Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorzeitiges Altersruhegeld für eine Bezieherin einer umgestellten Rente

 

Leitsatz (redaktionell)

Die bisherige Rechtslage schloß die originäre Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes bei Bezug einer nach ArVNG Art 2 §§ 31, 38 Abs 2 umgestellten Invalidenrente ebensowenig aus, wie bei Bezug einer Rente wegen BU oder wegen EU nach neuem Recht.

 

Normenkette

RVO § 1248 Abs. 3 Fassung: 1965-06-09; ArVNG Art. 2 § 31 Fassung: 1957-02-23, § 38 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. März 1964 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Bezieherin einer nach Art 2 §§ 32, 38 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) aF, d.h. der Fassung vor dem Rentenversicherungsänderungsgesetz (RVÄndG) vom 9. Juni 1965, umgestellten Rente Anspruch auf das vorzeitige Altersruhegeld gemäß § 1248 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) hat.

Die im Jahre 1901 geborene Klägerin bezog seit Mai 1956 gemäß § 1253 Abs. 2 RVO idF vor dem ArVNG Invalidenrente, die vom 1. Januar 1957 an nach Art. 2 §§ 32, 38 Abs. 2 ArVNG aF umgestellt wurde. Sie war während des Rentenbezugs noch bis Ende März 1961 - seit Inkrafttreten des ArVNG versicherungspflichtig - beschäftigt. Ihrem Antrag, ihr gemäß § 1248 Abs. 3 RVO das vorzeitige Altersruhegeld unter Berücksichtigung der seit 1957 entrichteten Pflichtbeiträge zu gewähren, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 24. April 1961 ab, weil die Klägerin eine Erhöhung der umgestellten Rente gemäß Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG aF erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres beanspruchen könne. Mit der gegen den Bescheid erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, das vorzeitige Altersruhegeld stehe ihr zu, weil sie die Voraussetzungen des § 1248 Abs. 3 RVO erfülle.

Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 20. November 1961 die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Teilurteil vom 18. März 1964 das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, der Klägerin Altersruhegeld für den Monat April 1961 unter Anrechnung der für diesen Monat gewährten umgestellten Rente zu gewähren. Es hat die Revision zugelassen. Das LSG hat angenommen, die Voraussetzungen für die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes gemäß § 1248 Abs. 3 RVO seien seit dem 24. April 1961 erfüllt, so daß der Klägerin nach dieser Vorschrift i.V.m. § 1290 RVO das vorzeitige Altersruhegeld vom 1. April 1961 an zustehe. Diesem Anspruch stehe der bisherige Bezug der umgestellten Invalidenrente, die nach Art. 2 § 38 Abs. 2 ArVNG als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gelte, nicht entgegen. Als Bezieherin einer umgestellten Invalidenrente bleibe ihr der originäre Anspruch auf das vorzeitige Altersruhegeld, den sie nach § 1248 Abs. 3 RVO durch Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen erworben habe, in gleicher Weise ungeschmälert wie einem Bezieher von Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, der die Voraussetzungen des § 1254 Abs. 2 RVO aF, d.h. ebenfalls idF vor dem RVÄndG, erfülle (vgl. hierzu BSG 19, 188). Auch Art. 2 § 38 ArVNG habe ebensowenig wie § 1254 RVO mit der Frage zu tun, ob eine neue Rente zu gewähren sei. - Nachdem die Beklagte geltend gemacht habe, die Voraussetzungen für das vorzeitige Altersruhegeld seien möglicherweise später wieder entfallen, sei durch Teilurteil über den zeitlich abgrenzbaren Teil des Leistungsanspruchs zu entscheiden gewesen, über den ohne weitere Ermittlungen habe entschieden werden können. Für den Monat April 1961 hätten die Voraussetzungen des § 1248 Abs. 3 RVO vorgelegen.

Gegen das Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt. Sie hält den Erlaß eines Teilurteils mit der Zubilligung des vorzeitigen Altersruhegeldes nur für den Monat April 1961 nicht für zulässig und rügt in sachlich-rechtlicher Hinsicht, das LSG habe Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG aF nicht richtig angewandt. Sie meint, in dieser Vorschrift sei für die Bezieher umgestellter Renten die originäre Bewilligung des vorzeitigen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 3 RVO nicht vorgesehen. Dem Urteil des 1. Senats vom 8. Oktober 1964 (BSG 22, 27) könne nicht ohne weiteres gefolgt werden. Dieses Urteil bedürfe einer Überprüfung.

Die Beklagte beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Karlsruhe vom 20. November 1961 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie tritt der Begründung des angefochtenen Urteils bei.

Nach Inkrafttreten des RVÄndG gewährt die Beklagte der Klägerin das vorzeitige Altersruhegeld gemäß § 1248 Abs. 3 RVO i.V.m. Art. 2 § 38 Abs. 3 Satz 2 ArVNG idF des RVÄndG auf Grund des Bescheides vom 25. Februar 1966 für die Zeit vom 1. Juli 1965 an.

Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

Zu Unrecht erhebt die Revision Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vom LSG erlassenen Teilurteils. Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß der Erlaß eines Teilurteils auch im sozialgerichtlichen Verfahren in entsprechender Anwendung des § 301 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i.V.m. § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig ist, wenn ein Anspruch erhoben wird, der in mehrere, einer selbständigen Entscheidung fähige Teilansprüche zerlegt werden kann (BSG 7, 3, 6; 12 185, 186; 18, 190, 193). Die Klägerin hat mit ihrer Klage den prozessualen Anspruch auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes für die Zeit vom 1. April 1961 an erhoben. Dieser Anspruch läßt sich für die einzelnen Kalendermonate in mehrere, einer selbständigen Entscheidung fähige Teilansprüche zerlegen. Da das LSG den Anspruch der Klägerin auf vorzeitiges Altersruhegeld für den Monat April 1961, also für einen Teil des Anspruchs, für entscheidungsreif gehalten hat, durfte es über diesen Teil des Klagebegehrens durch Teilurteil entscheiden.

Die Revision wendet sich auch zu Unrecht gegen die Entscheidung des LSG, daß der Klägerin das vorzeitige Altersruhegeld gemäß § 1248 Abs. 3 RVO für den Monat April 1961 zu gewähren ist und daß diesem Anspruch der bisherige Bezug der umgestellten Invalidenrente, die nach Art. 2 § 38 Abs. 2 ArVNG als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gilt, nicht entgegensteht.

Die Vorschrift des Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG ist durch das RVÄndG (Art. 2 § 1 Nr. 8) neu gefaßt worden. In der Neufassung schreibt Art. 2 § 38 Abs. 3 Satz 2 RVO vor: "Sind die Voraussetzungen des § 1248 Abs. 2 oder 3 der Reichsversicherungsordnung erfüllt, so findet Satz 1 Anwendung". Demnach sind in diesen Fällen die nach Art. 2 § 32 ArVNG umgestellten Renten auf fünfzehn Dreizehntel des bisherigen monatlichen Zahlbetrages zu erhöhen. Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG idF des RVÄndG ist gemäß Art. 5 § 10 Abs. 1 Buchst. a RVÄndG zwar schon mit Wirkung vom 1. Januar 1957 an in Kraft getreten; da aber nach Art. 5 § 6 Satz 3 mit Ausnahme des hier nicht einschlägigen Art. 5 § 2 RVÄndG Leistungen auf Grund der Vorschriften des RVÄndG frühestens vom 1. Juli 1965 an zu gewähren sind, richtet sich der originäre Anspruch der Klägerin auf Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes jedenfalls bis zum 30. Juni 1965 noch nach § 1248 Abs. 3 RVO i.V.m. Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG idF vor dem RVÄndG.

Nach den Feststellungen des LSG sind in der Person der Klägerin für den Monat April 1961 - wie die Revision auch nicht in Zweifel zieht - die Voraussetzungen erfüllt, die § 1248 Abs. 3 RVO für die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes aufstellt. Die Revision hält den Anspruch dennoch nicht für begründet, weil Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG aF für die Bezieher einer nach Art. 2 § 32 ArVNG umgestellten Rente die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes nicht vorsehe, sondern nur vorschreibe, daß die umgestellten Renten erst bei Vollendung des 65. Lebensjahres zu erhöhen oder neu zu berechnen seien. Der 1. Senat des BSG hat demgegenüber im Anschluß an das Urteil des erkennenden Senats vom 21. Juni 1963 (BSG 19, 188) bereits in seinem Urteil vom 8. Oktober 1964 (BSG 22, 27 ff) entschieden, daß auch der Bezieherin einer umgestellten Rente (Art. 2 §§ 31, 37 Abs. 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG - = Art. 2 §§ 32, 38 Abs. 2 ArVNG) das vorzeitige Altersruhegeld gemäß § 25 Abs. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG - (= § 1248 Abs. 3 RVO) zu gewähren ist, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen. In dieser Entscheidung, die entgegen der Ansicht der Revision der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des RVÄndG entspricht und der sich der erkennende Senat anschließt, hat der 1. Senat bereits dargelegt, daß die Grundsätze, die der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 21. Juni 1963 (BSG 19, 188) für die originäre Gewährung eines vorzeitigen Altersruhegeldes gemäß § 1248 Abs. 2 RVO bei Bezug einer Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente neuen Rechts aufgestellt hat, auch zu gelten haben, wenn eine umgestellte Rente bezogen wird, die gemäß Art. 2 § 38 Abs. 2 ArVNG als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gilt; denn auch hier ist - wie in dem vom 1. Senat entschiedenen Fall - der neue Versicherungsfall erst nach dem 31. Dezember 1956 eingetreten, ist neues Recht anzuwenden und sind alle Voraussetzungen zur Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 3 und 4 RVO erfüllt.

Es besteht weder Grund dafür, die Rente, die kraft Umstellung nur als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gilt, rechtlich anders zu behandeln, noch ist es richtig, daß die unter Art. 2 § 38 ArVNG fallenden Renten als Sonderfälle einer abschließenden Ausnahmeregelung zugeführt seien, so daß auf sie die sonstigen Vorschriften des neuen Rechts nicht anzuwenden wären. Hierzu hat der 1. Senat bereits ausgeführt, daß Art. 2 § 37 AnVNG (= Art. 2 § 38 ArVNG) zu dem Versicherungsfall der Vollendung des 65. Lebensjahres Sondervorschriften für die Bezieher umgestellter Renten enthalte; daraus lasse sich aber noch nicht entnehmen, daß damit alle neuen in der Person des Rentenbeziehers eintretenden Versicherungsfälle erfaßt wären; Art. 2 § 37 AnVNG (= Art. 2 § 38 ArVNG) regele nicht einmal alle mit der Vollendung des 65. Lebensjahres eintretenden Versicherungsfälle, wie der 1. Senat in seinem Urteil überzeugend dargelegt habe. Der 1. Senat hat auch bereits darauf hingewiesen, daß es sich mit Art. 2 § 37 AnVNG (= Art. 2 § 38 ArVNG) ähnlich verhalte wie mit § 1254 Abs. 2 RVO aF; diese Vorschriften regelten die Fälle, in denen nicht mehr geschehe, als daß der Bezieher einer Versichertenrente das 65. Lebensjahr vollende; alle anderen Möglichkeiten ließen sie außer acht, und zwar sowohl den Fall, daß bei Wanderversicherten erst während des Rentenbezuges der Versicherungsfall im anderen Versicherungszweig eintrete, als auch die Fälle des vorzeitigen Altersruhegeldes; die Vorschriften enthielten aber auch keinen Hinweis darauf, daß in diesen Fällen die Leistung nicht neu festgestellt werden müßte oder könnte. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21. Juni 1963 (BSG 19, 188, 189) hervorgehoben, daß, wer die Voraussetzungen des vorzeitigen Altersruhegeldes erfülle, Anspruch auf dessen Gewährung habe; es gebe in der RVO keine Vorschrift, die einen solchen Rentenanspruch deshalb ausschließe, weil bisher eine andere Rentenart bezogen worden sei. Dies hat auch für den Bezug einer nach Art. 2 §§ 32, 38 Abs. 2 ArVNG umgestellten Rente zu gelten.

Wie zu verfahren ist, wenn vor dem 1. Januar 1957 ein Ruhegeld gemäß § 397 AVG aF bezogen wurde, diese Rente gemäß Art. 2 § 31 AnVNG umgestellt worden ist und nach Art. 2 § 37 Abs. 2 AnVNG als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gilt und während des Bezuges einer solchen umgestellten Rente die Voraussetzungen des § 1248 Abs. 2 RVO erfüllt sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Zu der Ansicht der Revision, die Anwendung des § 1248 Abs. 2 RVO führe in einem solchen Falle zu einem seltsamen Ergebnis, sei nur bemerkt, daß das Ruhegeld, das gemäß § 397 AVG aF wegen mindestens einjähriger ununterbrochener Arbeitslosigkeit gewährt wurde, nach dem damaligen Recht als Rente wegen Berufsunfähigkeit galt, während nach den Neuregelungsgesetzen bei mindestens einjähriger ununterbrochener Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, sondern der Anspruch auf das Altersruhegeld besteht (§ 25 Abs. 2 AVG = § 1248 Abs. 2 RVO; vgl. die Entscheidung des erkennenden Senats vom 28. September 1967 in SozR Nr. 46 zu § 1248 RVO). Im Hinblick auf die unterschiedlichen Wirkungen des Bezuges von Altersruhegeld (Versicherungsfreiheit nach § 1229 Abs. 1 RVO, Ausschluß des Rechts zur Weiterversicherung gemäß § 1233 Abs. 1 Satz 2 RVO) und des Bezuges von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist es bedeutungsvoll, ob die umgestellte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder das Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO bezogen wird. Auch dürften keine Bedenken dagegen bestehen, daß die ursprünglich nach § 397 AVG aF bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit, die nach Umstellung gemäß Art. 2 §§ 31, 37 Abs. 2 AnVNG als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gilt, ohne weiteres wieder zu gewähren ist, wenn das vorzeitige Altersruhegeld gemäß § 25 Abs. 2 AVG, das die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelöst hatte, wegfällt, wie dies das BSG bereits für den Wegfall eines vorzeitigen Altersruhegeldes entschieden hat, das eine Berufsunfähigkeitsrente abgelöst hatte (Urteil des 4. Senats vom 3. August 1966 in BSG 25, 139 - SozR Nr. 4 zu § 1254 RVO). Da die originäre Gewährung eines vorzeitigen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 2 RVO jedenfalls in den Fällen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, in denen der Sonderfall nicht gegeben ist, daß eine nach § 397 AVG aF bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß Art. 2 §§ 31, 37 Abs. 2 AnVNG umgestellt worden ist, sondern in denen eine Invalidenrente umgestellt worden ist, kann auch daraus nicht hergeleitet werden, daß - wie die Revision meint - eine originäre Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 3 RVO beim Bezug einer umgestellten Invalidenrente ausscheide, weil eine solche originäre Gewährung eines vorzeitigen Altersruhegeldes auch nach § 1248 Abs. 2 RVO nicht möglich sei.

Schließlich schlägt auch der Gesichtspunkt der Revision nicht durch, eine originäre Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 3 RVO beim Bezug einer nach Art. 2 §§ 32, 38 Abs. 2 ArVNG umgestellten Rente scheide deshalb aus, weil eine andere Versicherte trotz der Erfüllung der Wartezeit noch nicht einmal das reguläre Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 1 RVO erhalten könne, da sie die erforderlichen mehr als 12 Monatsbeiträge nach Art. 2 § 38 Abs. 3 Satz 2 ArVNG aF nicht nachweisen könne. - Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG aF dürfte die originäre Gewährung des Altersruhegeldes gemäß § 1248 Abs. 1 RVO für Empfänger einer nach Art. 2 §§ 32, 38 Abs. 2 ArVNG umgestellten Rente ebenfalls nicht ausschließen. Dieser allein von den Voraussetzungen des § 1248 Abs. 1 und 4 RVO abhängige Anspruch ist nicht an die weitere Voraussetzung geknüpft, daß für den Berechtigten nach dem Inkrafttreten des AnVNG, also vom 1. Januar 1957 an, für mehr als 12 Monate Beiträge entrichtet worden sind. Der erkennende Senat schließt sich auch insoweit den Ausführungen des 1. Senats in seinem Urteil vom 8. Oktober 1964 (BSG 22, 27, 30) an, daß der Bezieher einer nach Art. 2 § 32 ArVNG umgestellten Rente freilich alle Voraussetzungen des vorzeitigen Altersruhegeldes erfüllen muß, "während er bei Vollendung des 65. Lebensjahres die längere Wartezeit von 180 Beitragsmonaten nicht zurückgelegt zu haben braucht und außerdem auch bei Anwendung der neuen Rentenformel kraft Gesetzes mindestens eine Rente in Höhe des um 2/13 erhöhten bisherigen Zahlbetrages erhält (Art. 2 § 37 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. AnVNG). Für das vorzeitige Altersruhegeld gilt diese Gewährleistung nicht. In diesen Unterschieden - besonderer Antrag, Erfüllung der längeren Wartezeit und Wegfall der Gewährleistung sowohl der um 2/13 erhöhten als auch überhaupt der bisher gewährten Rente - liegt ein Schutz der Versichertengemeinschaft und der Versicherungsträger gegen eine übermäßige Belastung durch den Übergang von umgestellten Renten auf das vorzeitige Altersruhegeld. Dazu kommt, daß sowohl die strengen übrigen Voraussetzungen für das vorzeitige Altersruhegeld als auch die in aller Regel sich besonders günstig auswirkende Umstellung der Bestandsrenten die Bezieher solcher Renten von dem Antrag auf vorzeitiges Altersruhegeld abhalten werden". Entsprechendes wird zu gelten haben, wenn ein Versicherter das 65. Lebensjahr vollendet hat und alle Voraussetzungen nach § 1248 Abs. 1 und 4 RVO erfüllt sind; jedoch braucht hierüber abschließend nicht entschieden zu werden.

Die Revision beruft sich für ihre Ansicht auch zu Unrecht auf die Entscheidung des 4. Senats vom 20. Dezember 1960 (BSG 13, 259, 262). Dort ist zwar ausgeführt: "... für den Fall, daß eine Rente nach altem Recht festgestellt ist oder noch festgestellt wird, schreibt Art. 2 § 31 Abs. 1 aaO die Rentenumstellung vor. Eine Rentenumstellung aber schließt eine originäre Rentengewährung aus, da nicht zwei Renten nebeneinander gewährt werden können und die Konzeption des Gesetzgebers dahin geht, der umzustellenden Rente den Vorzug zu geben. Denn nach Art. 2 § 38 aaO gelten die umgestellten Renten dieser Art bereits als Altersruhegeld oder als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Man kann daher nicht annehmen, daß sie entfallen sollen, um für die Gewährung einer entsprechenden Rente neuen Rechts Raum zu schaffen". - Diese Ausführungen sind dahin aufzufassen: Wenn eine Rente nach altem Recht festgestellt oder noch festzustellen ist und diese Rente gemäß Art. 2 § 31 Abs. 1 ArVNG umzustellen ist, also entweder eine umgestellte Invalidenrente zu gewähren ist, die als Erwerbsunfähigkeitsrente gilt, oder eine umgestellte Invalidenrente zu gewähren ist, die als Altersruhegeld gilt, so besteht in diesen Fällen einer nach Art. 2 § 31 ArVNG umzustellenden Rente nur Anspruch auf die umgestellte Rente, nicht aber an deren Stelle Anspruch auf eine originäre Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit oder von Altersruhegeld nach neuem Recht. Diese Frage berührt die anders geartete Rechtsfrage nicht, welche Rente zu gewähren ist, wenn während des Bezuges einer solchen umgestellten Rente ein neuer anderer Versicherungsfall eintritt.

Schließlich ist es richtig, daß durch die neue Fassung des Artikels 2 § 38 Abs. 3 ArVNG auf Grund des RVÄndG (Art. 2 § 1 Nr. 8) - wie bereits erwähnt - die Rechtslage dahin geändert worden ist, daß die nach Art. 2 § 32 ArVNG umgestellten Renten auf fünfzehn Dreizehntel des bisherigen monatlichen Zahlbetrages zu erhöhen sind, wenn die Voraussetzungen des § 1248 Abs. 2 oder 3 RVO erfüllt sind. Die neue Fassung des Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG ist auch bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1957 an in Kraft getreten (Art. 5 § 10 Abs. 1 Buchst. a RVÄndG). Ansprüche auf Grund der geänderten Fassung des Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG können aber frühestens vom 1. Juli 1965 an gewährt werden (Art. 5 § 6 Satz 3 RVÄndG). Die durch das RVÄndG vorgeschriebene Rechtsänderung betrifft indessen die Rechtslage, wie sie auf Grund des ArVNG gegolten hat.

Diese Rechtslage schloß die originäre Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes bei Bezug einer nach Art. 2 §§ 31, 38 Abs. 2 ArVNG umgestellten Invalidenrente ebensowenig aus wie bei Bezug einer Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit nach neuem Recht. Weder die Vorschrift des Art. 2 § 38 Abs. 3 ArVNG aF noch die Bestimmung des § 1254 Abs. 2 RVO aF stand dem entgegen.

Da das LSG in dem angefochtenen Urteil in diesem Sinne entschieden hat, ist die Revision der Beklagten gegen dieses Urteil unbegründet und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2375087

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