Leitsatz (amtlich)
Ein Handwerker bleibt nach HwVG § 6 Abs 1 nur dann versicherungsfrei, wenn er sowohl für Januar 1957 als auch für Februar 1957 die Voraussetzungen für die Versicherungsfreiheit nach HVG § 3 erfüllte und in diesen Monaten versicherungsfrei war. Versicherungsfreiheit im Zeitpunkt der Verkündung des AnVNG nach AnVNG Art 2 § 52 Abs 2 S 1 genügt nicht.
Normenkette
AnVNG Art. 2 § 52 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1957-02-23; HwAVG § 3 Fassung: 1938-12-21; HwVG § 6 Abs. 1 Fassung: 1960-09-08
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Februar 1966 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 4. Juni 1965 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger nach den Übergangsvorschriften des Handwerkerversicherungsgesetzes vom 8. September 1960 (HwVG) versicherungsfrei für die Zeit seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geblieben ist.
Der Kläger, geb. 1913, ist seit 1947 in die Handwerksrolle eingetragen. Im November 1956 begann er, mit der H Lebensversicherungsanstalt wegen des Abschlusses eines Lebensversicherungsvertrages zu verhandeln. Er schloß den Vertrag über eine Versicherungssumme von 20.400,- DM mit einer monatlichen Prämie von 80,- DM. Datum des Vertragsabschlusses (Deckungszusage) ist der 23. Februar 1957.
Die Beklagte forderte mit Bescheid vom 21. Januar 1964 den Kläger auf, für die Zeit seit Januar 1962 monatlich Pflichtbeiträge in bestimmter Höhe zu entrichten, da er nach § 1 HwVG pflichtversichert sei. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 24. November 1964 zurückgewiesen.
Das Sozialgericht Frankfurt (Main) hat mit Urteil vom 4. Juni 1965 die Klage abgewiesen: Der Kläger sei nicht nach § 6 Abs. 1 HwVG versicherungsfrei; da die Deckungszusage erst im Februar 1957 erteilt worden sei, sei er im Januar 1957 nicht versicherungsfrei gewesen. Er sei auch nicht nach § 6 Abs. 3 HwVG versicherungsfrei; denn er habe im Dezember 1961 nicht den für eine Versicherungsfreiheit erforderlichen Prämienbetrag von monatlich 126,- DM aufgewandt.
Das Hessische Landessozialgericht hat das Urteil des Sozialgerichts, den Widerspruchsbescheid und den Bescheid der Beklagten aufgehoben und die Revision zugelassen (Urteil vom 15. Februar 1966). Es hat sinngemäß im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nicht nach § 6 Abs. 3, aber nach § 6 Abs. 1 HwVG versicherungsfrei. Er habe zwar im Januar 1957 die Bestimmungen des § 3 des Gesetzes über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk vom 21. Dezember 1938 (HVG) nicht erfüllt, weil er erst mit der Deckungszusage Versicherungsfreiheit habe geltend machen können (§ 18 der Ersten Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des HVG vom 13. Juli 1939 - RGBl I 1255); doch könne § 6 Abs. 1 HwVG nach seinem Sinn nur dahin verstanden werden, daß auch die im Rahmen des Art. 2 § 52 Abs. 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) bestehende Befreiung von der Versicherungspflicht zukünftig fortgelten solle. Art. 2 § 52 Abs. 2 AnVNG habe den Zeitpunkt der Verkündung des AnVNG (26. Februar 1957) maßgebend sein lassen. Die Aufzählung der Monate Januar und Februar 1957 in § 6 Abs. 1 HwVG entbehre jeder vernünftigen Grundlage, wenn damit nicht der Zeitpunkt der Verkündung des AnVNG gemeint sei.
