Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherungsbeitrag. Tragung durch Rentenversicherungsträger
Leitsatz (redaktionell)
- Soweit die Beklagte in den angegriffenen Bescheiden den ab 01.04.2004 aus der Rente zu tragenden Pflegeversicherungsbeitrag der Höhe nach bestimmt hat, hat sie zulässig in der Handlungsform des feststellenden Verwaltungsakts entschieden.
- Die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentner haben als Bezieher einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ab 01.04.2004 die mit der Beitragspflicht zur SPV verbundene Beitragslast allein zu tragen.
- Die Beitragspflicht der Rente – auch in der sozialen Pflegeversicherung – ist grundsätzlich mit dem GG vereinbar.
Normenkette
SGB XI § 59 Abs. 1 S. 1, § 60 Abs. 1 S. 2; GG Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; SGB V § 255 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 25. November 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Tragung des hälftigen Pflegeversicherungsbeitrags über den 31. März 2004 hinaus verlangen kann.
Der im Januar 1937 geborene Kläger war im Anschluss an seine Berufsausbildung von 1954 bis September 1985 versicherungspflichtig beschäftigt. In der Folgezeit, jedenfalls ab Juni 1988 bestand dauerhaft Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. Er bezieht von dem beklagten Rentenversicherungsträger seit Februar 1997 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige sowie eine geringe Zusatzrente aus der Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung. Der Kläger war als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung bis 2002 freiwillig versichert und ist jetzt pflichtversichert. Er ist in der sozialen Pflegeversicherung bei der beigeladenen Pflegekasse pflichtversichert. Bis zum 31. März 2004 trugen der Kläger und die Beklagte den aus der Altersrente zu bemessenden Pflegeversicherungsbeitrag nach einem Beitragssatz von 1,7 vH jeweils zur Hälfte und behielt die Beklagte von der Rente den Beitragsanteil des Klägers ein.
Ab dem 1. April 2004 behielt die Beklagte von dieser Rente in Höhe von 1.053,39 Euro den vollen Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 17,91 Euro ein und zahlte nach Abzug des hälftigen Beitrags zur Krankenversicherung (77,42 Euro) 958,06 Euro aus. Unter anderem hierüber erteilte sie dem Kläger unter dem 8. März 2004 einen Bescheid, in dem sie auch ausführte, dass die bisher von der Rentenversicherung getragene Hälfte des Pflegeversicherungsbeitrags ab 1. April 2004 von dem Kläger allein zu tragen und insoweit einzubehalten sei sowie die bisherige Feststellung über die Einbehaltung des Beitrags zur Pflegeversicherung aufgehoben werde. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2004, Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ für das Saarland vom 13. April 2005, Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ für das Saarland vom 25. November 2005). Das LSG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Fehler bei der Umsetzung des § 59 Abs 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) seien nicht erkennbar. Zwar führe die Neuregelung gegenüber dem früheren Rechtszustand zu einer faktischen Kürzung der Rentenbezüge des Klägers, jedoch liege darin kein Verstoß gegen Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG). Auch sei der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hält § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI in seiner ab 1. April 2004 geltenden Fassung für verfassungswidrig. Er werde unter Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG gegenüber Beschäftigten benachteiligt, die weiterhin nur den halben Pflegeversicherungsbeitrag zu tragen hätten. Entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung gebiete der allgemeine Gleichheitssatz nicht, etwaige, im Vergleich mit Beschäftigten bestehende Privilegien der von ihm repräsentierten Personengruppe zu beseitigen, weil solche nicht existierten. Auch verstoße die Neuregelung gegen Art 14 Abs 1 GG und den Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts für das Saarland vom 25. November 2005 und des Sozialgerichts für das Saarland vom 13. April 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2004 aufzuheben, soweit die Beklagte darin die bisherige Entscheidung über die Tragung des Beitrags zur Pflegeversicherung aufgehoben und festgestellt hat, dass der Kläger diesen Beitrag ab 1. April 2004 allein zu tragen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2004 ist im angefochtenen Umfang rechtmäßig. Zutreffend hat sie darin festgestellt, dass der Kläger den aus seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu bemessenden Pflegeversicherungsbeitrag ab 1. April 2004 allein zu tragen hat mit der Folge, dass er nunmehr auch mit der zweiten, bisher von der Beklagten getragenen Beitragshälfte belastet ist. Zutreffend hat die Beklagte außerdem ihre bisherigen Feststellungen hierzu aufgehoben.
1. Der erkennende Senat ist für die Entscheidung über die Revision des Klägers zuständig. Wird, wie im vorliegenden Rechtsstreit, eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Tragung und Höhe von aus der Rente zu bemessenden Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) angegriffen, hat nach der Geschäftsverteilung des Bundessozialgerichts (BSG) der 12. Senat zu entscheiden. Bei vergleichbaren Sachverhalten hat der Senat bereits in der Vergangenheit seine Zuständigkeit angenommen (vgl zum Einbehalt von Krankenversicherungsbeiträgen aus der Rente: BSG, Urteil vom 23. Mai 1989, 12 RK 66/87, SozR 2200 § 393a Nr 3; Urteil vom 18. Dezember 2001, B 12 RA 2/01 R, SozR 3-2500 § 247 Nr 2 S 4).
2. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger sein Begehren im Wege der Anfechtungsklage verfolgen kann. Soweit die Beklagte in den angegriffenen Bescheiden den von dem Kläger ab 1. April 2004 aus der Rente zu tragenden Pflegeversicherungsbeitrag der Höhe nach bestimmt hat, hat sie zulässig in der Handlungsform des feststellenden Verwaltungsaktes entschieden, weil Fragen der Beitragstragung und -höhe im Verwaltungsverfahren über die Änderung des Auszahlungsbetrages der Rente als Vorfragen feststellungsfähig sind (vgl BSG SozR 3-2500 § 247 Nr 2 S 4), und einen früheren Verwaltungsakt gleichen Regelungsgehalts aufgehoben und ersetzt.
3. Die Beklagte als Rentenversicherungsträger ist bei Rentnern wie dem Kläger, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, für die Entscheidung über die Tragung und Höhe der Beiträge zur SPV sachlich zuständig. Diese Entscheidung hatte nicht die beigeladene Pflegekasse zu treffen. Grundsätzlich ist es allerdings Aufgabe des Versicherungsträgers, bei dem die Versicherung besteht, nicht nur über die Versicherungspflicht, sondern auch über die Beitragspflicht, die Beitragshöhe und im Streitfall über die Beitragstragung zu entscheiden, sofern nicht auf Grund von Sonderregelungen wie etwa den Vorschriften über das Einzugsstellenverfahren diese Aufgabe einem anderen Versicherungsträger übertragen ist. Hinsichtlich der hier umstrittenen Beiträge, die von den Rentenversicherungsträgern nach § 60 Abs 1 Satz 2 SGB XI iVm § 255 Abs 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) einzubehalten sind, sind jedoch diese für die Entscheidung über Beitragspflicht, Beitragshöhe und Beitragstragung zuständig. Bei diesen Beiträgen sind die Pflegekassen am konkreten Beitragseinzug weder wirtschaftlich interessiert noch sachlich beteiligt. Die Beiträge stehen nicht der einzelnen Pflegekasse zu, sondern sind vom Rentenversicherungsträger an einen vom Bundesversicherungsamt verwalteten Ausgleichsfonds weiterzuleiten (vgl § 60 Abs 4 SGB XI). Dieser Ausgleichsfonds dient dem in den §§ 65 ff SGB XI geregelten Finanzausgleich zwischen den Pflegekassen, der es der einzelnen Pflegekasse ermöglicht, über nach dem Verhältnis von Ausgaben zu Einnahmen ermittelte Ausgleichsforderungen gegen den Fonds zu einer Deckung des nicht von ihrem jeweiligen Finanzierungsanteil gedeckten Aufwandes für die SPV zu gelangen. Die Rechtslage ist damit derjenigen in der früheren Krankenversicherung der Rentner (KVdR) bis zur Einführung des Risikostrukturausgleichs vergleichbar. Auch dort hatte der Senat im Hinblick auf den Finanzausgleich in der KVdR eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers zur Feststellung der Beitragshöhe angenommen, soweit die Beiträge aus der Rente einzubehalten waren (vgl BSG SozR 2200 § 393a Nr 3; zu Zweifeln an einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Interesse der Krankenkassen an der Zahlung von Beiträgen der bei ihnen Pflichtversicherten vor Einführung des Risikostrukturausgleichs vgl bereits Urteil des Senats vom 15. Juni 2000, B 12 RJ 5/99 R, SozR 3-2500 § 255 Nr 1 S 5). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 6. November 1997 eine Zuständigkeit der Pflegekasse zur Feststellung der Beitragspflicht und Beitragshöhe auch hinsichtlich der Beiträge von pflichtversicherten Rentnern angenommen hatte (12 RP 1/97, BSGE 81, 177, 178 = SozR 3-3300 § 55 Nr 2 S 8 f), hält er an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest. Einer Beiladung der Pflegekassen bedarf es nach dieser Entscheidung des Senats zur Frage der Zuständigkeit nun nicht mehr.
4. Der Kläger hat den aus seiner Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessenden Beitrag zur SPV ab 1. April 2004 allein zu tragen.
Der als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Kläger ist nach § 20 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 11 SGB XI versichertes Mitglied der SPV. Nach § 59 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB XI idF des Art 6 Nr 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB VI-ÄndG) vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3013 – § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF) haben Bezieher einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ab 1. April 2004 die mit der Beitragspflicht zur SPV verbundene Beitragslast allein zu tragen. Für den Kläger werden die Beiträge aus der Rente nach dem vollen Beitragssatz des § 55 Abs 1 Satz 1 SGB XI in Höhe von 1,7 vH bemessen. Gegen die rechnerische Ermittlung der Höhe des Beitrags aus der von der Beklagten zu Grunde gelegten Rente in Anwendung dieser Vorschriften hat der Kläger keine Einwendungen erhoben.
Die Revision beanstandet lediglich die Anwendung der Regelung über die alleinige Beitragstragung des § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF. Diese Fassung der Vorschrift hat faktisch eine Verdoppelung der bei versicherungspflichtigen Rentnern aus der Rente zu tragenden Beiträge zur SPV und insoweit eine Erhöhung der von der monatlichen Bruttorente vorzunehmenden Abzüge um 0,85 vH, dh eine entsprechende Minderung des dem Kläger tatsächlich zur Verfügung stehenden Rentenbetrags gegenüber dem bis zum 31. März 2004 geltenden Recht bewirkt. Denn nach § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI in der bis dahin geltenden Fassung (§ 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI aF) iVm § 249a SGB V trugen versicherungspflichtige Rentner und die Träger der Rentenversicherung die aus der Rente zu bemessenden Beiträge zur SPV jeweils zur Hälfte. Die Revision wendet sich in diesem Zusammenhang nicht grundsätzlich dagegen, dass der Kläger aus der Rente überhaupt Beiträge für die SPV aufzubringen hat. Wie in der Krankenversicherung ist die Beitragspflicht der Rente auch in der SPV grundsätzlich mit dem GG vereinbar. Weil die Finanzierung dieses Versicherungszweigs wie die der Krankenversicherung auf dem Solidaritätsprinzip beruht, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn versicherte Rentner auch hierzu nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Beiträgen herangezogen werden (vgl entsprechend zur Beitragspflicht von Versorgungsbezügen: BSG, Urteil vom 3. September 1998, B 12 P 4/97 R, SozR 3-3300 § 55 Nr 3 S 15 f).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF, soweit er mit der Anordnung der alleinigen Beitragstragung eine Verdoppelung der Beiträge aus der Rente und insoweit eine Verdoppelung der für die SPV von der Rente vorzunehmenden Abzüge bewirkt, verfassungswidrig ist.
a) § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF verletzt nicht Art 2 Abs 1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Personen in der Situation des Klägers, die zwar zum Zeitpunkt der Einführung der Pflegeversicherung im Jahre 1995 noch nicht Rentenbezieher waren, jedoch seit diesem Zeitpunkt keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr entrichtet haben, waren mit während ihrer Erwerbsphase entrichteten Rentenversicherungsbeiträgen an der Finanzierung der Pflegeversicherungslasten nicht mehr beteiligt. Sie haben vor dem Inkrafttreten des SGB XI auch sonst keinerlei Beiträge zu einer sozialversicherungsrechtlichen Absicherung der Pflegebedürftigkeit getragen (vgl hierzu Urteil vom heutigen Tage, B 12 RJ 4/05 R, RdNr 42 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Deshalb ist diese Vorschrift nicht am Eigentumsgrundrecht des Art 14 GG (vgl hierzu Urteil vom heutigen Tage, B 12 RJ 4/05 R, RdNr 17 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen), sondern allein am rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbot zu messen, wie es sich aus den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergibt. Mit der Aufhebung der rentenrechtlichen Position, wie sie hinsichtlich der Beitragslastverteilung bis zum 31. März 2004 aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI aF iVm § 249a SGB V folgte, hat der Gesetzgeber auf eine gesetzliche Leistung mit Wirkung für die Zukunft zum Nachteil auch solcher Rentenversicherter eingewirkt, bei denen der Versicherungsfall schon eingetreten war. Die dadurch herbeigeführte sog unechte Rückwirkung genügt jedoch den grundgesetzlichen Anforderungen des Vertrauensschutzprinzips, weil die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen die Interessen der Betroffenen am Fortbestand des bisherigen Rechts bei der gebotenen Interessensabwägung überwiegen (vgl Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫, Beschluss vom 22. Mai 2001, 1 BvL 4/96, BVerfGE 103, 392, 404 = SozR 3-2500 § 240 Nr 39 S 197; Beschluss vom 24. März 1998, 1 BvL 6/92, BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7 S 34).
Der Senat geht zunächst – allgemein – davon aus, dass das Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungen gerade im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung einen hohen Rang genießt, weil die Mitgliedschaft in der Rentenversicherung erst langfristig zu Versicherungsleistungen führt (vgl BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1998, 1 BvR 1318/86 ua, BVerfGE 97, 271, 289, mwN = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 10). Auch ist das Vertrauen Rentenversicherter, bei denen der Versicherungsfall vor der umstrittenen Gesetzesänderung bereits eingetreten und insoweit ein Wendepunkt im Versicherungsverhältnis erreicht war, in der Regel hoch einzuschätzen (vgl für die gesetzliche Krankenversicherung: BVerfGE 103, 392, 404 = SozR 3-2500 § 240 Nr 39 S 198; BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7 S 34). Zutreffend weist die Revision ferner – im Besonderen – darauf hin, dass es der Gesetzgeber bei der Einführung der Pflegeversicherung trotz sozialpolitischer Widerstände und Kritik in der Rechtswissenschaft im Hinblick auf die Pflegeversicherung als einer nahezu die gesamte Bevölkerung umfassenden Versicherung für richtig gehalten hat (vgl BT-Drucks 12/5262 S 77), einen sofortigen versicherungsrechtlichen Schutz der bereits Pflegebedürftigen und der sog pflegenahen Jahrgänge vorzusehen und diese ohne oder bei abgekürzter Vorversicherungszeit (vgl § 33 Abs 2 SGB XI) sogleich mit Leistungsansprüchen auszustatten.
Der Senat kann offen lassen, ob die vom Kläger repräsentierte Personengruppe im Hinblick auf diese gesetzgeberische Entscheidung schutzwürdig darauf vertrauen durfte, im Alter auf Dauer durch Übernahme des halben Pflegeversicherungsbeitrags aus der Rente seitens der Rentenversicherungsträger entlastet zu werden, oder nicht vielmehr im Hinblick darauf, dass das Anliegen einer Sofortversicherung von Beginn an umstritten war, und im Hinblick auf die langjährige Diskussion um die Zukunft der solidarischen Finanzierung in der Sozialversicherung mit einer stärkeren Beitragsbelastung in der SPV rechnen musste. Keiner Antwort bedarf auch die hiermit zusammenhängende Frage, ob und inwieweit solche Personen, die bei Einführung der Pflegeversicherung bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden waren, Überlegungen zur Optimierung ihres Pflegeversicherungsschutzes überhaupt noch haben anstellen können und infolgedessen besondere Dispositionen treffen konnten, auf die der Gesetzgeber hätte Rücksicht nehmen müssen. Denn jedenfalls müsste ein schutzwürdiges Vertrauen angesichts des Gewichts der Gemeinwohlgründe, die § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF tragen, zurücktreten. Diese berechtigten auch dazu, die mit der Neuregelung verfolgten Gemeinwohlbelange sofort, dh ohne Übergangsregelung, zur Geltung zu bringen.
aa) Im Hinblick darauf, dass Wachstum und Beschäftigung grundlegende Bedingungen darstellen, um die gesetzliche Rentenversicherung langfristig zu sichern (vgl so BT-Drucks 15/1830 S 1), und auch die gesetzliche Rentenversicherung hierfür Impulse geben muss, trifft das 2. SGB VI-ÄndG mehrere Maßnahmen, um für das Jahr 2004 einen Beitragssatzanstieg von 19,5 vH auf ohne diese Maßnahmen prognostizierte 20,4 vH mit seinen negativen Auswirkungen für den Arbeitsmarkt zu verhindern. Die Beibehaltung des bisherigen Beitragssatzes soll im Wesentlichen durch eine Konsolidierung der Ausgabenseite erreicht werden. Neben anderen unmittelbar haushaltswirksamen Maßnahmen ordnet das 2. SGB VI-ÄndG insbesondere Verschlechterungen für Rentenbezieher an. So ist für sie außer der alleinigen Tragung des Beitrags zur SPV (Art 6 2. SGB VI-ÄndG) die Aussetzung der Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 vorgesehen (Art 2 2. SGB VI-ÄndG). Im Gegenzug sollen mit dem Ziel der Entlastung der Renten Beitragssatzsenkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung zeitnah an die Rentner weitergegeben werden (Art 5 2. SGB VI-ÄndG). Für die Aufhebung der bis zum 31. März 2004 geltenden hälftigen Beitragslastverteilung wird im Gesetzgebungsverfahren als Grund benannt, dass sie als Teil eines Maßnahmebündels die “Beibehaltung des Beitragssatzes von 19,5 vH im Jahr 2004 ermöglichen” (vgl BT-Drucks 15/1830 S 1 f, 8; ferner Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung ≪13. Ausschuss≫, BT-Drucks 15/1893 S 11) und auf diese Weise “den Faktor Arbeit kurz- und mittelfristig durch eine Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung in der Rentenversicherung … entlasten” (vgl BT-Drucks 15/1830 S 8; BT-Drucks 15/1893 S 1, 3) soll. Zur Rechtfertigung der Maßnahme wird des Weiteren auf den Gesichtspunkt der Lastenverteilung zwischen den Generationen hingewiesen und ausgeführt, dass “Rentner sowie ältere Versicherte während ihrer Erwerbsphase regelmäßig nicht oder nur kurz durch eigene Beiträge zur Finanzierung der Pflegeversicherung beigetragen” haben (vgl BT-Drucks 15/1830 S 2, 8, 10) bzw ihnen die Leistungen der Pflegeversicherung “ohne Vorfinanzierung zur Verfügung gestellt” worden sind (vgl BT-Drucks 15/1893 S 11) und sie künftig nicht anders behandelt werden als Aktive, die “durch den Verzicht auf einen Feiertag zur Finanzierung der Pflegeversicherung beigetragen” haben (vgl BT-Drucks 15/1830 S 8; BT-Drucks 15/1893 S 11).
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (zuletzt Beschluss vom 13. Juni 2006, 1 BvL 9/00 ua, juris-Nr KVRE363150601, RdNr 86, mwN) und des BSG (vgl stellv Urteil vom 24. Februar 1999, B 5 RJ 28/98 R, SozR 3-2600 § 300 Nr 14 S 66, und Urteil vom 18. April 1996, 4 RA 36/94, BSGE 78, 138, 143 f = SozR 3-2600 § 71 Nr 1 S 7) ist es ein legitimes Konzept des zur sozialpolitischen Gestaltung berufenen Gesetzgebers, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten ökonomischen und demografischen Bedingungen anzupassen. Der Gesetzgeber durfte die nachteiligen Folgen von Beitragserhöhungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber als gewichtig ansehen. In seinem sozialpolitischen Ermessen stand es insbesondere, gegensteuernde Maßnahmen innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung zu ergreifen und deren Ausgabenvolumen zu begrenzen (vgl Beschluss vom 13. Juli 2006, aaO, RdNr 86 ff). Darüber hinaus war der Gesetzgeber befugt, Rentner in stärkerem Umfang als bisher an der Finanzierung der Leistungsausgaben in der SPV zu beteiligen.
Vor dem Hintergrund dieser legitimen Zielsetzung greift § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF nicht unzulässig in den bisherigen normativen Bestand ein, weil er auf einem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausgleich der widerstreitenden Interessen beruht und nicht unverhältnismäßig ist.
Als Teil des Maßnahmebündels war die Aufhebung der Verpflichtung der Rentenversicherungsträger, den halben Pflegeversicherungsbeitrag zu tragen, geeignet, das Ziel einer Beibehaltung des bisherigen Beitragssatzes zu erreichen. Der Gesetzgeber erwartete mit der Dämpfung des Beitragssatzanstiegs eine Beitragssatzentlastung von 0,9 Beitragssatzpunkten und verband dies mit der Vorstellung, dass ein Absinken des verfügbaren Einkommens der Arbeitnehmer um 3,6 Mrd Euro sowie eine entsprechende Erhöhung der Lohnnebenkosten der Arbeitgeber verhindert werden könne (vgl BT-Drucks 15/1830 S 3; BT-Drucks 15/1893 S 3). Nach den im Gesetzgebungsverfahren vorgenommenen Schätzungen sollte der Wegfall des Finanzierungsanteils der gesetzlichen Rentenversicherung am Beitrag zur Pflegeversicherung der Rentner die Rentenversicherung im Jahr 2004 im Umfang von 0,1 Beitragssatzpunkten und danach im Umfang von bis zu 0,2 Beitragssatzpunkten entlasten (vgl BT-Drucks 15/1830 S 11; ferner Bericht des Haushaltsausschusses ≪8. Ausschuss≫, BT-Drucks 15/1899 S 1). Das entsprach für die Monate April bis Dezember 2004 Minderausgaben von etwa 1,2 Mrd Euro und für das Jahr 2005, in dem keine Zahlungen der Rentenversicherung mehr anfielen, solchen von etwa 1,6 Mrd Euro (vgl Genzke, DAngVers 2003, S 577, 585). Bei diesen Erwartungen durfte der Gesetzgeber von spürbaren Einsparungen im Bereich der Rentenausgaben und von einem nachhaltigen Beitrag des § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF zur Dämpfung des Beitragssatzanstiegs ausgehen.
Der durch § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF bewirkte Fortfall des in der hälftigen Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger liegenden Vorteils war zudem erforderlich. Ein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel, mit dem er das Ziel einer Begrenzung des Ausgabenvolumens der gesetzlichen Rentenversicherung ebenso gut hätte erreichen können, stand dem Gesetzgeber nicht zur Verfügung. Ein völliger Verzicht auf die zweite Hälfte des Pflegeversicherungsbeitrags hätte zu einer Destabilisierung der Finanzgrundlagen der SPV und ggf einer Kürzung der dortigen Versicherungsleistungen geführt. Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes auch nicht gehalten, auf andere Maßnahmen zur Verhinderung des Beitragssatzanstiegs bzw zur Belebung des Arbeitsmarkts auszuweichen, insbesondere die Mindestschwankungsreserve noch weiter abzusenken (vgl Art 1 Nr 5 2. SGB VI-ÄndG), einen höheren Bundeszuschuss vorzusehen (vgl Art 12 2. SGB VI-ÄndG) oder zu diesem Zweck weitere Steuermittel einzusetzen. Eine Konsolidierung der Ausgabenseite in der gesetzlichen Rentenversicherung ließ sich nur realisieren, wenn der Gesetzgeber, wie er es durch den Verzicht auf eine Anpassung der Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung auch getan hat (vgl Art 2 2. SGB VI-ÄndG), bei der eigentlichen Versicherungsleistung ansetzte und außerdem Einsparungen bei den finanziellen Hilfen vornahm, die die gesetzliche Rentenversicherung neben ihrem herkömmlichen Leistungsspektrum für die Rentner zur Linderung ihrer Beitragsbelastung in der SPV erbrachte.
Die für Rentenbezieher angeordnete Tragung auch der zweiten Beitragshälfte zur SPV ist schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne, und zwar sowohl im Hinblick auf den Umfang der mit der Neuregelung verbundenen rentenrechtlichen Einbuße (dazu (1) als auch im Hinblick auf die mit dieser Einbuße einhergehende Verdoppelung der auf der Rente ruhenden Beitragslast in der SPV (dazu (2).
(1) Die Einbuße der rentenrechtlichen Position, wie sie sich hinsichtlich der Beitragslastverteilung bis zum 31. März 2004 aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI aF iVm § 249a SGB V ergab, hält sich in einem Rahmen, den die Rentenbezieher tragen können. So wird zutreffend darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen der Neuregelung nicht ansatzweise das Ausmaß erreichen, das eine vollständige Überbürdung des aus der Rente zu tragenden Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung hätte. Auch ist zu berücksichtigen, dass mit der Stabilisierung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung und einer hieraus folgenden Belebung des Arbeitsmarkts die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung auch im eigenen Interesse der betroffenen Rentner zu erhalten versucht werden. Die vollständige Übernahme des Pflegeversicherungsbeitrags durch die Rentner führt zu einer weiteren Belastung von 0,85 vH des jeweiligen Rentenbetrags. Bezogen auf den seit Juli 2003 unveränderten Betrag der monatlichen Standardrente von brutto rd 1.176 Euro in den alten bzw 1.034 Euro in den neuen Bundesländern ergibt sich eine Mehrbelastung der Rentenbezieher, dh eine Minderung des monatlichen Rentenbetrags, um 9,99 Euro bzw 8,79 Euro (vgl hierzu die Schriftliche Stellungnahme der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen am 30. Oktober 2003 im 13. Ausschuss, Ausschuss-Drucks 15(9)823 S 3; ferner Kremer, Kompass/BKn 2004 Nr 3/4, S 6, 10). An der Zumutbarkeit der jetzigen auf der Rente liegenden Beitragslast in der SPV ändert es nichts, dass die Neuregelung Bezieher geringerer Renten wie den Kläger in ihren Auswirkungen härter trifft als Rentner, die über eine höhere Rente verfügen. So ergibt sich jedenfalls für Rentner, die auf Grund ihrer geringen Rente bereits Leistungen der Grundsicherung im Alter bezogen bzw beziehen (nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung; ab 1. Januar 2005 nach §§ 41 ff des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe), keine Rentenminderung. Die Träger der Grundsicherung haben in solchen Fällen den hinzukommenden belastenden Anteil von 0,85 vH zusätzlich zu übernehmen.
(2) In die Prüfung des Eingriffs am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist auch die im Gesetzgebungsverfahren angestellte Erwägung einzubeziehen, dass die sich aus der Neuregelung ergebende Folge der Übernahme der zweiten Beitragshälfte des in seiner Gesamthöhe unveränderten Pflegeversicherungsbeitrags einen Belastungsausgleich zwischen “Aktiven” und Rentnern in der SPV bewirkt. Soweit gegen dieses Motiv des Gesetzgebers eingewandt wird, in seiner Argumentation würden die Rentenversicherungsbeiträge der späteren Rentner mit deren Pflegeversicherungsbeiträgen “vermischt”, bzw, dass das gewählte Mittel zu dem in der Gesetzesbegründung verfolgten Zweck “nicht passe”, wird verkannt, dass die Verschiebung der Beitragslast in der SPV gewissermaßen die Kehrseite der im Rentenrecht erlittenen Einbuße darstellt. Indem er zur Rechtfertigung des § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nF auf die Herstellung von “Generationengerechtigkeit” verweist, weil Rentner sowie ältere Versicherte deutlich kürzere Zeit Beiträge zur Absicherung des Pflegerisikos zu zahlen hatten als jüngere Versicherte und ihnen die Einführung der Pflegeversicherung deshalb in besonderer Weise zugute kam (vgl BT-Drucks 15/1830 S 10), knüpft der Gesetzgeber für die SPV an die Rechtsentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung an, die in den letzten Jahrzehnten von dem Grundgedanken bestimmt war, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des gestiegenen Aufwands für Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen (vgl BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. Dezember 2002, 1 BvR 1660/96, SozR 3-2500 § 248 Nr 6 S 30; ferner BSG, Urteil vom 24. August 2005, B 12 KR 29/04 R, SozR 4-2500 § 248 Nr 1 RdNr 15). Das Bestreben einer solchen Entlastung der jüngeren Versichertengeneration im solidarisch finanzierten Krankenversicherungssystem ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BVerfGE 69, 272, 313 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 134). Gleiches muss für die SPV gelten, deren Finanzierung ebenfalls auf dem Solidarprinzip beruht, und soweit die stärkere Heranziehung von Rentnern zu Beiträgen in der SPV nicht (nur) Folge gestiegener Leistungsaufwendungen, sondern auch des Umstandes ist, dass Rentner während ihrer Erwerbsphase die finanziellen Lasten der SPV regelmäßig nicht oder nur kurz mitgetragen haben.
Die bisherige Lastenverteilung zwischen den Generationen prägt auch, dass “Aktive” seit Einführung der Pflegeversicherung die mit der hälftigen Beitragstragung durch die Arbeitgeber verbundene Belastung der Wirtschaft kompensieren und durch den Verzicht auf einen gesetzlichen landesweiten, auf einen Werktag fallenden Feiertag einen weiteren Beitrag zur Finanzierung der in diesem Versicherungszweig entstehenden Lasten leisten. Zwar vermag der Senat die diesem Aspekt im Gesetzgebungsverfahren beigelegte (vgl BT-Drucks 15/1830 S 8) Bedeutung für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit nicht in jeder Hinsicht nachzuvollziehen. Denn bei langfristiger Betrachtung wird es immer mehr Rentner geben, die diesen Beitrag während ihrer Erwerbsphase ebenfalls voll getragen haben (vgl hierzu Ruland, Protokoll Nr 15/42 der 42. Sitzung des 13. Ausschusses am 30. Oktober 2003, S 15). In Fallkonstellationen wie der vorliegenden, in denen eine Rente bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bezogen wurde, rechtfertigt jedoch auch dieser Gesichtspunkt die Verdoppelung der Beitragslast.
Im Hinblick auf diese, mit der Neuregelung verfolgten Gemeinwohlziele belastet die Tragung auch der zweiten Hälfte des Pflegeversicherungsbeitrags Personen wie den Kläger nicht unzumutbar und ist deshalb mit den Anforderungen des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots vereinbar.
b) Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG ist nicht ersichtlich.
Dieser enthält das Gebot, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (vgl BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1985, 2 BvL 18/83, BVerfGE 71, 255, 271), und ist insbesondere dann verletzt, “wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders und nachteilig behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten” (vgl BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 2003, 1 BvR 558/99, BVerfGE 109, 96, 123, mwN = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 69) und “sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt” (vgl BVerfG, Beschluss vom 15. März 2000, 1 BvL 16/96 ua, BVerfGE 102, 68, 87 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42 S 184). In gleicher Weise kann Art 3 Abs 1 GG verletzt sein, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte – bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart – ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl BVerfGE 109, 96, 123, mwN = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 69).
Danach steht die in der SPV bestehende unterschiedliche Beitragslast bei in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Beschäftigten einerseits und der von dem Kläger repräsentierten Personengruppe andererseits, die auf verschiedenen Beitragstragungsregelungen beruht, mit dem allgemeinen Gleichheitssatz in Einklang (dazu aa). Im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG ist auch nicht zu beanstanden, dass Rentenbezieher gegenüber in der SPV Familienversicherten und gegenüber “jüngeren pflegebedürftigen Personen” benachteiligt werden (dazu bb). Schließlich durfte der Gesetzgeber Personen wie den Kläger hinsichtlich der alleinigen Tragung des Pflegeversicherungsbeitrags mit anderen Rentnern gleichstellen (dazu cc).
aa) Soweit als Konsequenz der Neuregelung Rentner gegenüber in der SPV versicherten Beschäftigten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, benachteiligt werden, weil diese in der SPV nach § 58 Abs 1 Satz 1 SGB XI (bis zum 31. Dezember 1997: § 58 Abs 1 SGB XI) den nach ihrem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beitrag nur zur Hälfte zu tragen haben, während mit der zweiten Beitragshälfte der Arbeitgeber belastet ist, ist diese Schlechterstellung durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Zunächst kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, die jetzige Beitragslastverteilung verletze den allgemeinen Gleichheitssatz schon deshalb, weil der Sozialversicherung ein schlüssiges Regelungskonzept der “Beschäftigungsversicherung” zu Grunde liege mit der Folge, dass im Beitragsrecht aller Sozialversicherungszweige seit jeher eine “doppelte Belastungsgrenze” gilt und die hälftige Beitragsschuld auch in der SPV und auch für Rentner zur “Struktur des überkommenen Rechts” gehört. Ein allgemeiner Grundsatz, dass in der SPV versicherte Rentner die Beiträge aus ihrer Rente im Ergebnis stets nur zur Hälfte tragen müssten, besteht nicht. Es gab und gibt ihn schon nicht im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung. Wie der Senat in seinen Urteilen vom 24. August 2005 (B 12 KR 29/04 R, SozR 4-2500 § 248 Nr 1 RdNr 13) und 10. Mai 2006 (vgl etwa Urteil von diesem Tag, B 12 KR 6/05 R, juris-Nr KSRE022101514, RdNr 23, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) zur Beitragslast auf Versorgungsbezügen in der Krankenversicherung ausführlich, vor allem unter Hinweis auf die Rechtsentwicklung, dargestellt hat, kann aus den Finanzierungsvorschriften für die KVdR ein Grundsatz der hälftigen Beitragstragung aus der Rente nicht hergeleitet werden. Gleiches gilt für die Tragung der Pflegeversicherungsbeiträge. Einen allgemeinen Grundsatz, wonach die Beitragslast in der SPV Versicherungspflichtiger nicht höher sein darf, als der sich nach dem halben Beitragssatz ergebende Betrag, gibt es bereits nicht für Beschäftigte, sodass ein solcher auch für Rentenbezieher nicht zur “Struktur des überkommenen Rechts” gehören kann. So legt das Gesetz zur hälftigen Beteiligung von Beschäftigten und Arbeitgebern an der Beitragslast nach § 58 Abs 1 Satz 1 SGB XI mehrere Ausnahmen fest, die von der alleinigen Beitragslast der Beschäftigten (vgl § 58 Abs 1 Satz 3 und Abs 3 Satz 2 SGB XI) bis zur alleinigen Beitragslast der Arbeitgeber (vgl § 58 Abs 1 Satz 2 SGB XI und § 58 Abs 5 Satz 1 SGB XI iVm § 249 Abs 2 SGB V) und zu anderen Aufteilungen der Beitragslast als Halbierungen reichen (vgl hierzu im Einzelnen Kasseler Kommentar, Peters, § 58 SGB XI, RdNr 5 ff, Stand September 2006). Hat etwa ein Bundesland keinen gesetzlichen landesweiten, auf einen Werktag fallenden Feiertag aufgehoben, so haben Beschäftigte aus dem Arbeitsentgelt einen Anteil am Pflegeversicherungsbeitrag von 1,35 vH und Arbeitgeber einen solchen von 0,35 vH zu tragen (§ 58 Abs 3 Satz 1 und 3 SGB XI). Soweit unter Bezugnahme auf ein Urteil des Senats vom 27. Januar 2000 (B 12 KR 29/98 R, BSGE 85, 250, 254 ff = SozR 3-3300 § 58 Nr 2 S 21 f) darauf hingewiesen wird, der Senat habe einen Grundsatz hälftiger Beitragstragung bei Beschäftigten “verfassungsrechtlich gebilligt”, wird verkannt, dass der Senat darin die hälftige Beteiligung der Arbeitgeber an den Beiträgen zur SPV am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes für sachgerecht, nicht aber für geboten erachtet hat.
Im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber Personen wie den Kläger mit Beschäftigten hinsichtlich der Beitragstragung ungleich behandelt. Der Senat kann offen lassen, ob die höhere Gesamtbeitragsbelastung der Beschäftigten, also der Umstand, dass sie mit ihren Beiträgen während der Erwerbsphase außerdem die Risiken der Arbeitslosigkeit und des Alters abzudecken haben, einen sachgerechten Differenzierungsgrund darstellen könnte, oder dieser Gesichtspunkt die Benachteiligung der Rentner nicht trägt, weil deren niedrigerer Beitragsbelastung auch ein niedrigeres Einkommen gegenübersteht. Jedenfalls ist die Schlechterstellung der Rentner durch den sachlichen Grund des Belastungsausgleichs zwischen Beschäftigten und Rentnern in der SPV gerechtfertigt. Die bereits angestellten Erwägungen (dazu oben 4a bb (2) gelten insoweit auch hier. Hinzu kommt, dass die bis zum 31. März 2004 in der SPV geltende Beitragslastverteilung mit dem Ziel geändert worden ist, Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung einzusparen. Dieses Ziel konnte mit einer Übernahme der zweiten Beitragshälfte naturgemäß nur bei den Rentnern, nicht auch bei den Beschäftigten erreicht werden.
bb) Der allgemeine Gleichheitssatz ist auch nicht verletzt, soweit Rentenbezieher durch die Verdoppelung ihres Pflegeversicherungsbeitrags aus der Rente im Vergleich zu anderen Personengruppen benachteiligt werden.
Es trifft zu, dass für in der SPV Familienversicherte nach § 1 Abs 6 Satz 3, § 56 Abs 1 SGB XI Pflegeversicherungsbeiträge nicht erhoben werden und diese deshalb ebenfalls “nicht durch eigene Beiträge zur Finanzierung der Pflegeversicherung beitragen”. Zwar richten sich in diesem Zusammenhang erhobene Einwendungen nicht gegen die Beitragspflicht der Rente als solche, sondern lediglich dagegen, dass die mangelnde “Vorfinanzierung” des Versicherungsschutzes durch Rentenbezieher in der Erwerbsphase allein bei diesen zum Anlass für eine Beitrags(mehr)belastung genommen wurde. Insoweit wird jedoch verkannt, dass die Beitragsfreiheit Familienversicherter eine von Verfassungs wegen nicht zu beanstandende (vgl für die gesetzliche Krankenversicherung: BVerfG, Urteil vom 12. Februar 2003, 1 BvR 624/01, BVerfGE 107, 205, 213 = SozR 4-2500 § 10 Nr 1 RdNr 29) Folge des Familienlastenausgleichs in der SPV ist, während es andererseits verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist, dass Rentner die Solidargemeinschaft der Pflegeversicherten bis zur Grenze ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Beiträge aus der Rente mitfinanzieren (vgl insoweit zur Beitragspflicht der Rentner in der Krankenversicherung: BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1988, 2 BvL 18/84, BVerfGE 79, 223, 236 ff = SozR 2200 § 180 Nr 46 S 198 ff). Unberücksichtigt bleibt im Übrigen auch hier, dass mit der alleinigen Beitragstragung durch Personen wie den Kläger versucht werden soll, eine Begrenzung des Ausgabenvolumens der gesetzlichen Rentenversicherung zu erreichen.
Soweit ferner eingewandt wird, auch “jüngere pflegebedürftige Personen” hätten Versicherungsschutz, obwohl sie wie die betroffenen Rentner während der Erwerbsphase “nur kurz durch eigene Beiträge zur Finanzierung der Pflegeversicherung beigetragen” haben, ist zu berücksichtigen, dass es bereits an einer Benachteiligung fehlt, wenn diese gleichzeitig im Rentenbezug stehen und damit ebenfalls von der Neuregelung betroffen sind. Ist das nicht der Fall, ist die Schlechterstellung der vom Kläger repräsentierten Personen auch hier durch den Sachgrund ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gerechtfertigt, bis zu deren Grenze sie zur Finanzierung der in der SPV zusammengefassten Solidargemeinschaft beizutragen haben.
cc) Auch war der Gesetzgeber am Maßstab des Art 3 Abs 1 GG nicht verpflichtet, von der Anordnung der alleinigen Beitragstragung und der damit verbundenen Verdoppelung der Beitragslast Rentenbezieher auszunehmen, die wie der Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen erhalten. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen sind typisierende Regelungen vom BVerfG unter bestimmten Voraussetzungen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen worden. Die Voraussetzungen einer solchen Typisierung liegen hier vor. Kam es bei der Aufhebung des rechtlichen Vorteils, wie er sich hinsichtlich der Beitragslastverteilung bis zum 31. März 2004 aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI aF iVm § 249a SGB V ergab, vor allem darauf an, Personen stärker zu belasten, die ihren Versicherungsschutz in der SPV während der Erwerbsphase nicht wie andere “vorfinanziert” hatten (vgl BT-Drucks 15/1830 S 2, 8, 10; BT-Drucks 15/1893 S 11), so musste der Gesetzgeber eine feinere, seinen Typisierungsspielraum stärker einschränkende Differenzierung nach dem Beginn des Rentenbezugs, der Rentenbezugsdauer oder der Art der bezogenen Rente nicht vornehmen (vgl hierzu Urteil vom heutigen Tage, B 12 RJ 4/05 R, RdNr 42 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen