Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung dem Kläger nach § 20 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG), § 185b der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Kosten für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe während des Krankenhausaufenthalts seiner Ehefrau zu erstatten hat.
Der Kläger ist Pflichtmitglied der knappschaftlichen Krankenversicherung. Seine Ehefrau befand sich in der Zeit vom 4. Mai 1974 bis zum 24. Mai 1974 auf Kosten der Beklagten zur Entbindung stationär im St.-Josef-Krankenhaus in L…. Während dieser Zeit wurde der Haushalt des Klägers, dem außer dem Kläger noch ein 7 Jahre alter Sohn angehörte, von einer Nachbarin versorgt. Der Kläger, der am 6. Mai 1974 Sonderurlaub und in der Zeit vom 7. Mai bis zum 28. Mai 1974 Tarifurlaub hatte, beantragte bei der Beklagten die Erstattung der für die Haushaltshilfe aufgewendeten Kosten von insgesamt 842,50 DM. Die Beklagte erstattete für den 6. Mai 1974 einen Betrag von 40.-- DM und lehnte mit Bescheid vom 3. Juli 1974 die Erstattung weiterer Kosten ab, weil der Kläger während des Tarifurlaubs den Haushalt selbst habe weiterführen können. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Landessozialgericht (LSG) hat am 25. März 1976 auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts (SG) abgeändert und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 3. Juli 1974 verurteilt, dem Kläger über den gewährten Betrag von 40,-- DM hinaus weitere 320.-- DM zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das LSG abgewiesen. Es hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dem Kläger sei zwar zuzumuten gewesen, während des Tarifurlaubs und der übrigen arbeitsfreien Tage nach besten Kräften im Haushalt mitzuhelfen. Der Zweck des Erholungsurlaubs werde dadurch nicht in unzumutbarem Maße eingeschränkt. Unter Berücksichtigung der Größe des Haushalts, der notwendigen Krankenhausbesuche, der nervlichen Belastung des Klägers und der unaufschiebbaren, Männern nicht leicht von der Hand zu gehenden Arbeiten sei die Beschäftigung einer Haushaltshilfe für werktäglich vier Stunden ausreichend und angemessen gewesen. Der Stundensatz von 5,-- M für die Haushaltshilfe sei angemessen, was auch unter den Beteiligten unstreitig sei. Über den bereits von der Beklagten gewährten Betrag von 40,-- DM hinaus seien also für 16 Werktage jeweils 20,-- DM, insgesamt also 3.209,-- DM zu erstatten.
Die Beklagte hat dieses Urteil mit der - vom LSG zugelassenen - Revision angefochten. Sie ist der Ansicht, der Kläger habe während des Krankenhausaufenthalts seiner Ehefrau den Haushalt in vollem Umfang selbst weiterführen können. Er habe bei entsprechender Zeiteinteilung sowohl seine Ehefrau im Krankenhausbesuchen wie auch die notwendigen Hausarbeiten verrichten können, zumal durch ein Anlegen eines Lebensmittelvorrats und Verwenden von Fertiggerichten und Tiefkühlkost die Haushaltsführung während des lange vorher bekannten Krankenhausaufenthalts der Ehefrau zur Entbindung habe vorbereitet und vereinfacht werden können.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für richtig und ist der Ansicht, die Revision der Beklagten sei unbegründet.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Das LSG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger für die Zeit des Krankenhausaufenthalts seiner Ehefrau über die bereits gezahlten 40,-- DM hinaus weitere 320,-- DM zu zahlen.
Nach § 20 RKG i.V.m. § 185b Abs. 2 Satz 2 RVO setzt die Erstattung der für eine Haushaltshilfe aufgewendeten Kosten voraus, daß der Versicherungsträger die Ersatzkraft, die er nach § 185b Abs. 1 RVO zu stellen hat, entweder nicht stellen kann oder Grund dafür besteht, von der Gestellung einer Ersatzkraft abzusehen. Das LSG hat zwar unangegriffen und für den Senat nach § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend festgestellt, die Beklagte habe eine Ersatzkraft als Haushaltshilfe nicht stellen können. Der Kläger hatte jedoch keinen Anspruch auf eine Haushaltshilfe nach § 185b Abs. 1 Satz 1 RVO. Er war unter Berücksichtigung der Gesamtumstände durchaus in der Lage, während seines Tarifurlaubs und der übrigen arbeitsfreien Tage den Haushalt selbst weiterzuführen. Der erkennende Senat hat zwar am 28. Januar 1977 entschieden (5 RKn 32/76), daß die bloße Möglichkeit des berufstätigen Versicherten, bezahlten oder unbezahlten Urlaub zu nehmen, den Anspruch nach § 185b RVO nicht ausschließt; die Mitglieder des Haushalts sollen die berufliche Rolle beibehalten können, die sie vor der Aufnahme des erkrankten Ehegatten ins Krankenhaus innehatten. Ist der Versicherte oder ein sonstiges Haushaltsmitglied aber tatsächlich nicht durch Arbeit, Berufsausbildung oder sonstige wichtige Gründe verhindert, so muß erwartet werden, daß er den Haushalt weiterführt. Das gilt auch, wenn ihm der gewährte Tarifurlaub oder sonstige arbeitsfreie Tage (z.B. Samstage, Sonn- oder Feiertage) die Weiterführung des Haushalts ermöglichen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß bei Abwesenheit der Ehefrau der Ehemann an arbeitsfreien Tagen in der Lage ist, den Haushalt weiterzuführen, wenn nicht besondere Umstände vorliegen. Die vom LSG berücksichtigten Tatsachen (Größe des Haushalts, Vorhandensein eines Kindes, Notwendigkeit von Krankenhausbesuchen, nervliche Belastung des Klägers durch den Gesundheitszustand seiner Ehefrau) berechtigen allein nicht zu der Annahme, der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, den Haushalt weiterzuführen. Ebenso wie die Ehefrau muß grundsätzlich auch der Ehemann in der Lage sein, den Haushalt in einem solchen Notfall zu führen. Da die Ehefrau - wenn nicht besondere Umstände vorliegen - bei Vorhandensein eines Kindes auch dann mit der Führung des Haushalts allein fertig werden muß, wenn sich ein Familienmitglied zur stationären Behandlung im Krankenhaus befindet, muß auch der Ehemann mit dieser Rolle fertig werden können, wenn er keine sonstigen vorrangigen Verpflichtungen hat und gesundheitlich dazu in der Lage ist. Der Umstand, daß bestimmte Arbeiten im Haushalt Männern vielfach nicht leicht von der Hand gehen, rechtfertigt nicht die Annahme, der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, den Haushalt weiterzuführen. Abgesehen davon, daß bei einem Krankenhausaufenthalt der Ehefrau zur Entbindung im Regelfall schon gewisse Vorbereitungen möglich sind, können verschiedene Arbeiten auch bis zur Genesung der Ehefrau zurückgestellt werden. Es mag sein, daß der Ehemann solche für ihn oft ungewohnte Arbeiten notfalls mit etwas größerem Zeitaufwand erledigt als seine Ehefrau, doch ist ihm dies unter Umständen unter Verzicht auf seine Freizeit zuzumuten. Auch die Größe des Haushalts und die nervliche Belastung des Versicherten durch den Gesundheitszustand seiner Ehefrau sind keine Umstände, die vom Normalfall abweichen und die Unfähigkeit des Klägers begründen können, den Haushalt weiterzuführen. Ebenso wie die Ehefrau die erforderliche Zeit zum Besuch eines im Krankenhaus befindlichen Familienmitgliedes aufbringt, muß dies auch dem Ehemann möglich sein. Andere von der Norm abweichende Umstände hat das LSG nicht festgestellt; sie sind auch nicht von den Beteiligten geltend gemacht worden. Der Kläger hat also über den von der Beklagten bereits gezahlten Betrag hinaus keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 185b RVO.
Der Senat hat auf die danach begründete Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufgehoben und die begründete Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen