Leitsatz (amtlich)
1. "Unverschuldete Arbeitslosigkeit" iS des RVO § 1251 Nr 6 setzt voraus, daß der Versicherte unfreiwillig ohne Arbeit, arbeitswillig und arbeitsfähig ist; eine Meldung beim Arbeitsamt ist nicht erforderlich.
2. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung ist durch Arbeitslosigkeit grundsätzlich nur dann "unterbrochen", wenn sich diese ihr unmittelbar anschließt.
Liegen jedoch zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung und der in Anspruch genommenen Ausfallzeit nach RVO § 1259 Abs 1 Nr 3 Zeiten, in welchen der Versicherte unfreiwillig ohne Arbeit, arbeitswillig und arbeitsfähig war, oder Zeiten, in denen er arbeitsunfähig iS des RVO § 1259 Abs 1 Nr 1 war, so können diese als Überbrückungstatbestände auch dann berücksichtigt werden, wenn sie selbst keine Ausfallzeiten sind.
Normenkette
RKG § 51 Abs. 1 Nr. 6 Fassung: 1957-05-21, § 57 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1957-05-21; AVG § 36 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1251 Abs. 1 Nr. 6 Fassung: 1957-02-23, § 1259 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23, Nr. 3 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17.September 1965 insoweit aufgehoben, als darin die Beklagte verurteilt wird, bei Berechnung der Witwenrente der Klägerin die Zeit vom 1. April 1949 bis zum 30. September 1950 als Ausfallzeit anzurechnen; der Rechtsstreit wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Gründe
I
Im Streit ist noch die Anrechnung der Zeiten vom 1. Januar bis zum 25. Februar 1947 und vom 1. April 1949 bis zum 30. September 1950 als Ersatz- oder Ausfallzeiten bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente der Klägerin.
Die Klägerin ist die Witwe des im September 1897 geborenen und im März 1956 verstorbenen Versicherten Peter S, der vom 1. Juni 1952 bis zu seinem Tode die Gesamtleistung aus der knappschaftlichen Rentenversicherung und der Angestelltenversicherung bezogen hat. Der Versicherte hatte Ende 1944 wegen der Kriegsereignisse seinen Wohnsitz in Elsaß-Lothringen, wo er im Bergbau tätig gewesen war, aufgeben müssen und war schließlich nach H gekommen. Hier war er nur noch einmal in der Zeit vom 26. Februar bis zum 7. Mai 1947 angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt. Vom Arbeitsamt H hat er für die Zeit vom 1. April 1949 bis zum 30. September 1950 Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu) bezogen.
Gegen den Rentenbescheid der Beklagten vom 24. Mai 1956 legte die Klägerin wegen einer Reihe jetzt nicht mehr strittiger Punkte erfolglos Widerspruch ein. Im Laufe des Verfahrens stellte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 1958 die Witwenrente auf das seit dem 1. Januar 1957 geltende Recht um, wobei sie zunächst nur eine pauschale Ausfallzeit anrechnete. In zwei weiteren Bescheiden vom 22. Juli 1960 und 20. Januar 1962 berichtigte sie die Berechnung zugunsten der Klägerin, indem sie spezielle Ausfallzeiten aus der Zeit vor 1945 sowie die Zeit von der Vertreibung bis zum 31. Dezember 1946 als Ersatzzeit nach § 51 Nr. 6 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) berücksichtigte. Die Klägerin begehrte darüber hinaus die Anrechnung der Zeit vom 1. Januar 1947 bis zum 30. April 1952 als Ausfallzeit der Arbeitslosigkeit.
Das Sozialgericht (SG) hat nach Beweisaufnahme die Beklagte unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, der Klägerin bei Berechnung der Witwenrente vom 1. Januar 1957 an die Zeit vom 1. Januar bis zum 25. Februar 1947 und vom 8. Mai 1947 bis zum 30. September 1950 als Ausfallzeit gemäß §§ 57 Nr. 3 RKG, 36 Abs. 1 Nr. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) anzurechnen. Obgleich die Arbeitslosigkeit des Versicherten nur für die Zeit von April 1949 bis September 1950 urkundlich bescheinigt war, sah das SG es den Umständen und den Aussagen der Zeugen nach für erwiesen an, daß der Versicherte in der Zeit von Januar 1947 bis September 1950 - nur unterbrochen durch die vorübergehende kurzfristige Beschäftigung im Jahre 1947 - arbeitslos, beim Arbeitsamt gemeldet und Empfänger von entsprechenden Leistungen gewesen sei. Für die Folgezeit hielt es den Nachweis der Arbeitslosigkeit nicht mehr für erbracht.
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten dieses Urteil teilweise dahin abgeändert, daß der Klägerin nur die Zeit vom 1. Januar bis zum 25. Februar 1947 als Ersatzzeit und die Zeit vom 1. April 1949 bis zum 30. September 1950 als Ausfallzeit anzurechnen ist. Es hat die Anschlußberufung der Klägerin - sie betraf die Zeit nach September 1950 - zurückgewiesen. Hinsichtlich der Zeit vom 8. Mai 1947 bis zum 31. März 1949, also der Zeit zwischen der Beendigung der kurzzeitigen Angestelltentätigkeit und dem Beginn des Alfu-Bezuges, hat das LSG ausgeführt, sie könne nicht berücksichtigt werden, weil weder das Tatbestandsmerkmal der unverschuldeten Arbeitslosigkeit i.S. von § 51 Nr. 6 RKG, § 28 Abs. 1 Nr. 6 AVG noch dasjenige der Arbeitslosigkeit i.S. von § 57 Nr. 3 RKG, § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG damals vorgelegen habe. Soweit den eingereichten Erklärungen bzw. den Aussagen der Zeugen entnommen werden könne, der Versicherte sei bereits seit 1946 beim Arbeitsamt gemeldet gewesen und habe von dort Unterstützung empfangen, stehe dem ein Vermerk des Arbeitsamts Herne vom 8. Oktober 1949 entgegen, aus dem sich ergebe, daß der Versicherte in der fraglichen Zeit von der Meldung beim Arbeitsamt befreit gewesen sei, weil seine Arbeitsnehmerkarte, die dem Nachweis einer Meldung beim Arbeitsamt diente, mit Rücksicht auf eine bei ihm als sicher angenommene Invalidität geschlossen war.
Dagegen sei die Zeit vom 1. April 1949 bis zum 30. September 1950 anzurechnen, weil hierfür die Merkmale der Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit vorlägen und die Voraussetzungen der Halbdeckung erfüllt seien. Aus der Tatsache, daß der Versicherte während dieser Zeit Alfu bezogen habe, ergebe sich, daß er dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe und beim Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldet gewesen sei. Daß er diese Leistungen später zurückzahlen mußte, sei unerheblich, weil die Rückforderung nur wegen der nachträglichen Berücksichtigung anderen Einkommens angeordnet worden sei. Unerheblich sei auch, daß dem Beginn der Arbeitslosigkeit am 1. April 1949 eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung nicht unmittelbar vorausgegangen sei. Nach § 57 Nr. 3 RKG und § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG sei der lückenlose Anschluß an eine solche Beschäftigung nicht erforderlich; diese Vorschriften sprächen nur von Zeiten, in denen eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen war. Unterbrechen bedeute, etwas nicht fortsetzen können; seine versicherungspflichtige Beschäftigung könne aber auch ein Versicherter nicht fortsetzen, bei dem zwischen dem Ende der Beschäftigung und dem Beginn der Arbeitslosigkeit eine Lücke liege. Diese Auslegung entspreche dem Sinn und Zweck der Ausfallzeit, die dem Versicherten einen Ausgleich für einen nicht von ihm zu vertretenden Beitragsausfall gewähren und ihn damit vor den Nachteilen schützen solle, die er anderenfalls infolge zeitweiligen Ausschlusses vom Erwerbsleben in der Rentenversicherung erleiden würde. Dieses Schutzbedürfnis bestehe auch bei einem Versicherten, der schon vor dem Beginn der Arbeitslosigkeit seine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren habe und durch die Arbeitslosigkeit gehindert worden sei, sie wiederaufzunehmen und fortzusetzen. Durch das Erfordernis der "Unterbrechung" sei nur festgelegt, daß das Versicherungsverhältnis mit der Ausfallzeit der Arbeitslosigkeit - im Gegensatz zur Ausfallzeit der Ausbildung - nicht begonnen, sondern nur in gewisser Weise weitergeführt werden könne. Das Versicherungsverhältnis sei aber bereits mit der ersten Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung begonnen worden. Ein Versicherter, der fähig und ernstlich willens sei, eine seinem Leistungsvermögen entsprechende Tätigkeit auszuüben, trete mit dem ernsthaften Entschluß, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen und fortzusetzen, wieder in den Kreis der Arbeitnehmer ein (Hinweis auf BSG in SozR Nr. 19 u. 21 zu § 1248 RVO). Erhalte er trotz seiner Fähigkeit und seines ernstlichen Willens keine Arbeit, so sei er arbeitslos; das sei bei dem Ehemann der Klägerin in der Zeit vom 1. April 1949 bis zum 30. September 1950 der Fall gewesen. Diese Zeit sei daher vom Ablauf der sechsten Woche an als Ausfallzeit anzurechnen.
Der Zeitraum vom 1. Januar bis zum 25. Februar 1947 sei zwar - entgegen der Auffassung des SG - nicht als Ausfallzeit, wohl aber nach § 51 Nr. 6 RKG als Ersatzzeit der unverschuldeten Arbeitslosigkeit im Anschluß an eine Vertreibungszeit zu berücksichtigen. Aus der Tatsache, daß der Versicherte am 26. Februar 1947 eine Tätigkeit als Hilfsangestellter bei der Stadt Herne aufgenommen habe, ergebe sich mit hinreichender Sicherheit, daß er in den vorhergehenden Wochen willens und fähig gewesen sei, eine seinem Leistungsvermögen entsprechende Arbeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben, daß er also dem allgemeinen Arbeitsmarkt während dieser Zeit zur Verfügung gestanden habe. Der Anschluß an die Vertreibungszeit liege vor, weil diese nach § 51 Nr. 6 RKG erst am 31. Dezember 1946 zu Ende gegangen sei. Die Ersatzzeit sei in der knappschaftlichen Rentenversicherung anzurechnen, weil der letzte vorhergehende Beitrag zu diesem Rentenversicherungszweig entrichtet worden sei. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses Urteil hat nur die Beklagte Revision eingelegt. Sie wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Anrechnung der Zeit vom 1. Januar bis zum 25. Februar 1947 als Ersatzzeit und der Zeit vom 1. April 1949 bis zum 30. September 1950 als Ausfallzeit und rügt insoweit die Verletzung materiellen Rechts.
Hinsichtlich der erstgenannten Zeit sei, so trägt sie vor, § 51 Nr. 6 RKG unrichtig angewandt. Der Begriff der Arbeitslosigkeit in dieser Vorschrift sei dem jeweils geltenden Recht der Arbeitslosenversicherung zu entnehmen. Hiernach könne als arbeitslos nur angesehen werden, wer ernstlich bereit, nach seinem Leistungsvermögen imstande und durch keine Umstände gehindert sei, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes auszuüben, und nach der herrschenden Verkehrsauffassung für eine Vermittlung als Arbeitnehmer in Betracht komme. Zum Nachweis der ernstlichen Arbeitsbereitschaft gehöre es, daß der Versicherte die Vermittlung des Arbeitsamts in Anspruch genommen habe. Das LSG habe im vorliegenden Fall aber festgestellt, daß der Versicherte von 1946 bis März 1949 nicht beim Arbeitsamt gemeldet gewesen sei. Ferner ließen die Gründe des angefochtenen Urteils nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, daß der Versicherte bereit gewesen sei, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, also ohne berufliche Einschränkung auszuüben.
Hinsichtlich der Zeit von April 1949 bis September 1950 sei § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG unrichtig angewendet worden. Die Voraussetzungen für die Anrechnung dieser Zeit als Ausfallzeit nach der genannten Vorschrift seien deshalb nicht erfüllt, weil durch die nachgewiesene Arbeitslosigkeit nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung "unterbrochen" worden sei. Für eine Unterbrechung müsse auf jeden Fall vorausgesetzt werden, daß der Arbeitslosigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung unmittelbar vorausgegangen sei. Nur dann könne angenommen werden, daß die auf diesem Beschäftigungsverhältnis beruhende Beitragsleistung ohne Verschulden des Versicherten entfallen sei. Die Vergünstigung der Ausfallzeit solle nur dem Personenkreis der Pflichtversicherten zuteil werden. Bei Beginn der Unterstützung durch das Arbeitsamt habe der Ehemann der Klägerin aber nicht mehr zu den Pflichtversicherten gehört; die anschließende Zeit könne daher nicht als Ausfallzeit berücksichtigt werden.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil sowie das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 6. Juli 1961 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Sie wendet sich insbesondere gegen die Auffassung der Beklagten, für die Annahme der Arbeitslosigkeit im Anschluß an die Vertreibung (§ 51 Nr. 6 RKG) werde die Meldung beim Arbeitsamt vorausgesetzt. Anders als in § 57 Nr. 3 RKG und § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG sei ein solches Erfordernis in dieser Vorschrift nicht enthalten und daher vom Gesetzgeber offenbar nicht gewollt. Hinsichtlich der Ausfallzeit von April 1949 bis September 1950 vertritt die Klägerin - entgegen dem Vorbringen der Revision - die Ansicht, ihr Ehemann habe bis zum Eintritt des Versicherungsfalles zum Kreis der versicherungspflichtigen Personen gehört.
II
Die Revision ist nur zum Teil begründet.
Unbegründet ist sie, soweit sie sich gegen die Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar bis zum 25.Februar 1947 als Ersatzzeit wendet. Nach § 51 Nr. 6 RKG sind Ersatzzeiten bei Personen i.S. der §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes - zu diesem Kreis gehörte der Ehemann der Klägerin die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1946 sowie außerhalb dieses Zeitraums liegende Zeiten der Vertreibung oder Flucht und einer anschließenden Krankheit oder unverschuldeten Arbeitslosigkeit. Da der Kläger seit seiner Vertreibung oder Flucht aus Elsaß-Lothringen nicht wieder versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war und sich die streitige Zeit unmittelbar an die gesetzlich anerkannte Vertreibungszeit (bis zum 31. Dezember 1946) anschließt, ist die Voraussetzung des zeitlichen Zusammenhangs mit der Vertreibung oder Flucht auf jeden Fall erfüllt. Das LSG sieht es auch für erwiesen an, daß der Ehemann der Klägerin während dieser Zeit arbeitslos i.S. des Rechts der Arbeitslosenversicherung gewesen ist, daß er nämlich willens und fähig war, eine seinem Leistungsvermögen entsprechende Arbeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben und somit dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stand. Der Nachweis, daß der Versicherte während dieser Zeit beim Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldet war und wenigstens dem Grunde nach Anspruch auf entsprechende Leistungen hatte, wird in § 51 Nr. 6 RKG - anders als in § 57 Nr. 3 RKG - nicht verlangt. Zwar wird sich der Tatbestand der Arbeitslosigkeit meist aus Meldung und Unterstützungsbezug beim Arbeitsamt ergeben, doch kann, wenn ein entsprechender Nachweis nicht zu erbringen ist, auch aus anderen Umständen auf das Vorliegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit - vor allem für kürzere Zeiträume - geschlossen werden. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das LSG auch keineswegs festgestellt, daß der Ehemann der Klägerin in der streitigen Zeit nicht beim Arbeitsamt gemeldet war; vielmehr sieht es die Behauptung der Klägerin und die Bekundung von Zeugen, der Versicherte sei seit 1946 beim Arbeitsamt gemeldet gewesen und habe von dort Unterstützung bezogen, lediglich für die spätere Zeit vom 8. Mai 1947 bis zum 31. März 1949 - also die Zeit zwischen dem Ende der Angestelltentätigkeit und dem Beginn des Bezugs der Alfu - für widerlegt an. Die Feststellungen des LSG hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale der Arbeitslosigkeit für die Zeit vom 1. Januar bis zum 25. Februar 1947 lassen keinen Rechtsirrtum erkennen; soweit sie tatsächlicher Natur sind, sind sie von der Revision nicht in der nach § 163 i.V.m. § 164 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässigen Weise angegriffen worden. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das LSG auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß nach seiner Überzeugung der Versicherte zu dieser Zeit bereit war, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Einschränkung - auszuüben.
Dagegen ist die Revision begründet, soweit sie sich gegen die Anrechnung der Zeit von April 1949 bis September 1950 als Ausfallzeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG (§ 57 Nr. 3 RKG) wendet. Hiernach gilt als Ausfallzeit eine Zeit, in der eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch Arbeitslosigkeit unterbrochen worden ist, wenn der Arbeitslose bei einem deutschen Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldet war und wegen der Arbeitslosigkeit entsprechende Leistungen bezogen oder nur wegen des Zusammentreffens mit anderen Bezügen, wegen eines Einkommens oder der Berücksichtigung von Vermögen nicht bezogen hat. Die Feststellung des LSG, daß diese Voraussetzungen beim Ehemann der Klägerin vorgelegen haben, begegnet Bedenken nur hinsichtlich der Frage, ob in der streitigen Zeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung "unterbrochen" war. Das LSG verkennt den Begriff der "Unterbrechung", wenn es davon ausgeht, jede mit Arbeitslosmeldung und Leistungsbezug verbundene Arbeitslosigkeit sei als Ausfallzeit zu berücksichtigen, wenn ihr irgendwann früher einmal eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung vorausgegangen und damit überhaupt ein Versicherungsverhältnis begründet sei. Eine solche Auslegung entspräche etwa der Regelung, die der Gesetzgeber in § 28 AVG für Ersatzzeiten getroffen hat; dort wird für deren Anrechnung lediglich gefordert, daß "eine Versicherung vorher bestanden hat". Schon der völlig verschiedene Wortlaut zeigt, daß hier nicht das gleiche gemeint sein kann wie in § 36 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AVG. Während die Ersatzzeittatbestände wie Wehrdienst, Verfolgung usw. aus politischen Erwägungen als solche honoriert und wie Verträge behandelt werden sollen (daher auch Anrechnung auf die Wartezeit), sollen durch die Anrechnung von Ausfallzeiten nur die Folgen von Beitragsausfällen gemildert werden, die im privaten Schicksal des Versicherten begründet sind. Da es hierbei entscheidend auf den "Ausfall" ankommt, muß die Annahme hinreichend sicher begründet sein, daß ohne den Ausfalltatbestand in dem betroffenen Zeitraum auch wirklich Beiträge geleistet worden wären; das setzt aber einen engen Zusammenhang zwischen Ausfallzeit und versicherungspflichtiger Beschäftigung voraus. So kann es nicht zweifelhaft sein, daß z.B. einem Versicherten, der sich beruflich selbständig gemacht oder einer Versicherten, die nach der Heirat ihre Berufstätigkeit aufgegeben hatte, die Zeit einer späteren krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht als Ausfallzeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 AVG anzurechnen ist, weil in beiden Fällen durch die Arbeitsunfähigkeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen wurde. Nach Wortlaut und Systematik des § 36 Abs. 1 AVG muß aber für die Ausfallzeit der Arbeitslosigkeit das gleiche gelten wie für die übrigen Ausfallzeiten, bei denen es auf die Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ankommt; so kann auch die Arbeitslosigkeit des Selbständigen, der seine geschäftliche Existenz verloren hat, und die der Hausfrau, die erst wieder in das Berufsleben zurückkehren will, keine Ausfallzeit begründen. Die vom LSG in Bezug genommene Rechtsprechung zu § 1248 der Reichsversicherungsordnung (BSG in SozR Nr. 15, 19 und 21 zu § 1248 RVO) steht dem nicht entgegen, da es bei der Arbeitslosigkeit als Voraussetzung für die Gewährung des vorgezogenen Altersruhegeldes gar nicht darauf ankommt, ob durch sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen worden ist.
Hieraus folgt jedoch nicht notwendig, daß sich - wie die Beklagte wohl meint - eine anrechenbare Ausfallzeit der Arbeitslosigkeit immer zeitlich unmittelbar an eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit anschließen muß. Das ergibt sich grundsätzlich schon aus der Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 2 AVG, nach der mehrere unmittelbar aufeinanderfolgende Zeiten nach den Ziffern 1, 2a und 3 als Ausfallzeiten angerechnet werden können, obschon sich davon nur die erste unmittelbar an die versicherungspflichtige Beschäftigung anschließen kann. Eine zeitliche Lücke zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Tätigkeit und dem Beginn einer Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit wird also gegebenenfalls durch eine Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit überbrückt. Die Überbrückung einer zeitlichen Lücke zwischen versicherungspflichtiger Beschäftigung und Ausfallzeit ist aber auch dann möglich, wenn mit der Beendigung der Beschäftigung zwar bereits Arbeitslosigkeit eingetreten ist, die Meldung beim Arbeitsamt und der Leistungsbezug aber erst später erfolgt sind. Dann ist, wie der 11. Senat bereits in seinem Urteil vom 16. April 1964 (BSG 21, 21, 23) zutreffend ausgeführt hat, die Arbeitslosmeldung kein zusätzliches Tatbestandsmerkmal der Arbeitslosigkeit i.S. des § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG, sondern - neben der Arbeitslosigkeit - ein besonderes Erfordernis für die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit. Nach Wortlaut und Sinn der genannten Vorschrift kommt es aber für die Voraussetzung, daß "eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ... unterbrochen worden" sein muß, nur auf die Arbeitslosigkeit an, nicht auch auf die zusätzlichen Erfordernisse für die Anrechnung als Ausfallzeit. Die Zeit von April 1949 bis September 1950, in der der Ehemann der Klägerin beim Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldet war und Leistungen bezogen hat, wäre also als Ausfallzeit anzurechnen, wenn er in der vorhergehenden Zeit - auch ohne daß damals schon diese besonderen Voraussetzungen vorgelegen haben - seit dem Verlust seiner Stellung als Hilfsangestellter "arbeitslos" i.S. des damals geltenden Rechts der Arbeitslosenversicherung (§§ 87 ff AVG aF), d.h. unfreiwillig ohne Arbeit sowie arbeitsfähig und arbeitswillig gewesen ist. Bei einem Versicherten, der beruflich als pflichtversicherter Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt, wird man, wenn er nachweislich seine Beschäftigung unfreiwillig verloren hat, regelmäßig davon ausgehen können, daß diese Voraussetzungen zunächst einmal vorgelegen haben, wenn sich nicht aus besonderen Umständen etwas anderes ergibt. Die Frage, für wie lange Zeit man eine Fortdauer dieses Zustandes annehmen kann, ist nach der Lage des Einzelfalles zu beurteilen, wobei sowohl die jeweiligen Zeitverhältnisse als auch die besonderen Verhältnisse des Versicherten zu dieser Zeit berücksichtigt werden müssen; je länger die zu überbrückende Lücke zwischen dem Verlust der Arbeitsstelle und der späteren "arbeitsamtlich anerkannten Arbeitslosigkeit" ist, um so schwerer wird die Überzeugung zu gewinnen sein, daß der Versicherte für die Dauer dieser Zeit auch ohne Meldung beim Arbeitsamt als Arbeitsloser angesehen werden kann. Immerhin ist angesichts der damaligen Zeitverhältnisse eine solche Möglichkeit auch für den hier in Betracht kommenden Zeitraum nicht von vornherein völlig auszuschließen. Das LSG brauchte nach seiner Rechtsauffassung dieser Frage nicht nachzugehen. Es hat die damalige Situation des Versicherten lediglich unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob diese Zeit selbst als Ersatz- oder Ausfallzeit anzurechnen war. Wenn es in diesem Zusammenhang in den Urteilsgründen bemerkt, der Versicherte habe während dieser Zeit weder dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden, noch sei er beim Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldet gewesen, so ist immerhin denkbar, daß es mit beiden Feststellungen im Grunde das gleiche gemeint hat. Es begründet diese Annahme nämlich damit, daß sich aus einem Aktenvermerk ergebe, der Versicherte sei von der Meldung beim Arbeitsamt befreit gewesen und daß er nach eigenen Angaben gegenüber der Beklagten keine Arbeitslosenfürsorgeunterstützung bezogen habe. Auf diese beiden Umstände kommt es aber für die Bewertung als Überbrückungszeit gerade nicht an. Der Senat hatte daher Bedenken, die für die Beurteilung eines anderen Anspruchs und daher unter anderen Gesichtspunkten getroffene Feststellung der mangelnden Verfügbarkeit des Versicherten einer Entscheidung über den hier noch im Streit befindlichen Anspruch wegen Anrechnung einer späteren Zeit als Ausfallzeit zugrunde zu legen. Es kommt hinzu, daß der Aktenvermerk, auf den das LSG seine Feststellung stützt, davon ausgeht, er sei während dieser Zeit invalide gewesen. War der Kläger aber, ohne daß er eine entsprechende Rente bezogen hat, damals invalide, so drängt sich die Frage auf, ob damit nicht die Voraussetzungen einer Ausfallzeit nach § 57 Nr. 1 RKG bzw. § 36 Abs. 1 Nr. 1 AVG zu dieser Zeit bei ihm vorgelegen haben. Wie der Senat in seinem Urteil vom 19. Dezember 1968 - 5 RKn 66/65 - ausgeführt hat, setzt die Annahme von Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Vorschriften für eine Zeit, in der kein Anspruch auf Krankengeld bestand, voraus, daß der Versicherte nach seinem Gesundheitszustand weder in der Lage war, die unmittelbar vor der Erkrankung ausgeübte Tätigkeit noch eine ihm nach den jeweils geltenden Vorschriften des Rentenrechts zumutbare andere Tätigkeit, zu der er beruflich fähig war, auszuüben. Lägen aber die Tatbestandsmerkmale der Ausfallzeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 AVG für die Zeit zwischen der vorhergehenden Tätigkeit und dem Bezug der Alfu vor, so könnte auch hierdurch nach dem oben bereits Gesagten diese zeitliche Lücke selbst dann überbrückt sein, wenn sie aus anderen Gründen nicht als Ausfallzeit anzurechnen wäre. Auch der Umstand, daß die Anrechnung dieser Zeit selbst nicht mehr im Streit ist, würde ihrer Anerkennung als Überbrückungszeit für die folgende, noch im Streit befindliche Zeit nicht entgegenstehen.
Da das Berufungsgericht auf diese Fragen nicht eingegangen ist und die für ihre Beantwortung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen hat, war insoweit das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen. Im übrigen, d.h. soweit sie die Anrechnung der Zeit vom 1. Januar bis zum 25. Februar 1947 als Ersatzzeit betrifft, war die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2284720 |
BSGE, 120 |