Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesozialgerichts Bremen vom 8. Oktober 1992 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 5. Oktober 1988 bis 2. April 1989.
Der 1966 geborene Kläger begann im Anschluß an den vom 1. Juli 1986 bis zum 30. September 1987 absolvierten Wehrdienst im Oktober 1987 ein Lehrerstudium an der Universität Bremen mit den Fächern Biologie und Musik. Auf seinen Antrag bewilligte das Arbeitsamt (ArbA) Bremerhaven Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend Alhi bis 5. Juli 1988.
Am 5. Oktober 1988 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung von Alhi. Er gab an, 32 Stunden wöchentlich jeweils vormittags von ca 7.00 Uhr bis ca 13.00 Uhr arbeiten zu können, da die von ihm belegten Studienveranstaltungen im Wintersemester 1988/89 nachmittags frühestens ab 13.45 Uhr stattfänden. Die zeitliche Belastung durch das Studium betrage 12 Stunden. Seine Auflistung der Ausbildungsveranstaltungen ergab allerdings einen Zeitaufwand von 14 Stunden wöchentlich, wobei außerdem noch eine Veranstaltung mit unregelmäßigem Zeitaufwand für Vögel-Beobachtungen erwähnt war.
Das ArbA lehnte diesen Antrag des Klägers vom 5. Oktober 1988 und einen weiteren Antrag vom 13. Februar 1989 mit der Begründung ab, unter Berücksichtigung des allgemeinen Erfahrungssatzes, wonach jede Unterrichtsstunde eine Stunde studienbedingte Vor- und Nacharbeitungszeit erfordere, überwiege bei 12 erforderlichen wöchentlichen Unterrichtsstunden die zeitliche Belastung durch das Studium (Bescheid vom 2. März 1989, Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 1989).
Das Sozialgericht (SG) hat antragsgemäß die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 5. Oktober 1988 bis 2. April 1989 Alhi zu bewilligen. Der Kläger erfülle in der streitigen Zeit die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi, insbesondere scheitere der Anspruch nicht an dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der Verfügbarkeit iS des § 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Ausgehend von einer studienbedingten Beanspruchung von 24 Stunden in der Woche und der vom Kläger angestrebten Beschäftigung mit einem zeitlichen Umfang von wöchentlich 32 Stunden, habe letztere dem Erscheinungsbild des Klägers das Gepräge gegeben. Für die Richtigkeit dieser Annahme spreche, daß sich dieser Zustand im Laufe des Studiums verändert habe und der Kläger im Einklang damit für spätere Semester keine Leistungen mehr von der Beklagten beantragt habe (Urteil vom 30. Juli 1991).
Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 8. Oktober 1992 zurückgewiesen. Es hat im Ergebnis die Rechtsauffassung des SG bestätigt, wonach der Kläger trotz seiner Eigenschaft als Student der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe. Zwar sei aufgrund der Angaben des Klägers die zeitliche Belastung durch Ausbildungsveranstaltungen mit 16 Stunden in der Woche zu veranschlagen. Trotz dieser Ausbildungsbelastung sei der Kläger objektiv in der Lage gewesen, eine längere als kurzzeitige zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Ausgehend von der angegebenen Arbeitszeit von jeweils täglich ca 7.00 Uhr bis ca 13.00 Uhr ergebe sich eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden, so daß sich unter Berücksichtigung einer angemessenen Fahrzeit zur Universität sein Leistungsangebot auf die Zeit von 7.00 Uhr bis 12.30 Uhr und damit auf insgesamt 27,5 Stunden in der Woche beziehe. Damit übersteige die zeitliche Inanspruchnahme des Klägers mit knapp 60 Stunden pro Woche nicht die Grenze der zumutbaren Belastung nach dem geltenden Arbeitszeitschutzrecht. Auf den von der Beklagten hervorgehobenen Umstand, daß für die Annahme einer Verfügbarkeit die Beschäftigung die Hauptsache und das Studium die Nebensache bilden müsse, komme es unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht an. Dieses Verhältnis könne allenfalls bei einer Obergrenze von 40 Stunden bedeutsam sein. Wenn dagegen eine Gesamtbelastungsgrenze überhaupt nicht oder jedenfalls nicht unter 60 Stunden angesetzt werden könne, sei mit dem hier einzig relevanten Erfordernis der Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze (mindestens 18 Stunden) für die Verfügbarkeit vielfach verbunden, daß die durch die Ausbildung in Anspruch genommene Zeit länger sei als die der Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt. Auch in der neueren Rechtsprechung des BSG werde deshalb eine zeitliche Dominanz der Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt gegenüber der Ausbildung nirgends vorausgesetzt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des materiellen Rechts. Das LSG habe bei der Prüfung der Verfügbarkeit des Klägers ausschließlich darauf abgestellt, ob der Ausbildungsgang bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen eine beitragspflichtige Beschäftigung von mehr als kurzzeitigem Umfang zulasse. Damit weiche es von der Rechtsprechung des BSG ab, wonach es bei einem Studenten für die Bereitschaft zur Übernahme einer beitragspflichtigen Beschäftigung während der Dauer des Studiums darauf ankomme, ob er trotz der Aufnahme oder des Angebots einer an sich beitragspflichtigen Beschäftigung seinem Erscheinungsbild nach Student oder abhängig Beschäftigter sei. Bei zeitlichem Überwiegen der Belastung durch das Studium sei nur eine nach § 169b AFG beitragsfreie Beschäftigung möglich, da in diesem Fall das Studium die Haupt- und die Beschäftigung die Nebensache darstelle. Allein aus dem vom LSG ermittelten Aufwand für das Studium von 32 Stunden und der Bereitschaft des Klägers, 27,5 Stunden zu arbeiten, ergebe sich das Erscheinungsbild eines Studenten, so daß eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeschlossen sei. Die vom Kläger praktizierte Art des Studiums, auch wenn individuelle Umstände zu berücksichtigen seien, könne entgegen der Auffassung des LSG nicht als dem Wortlaut des § 103a AFG entsprechende ordnungsgemäße Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen angesehen werden. Mit dem Wortlaut des § 103a Abs 2 AFG sei nicht vereinbar, daß der Kläger vormittags angebotene Lehrveranstaltungen nicht belegte, um dem ArbA zur Verfügung zu stehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 8. Oktober 1992 und das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 30. Juli 1991 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die vorgenannten Urteile aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Bremen zurückzuverweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob dem Kläger ein Anspruch auf Alhi in der Zeit vom 5. Oktober 1988 bis 2. April 1989 zustand, kann aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden. Die Ansicht des LSG, es komme bei der Prüfung der Verfügbarkeit eines Studenten nicht mehr darauf an, ob das Studium die Haupt-und die Beschäftigung die Nebensache bildet, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Anspruch auf Anschluß-Alhi hat gemäß § 134 Abs 1 Satz 1 AFG nur, wer ua der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Nr 1). Zu Recht ist das LSG davon ausgegangen, daß für die Beurteilung der Rechtslage gemäß § 134 Abs 4 Satz 1 AFG, der insoweit auf die für das Alg geltenden Vorschriften Bezug nimmt, § 103 Abs 1 Satz 1 AFG idF des Achten Gesetzes zur Änderung des AFG (8. AFG-ÄndG) vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602) maßgebend ist. Dieses Gesetz ist in dem hier einschlägigen Teil am 1. Januar 1988 in Kraft getreten (Art 13 Abs 1 8. AFG-ÄndG). Der Kläger macht einen Anspruch auf Anschluß-Alhi ab 5. Oktober 1988 geltend. Die Übergangsvorschrift des § 242h Abs 6 AFG idF des Art 1 Nr 45 8. AFG-ÄndG kommt hier – wie das LSG bereits ausgeführt hat -schon deshalb nicht zur Anwendung, weil der Anspruch des Klägers nicht eine Zeit bis zum 31. März 1988 betrifft.
Nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG in der seit dem 1. Januar 1988 gültigen Fassung steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine zumutbare, nach § 168 AFG die Beitragspflicht begründende oder allein nach § 169 Nr 2 AFG beitragsfreie Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Insofern hat sich die Rechtslage gegenüber § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung geändert. Nach der damaligen Regelung kam es für die Frage der objektiven Verfügbarkeit allein darauf an, daß der Arbeitslose eine längere als kurzzeitige zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben konnte und durfte. Diese Veränderung des Rechtszustands hat das LSG bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Die vom LSG zitierten Entscheidungen des BSG vom 19. März 1992 (BSGE 70, 180 = SozR 3-4100 § 103 Nr 7) und 23. Juli 1992 (7 RAr 38/91 – nicht veröffentlicht) betrafen Entscheidungen, die ausdrücklich das vor dem 1. Januar 1988 geltende Recht zum Gegenstand hatten.
Der erkennende Senat hat zu der neuen Rechtslage bereits in zwei Urteilen vom 21. April 1993 (BSGE 72, 206 = SozR 3-4100 § 103a Nr 1 – sowie 11 RAr 79/92 – nicht veröffentlicht) eingehend Stellung genommen. Danach hat die gesetzliche Neufassung des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG mit der Bezugnahme auf die Beitragspflicht und Beitragsfreiheit zum Ziel, die einschlägigen gesetzlichen Regelungen und die dazu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Beitragspflicht und Beitragsfreiheit in den Begriff der objektiven Verfügbarkeit Arbeitsloser für die Arbeitsvermittlung einzubeziehen (vgl auch Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks 11/800 S 20). Der Zugang arbeitsloser Studenten zu Leistungen wegen Arbeitslosigkeit wurde damit ab 1. Januar 1988 erschwert (BSG aaO).
Beitragspflichtig waren nach § 168 Abs 1 Satz 1 AFG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) am 1. Januar 1989 (Art 10 des Gesetzes) gültigen Fassung Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren. Beitragsfreiheit bestand nach § 169 Nr 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1988 gültigen Fassung für Arbeitnehmer in einer Beschäftigung, in der sie die in § 172 Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten Voraussetzungen für die Krankenversicherungsfreiheit erfüllten. Danach waren bis 31. Dezember 1988 versicherungsfrei Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule gegen Entgelt beschäftigt waren (§ 172 Abs 1 Nr 5 RVO; jetzt § 6 Abs 1 Nr 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs). Die am 1. Januar 1989 in Kraft getretene Fassung des § 168 Abs 1 AFG mit der Verweisung auf § 169b AFG idF des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) hat lediglich eine äußerliche Lösung der Regelung der Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung von den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung, inhaltlich aber keine Rechtsänderung gebracht. Dies hat der 7. Senat des BSG bereits in einer Entscheidung vom 11. Februar 1993 (BSGE 72, 105 = SozR 3-4100 § 169b Nr 1) ausgeführt und der erkennende Senat in seinen Entscheidungen vom 21. April 1993 (aaO) bestätigt. Es ist deshalb hier der gesamte in Betracht kommende Leistungszeitraum ab 5. Oktober 1988 bis 2. April 1989 rechtlich gleichzubehandeln (vgl auch BSGE 72, 105, 108).
Wie der erkennende Senat in seinen Entscheidungen vom 21. April 1993 ebenfalls ausgeführt hat, bedeutet die Anknüpfung des Merkmals der objektiven Verfügbarkeit an eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung für die Gruppe der arbeitslosen Studenten, daß sie kein Alg bzw keine Alhi erhalten, wenn auf sie das sog Werkstudenten-Privileg zutrifft, also Beitragsfreiheit nach § 172 Abs 1 Nr 5 RVO besteht. Der für Beitragssachen zuständige 12. Senat des BSG hat sich in zahlreichen Entscheidungen mit der Frage befaßt, wann Versicherungs- und Beitragsfreiheit von sog Werkstudenten besteht und wann es bei dem Grundsatz der Versicherungs- und Beitragsfreiheit der abhängig Beschäftigten bleibt. Danach ist die Beschäftigung dann versicherungs- bzw beitragsfrei, wenn und solange sie „neben” dem Studium, dh ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet, ausgeübt wird, das Studium also die Haupt-, die Beschäftigung die Nebensache ist. Umgekehrt ist danach derjenige, der seinem „Erscheinungsbild” nach zum Kreis der Beschäftigten gehört, durch ein gleichzeitiges Studium in der Beschäftigung nicht versicherungsfrei; Versicherungsfreiheit besteht insoweit vielmehr nur für Personen, deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium beansprucht werden (BSGE 50, 25, 26 f = SozR 2200 § 172 Nr 14; BSG SozR 2200 § 172 Nrn 19 und 20 sowie BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 2).
In Konkretisierung dieser Grundsätze hat das BSG darin, daß während des Semesters – bei einer üblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden – eine Arbeitszeit von 20 Stunden überschritten wurde, ein wesentliches Beweisanzeichen für Versicherungspflicht im Rahmen einer Beschäftigung gesehen (vgl BSG SozR 2200 § 172 Nr 20), während die Erwerbstätigkeit eines Studenten ausschließlich während der Semesterferien unabhängig vom Umfang der Tätigkeit regelmäßig nicht versicherungspflichtig bzw beitragspflichtig ist (BSG SozR 2200 § 172 Nr 20; BSG Urteil vom 17. April 1986 – 7 RAr 71/84 –, USK 8692; BSGE 72, 105, 108 = SozR 3-4100 § 169b Nr 1). Indes wurde betont, daß es keine festen zeitlichen Grenzen gibt und immer eine Prüfung im Einzelfall erforderlich ist. So hat der 12. Senat bereits in seiner Entscheidung vom 23. Februar 1988 (SozR 2200 § 172 Nr 20) ausgeführt, daß das Gesetz im Gegensatz zu der Regelung über die Versicherungsfreiheit bei geringfügiger oder kurzzeitiger Beschäftigung in § 172 Abs 1 Nr 5 RVO keine festen zeitlichen Grenzen enthält. Deswegen und angesichts der vielfältigen Arbeitsmöglichkeiten für Studenten sowie unterschiedlicher und wechselnder Anforderungen des Studiums ließen sich ausnahmslos geltende genaue zeitliche Grenzen nicht bestimmen. Den Bedürfnissen der Praxis werde dadurch Rechnung getragen, daß eine mehr als halbschichtige Beschäftigung, die die Geringfügigkeitsgrenze überschreite und in die Vorlesungszeit hineinreiche, ein Indiz dafür sei, daß der Betreffende Arbeitnehmer sei.
Nach diesen zur Beitragspflicht von sog Werkstudenten entwickelten Kriterien beurteilt sich auch die Frage der Verfügbarkeit des Klägers nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG. Entgegen der vom LSG vertretenen Rechtsauffassung genügt für die Annahme der objektiven Verfügbarkeit des Klägers nach § 103 Abs 1 Satz 1 AFG nicht, daß er zu einer mehr als kurzzeitigen Beschäftigung (§ 102 AFG) bereit war. Vielmehr ist zu prüfen, ob trotz der zeitlichen Belastung durch das Studium sein Erscheinungsbild durch die angestrebte Tätigkeit als Arbeitnehmer geprägt war.
In diesem Zusammenhang ist die ebenfalls durch das 8. AFG-ÄndG mit Wirkung ab 1. Januar 1988 eingefügte Vorschrift des § 103a AFG zu beachten. Danach wird bei Arbeitslosen, die Schüler oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte sind, vermutet, daß sie neben ihrer Ausbildung nur Beschäftigungen ausüben können, die wegen des Werkstudenten-Privilegs beitragsfrei sind. Diese Vermutung ist nach Abs 2 der Vorschrift widerlegt, wenn der Arbeitslose darlegt und nachweist, daß der Ausbildungsgang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zuläßt. § 103a Abs 2 AFG eröffnet also die Widerlegung der nach Abs 1 vermuteten Tatsache. Der Nachweis nach § 103a Abs 2 AFG muß sich darauf erstrecken, daß die Ausbildung eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung zuläßt (vgl Urteile des erkennenden Senats vom 21. April 1993 – aaO).
In Anwendung dieser gesetzlichen Neuregelung hat das LSG bei dem Kläger einen Aufwand für das Studium von 32 Stunden wöchentlich und die Bereitschaft zu einer Erwerbstätigkeit von 27,5 Stunden in der Woche festgestellt. Diese Feststellungen sind von den Beteiligten, insbesondere von der Beklagten, nicht angegriffen worden und demzufolge für das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG bindend.
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kann allein aus dem Verhältnis der zeitlichen Belastung durch das Studium mit 32 Stunden wöchentlich und der angestrebten Erwerbstätigkeit mit 27,5 Stunden wöchentlich nicht auf die prägende Bedeutung des Studiums geschlossen werden. Denn unter Zugrundelegung der dargestellten Grundsätze des BSG zur Versicherungs- und Beitragsfreiheit von Werkstudenten ist eine Beschäftigung im Umfang von mehr als 20 Wochenstunden – ausgehend von einer üblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden – ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung zum Kreis der Arbeitnehmer. Indes kann diese Indizwirkung durch eine hohe zeitliche Belastung durch das Studium widerlegt werden, so daß das Studium trotz Arbeitnehmertätigkeit gleichwohl die prägende Bedeutung behält (vgl BSGE 50, 25, 28). Für die prägende Bedeutung einer Arbeitnehmertätigkeit kommt es neben der Dauer der wöchentlichen Arbeitsbelastung auch darauf an, inwieweit der Arbeitslose zu üblichen Arbeitszeiten und damit nicht nur dem Studium angepaßten Zeiten wie den Abend- oder Nachtstunden oder an Wochenenden für eine Beschäftigung zur Verfügung steht (BSGE 50, 25, 27; Urteil des erkennenden Senats vom 21. April 1993 – 11 RAr 79/92). Die Frage, ob dem Studium des Klägers im Verhältnis zu einer Erwerbstätigkeit prägende Bedeutung zukommt, ist demnach unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl Kass Komm – Peters § 6 SGB V RdNrn 24, 25). Dabei kommt es entgegen der Rechtsauffassung des LSG nicht auf eine rückschauende, sondern auf eine vorausschauende Betrachtungsweise an. Aus der Tatsache, daß sich der Kläger innerhalb angemessener Zeit zur Prüfung gemeldet und die erforderlichen Leistungsnachweise erbracht hat, kann nicht gefolgert werden, das Studium habe bei ihm erst in der Zeit ab dem Ende des streitigen Zeitraums, also ab 3. April 1989, prägende Bedeutung erhalten. Die Feststellungslast liegt – wie der erkennende Senat in seinen Entscheidungen vom 21. April 1993 (aaO) bereits ausgeführt hat – bei dem Arbeitslosen, der gemäß § 103a Abs 2 AFG nachzuweisen hat, daß das Werkstudenten-Privileg auf ihn nicht anzuwenden ist.
Ist die Revision der Beklagten hiernach begründet, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, zumal sich die vom LSG getroffene Entscheidung nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 170 Abs 1 SGG). Vielmehr führt die Revision, da zur Frage der Verfügbarkeit für eine beitragspflichtige Beschäftigung iS des § 103 Abs 1 Nr 1 AFG weitere Feststellungen zu treffen sind, gemäß § 170 Abs 2 SGG zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.
Für die erneute Entscheidung, bei der das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben wird, wird auf folgendes hingewiesen: Das LSG hat sich hinsichtlich der weiteren Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit des Klägers iS der §§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3, 137, 138 AFG auf die Feststellung beschränkt, dem Einkommen seines Vaters in Höhe von monatlich 5.262,50 DM brutto hätten abzusetzende Aufwendungen in Höhe von 5.150,76 DM gegenübergestanden, so daß ein Unterhaltsanspruch des Klägers gegen seinen Vater nicht in Betracht komme. Dabei hat das LSG offenbar nicht berücksichtigt, daß der Kläger – wie sich aus den in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten ergibt – im streitigen Zeitraum unter derselben Wohnanschrift ansässig war wie sein Vater. Es liegt daher nahe, daß er tatsächliche Unterhaltsleistungen in Form von Unterkunft und Verpflegung erhalten hat, die nach § 138 Abs 1 Nr 1 AFG anzurechnen sind. Darüber hinaus läßt sich die volle Anrechnung der vom Vater des Klägers genannten Aufwendungen im einzelnen nicht nachvollziehen.
Fundstellen