängigkeit der Beitragspflicht einer natürlichen Person von der Leistungspflicht der Familienausgleichskassen aus § 11 Abs. 3 KGG. Wenn nach dieser Vorschrift der Selbständige, der mehreren Familienausgleichskassen angehöre, für seine Person nur an die Kasse Beiträge zu zahlen habe, die zur Leistung an ihn verpflichtet ist oder wäre, wenn er drei oder mehr Kinder hätte, so bedeutet das doch, daß derjenige, der von keiner Familienausgleichskasse eine Leistung verlangen könne, auch an keine Familienausgleichskasse Beiträge entrichten müsse, also beitragsfrei sei.

Der Kläger beantragte,

unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an ihn 170,- DM nebst 4 % Zinsen von 140,- DM vom 6. November 1957 bis 1. Oktober 1959 und von 170,- DM seit 1. Oktober 1959 zu zahlen.

Die Beklagte beantragte,

die Revision zurückzuweisen.

Sie vertritt den Standpunkt, daß der Kläger beitragspflichtig sei, da es für diese Rechtsfolge nicht darauf ankomme, ob ihm auch ein Leistungsanspruch gegen die Familienausgleichskasse zustehe. Die Beklagte leitet, indem sie dem angefochtenen Urteil voll beipflichtet, ihre Auffassung aus dem Wesen des Kindergeldrechts als einem Teilgebiet der Sozialversicherung sowie aus der gesetzlichen Regelung selbst ab.

III. Die Revision ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist auch zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet wurde (§§ 164, 166 SGG). Insbesondere ist die Einlegung der Revision durch den Kläger selbst nicht zu beanstanden, da er als zugelassener Rechtsanwalt auch in eigener Sache vor dem BSG rechtswirksam Prozeßhandlungen vornehmen kann (§ 166 SGG; vgl. BSG 5, 13, 15). - Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Revision entscheiden, da beide Parteien damit einverstanden waren (§ 124 Abs. 2 i. V. m. §§ 153 Abs. 1 und 165 SGG).

Die Revision ist jedoch nur teilweise begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist zunächst der Bescheid (Heberollenauszug) der Beklagten vom 24. September 1956, mit dem der Beitrag nach dem KGG für 1955 sowie ein Vorschuß für 1956 gefordert worden sind. Zugleich ist der Bescheid vom 25. Oktober 1957, der den endgültigen Beitrag für 1956 festsetzte und für 1957 einen Vorschuß anforderte, insoweit nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, als er den Beitrag für 1956 betrifft. Diesbezüglich trat er an die Stelle der ursprünglichen Vorschußanforderung. Dagegen ist die Vorschußanforderung für 1957 - dieser Bescheid enthält zwei voneinander trennbare selbständige Verwaltungsakte - nicht Gegenstand des Rechtsstreits, weil sie sich auf einen anderen Zeitraum als den ursprünglich streitigen erstreckt. Auch die weiteren Bescheide (Heberollenauszüge) vom 14. Oktober 1958 und vom 19. August 1959 sind nicht von dem anhängigen Verfahren erfaßt, da sie andere Zeitabschnitte betreffen (Vorschüsse und Beiträge für die Jahre 1957 bis 1959). Nach § 96 SGG wird nur derjenige neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, der den ursprünglichen "abändert oder ersetzt". Ein bloßer Sachzusammenhang ist nicht ausreichend, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat (vgl. BSG in SozR SGG § 96 Bl. Da 4 Nr. 12). Im Kindergeldrecht ändert, ersetzt oder ergänzt jedoch der Beitragsbescheid für ein bestimmtes Jahr nicht den vorausgegangenen; die Beiträge müssen vielmehr für jedes Jahr neu festgesetzt werden, und zwar jeweils unter erneuter Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 10, 11 KGG). Von Jahr zu Jahr können sowohl hinsichtlich der Beitragspflicht (Befreiungsgründe) als auch in der Beitragshöhe (Bemessung der Umlage) Abweichungen eintreten. Regelmäßig läßt daher die neue Beitragsanforderung die vorausgegangene im Inhalt unbeeinflußt. Beide stehen lediglich in einem zeitlichen Fortsetzungszusammenhang. Indessen genügt ein solcher allein - jedenfalls bei Streitigkeiten über die Beitragspflicht für verschiedene Zeitabschnitte - nicht für die Anwendung des § 96 SGG (vgl. 7. Senat, Urteil vom 14. November 1961 - 7 RKg 3/61 -). Diese Auffassung des erkennenden Senats stellt daher keine Abweichung von der Entscheidung des 6. Senats vom 24. November 1960 - 6 RKa 3/59 - dar, die laufende Honoraransprüche von Ärzten als im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses liegend angesehen hat.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist es also nicht gerechtfertigt, die Bescheide in das Verfahren einzubeziehen, die Vorschuß- und Beitragsanforderungen für die Kalenderjahre nach der Klageerhebung betreffen. Dies ist zudem deshalb nicht vertretbar, weil durch die neue Fassung des § 28 KGG mit Wirkung vom 1. Oktober 1957 an auch für das Kindergeldrecht das Vorverfahren eingeführt wurde, dem Kläger jedoch bislang keine Gelegenheit gegeben war, jene Verwaltungsakte im Verwaltungswege nachprüfen zu lassen (§ 78 SGG). Infolgedessen war unter Abänderung des angefochtenen Urteils auf die Berufung des Klägers hin das Urteil des SG insoweit aufzuheben, als es den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 1957 bezüglich des Beitragsvorschusses für 1957 sowie die Bescheide der Beklagten vom 14. November 1958 und vom 19. August 1959 betrifft. In diesem Umfange mußte die Klage als unzulässig abgewiesen werden.

IV. Sachlich konnte im übrigen die Revision des Klägers aber nicht zum Erfolg führen.

Die Verfassungsmäßigkeit des KGG ist von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BSG 6, 213; 6, 238; BVerfG 11, 105). In diesen Entscheidungen wurde gleichzeitig festgestellt, daß zum Kreis der Beitragspflichtigen auch Unternehmer gehören, die selber nicht in den Genuß des Kindergeldes kommen können. Der Kläger ist Unternehmer, denn er betreibt seine Anwaltspraxis für eigene Rechnung und auf eigene Gefahr (§ 29 KGG; § 633 der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Als solcher hätte er für sich als Selbständigen Beiträge zur Berufsgenossenschaft aufzubringen, wenn er versichert wäre. Hierfür genügt es, daß er die Möglichkeit hat, sich freiwillig bei einer Berufsgenossenschaft zu versichern; nicht notwendig ist, daß er tatsächlich versichert ist (vgl. BSG in SozR KGG § 10 Bl. Aa 2 Nr. 2). Wie der erkennende Senat bereits im Urteil vom 21. Februar 1962 - 7 RKg 8/62 (noch nicht veröffentlicht) - entschieden hat, ist ein Rechtsanwalt auch dann als beitragspflichtiger Unternehmer im Sinne von § 10 Abs. 1 KGG anzusehen, wenn es sich um einen pensionierten Beamten handelt. Das gleiche hat für einen Berechtigten nach G 131 zu gelten. Der Umstand, daß der Kläger wegen seiner anderweitigen beamten- oder versorgungsrechtlichen Ansprüche einen Anspruch auf Kindergeld nicht besitzt (§ 3 Abs. 2 KGG), steht der Beitragspflicht nicht entgegen. Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, daß der Kläger mit dem Vorbringen fehlender Gegenseitigkeit ein wesentliches Merkmal der sozialversicherungsrechtlichen Vorsorge verkennt, das darin besteht, daß auf diesem Gebiet nicht das privatwirtschaftliche Versicherungsprinzip der Abgeltung eines individuellen Vorteils maßgebend ist, sondern der Grundsatz des sozialen Ausgleichs. Folgerichtig läßt das KGG daher Ausnahmen von der Beitragspflicht nicht deswegen zu, weil der Beitragspflichtige etwa selbst oder die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer Ansprüche auf Kindergeld nicht geltend machen können oder werden, wobei es nicht darauf ankommt, ob sich diese Folge aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ergibt. Abgesehen vom Sonderfall der Zahlung von Kindergeldzuschlägen nach öffentlichem Recht (§ 10 Abs. 2 KGG) sieht das Gesetz nur dort, wo bedeutsame soziale Tatsachen es bedingen, eine Beitragsbefreiung des Unternehmers für seine Person oder bezüglich seiner Arbeitnehmer vor, dann nämlich, wenn das Einkommen oder die Lohnsumme eine bestimmte Grenze nicht überschreitet (§ 11 Abs. 2 KGG). Mit dieser Ausnahmeregelung sollen die Bezieher niedriger Einkommen geschützt werden. Das aber wiederum entspricht der vorstehend gekennzeichneten Tendenz des Kindergeldrechts als einem Teilgebiet der Sozialversicherung.

Die Auffassung des Klägers findet weiterhin auch in § 11 Abs. 3 KGG keine Stütze. Ohne Rechtsirrtum hat das LSG hierzu festgestellt, daß diese Regelung sich nicht mit der Beitragsbefreiung, sondern im Gegenteil mit der Beitragserhebung befaßt. Es handelt sich dabei um eine Ordnungsvorschrift, die bei Zugehörigkeit zu mehreren Familienausgleichskassen die allein Beitragsberechtigte bestimmt und damit zugleich den Beitragsverpflichteten vor der Doppelzahlung bewahrt. Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, wie diese Frage im Falle des Klägers zu beantworten wäre, wenn der Tatbestand des § 11 Abs. 3 KGG auf ihn zuträfe. Jedenfalls ist aber aus dieser Schutzvorschrift, die zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen die gleichzeitige Heranziehung eines Selbständigen zu Beiträgen bei verschiedenen Familienausgleichskassen ausschließt, nicht zu folgern, daß für den Kläger die Beitragspflicht überhaupt entfiele, weil für ihn nach § 3 Abs. 2 KGG Anspruch auf Kindergeld nicht besteht.

Auch aus anderen Vorschriften des KGG läßt sich die vom Kläger behauptete Beitragsfreiheit nicht herleiten. Den Ausführungen des LSG hierüber ist beizupflichten. Insbesondere rechtfertigt § 32 KGG eine Befreiung des Klägers nicht. Diese Vorschrift enthält vielmehr die Anerkennung von Leistungen aus besonderen Einrichtungen der Wirtschaft, die aus eigener sozialer Verantwortung heraus bereits vor oder neben der gesetzlichen Regelung kindergeldähnliche Aufwendungen zum Ausgleich der Familienlasten von Erwerbstätigen geschaffen hat. Die öffentlich-rechtlichen Körperschaften werden hiervon nicht erfaßt; soweit sie die in § 3 Abs. 2 KGG bezeichneten Regelungen anwenden, sind sie nach § 10 Abs. 2 KGG von ihrer Beitragspflicht für die Arbeitnehmer befreit. Der Kläger selbst jedoch ist davon nicht betroffen.

V. Nach alledem ist für die Befreiung des Klägers von der Beitragspflicht nach dem KGG eine Rechtsgrundlage nicht vorhanden. Die Beitragsbescheide der Beklagten für 1955 und 1956 sind nicht zu beanstanden. Diesbezüglich war daher die angefochtene Entscheidung des LSG unter Zurückweisung der Revision zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324040

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge