Leitsatz (amtlich)
Studenten waren vor der - zum 1979-10-01 erfolgten - Änderung des RVO § 175 Nr 3 auch dann nicht von der Versicherungspflicht nach RVO § 165 Abs 1 Nr 5 befreit, wenn sie als Schwerbeschädigte einen Heilbehandlungsanspruch nach BVG § 10 Abs 2 hatten, ohne den für sie ein Anspruch auf Familienkrankenpflege nach RVO § 205 bestanden hätte.
Normenkette
RVO § 165 Abs 1 Nr 5 Fassung: 1975-06-24, § 175 Nr 3 S 1 Fassung: 1975-06-24, § 175 Nr 3 S 1 Fassung: 1979-07-09; BVG § 10 Abs 2 Fassung: 1975-06-09; RVO § 205 Abs 1 S 1 Fassung: 1977-06-27
Verfahrensgang
SG Regensburg (Entscheidung vom 06.07.1978; Aktenzeichen S 11 Kr 1/78) |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger, Sohn eines pflichtversicherten Mitglieds der Beklagten, vom 4. Oktober 1977 bis 28. Februar 1978 als Student nach § 165 Abs 1 Nr 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) versichert war.
Der Kläger bezog wegen der Folgen einer in der Bundeswehr erlittenen Wehrdienstbeschädigung für die Zeit von Oktober 1976 bis Ende Februar 1978 eine Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von zunächst 100 vH, später 70 vH. Als Schwerbeschädigter hatte er deshalb Anspruch auf Heilbehandlung auch für Gesundheitsstörungen, die nicht als Schädigungsfolge anerkannt waren (§ 80 des Soldatenversorgungsgesetzes -SVG- iVm §§ 10 Abs 2, 31 Abs 3 des Bundesversorgungsgesetzes -BVG-). Nach Aufnahme eines Studiums erteilte ihm die Beklagte eine Versicherungsbescheinigung vom 28. September 1977, wonach er seit dem 4. Oktober 1977 (Tag der Immatrikulation) nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO ihr pflichtversichertes Mitglied war. Der Widerspruch des Klägers, der sich nach § 175 Nr 3 RVO für versicherungsfrei hielt, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1977).
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Der Kläger sei nach § 175 Nr 3 RVO von der Versicherungspflicht nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO befreit gewesen. Sein Anspruch auf Heilbehandlung sei nach § 10 Abs 7 Buchst a BVG vom Zeitpunkt der Immatrikulation an ausgeschlossen gewesen; daher sei der Familienhilfeanspruch seines Vaters für ihn wiederaufgelebt, dies habe nach § 175 Nr 3 RVO die Befreiung von der Versicherungspflicht zur Folge gehabt. Seine Immatrikulation habe also "im selben Augenblick" einmal seine Versicherungspflicht nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO entstehen lassen, dann aber - durch das Wiederaufleben des Familienhilfeanspruchs - letztlich ihr Nichtentstehen bewirkt. Allein dieses Ergebnis würde auch dem Kläger gerecht, der wegen seines "Sonderopfers", das er während des Wehrdienstes für die Allgemeinheit erbracht habe, nicht schlechter gestellt werden dürfe als andere Studenten, die als mitversicherte Familienangehörige nach § 175 Nr 3 RVO versicherungsfrei seien (Urteil vom 6. Juli 1978).
Die Beklagte hat zur Begründung ihrer - vom SG zugelassenen - Sprungrevision auf einen Bescheid des beigeladenen Bundesarbeitsministers vom 11. August 1976 verwiesen und ausgeführt, die Rechtsauffassung des SG stehe mit § 175 Nr 3 RVO nicht in Einklang. Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Regensburg vom 6. Juli 1978 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Sprungrevision der Beklagten zurückzuweisen.
Der Beigeladene hat die in dem genannten Bescheid vertretene Rechtsauffassung wiederholt.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Sprungrevision der Beklagten ist begründet. Der Kläger war während der streitigen Zeit (4. Oktober 1977 bis 28. Februar 1978) als Student nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO idF des Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten -KVSG- vom 24. Juni 1975 (BGBl I 1536) pflichtversichert. Entgegen der Ansicht des SG war er nicht nach § 175 Nr 3 RVO idF des KVSG von der Versicherungspflicht befreit.
Befreit waren nach dieser Vorschrift nur Studenten, für die zu Beginn des Semesters Anspruch auf Familienkrankenpflege (§ 205 RVO) bestand. Das war beim Kläger nicht der Fall. Zwar wäre sein Vater für ihn familienhilfeberechtigt gewesen, wenn der Kläger nicht selbst "anderweit einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege" (§ 205 Abs 1 Satz 1 RVO) gehabt hätte. Als Schwerbeschädigter iS des BVG (vgl dessen § 31 Abs 3) hatte er jedoch nach § 10 Abs 2 BVG iVm § 80 SVG Anspruch auf Heilbehandlung (Krankenpflege), und zwar auch für solche Gesundheitsstörungen, die nicht als Folge einer Schädigung anerkannt waren. Dieser Anspruch ging - als eigener Anspruch des Klägers - dem insoweit nachrangigen (subsidiären) Anspruch seines Vaters auf Familienkrankenpflege vor (vgl Urteil des BSG vom 28. April 1965, SozR Nr 3 zu § 10 BVG), wurde seinerseits aber durch die Pflichtversicherung als Student ausgeschlossen.
Nach § 10 Abs 7 Buchst a BVG ist ein Heilbehandlungsanspruch nach § 10 Abs 2 ua dann ausgeschlossen, wenn und soweit ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist. Besteht mithin eine solche Leistungspflicht und entspricht ihr ein eigener Anspruch des Leistungsempfängers, so entfällt der Heilbehandlungsanspruch nach § 10 Abs 2 BVG, was damit zusammenhängen mag, daß dieser Anspruch, weil auf Behandlung von Nichtschädigungsfolgen gerichtet, nur aus Gründen besonderer sozialer Fürsorge des Gesetzgebers für Schwerbeschädigte geschaffen worden ist. Zu den entsprechenden Leistungspflichten eines Sozialversicherungsträgers, die einen Heilbehandlungsanspruch nach § 10 Abs 2 BVG ausschließen, gehört auch eine Leistungspflicht, die auf einer Pflichtversicherung als Student nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO beruht.
Diese - 1975 eingeführte - Pflichtversicherung erfaßt allerdings nicht sämtliche Studenten, sondern ist durch eine Reihe von Ausnahmen eingeschränkt und an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. So setzt sie voraus, daß die Studenten nicht nach § 165 Abs 1 Nr 1 bis 4 RVO, dh als Arbeitnehmer, Behinderte, Rentenberechtigte oder Rehabilitanden mit Übergangsgeldbezug oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften versicherungspflichtig sind. Ein Bedürfnis für eine besondere Krankenversicherung als Student besteht in diesen Fällen nicht, zumal diese Versicherung überwiegend durch Beiträge der Studenten finanziert wird. Ein Versicherungsbedürfnis hat der Gesetzgeber ferner für diejenigen Studenten verneint, die schon als Familienangehörige eines Versicherten nach § 205 RVO mitversichert sind, sofern sie nicht selbst unterhaltsberechtigte Angehörige ohne Krankenversicherungsschutz haben (§ 175 Nr 3 RVO; zu den Motiven dieser Regelung vgl BT-Drucks 7/2993, S 9 linke Spalte unten). Gemeinsames Merkmal aller dieser - die Versicherungspflicht der Studenten einschränkenden - Vorschriften ist hiernach, daß entweder in der Person des Studenten oder für ihn bei Aufnahme des Studiums versicherungsrechtliche Leistungsansprüche nach der RVO bestehen, die eine Einbeziehung in die studentische Krankenversicherung entbehrlich machen.
Entbehrlich könnte darüber hinaus ein Versicherungsschutz für Studenten indessen auch dann sein, wenn ihnen Leistungsansprüche anderer - nichtversicherungsrechtlicher - Art zustehen, insbesondere Ansprüche nach dem BVG. Ob dies bereits bei Schaffung des KVSG erkannt worden ist, läßt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Jedenfalls sind die Inhaber solcher Ansprüche damals nicht von der Versicherungspflicht der Studenten freigestellt worden. Nach einem Rundschreiben des beigeladenen Bundesministers für Arbeit vom 11. August 1976 (BVBl 1976, 115 = DOK 1977, 109) entsprach dies auch dem Willen des Gesetzgebers, der alle Studenten, soweit sie lediglich einen Anspruch nach dem BVG haben, "einheitlich" in den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung habe einbeziehen wollen. In diesem Sinne ist dann offenbar - mindestens überwiegend - in der Praxis auch verfahren worden, obwohl die Spitzenverbände der Krankenversicherungsträger schon in einem Rundschreiben vom 2. Oktober 1975 der Auffassung waren, daß Versicherungspflicht als Student auch dann nicht eintrete, wenn der Anspruch auf Familienkrankenpflege aufgrund anderweitiger gesetzlicher Ansprüche (zB nach dem BVG) ausgeschlossen sei (DOK 1976, 236, 239 rechte Spalte unten).
Erst anläßlich der parlamentarischen Beratungen eines Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr (BT-Drucks 8/2696) ist auf einen interfraktionellen Antrag § 175 Nr 3 RVO in der Weise ergänzt worden, daß auch solche Studenten von der Versicherungspflicht befreit sind, bei denen der Anspruch auf Familienkrankenpflege durch einen Anspruch ua nach § 10 Abs 2 BVG ausgeschlossen ist (Art 6 des genannten, am 9. Juli 1979 erlassenen Gesetzes, BGBl I 989). Begründet worden ist diese Ergänzung damit, daß es sozialpolitisch unbefriedigend sei, wenn Studenten Beiträge für einen Versicherungsschutz zahlen müßten, der wegen eines Anspruchs nach dem BVG nicht erforderlich wäre (BT-Drucks aaO S 21 zu Art 5a). Die Ergänzung ist mit den übrigen Vorschriften des genannten Gesetzes am 1. Oktober 1979 in Kraft getreten (so dessen Art 10 Abs 1). Sie kann deshalb im vorliegenden Fall, der einen Zeitraum von Oktober 1977 bis Februar 1978 betrifft, noch nicht angewendet werden. Auch das SG hat sie noch nicht berücksichtigen können.
Die Ergänzung des § 175 Nr 3 RVO ist nach Wortlaut und Begründung nicht die gesetzliche Klarstellung eines Rechtszustandes, der inhaltlich schon vorher - seit dem Inkrafttreten des KVSG am 1. Oktober 1975 - bestanden hat; vielmehr hat der Gesetzgeber mit ihr einen für unbefriedigend gehaltenen Zustand korrigieren wollen. Hätte er mit der Änderung des § 175 Nr 3 RVO nur eine Klarstellung bezweckt, so hätte es nahegelegen, die Änderung rückwirkend in Kraft zu setzen, wie dies auch bei einer anderen Vorschrift des KVSG geschehen ist: So ist § 175 Nr 1 RVO idF des KVSG, der seinem Wortlaut nach zunächst alle nach § 172 RVO versicherungsfreien Personen, auch die nach § 172 Nr 5 RVO versicherungsfreien Studenten, von der Versicherungspflicht nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO befreit hatte, später durch eine klarstellende Vorschrift im Sozialgesetzbuch (SGB) - Allgemeiner Teil - vom 11. Dezember 1975 (BGBl I 3015) mit Rückwirkung vom Tage des Inkrafttretens des KVSG dahin geändert worden, daß die nach § 172 Nr 5 RVO versicherungsfreien Studenten von der Befreiungsvorschrift in § 175 Nr 1 RVO ausgenommen wurden, also in der studentischen Krankenversicherung versichert blieben (Art II § 4 Nr 2 iVm § 23 Abs 1 SGB; zur Begründung dieser "Klarstellung" vgl den Bericht zu BT-Drucks 7/3786 S 6 rechte Spalte zu § 4: "Die Inkrafttretungsvorschriften sind hierauf abgestellt"). Wenn im Gegensatz hierzu die Änderung des § 175 Nr 3 RVO erst mit Wirkung vom 1. Oktober 1979 in Kraft gesetzt worden ist, so läßt dies nur den Schluß zu, daß der Gesetzgeber es für die Zeit davor bei der - ihm bekannten - Verwaltungspraxis hat bewenden lassen wollen, die auch Studenten mit Heilbehandlungsansprüchen nach dem BVG als versicherungspflichtig nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO ansah (vgl das schon genannte Rundschreiben des Bundesarbeitsministers vom 11. August 1976). Bei dieser Sachlage hat der Senat eine Gesetzeslücke, die durch den Richter ausfüllbar wäre, nicht erkennen können.
War aber § 175 Nr 3 RVO in der ursprünglichen Fassung nicht lückenhaft im Sinne einer "planwidrigen Unvollständigkeit" (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Auflage 1979, S 358), jedoch - auch nach Ansicht des erkennenden Senats - sozialpolitisch unbefriedigend ("fehlerhaft", vgl Larenz aaO), so war es allein Aufgabe des Gesetzgebers, nachdem er später die "Fehlerhaftigkeit" erkannt hatte, darüber zu entscheiden, auf welche Weise und von welchem Zeitpunkt an sie beseitigt werden sollte. Das ist im Gesetz vom 9. Juli 1979 durch Ergänzung des § 175 Nr 3 RVO mit Wirkung vom 1. Oktober 1979 geschehen. Zu einer Korrektur dieser Entscheidung hält sich der Senat nicht für befugt. Er hat dabei berücksichtigt, daß für die Änderung einer fehlerhaften Regelung durch richterliche Rechtsfortbildung über den (ursprünglichen) Plan des Gesetzes hinaus ("gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung", Larenz aaO S 359, 402 ff) allenfalls dann Raum ist, wenn es dazu nicht einer eigenen sozialpolitischen Wertung unter mehreren Alternativen bedarf, sondern nach Abwägung aller Umstände nur eine einzige Entscheidung in Betracht kommt (vgl dazu BSGE 29, 65, 67 unten). Nur unter dieser Voraussetzung greift der Richter nicht der politischen Willensbildung des - dafür allein legitimierten - Gesetzgebers vor; andernfalls würde er seine verfassungsmäßigen Kompetenzen überschreiten (vgl Larenz aaO S 417 ff, insbesondere 418 Mitte).
Im vorliegenden Fall boten sich, um den unbefriedigenden früheren Rechtszustand zu ändern, mehrere Möglichkeiten einer Abhilfe an. Außer dem vom Gesetzgeber schließlich beschrittenen Weg hätte er - worauf die Entscheidung des SG im Ergebnis hinausläuft - im Rahmen des § 175 Nr 3 RVO einem Anspruch auf Familienhilfe den Vorrang vor Heilbehandlungsansprüchen nach dem BVG einräumen und damit in Fällen der vorliegenden Art die Zuständigkeit der Familienhilfekasse des Versicherten begründen können; das wäre vielleicht sogar sachgemäßer gewesen, als einen wehrdienstbeschädigten Studenten, wie es jetzt geschehen ist, auch wegen der Nichtschädigungsfolgen an die Versorgungsverwaltung zu verweisen. Wenn man aber der Auffassung war, daß ein Heilbehandlungsanspruch nach dem BVG den Vorrang vor einem Familienhilfeanspruch behalten und darüber hinaus die studentische Pflichtversicherung ausschließen müsse, weil insoweit kein Versicherungsbedürfnis bestehe (so die Begründung für die Änderung des § 175 Nr 3 RVO), dann hätte dies auch allgemein vorgeschrieben werden können, also nicht nur für die Fälle, in denen der Heilbehandlungsanspruch nach dem BVG mit einem Familienhilfeanspruch zusammentrifft. Wenn der Gesetzgeber gleichwohl aus nicht erkennbaren Gründen einer anderen Lösung den Vorzug gegeben hat, so muß diese Entscheidung vom Richter respektiert werden, zumal wenn es sich, wie hier, um abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Sachverhalte handelt und von einem "echten Rechtsnotstand" (Larenz aaO S 419) für die Zeit vor der Änderung des § 175 Nr 3 RVO nicht die Rede sein kann.
Im übrigen hält sich auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), wenn es eine Regelung, insbesondere wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, für verfassungswidrig erklärt und die bisherige Regelung deswegen durch eine andere, dem Grundgesetz entsprechende ersetzt werden muß, grundsätzlich nicht für befugt, die so entstandene "Lücke" selbst zu schließen, sondern überläßt dies dem Gesetzgeber, sofern hierfür mehrere Möglichkeiten in Betracht kommen (vgl aus jüngerer Zeit BVerfGE 45, 376, 393; 48, 227, 239 f, jeweils mwN, dazu Larenz aaO; andererseits für den Fall, daß nur eine Möglichkeit für die Herstellung eines verfassungsgemäßen Zustandes besteht, BVerfGE 48, 376, 393). Wie der Richter, selbst der Verfassungsrichter, hier der Entscheidung des Gesetzgebers nicht vorgreifen darf, sondern - gemäß dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art 20 Abs 2 GG) - dessen Gestaltungsfreiheit zu achten hat, ist ihm aus dem gleichen Grunde auch verwehrt, in einen der Verwaltung vorbehaltenen Ermessensspielraum einzudringen, es sei denn, daß das Verwaltungsermessen rechtmäßig nur in einem ganz bestimmten Sinne ausgeübt werden kann, das Ermessen sich praktisch also auf eine einzige Entscheidung reduziert (vgl BSGE 2, 142, 148 f; Meyer-Ladewig, SGG § 54 Anm 31 mwN). Verbleiben der Verwaltung dagegen mehrere Möglichkeiten einer rechtmäßigen Ermessensausübung, so kann der Richter ihre Entscheidung nicht ersetzen.
Nach der ursprünglichen Fassung des § 175 Nr 3 RVO, die bis Ende September 1979 galt, waren somit Studenten, die - wie der Kläger - als Schwerbeschädigte einen (beitragsfreien) Krankenversicherungsschutz nach § 10 Abs 2 BVG besaßen und für die ohne diesen Schutz eine (ebenfalls beitragsfreie) Familienhilfeberechtigung nach § 205 RVO bestanden hätte, gleichwohl aufgrund des § 165 Abs 1 Nr 5 RVO versichert. Der damit für sie verbundene wirtschaftliche Nachteil - als pflichtversicherte Studenten hatten sie Beiträge zu entrichten (§ 381a Abs 1 RVO) - ist erst durch die Änderung des § 175 Nr 3 RVO zum 1. Oktober 1979 beseitigt worden. Frühere Versuche, die Benachteiligung dieser Studenten auch ohne eine Gesetzesänderung auszugleichen, konnten angesichts des entgegenstehenden Wortlauts und systematischen Zusammenhangs der fraglichen Vorschriften nicht zum Ziel führen. Das gilt sowohl für den vom SG beschrittenen Weg, der letztlich auf einem logischen Zirkelschluß beruht, als auch für die in dem erwähnten Rundschreiben der Krankenkassenverbände vom 2. Oktober 1975 vorgenommenen Ausdehnung des § 175 Nr 3 RVO aF auf Heilbehandlungsansprüche nach § 10 Abs 2 BVG. Eine solche Ausdehnung hätte nur durch eine rechtsändernde Fortbildung des § 175 Nr 3 RVO aF erfolgen können, zu der sich der Senat indessen, wie ausgeführt, nicht für befugt gehalten hat. Er hat deshalb das Urteil des SG aufgehoben und die Klage gegen die angefochtenen Bescheide der Beklagten, mit denen Versicherungspflicht des Klägers festgestellt ist, abgewiesen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Fundstellen