Leitsatz (amtlich)
Die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung wegen der Beschäftigung von Ruhestandsbeamten, die keinen Befreiungsantrag gestellt haben, verstößt auch dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Arbeitgeber in der Annahme der Versicherungsfreiheit keine Beiträge entrichtet hat, die Versicherten wegen ihres Alters die Wartezeit in der Rentenversicherung nicht mehr erfüllen können und der Arbeitgeber nicht mehr berechtigt oder in der Lage ist, die Arbeitnehmeranteile der Beiträge vom Arbeitsentgelt der Pensionäre abzuziehen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit der Pensionierung scheiden Beamte aus ihrem früheren beamtenrechtlichen Beschäftigungsverhältnis aus. Bei der Prüfung, ob eine von einem Ruhestandsbeamten ausgeübte Beschäftigung der Versicherungspflicht unterliegt, kann daher die frühere Tätigkeit als Beamter, aus der die Versorgung bezogen wird, nicht als Hauptbeschäftigung iS des RVO § 168 Abs 3 angesehen werden.
2. Bei der Ermittlung des für die Versicherungspflichtgrenze maßgebenden Jahresarbeitsverdienstes sind bei Ruhestandsbeamten nur die Bezüge aus der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu berücksichtigen.
3. Die Einziehung von Pflichtbeiträgen für beschäftigte Ruhestandsbeamte bis zu dem Tage, von dem an die Befreiung (AVG § 7 Abs 3) wirksam ausgesprochen wird, verstößt nicht gegen Treu und Glauben.
Normenkette
RVO § 1399 Fassung: 1957-02-23; BGB § 242 Fassung: 1896-08-18; AVG § 7 Abs. 3 Fassung: 1957-02-23; RVO § 168 Abs. 3 Fassung: 1945-03-17
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 18. November 1958 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der Kläger ist Bankdirektor a. D. und Inhaber einer Firma für Finanzberatung, Planung und Betreuung von Bauvorhaben. Er hat in seinem Unternehmen unter anderem seit dem 1. Februar 1954 den beigeladenen Ruhestandsbeamten Hans M und seit dem 1. April 1955 den ebenfalls beigeladenen Ruhestandsbeamten Heinrich F beschäftigt. M. hat im Jahre 1955 neben einer Beamtenpension in Höhe von 4.200,- DM von dem Kläger ein Arbeitsentgelt in Höhe von 2.885,- DM brutto, zusammen 7.085,- DM, und im Jahre 1956 neben einer Pension von 6.240,- DM ein Arbeitsentgelt in Höhe von 3.375,- DM, zusammen also 9.615,- DM bezogen; F hat im Jahre 1955 neben einer Pension von 6.909,- DM ein Arbeitsentgelt in Höhe von 2.165,- DM, zusammen 9.074,- DM, und im Jahre 1956 neben einer Pension von 7.561,56 DM ein Arbeitsentgelt in Höhe von 4.145,- DM, zusammen also 11.706,56 DM erhalten. M beantragte bei der Beklagten am 31. Januar 1957, F am 17. Januar 1957 Befreiung von der Versicherungspflicht; beiden Anträgen ist vom Zeitpunkt der Antragstellung an entsprochen worden.
Der Kläger hatte die Beigeladenen F und M als pensionierte Beamte für versicherungsfrei in der Krankenversicherung (KrV), Arbeitslosenversicherung (ArblV) und in der Angestelltenversicherung (AnV) gehalten. Mit Schreiben vom 1. April 1955 teilte ihm jedoch die beklagte Ortskrankenkasse mit, die Annahme, pensionierte Beamte seien kraft Gesetzes versicherungsfrei, sei ein Irrtum. Zwar hätten die beiden bei dem Kläger beschäftigten pensionierten Beamten die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Ein solcher Antrag müsse jedoch innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung gestellt werden; anderenfalls wirke er erst vom Eingang des Antrages an. Zwar seien die für M für das Jahr 1954 rückständigen Beiträge inzwischen nach § 29 der Reichsversicherungsordnung (RVO) verjährt. Für beide Pensionäre müßten jedoch - und zwar für M vom 1. Januar 1955 bis 31. Januar 1957 und für F vom 1. April 1955 bis 17. Januar 1957 - insgesamt 2.520,29 DM an Sozialversicherungsbeiträgen nachgefordert werden.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger vor allem geltend, die Beigeladenen F und M seien wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze versicherungsfrei gewesen, da hierbei ihre Pensionsbezüge und ihr Arbeitsverdienst zusammenzurechnen seien. Außerdem müsse berücksichtigt werden, daß die beiden Angestellten (Heinrich F ist am 11. Januar 1889 und Hans M am 27. August 1891 geboren) beim Beginn ihrer Tätigkeit im Planungsbüro ihr 60. bzw. 65. Lebensjahr bereits vollendet und daher keine Aussicht gehabt hätten, die fünfjährige Wartezeit in der Rentenversicherung noch zu erfüllen.
Durch Bescheid vom 16. November 1957 wurde der Widerspruch zurückgewiesen mit der Begründung, bei der Berechnung der Jahresarbeitsverdienstgrenze komme es nur auf den Arbeitsverdienst aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung an, während Ruhegehaltsbezüge aus einem früheren Dienstverhältnis nicht eingerechnet werden könnten. Von der Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 173 RVO hätten die Beschäftigten erst im Januar 1957 Gebrauch gemacht, so daß eine rückwirkende Befreiung seit dem Beschäftigungsbeginn nicht möglich sei.
Dagegen erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Schleswig. Er ergänzte sein bisheriges Vorbringen noch dahin, daß die Beitragsforderungen allenfalls zur Hälfte gerechtfertigt seien, da die Angestellten das Recht hätten, nach Ablauf von zwei Jahren die von ihnen zu tragenden Beitragsanteile von der Beklagten zurückzufordern. Die Beklagte dürfe nicht fordern, was sie ohnehin demnächst wieder zurückzuerstatten habe. Der Kläger beantragte,
1. die Bescheide der Beklagten vom 26. Mai 1957 und 16. November 1957 aufzuheben,
2. festzustellen, daß eine Versicherungspflicht der Angestellten F und M nicht bestehe.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 30. Juni 1958 abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Die Vorinstanzen verneinten eine Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze, weil hierbei, entgegen der Auffassung des Klägers, die Pension und der Arbeitsverdienst nicht zusammengerechnet werden dürften. Da das erzielte Entgelt von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sei, habe es sich auch nicht um eine versicherungsfreie Nebenbeschäftigung gehandelt. Ebensowenig seien die Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit nach § 169 RVO gegeben gewesen. Aus der Tatsache, daß einem Arbeitnehmer aus seinem früheren Dienstverhältnis Versorgungsbezüge bewilligt sind, ergebe sich nicht bereits eine Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes für ein späteres, an sich versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Dem stehe der klare Wortlaut des § 169 RVO entgegen, wonach lediglich die Anwartschaft auf Versorgungsgebührnisse - im Gegensatz zu der in § 173 RVO geforderten, bereits erfolgten Bewilligung des Ruhegehaltes - die Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes bewirke. Aus ihrer früheren Tätigkeit hätten aber die beigeladenen Pensionäre keine Anwartschaft mehr auf zukünftige Versorgungsbezüge, sondern sie erhielten sie bereits, so daß auf Grund dieser früheren Tätigkeit Versicherungsfreiheit in einem späteren, an sich versicherungspflichtigen Verhältnis erst auf Antrag gemäß § 173 RVO eintreten könne.
Der Kläger, der die Beiträge für die von ihm versicherungspflichtig Beschäftigten zu entrichten habe, könne der Beklagten auch nicht ein etwaiges Rückforderungsrecht der Beschäftigten hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung entgegenhalten, das, sofern es nach § 82 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) neuer Fassung in Frage komme, nur von den Angestellten selbst geltend gemacht werden könne; in gleicher Weise erstreckten sich Erwägungen darüber, ob die Angestellten des Klägers ein wirtschaftliches Interesse an der Entrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung hätten, lediglich auf das Verhältnis dieser Angestellten zu der Beklagten, so daß insoweit für den Kläger kein Rechtsschutzinteresse anerkannt werden könne.
Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 AVG aF, wonach nur diejenigen Personen angestelltenversicherungspflichtig waren, die beim Eintritt in die versicherungspflichtige Beschäftigung das Alter von 60 Jahren noch nicht vollendet hatten, sei durch die erste Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung - 1. VereinfVO - vom 17. März 1945 (RGBl I 41) außer Kraft gesetzt worden, und diese Verordnung gelte mindestens seit dem 7. September 1949 im ganzen Bundesgebiet. Ein jener außer Kraft gesetzten Vorschrift entsprechender allgemeiner Rechtsgrundsatz habe sich inzwischen nicht entwickelt. Daher sei der Kläger zur Nachentrichtung der Beiträge für die drei Versicherungszweige in voller Höhe verpflichtet. Es könne zwar möglich sein, daß die beiden Beschäftigten im Jahre 1959 einen Anspruch auf Erstattung der Hälfte der zur AnV entrichteten Beiträge hätten, dadurch werde jedoch die Pflicht des Klägers zur Zahlung der Beiträge nicht berührt, weil dieser Erstattungsanspruch nicht ihm, sondern allein den Versicherten zustehe. Der Kläger habe die Frage der Versicherungspflicht seiner Angestellten seinerzeit nicht ausreichend geprüft, sondern sich auf die Erklärung seiner Angestellten verlassen, die sich selbst für nicht versicherungspflichtig gehalten hätten. Daher habe er das Risiko in dieser Hinsicht zu tragen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Urteil die Revision nach § 161 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassen. Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt mit dem Antrage,
1. das Urteil des LSG in Schleswig vom 18. November 1958 aufzuheben,
2. festzustellen, daß er nicht verpflichtet ist, die Sozialversicherungsbeiträge für die beigeladenen Angestellten F und M nachzuentrichten.
Der Kläger hält die Beigeladenen F und M weiterhin in erster Linie deshalb für versicherungsfrei, weil sie mit ihrem Gesamteinkommen die Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritten hätten. Außerdem weist er erneut darauf hin, daß eine gesetzliche KrV für die Beigeladenen F und M überflüssig sei, weil sie bereits in der privaten Krankenversicherung versichert seien; ebenso wenig seien sie an einer Rentenversicherung interessiert, da es ihnen nicht mehr möglich sei, die Mindestwartezeit für eine Inanspruchnahme von Leistungen aus der AnV zu erfüllen. Es könne nicht angehen, daß Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden müßten, obwohl von vornherein ausgeschlossen sei, daß jemals der Versicherungsfall eintreten werde. Eine Beitragsentrichtung habe nur dann einen Sinn, wenn dadurch der Versicherte auch gewisse Vorteile erlangen könne. Eine andere Auffassung würde rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechen. Auf die Möglichkeit, Hilfe zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit zu erhalten, dürfe hierbei nicht verwiesen werden, da derart alten Menschen in der Regel keine Heilverfahren mehr bewilligt würden.
Der Anspruch auf Beitragserstattung sei kein angemessener Ausgleich. Abgesehen hiervon sei der Beigeladene F auch im Jahre 1955 nach den Grundsätzen der Entscheidung des Senats in BSG 11, 130 versicherungsfrei gewesen, da sein Entgelt aus der Nebenbeschäftigung in jenem Jahr nur 2.165,- DM gegenüber einem Pensionseinkommen von 6.909,- DM betragen habe.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zu Recht habe das LSG bei der Ermittlung der Jahresarbeitsverdienstgrenze die Ruhestandsbezüge und den Jahresarbeitsverdienst nicht zusammengerechnet. Auch Versicherungsfreiheit nach § 169 RVO habe nicht bestanden. Die Hinweise auf den fehlenden Sinn einer Sozialversicherung bei Pensionären im fortgeschrittenen Lebensalter erledigten sich dadurch, daß der betroffene Personenkreis einen Befreiungsantrag nach § 173 RVO stellen könne. § 1 Abs. 3 AVG aF sei eindeutig nicht mehr geltendes Recht.
Die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und die beigeladene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BfArb) haben sich den Anträgen und dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen und dieses noch näher ergänzt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist nicht begründet.
Zutreffend hat das LSG die Beigeladenen F und M nicht schon wegen Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze (in der hier in Betracht kommenden Zeit von 1955 bis Anfang 1957 in der KrV 6.000,- DM und in der AnV 9.000,- DM, § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO idF des Art. 1 § 1 des Gesetzes über die Erhöhung der Einkommensgrenzen in der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung und zur Änderung der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 13. August 1952 - BGBl I 337 -, § 1 AVG aF idF der 1. VereinfVO und des Art. 3 § 5 des genannten Gesetzes vom 13. August 1952; Art. 3 § 7 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG - i. V. m. § 5 AVG nF) für versicherungsfrei gehalten. In seinem Urteil vom 18. Dezember 1963 (BSG 20, 133) hat der Senat in Fortentwicklung seines Urteils vom 20. Dezember 1961 (BSG 16, 18, 104) die bereits von den Vorinstanzen ausführlich dargelegte Rechtslage und Rechtsansicht bestätigt, daß bei der Ermittlung des für die Versicherungspflichtgrenze maßgebenden Jahresarbeitsverdienstes bei Beamten nur die Bezüge aus der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu berücksichtigen sind. Wie das LSG im einzelnen näher festgestellt und dargelegt hat und worauf Bezug genommen wird, überstiegen aber die Verdienste der Beigeladenen F und M aus ihrer Tätigkeit beim Kläger in der genannten Zeit nicht die erwähnten Einkommensgrenzen.
Desgleichen bestand keine Versicherungsfreiheit nach § 168 RVO. Für den Beigeladenen M nimmt der Kläger eine solche ohnehin nicht in Anspruch. Aber auch für den Beigeladenen F kam sie nicht in Betracht. § 168 Abs. 1 RVO schied schon deswegen aus, weil die Tätigkeit beim Kläger keine gelegentliche Dienstleistung darstellte. § 168 Abs. 2 RVO konnte bereits deswegen nicht berücksichtigt werden, weil das erzielte Entgelt die dort vorgesehene Grenze der Geringfügigkeit überschritt. Eine Anwendung des § 168 Abs. 3 RVO aber schied aus, weil die Beigeladenen F und M nicht in einem anderen regelmäßigen Beschäftigungsverhältnis standen. Der Auffassung der Revision, als Hauptbeschäftigungsverhältnis eines pensionierten Beamten sei seine frühere Tätigkeit als Beamter anzusehen, auf Grund derer er die Pension bezieht, kann nicht gefolgt werden. Mit der Pensionierung waren die Beigeladenen F und M aus ihrem früheren beamtenrechtlichen Beschäftigungsverhältnis gerade ausgeschieden.
Ferner haben die Vorinstanzen es zu Recht angelehnt, die Beschäftigung der Beigeladenen F und M nach § 169 RVO für versicherungsfrei zu halten. Die dort vorgesehene, kraft Gesetzes eintretende Versicherungsfreiheit erstreckt sich nur auf die hier genannten Tätigkeiten in Betrieben oder in Diensten des Bundes, eines Landes oder einer sonstigen der dort erwähnten Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, wenn aus dieser Tätigkeit Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet ist, nicht dagegen auf andere Beschäftigungsverhältnisse (BSG 20, 123).
Endlich war § 1 Abs. 3 AVG aF - Versicherungsfreiheit bei Eintritt in die versicherungspflichtige Beschäftigung im Alter von mindestens 60 Jahren - nicht mehr anzuwenden, da dieser, wie im angefochtenen Urteil im einzelnen zutreffend dargelegt ist, durch die 1. VereinfVO außer Kraft gesetzt worden ist.
Den einzigen Weg für eine Freistellung der Beigeladenen F und M von der Sozialversicherungspflicht bot vielmehr ein Antrag nach § 173 RVO. Nach dessen Abs. 2 wirkte aber der Befreiungsantrag, wenn er, wie hier, nicht innerhalb eines Monats nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses gestellt war, erst vom Eingang an (17. bezw. 31. Januar 1957).
Somit waren die Beigeladenen F und M in der streitigen Zeit krankenversicherungspflichtig. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AVG aF idF der 1. VereinfVO waren sie damit auch angestelltenversicherungspflichtig, da unzweifelhaft ist, daß sie als Angestellte beim Kläger beschäftigt waren. Zugleich ergab sich hierdurch ihre Arbeitslosenversicherungspflicht aus § 69 AVG aF.
Schließlich erweist sich die Beitragsnachforderung auch nicht aus sonstigen Gründen als unberechtigt. Wie der Senat schon wiederholt entschieden hat (zuletzt noch in seinem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil 3 RK 9/60 vom 28. April 1964), kann zwar die nachträgliche Geltendmachung von Beitragsforderungen durch die Einzugsstellen nach dem auch für das öffentliche Recht gültigen Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen sein. Eine solche Möglichkeit scheidet hier jedoch aus. Dem Kläger waren niemals falsche Auskünfte erteilt worden. Er hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn er die Frage der Sozialversicherungspflicht unrichtig beurteilt hat. Auf das Rückerstattungsrecht der beigeladenen Pensionäre nach § 82 AVG, das sich im übrigen auch nur auf die Beiträge zur AnV bezieht, kann er sich nicht berufen, da nicht ihm dieses Recht zusteht, sondern gegebenenfalls ausschließlich dem Arbeitnehmer. Daß für Ruhestandsbeamte eine Versicherungspflicht häufig nicht sehr sinnvoll ist, hat der Gesetzgeber ausreichend berücksichtigt, indem er das Recht auf Befreiung von der Sozialversicherungspflicht auf Antrag eingeräumt hat. Es trifft auch nicht zu, daß es bei den Beigeladenen F und M an einem versicherungswürdigen Risiko fehle; im übrigen geht die Sozialversicherung nicht vom Risikobegriff der Privatversicherung aus, sie enthält von jeher ein Stück staatlicher Hilfe (BVerfG 11, 105, 114), und zur Finanzierung der Sozialversicherung müssen alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich Versicherungsfreiheit vorschreibt, entsprechende Beiträge leisten.
Endlich ist, wie der Senat in dem bereits genannten Urteil vom 28. April 1964 schon ausgeführt hat, durch die bestehende gesetzliche Regelung das Ausmaß der Belastung des Arbeitgebers durch nachträgliche Beitragseinziehungen auch begrenzt. Die relativ kurze Verjährungsfrist des § 29 Abs. 1 RVO beschränkt das Risiko des Arbeitgebers auf einen Zeitraum von weniger als drei Jahren. Wenn er zudem "schuldlos" die Beiträge nachentrichtet, behält er das Recht, den auf den Versicherten entfallenden Beitragsanteil vom Entgelt einzubehalten, falls dieser noch bei ihm beschäftigt ist.
Nach alledem erweist sich das angefochtene Urteil in vollem Umfang als richtig, so daß die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen