Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsbezüge. beitragspflichtige Einnahmen. Versicherungseinrichtung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, dessen Mitgliederkreis nach der Satzung nicht beschränkt ist und bei dem satzungsmäßig Versicherungen auf das Leben von Berufsstandsangehörigen bestimmter Handwerke und von allen Beschäftigen in Einrichtungen dieser Handwerke abgeschlossen werden können, ist keine berufsständische Versicherungseinrichtung iS des § 229 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB V.

 

Normenkette

SGB V §§ 202, 229, 237, 256

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 13.03.1996; Aktenzeichen L 15 Kr 18/94)

SG Berlin (Urteil vom 07.12.1993; Aktenzeichen S 73 Kr 686/92)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 13. März 1996 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Dezember 1993 sowie die Bescheide der Allgemeinen Ortskrankenkasse B.… vom 20. Mai 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 1992 aufgehoben.

Die Beklagte hat der Klägerin und den Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob Renten in der Krankenversicherung als Versorgungsbezüge beitragspflichtig und der Krankenkasse zu melden sind.

Die Klägerin ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) iS des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) mit Sitz in Berlin. Nach § 1 Nr 2 der Satzung ist es Zweck der Pensionskasse, Pensions- und Sterbegeldversicherungen sowie damit verbundene Zusatzversicherungen zu betreiben. Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann sie auch andere Arten der Lebensversicherung in ihren Geschäftsplan aufnehmen. Nach § 3 Nr 1 der Satzung können die Versicherungen auf das Leben der Berufsstandsangehörigen des Bäcker-, Fleischer- oder Konditorenhandwerks, von Beschäftigten der Einrichtungen dieser Handwerke und von Familienangehörigen der genannten Personengruppen abgeschlossen werden, nach § 3 Nr 2 der Satzung mit Genehmigung des Aufsichtsrats auch andere Personen versichert werden. Zur Mitgliedschaft bestimmt § 4 der Satzung: “Durch Abschluß einer Versicherung erwirbt der Versicherungsnehmer die Mitgliedschaft. Diese beginnt mit dem Inkrafttreten der Versicherung und erlischt mit Beendigung des Versicherungsverhältnisses. Tritt der Versicherte oder ein anderer anstelle des Versicherungsnehmers in das Versicherungsverhältnis ein, so wird er an dessen Stelle Mitglied.” Die Mitgliedschaft wird jeweils durch Abschluß eines privatrechtlichen Vertrages auf der Grundlage der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Invaliden- und Altersversicherung sowie die Witwenversicherung oder auf der Grundlage der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Pensionsversicherung begründet.

Bei der Klägerin sind die Beigeladenen versichert. Der Beigeladene zu 1) ist selbständiger Bäckermeister und bezieht neben seiner Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente von der Klägerin. Die Beigeladene zu 2) ist die Witwe eines selbständigen Bäckermeisters und bezieht neben der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Witwenrente von der Klägerin. Die Beigeladenen sind als Rentner krankenversicherungspflichtig. Sie waren Mitglieder der AOK B.… und sind jetzt Mitglieder der Beklagten als deren Rechtsnachfolgerin. Die AOK forderte die Klägerin mit Bescheiden vom 20. Mai 1992 jeweils getrennt für die Beigeladenen zu 1) und 2) auf, “Meldungen gemäß § 202 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zu erstatten und die Beiträge gemäß § 256 SGB V bei Zahlung Ihrer Versorgungsbezüge ab 1. Januar 1992 einzubehalten” und an die AOK abzuführen. Diesen Bescheiden war jeweils eine Kopie eines Beitragsbescheides beigefügt, der an die Beigeladenen zu 1) oder 2) gerichtet war und die Beiträge für die Zeit ab 1. Januar 1992 festsetzte. Die AOK wies die Widersprüche der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 1992 zurück. Bei den Leistungen der Klägerin handele es sich um Leistungen einer Versicherungseinrichtung für Angehörige bestimmter Berufe iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V. Der Beitritt zur Pensionskasse sei grundsätzlich auf die Berufsstandsangehörigen des Bäcker-, Fleischer- oder Konditorenhandwerks und auf deren Familienangehörige beschränkt. Die Pensionskasse sei vornehmlich für die vorgenannten Berufsstandsangehörigen ins Leben gerufen und zumindest hinsichtlich dieses Personenkreises eine berufsständische Versicherungseinrichtung.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. Dezember 1993). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 13. März 1996). Die Klägerin sei eine Versicherungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sei. Sie sei ein VVaG, der sich vorrangig mit Pensionsversicherungen beschäftige. Die Leistungen entsprächen denen der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach § 3 Abs 1 der Satzung könnten Versicherungen auf das Leben der Berufsstandsangehörigen des Bäcker-, Fleischer- oder Konditorenhandwerks abgeschlossen werden. Dabei handele es sich um klare, berufsbezogene Bezeichnungen, die den berufsständischen Charakter der Versicherungseinrichtung belegten. Dem stehe nicht entgegen, daß sich die Klägerin in ihrer Satzung nicht ausdrücklich als berufsständische Einrichtung bezeichne und auch keine organisatorische Verklammerung mit Organen berufsständischer Vertretungen wie Handwerkskammer oder Innungen vorsehe. Eine solche Verklammerung sei nicht notwendig, um eine berufsständische Versicherung anzunehmen. Schon aufgrund der engen Anbindung an bestimmte, eng umrissene Handwerksberufe sei eine auf Angehörige bestimmter Berufe zugeschnittene Versicherungseinrichtung zu bejahen. Der berufsständische Charakter entfalle nicht dadurch, daß die Versicherungsleistungen nicht nur den Berufsstandsangehörigen, sondern auch allen sonstigen Beschäftigten der Einrichtungen der genannten Handwerke offenstehe. Eine Öffnung der Mitgliedschaft für einen relativ weiten Personenkreis könne allerdings dazu führen, daß die Klägerin ihren Charakter als berufsständische Versicherungseinrichtung verliere und dadurch zu einem allgemeinen Lebensversicherungsunternehmen werde. Die Versicherungen der Klägerin stünden aber nicht einem derart weiten Personenkreis offen. Die Öffnung ihrer Leistungen für nicht berufsständische Beschäftigte der genannten Handwerke bedeute lediglich, daß es sich insoweit um Versicherungsleistungen handele, die der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen und gemäß § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V beitragspflichtig seien. Die Bescheide seien auch insoweit rechtmäßig, als von der Klägerin die Meldung der Versorgungsbezüge an die Beklagte verlangt werde. Rechtsgrundlage sei § 202 SGB V.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung der § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V und des § 256 SGB V. Sie sei keine Versicherungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sei. In ihrer Satzung fehle jeder Hinweis darauf, daß es sich um eine berufsständische Versicherungseinrichtung handele. Aus der Satzung ergebe sich an keiner Stelle die Einflußnahme von berufsständischen Organisationen auf ihre Organe. Nach der Satzung komme es für die Mitgliedschaft nicht darauf an, ob der Versicherungsnehmer einem der genannten Berufe – des Bäcker-, Fleischer- oder Konditorenhandwerks – angehöre, dort beschäftigt oder Familienangehöriger sei; entscheidend sei vielmehr, daß bei ihr Versicherungsnehmer jeder werden könne, der eine Versicherung auf das Leben der in § 3 der Satzung genannten Personen abschließe. Damit werde der Kreis der Berufsstandsangehörigen weit überschritten. Dies sei Folge einer Entwicklung, die bei vielen Versicherungsunternehmen zu beobachten sei, die sich aus berufsständischen Anfängen heraus zu einer allgemeinen Versicherung entwickelt hätten und bei denen nur noch ihre Namen auf ihre berufsständische Herkunft hinwiesen. Beispiele seien die Deutsche Beamtenversicherung, die Bayerische Beamtenversicherung, die Deutsche Postversicherung und die Deutsche Eisenbahnversicherungskasse. Bei ihr, der Klägerin, handele es sich auch nicht um einen kleineren Versicherungsverein iS des § 53 VAG, sondern um einen (großen) VVaG nach §§ 15 ff VAG. Sie habe keinen persönlich begrenzten engen Wirkungskreis, wie sich aus § 3 ihrer Satzung ergebe. Nach dem Versicherungsaufsichtsrecht sei daraus die richtige Folgerung gezogen worden, daß sie auch keine Versicherungseinrichtung für Angehörige bestimmter Berufe sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des LSG vom 13. März 1996 und das Urteil des SG vom 7. Dezember 1993 sowie die Bescheide der AOK B.… vom 20. Mai 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 1992 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Begriff der Versicherungseinrichtung setze nach der bisherigen Rechtsprechung keine sachlichen oder personellen Vorkehrungen voraus, die in einer bestimmten Organisation oder Institution der Berufsgruppe in Erscheinung treten müßten; vielmehr reiche jede kollektive Maßnahme einer Berufsgruppe mit Leistungen aus, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der früheren Erwerbstätigkeit stünden. Es sei bereits entschieden, daß Rentenleistungen aus einer Pensionskasse auch dann zu den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen gehörten, wenn der Anspruch während einer selbständigen Tätigkeit erworben und allein vom Selbständigen finanziert worden sei. Soweit die Klägerin nach § 3 der Satzung Familienangehörige und andere Personen aufnehmen dürfe, habe das Bundessozialgericht (BSG) dem bei der “Selbsthilfe” (Zusatzrentenkasse der Deutschen Caritas) keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Auch dort habe die Satzung eine Mitgliedschaft aller in der katholischen Kirche Tätigen und deren Angehöriger zugelassen.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind nicht durch einen nach § 166 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG, mit denen die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen wurden, sowie die Bescheide vom 20. Mai 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 1992 sind aufzuheben. Die Bescheide sind rechtswidrig, denn die Klägerin ist hinsichtlich der an die Beigeladenen zu 1) und 2) gezahlten Renten weder zur Abgabe der in § 202 SGB V bezeichneten Meldungen noch zur Einbehaltung und Abführung von Beiträgen aus diesen Renten verpflichtet.

Als Rechtsgrundlage für diese von den Vorinstanzen angenommene Verpflichtung kommen allein § 202 SGB V iVm § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V und § 256 Abs 1 Satz 1 SGB V iVm § 237 Satz 1 Nr 2 SGB V, § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V in Betracht. Diese Vorschriften regeln die Beitragspflicht und das Verfahren bei der Beitragsauführung von Versorgungsbezügen, die als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) nach § 237 Satz 1 Nr 2 SGB V zu den beitragspflichtigen Einnahmen der versicherungspflichtigen Rentner gehören.

Für den Nachweis des Bezugs dieser Leistungen bestimmt § 202 Satz 1 SGB V, daß die Zahlstelle der Versorgungsbezüge bei der erstmaligen Bewilligung von Versorgungsbezogen sowie bei Mitteilung über die Beendigung der Mitgliedschaft eines Versorgungsempfängers die zuständige Krankenkasse des Versorgungsempfängers zu ermitteln und dieser Beginn, Höhe, Veränderungen und Ende der Versorgungsbezüge unverzüglich mitzuteilen hat. Für Versicherungspflichtige, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, hat die Zahlstelle der Versorgungsbezüge die Beiträge aus Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu zahlen (§ 256 Abs 1 Satz 1 SGB V). Diese Pflichten hat die Zahlstelle der Versorgungsbezüge zu erfüllen, ohne daß es eines gesonderten Verwaltungsaktes von Seiten der zuständigen Krankenkasse bedarf. Besteht Streit darüber, ob Versorgungsbezüge gezahlt werden, ist die Krankenkasse befugt, eine Zahlstelle durch Verwaltungsakt zu verpflichten, die Beiträge aus den Versorgungsbezügen nach § 256 Abs 1 Satz 1 SGB V abzuführen und die in § 202 Satz 1 SGB V vorgeschriebenen Meldungen abzugeben, wie dies hier durch die AOK geschehen ist.

Voraussetzung für eine entsprechende Verpflichtung der Klägerin ist, daß die von ihr gezahlten Renten zu einer der in § 229 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 5 SGB V abschließend aufgezählten Leistungen gehören. Daran fehlt es hier, soweit die von der Klägerin den Beigeladenen zu 1) und 2) gezahlten Renten betroffen sind. Sie sind zweifelsfrei keine Leistungen iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nrn 1, 2 oder 4 SGB V. Sie sind aber auch keine Renten iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V, denn die Klägerin ist keine Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist. Die Vorschrift entspricht inhaltlich § 180 Abs 8 Satz 2 Nr 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO), der zu den Versorgungsbezügen die “Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen für Berufsgruppen” zählte. In der Begründung zu dieser Vorschrift war seinerzeit lediglich angegeben worden, daß unter Nr 3 “insbesondere Leistungen öffentlich-rechtlicher Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen für die kammerfähigen freien Berufe (zB Architekten, …), der Zusatzversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister und der Zusatzversorgung der Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft” fielen (BT-Drucks 9/458 S 35). Zu den in § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V genannten Versicherungseinrichtungen können über diese Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen hinaus auch privatrechtliche Versicherungseinrichtungen gehören, und zwar auch dann, wenn die Mitgliedschaft bei der Einrichtung nicht auf einer gesetzlich begründeten Pflicht beruht, sondern freiwillig ist. Für kleinere VVaG (§ 53 VAG) ist dies wiederholt entschieden worden (vgl BSG SozR 2200 § 180 Nr 42 und SozR 3-2500 § 229 Nr 6 mwN). Davon sind die Beklagte und die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

Eine privatrechtliche Versicherungseinrichtung, die wie die Klägerin als VVaG gegründet ist, dh die Versicherung der Mitglieder nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit betreiben will (§ 15 VAG), gehört jedoch nur dann zu den in § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V genannten Versicherungseinrichtungen, wenn der Kreis der Mitglieder, der beim kleineren VVaG zwingend zugleich der Kreis der möglichen Versicherungsnehmer ist (vgl § 53 Abs 1 Satz 2 VAG), auf die Angehörigen eines oder mehrerer bestimmter Berufe beschränkt ist. Bei diesen VVaG sind die Mitglieder und Versicherungsnehmer in der Regel zugleich Versicherte, dh sie schließen Versicherungen auf ihr Leben als Berufsunfähigkeits- oder Pensionsversicherungen ab sowie daneben Versicherungen für die Versorgung von Familienangehörigen, etwa als Witwen- oder Witwerrenten. Die so in der Mitgliedschaft begrenzten VVaG stellen für ihre Mitglieder die Versorgung oder eine Zusatzversorgung bei Berufsunfähigkeit und im Alter in gleicher Weise sicher wie die gesetzliche Rentenversicherung oder die in der Gesetzesbegründung zu § 180 Abs 8 Satz 2 Nr 3 RVO genannten berufsständischen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen (vgl BT-Drucks 9/458 S 35). Dies und die durch die Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe vermittelte Mitgliedschaft rechtfertigt die Einbeziehung der von einem solchen VVaG gezahlten Renten in die in § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V genannten beitragspflichtigen Versorgungsbezüge. Soweit bei einem in der Mitgliedschaft entsprechend eingeschränkten (kleineren) VVaG außer den Mitgliedern und deren Angehörigen auch Dritte als Versicherte in Betracht kommen – etwa bei einer Direktversicherung (§ 1 Abs 2 BetrAVG) durch den Arbeitgeber, der als Mitglied und Versicherungsnehmer eine Versicherung zugunsten eines Arbeitnehmers als Versicherten abschließt – ändert dies am Charakter der berufsständischen Versicherung nicht. Die Versicherungseinrichtung wird auch in diesem Fall wesentlich durch die Beschränkung des Mitgliederkreises geprägt. Der Senat hat daher nach diesen Grundsätzen bisher privatrechtliche Versicherungsvereine zu den Versicherungseinrichtungen iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V (früher § 180 Abs 8 Satz 2 Nr 3 RVO) nur gerechnet, wenn es sich um kleinere VVaG handelte, bei denen kraft Satzung die Mitgliedschaft und damit wegen § 53 Abs 1 Satz 2 VAG auch der Kreis der Versicherungsnehmer auf Angehörige eines Berufes beschränkt war. Entweder konnten der Versicherung als Mitglieder nur Seelotsen angehören, oder es konnten nur Steuerberater und Steuerbevollmächtigte Mitglieder werden (vgl BSG SozR 2200 § 180 Nr 42 und SozR 3-2500 § 229 Nr 6).

Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob auch ein VVaG, bei dem der Kreis der Mitglieder auf Angehörige eines oder mehrerer Berufe begrenzt ist, der also einen bestimmungsmäßig dem Personenkreis nach eng begrenzten Wirkungskreis iS des § 53 Abs 1 Satz 1 VAG hat, der aber uU wegen seiner absoluten Größe dennoch kein kleinerer VVaG iS von § 53 VAG ist, zu den Versicherungseinrichtungen iS von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gehören kann. Die Klägerin, die kein kleinerer VVaG ist, ist schon deshalb keine solche Versicherungseinrichtung, weil der Kreis der möglichen Mitglieder und Versicherungsnehmer bei ihr nicht beschränkt ist. Mitglied und Versicherungsnehmer kann bei ihr jeder werden, der eine Versicherung auf das Leben der in § 3 der Satzung genannten Personen abschließt. Wenn jede Beschränkung des Mitgliederkreises fehlt, liegt eine Versicherungseinrichtung, die die Sicherung der Angehörigen eines bestimmten Berufes betreibt, nicht vor. Dies schließt in der Regel bei einem VVaG die Eigenschaft als Versicherungseinrichtung iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V aus.

Zu einer anderen Beurteilung führt nicht der Umstand, daß in der Satzung der Klägerin der Kreis der Versicherten beschränkt ist, dh der Kreis derjenigen, auf deren Leben die Berufsunfähigkeits-, Pensions- oder Hinterbliebenenversicherungen abgeschlossen werden. Der Senat geht dabei davon aus, daß als Folge einer solchen Satzungsvorschrift in der Regel nur diejenigen Versicherungsnehmer sein werden, die auch als Versicherte in Betracht kommen. Faktisch wird dann der nominal unbeschränkte Mitgliederkreis durch den nach der Satzung zulässigen Versichertenkreis beschränkt. Die Frage, ob deshalb bei den VVaG für die Zugehörigkeit zu den Versicherungseinrichtungen iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V eine Beschränkung des Kreises der zulässigen Versicherten auf die Angehörigen eines oder mehrerer Berufe in der Satzung einer entsprechenden Beschränkung des Mitgliederkreises gleichgestellt werden muß, kann hier offenbleiben. Bei der Klägerin ist der Kreis der Versicherten jedenfalls hierfür nicht ausreichend eingeschränkt. Von den in § 3 der Satzung als mögliche Versicherte Genannten sind nur die Berufsstandsangehörigen des Bäcker-, Fleischer- oder Konditorenhandwerks Angehörige bestimmter Berufe iS von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V. Über diesen Kreis hinaus können nach § 3 der Satzung jedoch auch alle anderen Beschäftigten in Einrichtungen dieser Handwerke und alle Familienangehörigen der genannten Personengruppen versichert werden und damit im Ergebnis alle Beschäftigten in Betrieben des Bäcker-, Fleischer- und Konditorenhandwerks, dh alle Beschäftigten in Betrieben mehrerer Gewerbezweige einschließlich der dazugehörigen Einrichtungen und deren Familienangehörige. Eine Beschränkung auf die Angehörigen eines oder mehrerer bestimmter Berufe liegt damit nicht mehr vor.

Der über die Berufsangehörigen hinaus erweiterte Kreis der Versicherten kann nicht deshalb für unbeachtlich erklärt werden, weil die Klägerin, soweit Beschäftigte in Einrichtungen der Handwerke versichert werden können, eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung sei, wie das LSG angenommen hat. Diese Annahme trifft nicht zu. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin auch Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sowohl iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V als auch iS des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) erbringt. Die Klägerin kann solche Leistungen jedoch nur als Leistungen aus einer Direktversicherung (§ 1 Abs 2 BetrAVG) erbringen und nicht als Pensionskasse (§ 1 Abs 3 BetrAVG). Direktversicherung ist eine Lebensversicherung, die durch den Arbeitgeber auf das Leben des Arbeitnehmers abgeschlossen ist und bei der der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (§ 1 Abs 2 Satz 1 BetrAVG). Eine Direktversicherung kann von dem Arbeitgeber bei jedem Lebensversicherer und damit auch bei der Klägerin abgeschlossen werden. Die Direktversicherung als Form der betrieblichen Altersversorgung wird durch die Art des Versicherungsvertrages – Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und Arbeitnehmer als Versicherter – charakterisiert. Von den Leistungen, die aus einer Direktversicherung erbracht werden, zu unterscheiden sind die Leistungen, die von einer Pensionskasse erbracht werden. Pensionskassen sind rechtsfähige Versorgungseinrichtungen, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewähren (§ 1 Abs 3 Satz 1 BetrAVG). Pensionskassen in diesem Sinne sind auch kleinere VVaG, wenn sie der Altersversorgung eines oder mehrerer wirtschaftlich miteinander verbundener oder demselben Wirtschaftszweig zugehöriger Unternehmen dienen und die Versorgung von deren Arbeitnehmern zum Gegenstand haben (vgl BSG SozR 3-2500 § 229 Nr 7). Bei der Pensionskasse ist in der Regel der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer und Versicherter. Das wesentliche Merkmal einer Pensionskasse ist, daß der Arbeitgeber sich an den Leistungen der Pensionskasse durch eigene Leistungen beteiligt. Die Unverfallbarkeit dieser Leistungen wird in § 1 Abs 3 iVm Abs 1 BetrAVG geregelt. Diese Beteiligung des Arbeitgebers an den Leistungen muß in der Satzung zum Ausdruck kommen. Die Klägerin ist keine Pensionskasse in diesem Sinne. Aus ihrer Satzung ergibt sich nicht, daß es ihre Aufgabe ist, die betriebliche Altersversorgung sicherzustellen. Die “Selbsthilfe” (Zusatzrentenkasse der Deutschen Caritas) war demgegenüber eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung und Pensionskasse, weil sie nach ihrer Satzung auch die betriebliche Altersversorgung der bei der Caritas Beschäftigten durchführte (vgl zuletzt BSG SozR 3-2500 § 229 Nr 7). Weder in der Satzung noch in den Versicherungsbedingungen der Klägerin ist ein Hinweis darauf enthalten, daß sie eine derartige Aufgabe der betrieblichen Altersversorgung im Zusammenwirken mit den jeweiligen Arbeitgebern übernimmt. Ob und in welchem Umfang die Klägerin Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aufgrund von Direktversicherungen erbringt, kann offenbleiben. Hinsichtlich der Versorgungsbezüge iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V hat der Senat nur bei Pensionskassen (§ 1 Abs 3 BetrAVG) eine institutionelle Abgrenzung in der Weise vorgenommen, daß alle von der Pensionskasse gezahlten Renten, auch soweit sie uU allein auf Leistungen des Arbeitnehmers beruhen, als Versorgungsbezüge beitragspflichtig sind (vgl SozR 3-2500 § 229 Nr 7). Renten, welche eine Versicherungseinrichtung zahlt, die keine Pensionskasse ist, sind nur dann Versorgungsbezüge iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V, wenn es sich um Leistungen aus einer Direktversicherung handelt. Da die Klägerin keine Pensionskasse iS des § 1 Abs 3 BetrAVG ist und die Renten der Beigeladenen nicht auf Direktversicherungen beruhen, sind diese Renten keine Versorgungsbezüge nach § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V.

Ob die Klägerin darüber hinaus auch wegen der nach § 3 der Satzung zulässigen Versicherung auf das Leben von Familienangehörigen sowohl der Berufsstandsangehörigen als auch der sonstigen Beschäftigten nicht zu den Versicherungseinrichtungen iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gehört, ist nicht mehr entscheidungserheblich. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Klägerin früher satzungsmäßig einen engeren Kreis der Versicherten und der Mitglieder hatte, worauf ihr Vorbringen im Revisionsverfahren hindeutet. Für die Zugehörigkeit zu den in § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V genannten Versicherungseinrichtungen ist die jeweils geltende Fassung der Satzung maßgebend.

Soweit der Senat auch Renten, die aus einer Gruppenversicherung bei einer privatrechtlichen Versicherung erbracht wurden, als Renten einer Versicherungseinrichtung iS des § 180 Abs 8 Satz 2 Nr 3 RVO angesehen hat (vgl SozR 2200 § 180 Nr 43), steht dies nicht im Widerspruch zu der hier getroffenen Abgrenzung. Dort war eine Gruppenversicherung für alle Angehörigen einer Berufsgruppe (Seelotsen) abgeschlossen worden. Die von der Berufsvertretung der Berufsgruppe abgeschlossene Gruppenversicherung war die Versicherungseinrichtung, die als solche nur für die Angehörigen dieser Berufsgruppe errichtet worden war. Eine solche Fallkonstellation liegt hier hinsichtlich der Renten an die Beigeladenen zu 1) und 2) nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 955636

SozSi 1997, 437

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