Die Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie rügt eine Verletzung des § 6 Abs. 1 HwVG. Sie meint, der Wortlaut dieser Vorschrift sei vollkommen klar und lasse die Auslegung durch das LSG nicht zu. Es sei nicht möglich, einen genau umrissenen Zeitraum - Januar und Februar 1957 - in einen Zeitpunkt - 26. Februar 1957 - umzudeuten. Auch die Entstehungsgeschichte stehe der Auffassung des LSG entgegen. Die Beklagte weist dazu auf den FDP-Entwurf-BT-Drucks. III/634- und den CDU/CSU- Entwurf - BT-Drucks. III/993 - des HwVG hin. Im § 17 Abs. 1 Nr. 2 des FDP-Entwurfs sei vorgesehen gewesen, daß Handwerker, die die Voraussetzung für die Befreiung von der vollen Versicherungspflicht nach Art. 2 § 52 Abs. 2 AnVNG erfüllten, von der Versicherungspflicht befreit bleiben sollten. Nach dem CDU/CSU-Entwurf habe für die Versicherungsfreiheit ab 1. Januar 1962 das Bestehen der Versicherungsfreiheit in den Monaten Januar und Februar 1957 maßgebend sein sollen. Der Bundestag sei, wie aus dem schriftlichen Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik - BT-Drucks. III/1379 - hervorgehe, dem CDU/CSU-Entwurf gefolgt. Daraus ergebe sich zwingend, daß der Gesetzgeber unabhängig von Art. 2 § 52 Abs. 2 AnVNG nur auf das Bestehen der Versicherungsfreiheit im Januar und Februar 1957 habe abstellen wollen. Der Kläger habe die bestehende Doppelbelastung selbst zu vertreten. Er habe rechtzeitig von ihr - der Beklagten - den Erhebungsfragebogen erhalten. Hätte er ihn rechtzeitig im Jahre 1961 ausgefüllt und bei ihr eingereicht, so hätte er seinen Lebensversicherungsvertrag anpassen können und wäre ab 1. Januar 1962 versicherungsfrei gewesen. Der Kläger habe sich Jedoch erst an sie gewandt, als sie ihm im Januar 1964 den Bescheid über die Versicherungspflicht erteilt habe.
Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für richtig.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte ist berechtigt, vom Kläger Beiträge zur Rentenversicherung zu verlangen. Der Kläger ist nicht versicherungsfrei nach § 6 Abs. 1 HwVG, weil er die Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit nach § 3 HVG für den Monat Januar 1957 nicht erfüllt hat. Die Zeitbestimmung in § 6 Abs. 1 HwVG "für Januar und Februar 1957" kann nicht dahin verstanden werden, daß damit der 26. Februar 1957 - der Zeitpunkt der Verkündung des AnVNG - gemeint sei.
Nach § 1 HwVG werden Handwerker, die in die Handwerksrolle eingetragen sind, in der Rentenversicherung der Arbeiter versichert, solange sie Beiträge für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit für weniger als 216 Kalendermonate entrichtet haben. Nach der Übergangsvorschrift in § 6 Abs. 1 HwVG bleiben Handwerker versicherungsfrei, die für Januar und Februar 1957 die Voraussetzungen für die Versicherungsfreiheit nach § 3 HVG erfüllten und in dieser Zeit versicherungsfrei waren.
Nach § 3 HVG konnten Handwerker, die mit einer öffentlichen oder privaten Lebensversicherungsunternehmung für sich und ihre Hinterbliebenen einen Versicherungsvertrag für den Fall des Todes und des Erlebens des 65. oder eines niedrigeren Lebensjahres abschlossen, je nach der Höhe der Lebensversicherung entweder die Versicherungsfreiheit (§ 4 HVG) geltend machen oder die Befreiung von der halben Beitragsleistung (Halbversicherung, §§ 5, 6 HVG) beantragen.
Nach § 4 HVG waren Handwerker versicherungsfrei, wenn und solange sie für ihre Lebensversicherung (§ 3 HVG) mindestens ebensoviel aufwandten, wie sie zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen gehabt hätten. Die Versicherungsfreiheit begann mit dem Kalendermonat, in dem der Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen wurde; nach § 18 der Ersten Durchführungsverordnung (DVO) zum HVG vom 13. Juli 1939 konnte Versicherungsfreiheit auf einen Lebensversicherungsvertrag erst gestützt werden, wenn die Versicherung begonnen hatte.
Da der Lebensversicherungsvertrag des Klägers im Februar 1957 abgeschlossen wurde, konnte eine Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung nach dem HVG erst mit Februar 1957 beginnen. Für Januar 1957 konnte keine Versicherungsfreiheit aufgrund des Lebensversicherungsvertrages geltend gemacht werden. Der Kläger erfüllte also die Voraussetzungen für die Versicherungsfreiheit nach § 3 HVG nicht für Januar 1957 und er war in diesem Monat nicht versicherungsfrei.
Der Auffassung des Landessozialgerichts, die Aufzählung der Monate Januar und Februar 1957 in § 6 Abs. 1 HwVG könne nur dahin verstanden werden, daß im Zeitpunkt der Verkündung des AnVNG - 26. Februar 1957 - Versicherungsfreiheit bestanden haben müsse, ist der Senat nicht gefolgt.
Das Landessozialgericht geht entscheidend davon aus, die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 HwVG baue auf Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG auf und wolle eine nach dieser Vorschrift bestehende Befreiung von der Versicherungspflicht fortbestehen lassen. Diese Auffassung überzeugt jedoch nach den Entstehungsgeschichten Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG und des § 6 Abs. 1 HwVG nicht.
Nach dem HVG setzte die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung u. a. grundsätzlich voraus, daß die Handwerker für die Lebensversicherung mindestens so viel an Prämien aufwandten, wie sie an Beiträgen zur Rentenversicherung zu zahlen gehabt hätten (§ 4 Abs. 1 HVG). Das Gesetz zur vorläufigen Änderung des HVG vom 27. August 1956 (Bereinigungsgesetz), das die in der Nachkriegszeit und nach der Währungsreform durch Länderrecht entstandenen Unterschiede und Unklarheiten beseitigte, erließ den Handwerkern, die nicht nach dem HVG von der Versicherungspflicht befreit waren - wie damals der Kläger - gewisse Beitragsschulden aus der Vergangenheit, schuf aber nicht rückwirkend eine Versicherungsfreiheit (Art. 1 Abs. 3 des Bereinigungsgesetzes; BSG 14, 86, 92). Außerdem regelte es die Beitragsleistung der versicherungspflichtigen Handwerker für die Zeit vom 1. Januar 1957 an neu (Art. 2 und 6 des Bereinigungsgesetzes).
Anläßlich der Neuregelung der Rentenversicherung begründete der Ausschuß für Sozialpolitik seinen Vorschlag, die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk bis zu ihrer Neuregelung durch ein Sondervermögen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte weiterzuführen, damit, es handele sich nur um eine vorläufige Regelung, da die endgültige Neuregelung der Altersversorgung für das Deutsche Handwerk nicht vorweggenommen werden solle (BT-Drucks. II/3080, Art. 2 § 48 Abs. 2, und Seite 33). Die nach der 2. Lesung im Bundestag beschlossene Fassung des Art. 2 § 48 Abs. 2 (BT-Drucks. II/3115) ist Gesetz geworden (Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG; siehe dazu auch Stenografische Berichte, 2. Wahlperiode 1953, Band 34, 186. Sitzung, S. 10463 C bis 10468 B, 10495).
Der Entwurf des 2. Änderungsgesetzes zum AnVNG vom 30. April 1958 über die Verlegung des im Gesetz zunächst bestimmten Termins vom 31. März 1958 auf den 31. März 1959 wurde folgendermaßen begründet (BT-Drucks. III/203):
Bei der Reform der Rentenversicherung im 2. Bundestag ist gesetzlich eine Neuregelung der Altersversorgung für das Deutsche Handwerk angekündigt worden (vgl. Art. 2 § 52 Abs. 4 AnVNG). Der vorliegende Gesetzesentwurf verfolgt in Anlehnung an diese Neuregelung zwei Ziele: Um den Handwerkern den Übergang zu den durch die Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze festgelegten neuen Beitragssätzen zu erleichtern, sind in den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen Vorschriften über die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgenommen worden (vgl. Art. 2 § 52 Abs. 3 AnVNG). Aus dem gleichen Grund wurde Handwerkern, die wegen des Abschlusses privater Lebensversicherungsverträge versicherungsfrei waren, eine Übergangsfrist eingeräumt, in der sie die Versicherungsprämien zur privaten Lebensversicherung auf ihrem bisherigen Stand belassen konnten und sie nicht an die in der Angestelltenversicherung gestiegenen Beitragssätze anzupassen brauchten. Diese Übergangsfrist läuft am 31. März 1958 ab. Mit Rücksicht auf die gesetzlich in Aussicht gestellte Neuregelung der Altersversorgung für das Deutsche Handwerk erscheint es unzweckmäßig, im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Heraufsetzung der Versicherungsprämien von Handwerkern gesetzlich anzuordnen, ohne daß feststeht, ob die gleiche Regelung bei der Neuregelung der Altersversorgung beibehalten wird. Aus diesem Grund sieht der vorliegende Gesetzesentwurf eine Verlegung der Übergangsfrist um ein Jahr vor.
Im 3. Änderungsgesetz zum AnVNG vom 25. März 1959 (BT-Drucks. II/936) wurde dann schließlich die bei Verkündung des AnVNG bestehende Versicherungsfreiheit nach § 3 HVG ohne Bestimmung eines festen Zeitpunktes auf die Zeit bis zur Neuregelung der Altersversorgung für das Deutsche Handwerk ausgedehnt.
Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG schafft, wie sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt, nicht neue Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit der Handwerker (anders Abs. 3 dieser Vorschrift). Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG bestimmt nur, daß eine bei Verkündung des AnVNG am 26. Februar 1957 nach § 3 HVG (i. V. m. § 4 HVG) bestehende Versicherungsfreiheit ohne die an sich nach §§ 3, 4 HVG notwendige Anpassung der Lebensversicherungsprämien an die neuen Rentenversicherungsbeiträge (14 v. H.) bestehen bleibt. Diese Fortdauer der Versicherungsfreiheit ist ausdrücklich auf die Zeit bis zur Neuregelung der Handwerkerversorgung begrenzt. Dies bedeutet, daß über eine weitere Versicherungsfreiheit oder Versicherungspflicht erst in der künftigen Neuregelung der Handwerkerversorgung bestimmt werden sollte. Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG nimmt somit in keiner Weise eine künftige Regelung der Versicherungsfreiheit oder Versicherungspflicht vorweg. Daher konnten die Voraussetzungen der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit bei der Neuregelung der Handwerkerversorgung im HwVG für die Zeit vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an ohne Anknüpfung an die nur vorläufigen Vorschriften des Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG neu festgelegt werden. Dies ist in § 6 Abs. 1 HwVG geschehen. In dieser Vorschrift ist die Fortdauer einer nach § 3 HVG bestehenden Versicherungsfreiheit für die Zeit vom 1. Januar 1962 ab an strengere Voraussetzungen gebunden als nach Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG. Während bei Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG Versicherungsfreiheit nach § 3 HVG im Zeitpunkt der Verkündung des AnVNG für die Fortdauer der Versicherungsfreiheit bis zur Neuregelung der Handwerkerversorgung im HwVG genügte, besteht Versicherungsfreiheit für die Zeit seit 1. Januar 1962 (§ 16 HwVG) nur, wenn im Januar und Februar 1957 Versicherungsfreiheit nach § 3 HVG gegeben war.
Der von der Beklagten zutreffend wiedergegebenen Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 1 HwVG ist nicht zu entnehmen, aus welchen Überlegungen Versicherungsfreiheit nach § 3 HVG in den Monaten Januar und Februar 1957 als Voraussetzung für die Fortdauer der Versicherungsfreiheit für die Zeit seit 1. Januar 1962 verlangt wird. Der Entwurf der CDU/CSU (BT-Drucks. III/993), der diese Voraussetzung enthält, ist nicht näher begründet. Auch in der Begründung des Ausschusses für Sozialpolitik für die von ihm vorgeschlagene Fassung des § 6 Abs. 1 HwVG, die Gesetz geworden ist, ist nicht näher erläutert, weshalb Versicherungsfreiheit in den Monaten Januar und Februar 1957 verlangt wird (BT-Drucks. III/1379; vgl. auch Stenografische Berichte, 3. Wahlperiode, 121. Sitzung, S. 6991 B und C).
Es muß angenommen werden, daß § 6 Abs. 1 HwVG an das Bereinigungsgesetz anknüpft. Danach gab es seit dem 1. Januar 1957, abgesehen von den Ausnahmen nach dem Bereinigungsgesetz, keine Versicherungsfreiheit aufgrund Lebensversicherungsvertrages mehr, ohne daß die Prämien den Beiträgen zur Rentenversicherung entsprachen (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 3, Art. 2 und 6 des Bereinigungsgesetzes). § 6 Abs. 1 HwVG läßt die Handwerker, die seit diesem Zeitpunkt versicherungsfrei waren, weiterhin versicherungsfrei, ohne daß sie ihre Prämien an die höheren Beiträge nach den Rentenversicherungsneuregelungsgesetzen anpassen müßten. Dagegen bleiben Handwerker, die erst später Lebensversicherungsverträge abgeschlossen hatten, nur dann vom 1. Januar 1962 an versicherungsfrei, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt Versicherungsfreiheit erlangt hatten, d. h. wenn ihre Prämien den Beiträgen nach den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen entsprachen (§ 6 Abs. 3 HwVG).
Diese Unterscheidung erscheint nicht willkürlich. Die Handwerker, die unter § 6 Abs. 1 HwVG fallen, sind im wesentlichen solche, die schon früher Lebensversicherungsverträge abgeschlossen hatten und vom 1. Januar 1957 an ihre Prämien erhöhen mußten (vgl. Art. 1 und 2 des Bereinigungsgesetzes). Sie sollten nicht mit einer weiteren Prämienerhöhung belastet werden. Dieser Gedanke entfällt bei Handwerkern, die erst seit Februar 1957 Lebensversicherungsverträge abgeschlossen haben; denn zu dieser Zeit war mit der Beitragserhöhung in der Rentenversicherung schon zu rechnen, und seit der Verkündung der Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze konnte Versicherungsfreiheit durch Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages ohnehin nur bei Prämien erreicht werden, die den neuen Beiträgen entsprachen.
Diese Auffassung führt nicht zu einer unbilligen Härte, wenn ein Handwerker, wie der Kläger, im Februar 1957 vor Verkündung des AnVNG einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen hat, und zwar die Voraussetzungen des Art. 2 § 52 Abs. 2 Satz 1 AnVNG, aber nicht des § 6 Abs. 1 HwVG erfüllt. In solchen Fällen braucht nicht notwendigerweise eine Doppelbelastung des Handwerkers durch Lebensversicherungsprämien und Rentenversicherungsbeiträge einzutreten. Das HwVG ist bereits am 15. September 1960 verkündet worden. Der Kläger konnte seit dieser Zeit erkennen, daß er nicht die Voraussetzungen einer weiteren Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 HwVG erfüllt. Er hätte bis zum Inkrafttreten des HwVG am 1. Januar 1962 Zeit gehabt, seine Lebensversicherungsprämien durch entsprechende Erhöhung gemäß §§ 3, 4 HVG den höheren Rentenversicherungsbeiträgen nach den Neuregelungsgesetzen anzupassen, so daß er bei Inkrafttreten des HwVG die Voraussetzungen einer weiteren Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3 HwVG erfüllt hätte (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band III, S. 779 (25. Nachtrag) ff, 788, 788 a; vgl. auch Deutsches Handwerksblatt 1960 S. 450 (Compter) und S. 452 (Barke).
Die Revision der Beklagten ist sonach begründet.
Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen