Leitsatz (amtlich)

Von FRG § 16 werden auch solche Beschäftigungszeiten erfaßt, in denen die Entrichtung von Pflichtbeiträgen entgegen den im Herkunftsland geltenden gesetzlichen Vorschriften unterblieben ist.

 

Normenkette

FRG § 16 Fassung: 1960-02-25

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Juni 1968 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Witwenrente, welche die Klägerin seit dem 1. Februar 1965 aus der Rentenversicherung der Angestellten (AnV) erhält; insbesondere geht es um die Anrechnung weiterer Versicherungs- und Ausfallzeiten.

Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) war der am 7. Februar 1965 verstorbene Ehemann der Klägerin (Versicherter) Heimatvertriebener aus der Tschechoslowakei (CSR). Er hatte 1926 sein Studium als Diplomkaufmann beendet. Anschließend war er - mit Unterbrechungen - bei der Firma N und W in T tätig, einer OHG mit etwa 40 Angestellten, deren einer Gesellschafter sein Vater gewesen ist. Nach dem Tode des Gesellschafters W im Jahre 1934 trat er an dessen Arbeitsplatz. Anfang 1935 nahm ihn sein Vater als Mitgesellschafter in die Firma auf. Noch im gleichen Jahr starb der Vater, dessen einziges Kind er gewesen war und in dessen Haushalt er gelebt hatte. Während der Beschäftigung bei der Firma N und Wachsmann sind für den Ehemann der Klägerin keine Beiträge zur tschechoslowakischen Pensionsversicherung der Angestellten (APA) abgeführt worden. In den Arbeitgeberkarten des tschechoslowakischen Versicherungsträgers aus dem Jahr 1938 ist er als Firmeninhaber bezeichnet. Die Klägerin lernte den Versicherten erst während des zweiten Weltkrieges kennen. Der Betrieb wurde 1945 enteignet; der Versicherte arbeitete jedoch in ihm bis zur Ausweisung noch in abhängiger Stellung; dabei wurden für ihn Beiträge zur APA entrichtet. Seit dem 5. Februar 1946 befand er sich in der Bundesrepublik Deutschland und war bis zu seinem Tode Angestellter einer Versicherungsgesellschaft. Mit Bescheid vom 8. Juni 1965 bewilligte die Beklagte die Witwenrente. Die Klägerin focht den Bescheid an, weil zu Unrecht nicht die vor 1936 bei der Firma N und W zurückgelegten Beschäftigungszeiten als Versicherungszeiten (§ 16 des Fremdrentengesetzes - FRG -) und infolgedessen auch nicht die Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung als Ausfallzeiten (§ 36 Abs. 1 Nr. 4 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -) berücksichtigt seien. Sie machte geltend, der Versicherte habe bis 1936 in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gearbeitet; bei seinem Eintritt in die Firma sei es noch völlig ungewiß gewesen, ob er sie später einmal übernehmen würde. Dagegen sah die Beklagte in der Nichtabführung von Beiträgen ein Indiz dafür, daß ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht bestanden habe. Dies hätten auch die Zeugenaussagen nicht widerlegt.

Das Sozialgericht (SG) München wies die Klage ab (Urteil vom 16. Januar 1967). Das Bayerische LSG wies - unter Zulassung der Revision - die Berufung der Klägerin zurück: Für eine Anrechnung nach § 16 FRG komme nach den Zeugenaussagen längstens die Zeit bis 1934 in Betracht, solange der Versicherte noch nicht Gesellschafter der Firma N und W gewesen sei; aber auch bis dahin habe er keine Beschäftigung verrichtet, die nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht Versicherungspflicht begründet hätte. Gegen die Annahme einer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit des Versicherten spräche schon der Umstand, daß für ihn damals Beiträge nicht entrichtet worden seien, obgleich das Dienstverhältnis, wie es nach tschechoslowakischem Sozialversicherungsrecht als Voraussetzung gefordert wurde, dem abhängigen Beschäftigungsverhältnis des am 1. März 1957 geltenden Bundesrechts entsprochen habe. Die Nichtentrichtung von Beiträgen könne auch nicht dahin gedeutet werden, daß - ebenso wie damals im Reichsgebiet - in der CSR etwa keine Einhelligkeit in der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Sachverhalten dieser Art geherrscht habe und deshalb ungeachtet einer gegebenen Abhängigkeit des Versicherten gegenüber der Firma seines Vaters die Entrichtung der Beiträge unterblieben sei. Dagegen spreche die Vorgeschichte der Neufassung des tschechischen Pensionsversicherungsgesetzes (PVG) durch das Gesetz vom 5. Februar 1920 (vgl. Post, PVG 1920, 47). Vom 1. Juli 1920 an habe in der CSR - entgegen der bis dahin bestehenden gesetzlichen Regelung - für die Kinder des Gesellschafters einer OHG, die in dieser mitarbeiteten, Versicherungspflicht bestanden. Die Nichtabführung von Beiträgen mache es daher überwiegend wahrscheinlich (§ 4 FRG), daß die Bedingungen für die Mitarbeit des Versicherten im Betrieb seines Vaters so gestaltet waren, daß ein Dienstverhältnis im Sinn von § 1 PVG, das die Versicherungspflicht ausgelöst hätte, nicht bestanden habe. Die Beweggründe dafür seien unschwer zu erkennen. Die Mitarbeit des Versicherten im Betrieb sei in Erwartung der zukünftigen Betriebsübernahme erfolgt. Unter diesem Gesichtspunkt sei es unerheblich, daß sie sich, was die Arbeitszeit und die Weisungsgebundenheit anbelangt, nicht von der eines Angestellten der Firma unterschieden habe. Das gleiche gelte für die Aussage eines Zeugen, der Versicherte habe als "Angestellter gegen Gehalt" gearbeitet. Im übrigen seien die Zeugen nicht in der Lage gewesen, Näheres über das Gehalt des Versicherten zu bekunden. Seine Mitarbeit in der OHG qualifiziere sich vielmehr unter dem Blickwinkel des ab 1. März 1957 geltenden Bundesrechts als versicherungsfreie Mithilfe des erwachsenen Hauskindes nach § 1617 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), bei der dahinstehen könne, wie sie geleistet und entlohnt worden sei. Dabei trage der Senat auch dem Grundgedanken des § 16 FRG Rechnung. Mit dieser Vorschrift könne die Rechtsfolge einer unterlassenen Beitragsabführung nicht beseitigt werden. Sie solle nur jene Fälle erfassen, in denen nach ausländischem Recht Versicherungspflicht nicht oder eine Rentenversicherung überhaupt nicht bestanden habe. Dies aber treffe für die erste tschechoslowakische Republik nicht zu. Mangels Anrechenbarkeit der geltend gemachten Beschäftigungszeiten sei die Anschlußfrist des § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG nicht gewahrt; deshalb könne auch die Schul- und Hochschulzeit des Versicherten nicht als Ausfallzeit berücksichtigt werden (Urteil vom 19. Juni 1968).

Die Klägerin legte Revision ein mit dem Antrag,

unter Änderung der Urteile der Vorinstanzen die Beklagte zu verpflichten, die Zeiten von Juli 1926 bis April 1927, von April bis August 1928 und von Januar 1930 bis September 1935 als Beschäftigungszeiten und die Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung von Mai 1920 bis Juni 1926 als Ausfallzeiten der Rentenberechnung zugrunde zu legen;

hilfsweise, das Urteil des LSG aufzuheben und den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Sie rügte eine Verletzung des § 16 FRG i.V.m. den Vorschriften in § 2 ff AVG. Zur Begründung trug sie vor: Schon die Feststellungen, die das LSG über die Art der Tätigkeit des Versicherten und über die Betriebsverhältnisse getroffen hat, rechtfertigen es, Versicherungspflicht in der AnV nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht anzunehmen. Die gegenteilige Auffassung des LSG verstoße gegen die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG); dieses habe sogar in einem Fall, in dem die beiden Gesellschafter einer GmbH die Eltern des Beschäftigten waren, ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angenommen (BSG in SozR Nr. 22 zu § 165 der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Einer solchen Annahme stehe auch nicht entgegen, daß für den Versicherten damals keine Beiträge entrichtet worden sind. Hierin könne lediglich ein Indiz für das Vorhandensein eines nicht abhängigen Verhältnisses gesehen werden; ihm komme aber keine Bedeutung mehr zu, wenn - wie hier - das Gegenteil erwiesen sei. Das LSG habe gegen eine überzeugende Beweisführung und trotz Feststellung der Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu Unrecht versucht, den Sachverhalt unter den Begriff der nicht abhängigen Tätigkeit zu subsumieren. Dies sei nur aus der unzutreffenden Auffassung über Zweck und Bedeutung des § 16 FRG zu erklären. Hilfsweise müßten auch Verfahrensmängel gerügt werden. Das LSG habe einen von ihm selbst als "Hinweis" qualifizierten Umstand zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht, obwohl die Beweiserhebung zum genau entgegengesetzten Ergebnis gelangt sei. Damit sei ein anerkannter Verfahrensgrundsatz verletzt worden. Ein Mangel der Sachaufklärung läge darin, daß das LSG es unterlassen habe, auch die Familienverhältnisse des Mitgesellschafters W zu klären. Es hätte sich ferner nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, daß die Zeugen nichts Näheres darüber hätten bekunden können, ob das dem Versicherten gezahlte Gehalt etwa auf die Privatentnahmen oder den Reingewinn seines Vaters verrechnet wurde; dafür habe der Zeuge L zur Verfügung gestanden, dessen ergänzende Vernehmung wiederholt beantragt worden sei. Schließlich bedeute die Beiziehung des Kommentars von Post zum tschechoslowakischen Angestellten-Pensionsversicherungsgesetz durch das LSG eine Beweisaufnahme; diese sei erfolgt, ohne daß der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei; darin liege eine Versagung des rechtlichen Gehörs.

Die Beklagte beantragte

die Zurückweisung der Revision.

Der Senat konnte auf Antrag des allein in der Sitzung anwesenden Vertreters der Beklagten nach Lage der Akten (§ 126 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) entscheiden.

Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet.

Da im übrigen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 16 FRG gegeben sind, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits allein von der Beantwortung der Frage ab, ob der Versicherte, bevor er Gesellschafter der OHG geworden ist, d.h. in den Jahren von 1926 bis 1934 - mit Unterbrechungen - eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschrift verrichtet hat mit der Folge, daß sie - wie es im Gesetz heißt - einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Geltungsbereich des FRG gleichsteht, für die Beiträge entrichtet worden sind. Diese Gleichstellung gilt allerdings (soweit die Zeit der Beschäftigung nicht mit einer Beitragszeit zusammenfällt, was hier unstreitig nicht der Fall ist) nur, wenn die Beschäftigung nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - hier in der AnV - begründet hätte, wenn sie im Bundesgebiet verrichtet worden wäre. Wie aus dem Wort "Beschäftigung" in § 16 FRG hervorgeht, fallen unter diese Vorschrift nur Zeiten einer abhängigen Beschäftigung; dagegen bleiben Zeiten einer selbständigen Tätigkeit im Vertreibungsgebiet unberührt (BSG 23, 69, 71). Von dieser Auffassung ist auch das LSG im angefochtenen Urteil ausgegangen. Entgegen der Auffassung des LSG soll § 16 FRG aber nicht nur solche Fälle erfassen, in denen nach ausländischem Recht Versicherungspflicht nicht oder eine Rentenversicherung überhaupt nicht bestanden hat. Wie der Senat bereits entschieden hat, können Beschäftigungszeiten nach dieser Vorschrift auch dann angerechnet werden, wenn die Entrichtung der Pflichtbeiträge im Vertreibungsgebiet aus irgendwelchen Gründen - auch entgegen den gesetzlichen Vorschriften - unterblieben ist (Urteil vom 9. Mai 1967 - 1 RA 3/65 -). In die Regelung des § 16 FRG sind also nicht nur diejenigen Vertriebenen und Flüchtlinge einbezogen, in deren Herkunftsländern es keine gesetzliche Rentenversicherung gab oder diese Versicherung abweichend von den deutschen Vorschriften geregelt war, sondern auch alle diejenigen, die dort von der Versicherungspflicht aus irgendwelchen Gründen ausgenommen waren. Es kommt nur darauf an, ob im Herkunftsland Zeiten einer beitragslosen Beschäftigung zurückgelegt und wie sie nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht versicherungsrechtlich zu beurteilen sind. Ohne Bedeutung ist dagegen, wie diese Zeiten nach dem zur Zeit der Beschäftigung im Vertreibungsgebiet geltenden Recht beurteilt worden sind.

Die Mitarbeit des Versicherten in der OHG war in der streitigen Zeit - solange er noch nicht Inhaber oder Mitinhaber der Firma gewesen ist - keine selbständige, sondern eine unselbständige Tätigkeit. Zweifelhaft kann nur sein, ob sie auch als abhängige Beschäftigung im Sinne von § 16 FRG anzusehen ist. Das LSG hat aus dem Fehlen einer Beitragsleistung sowie daraus, daß der Versicherte während der streitigen Zeiten im Haushalt seines Vaters gelebt hat, geschlossen, daß zwischen ihm und der OHG nicht ein Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorgelegen hat, daß seine Mitarbeit vielmehr in der Erwartung der späteren Betriebsübernahme erfolgt und als versicherungsfreie Mithilfe des erwachsenen Haussohnes nach § 1617 BGB anzusehen sei. Die vom LSG zur Stütze seiner Auffassung herangezogenen tatsächlichen Umstände reichen aber für die Entscheidung nicht aus, wie die Revision mit Recht bemängelt.

Nach den Feststellungen des LSG hat der Versicherte in einer OHG mitgearbeitet, die aus zwei Gesellschaftern bestanden hat, von denen nur der eine - nämlich sein Vater - mit ihm verwandt gewesen ist. Das angefochtene Urteil läßt aber eine sichere Angabe darüber vermissen, wer der Arbeitgeber des Versicherten in der streitigen Zeit gewesen ist, ob dies die OHG, also die eine Gemeinschaft zur gesamten Hand bildende Gesamtheit der Gesellschafter gewesen ist oder allein der Vater des Versicherten. Die OHG ist trotz ihrer starken Verselbständigung zwar keine juristische Person, jedoch kann sie unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Rechte an Grundstücken besitzen, unter ihrer Firma klagen und verklagt werden sowie eigenes Geschäftsvermögen besitzen (§ 124 des Handelsgesetzbuches - HGB -). Darum sind im Regelfall nicht die einzelnen Gesellschafter Arbeitgeber, sondern die einer juristischen Person angenäherte Gesellschaft als solche (vgl. Entsch. des RVA 5280 AN 1939 IV 173). Dies schließt aber nicht aus, daß in besonderen Ausnahmefällen ein Bediensteter im Geschäftsbetrieb einer OHG tätig wird, ohne zu ihr in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu treten. So ist es auch im vorliegenden Streitfall denkbar, daß solche Umstände bei der Beschäftigung des Versicherten in der OHG vorgelegen haben. Diese Annahme wäre insbesondere gerechtfertigt, wenn Arbeitgeber des Versicherten allein dessen Vater gewesen ist, worauf teilweise die Ausdrucksweise des angefochtenen Urteils ("Firma seines Vaters", "Betrieb seines Vaters") hinzudeuten scheint. Diese Annahme würde weiterhin gestützt, wenn die Verhältnisse so gewesen wären, daß der Versicherte, solange er im Haushalt des Vaters lebte, von diesem neben Kost, Wohnung und Kleidung nur geringfügige Barbeträge (Taschengeld) erhalten hätte und wenn dies etwa deshalb geschehen wäre, weil der Versicherte zunächst nur als Volontär gearbeitet hat und weil er in der späteren Zeit als künftiger Betriebsinhaber vorgesehen war. Ob eine solche Erwartung, wie sie das LSG als wahrscheinlich bezeichnet hat, schon während der streitigen Zeit, also noch zu Lebzeiten des Mitinhabers ..., bestanden hat, ist aber nicht ohne weiteres ersichtlich, wie es auch darüber, ob sonst die auf eine familienhafte Mitarbeit hindeutenden Umstände gegeben waren (vgl. hierzu BSG 3, 30, 39), an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen fehlt. Entgegen der Meinung des LSG kann aus dem Fehlen einer Beitragsleistung in der streitigen Zeit kein sicherer Schluß auf die Art der Tätigkeit des Versicherten in der OHG gezogen werden; dieser Umstand kann zwar ein Indiz für die tatsächliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses sein und zusammen mit den sonstigen Merkmalen die Schlußfolgerung des LSG rechtfertigen. Um zu dem vom LSG gefundenen Ergebnis zu kommen, bedarf es aber noch weiterer tatsächlicher Feststellungen. In Ermangelung solcher muß das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit - weil der Senat die unterbliebenen Sachfeststellungen nicht selbst nachholen kann - an das LSG zurückverwiesen werden. Unter diesen Umständen bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob die von der Revision geltend gemachten Verfahrensrügen zulässig und begründet im Sinne von § 163 SGG sind.

Ergibt sich bei der erneuten Verhandlung des Rechtsstreits, daß Arbeitgeber des Versicherten nicht dessen Vater, sondern die OHG gewesen ist, und daß auch sonst keine genügenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme einer familienhaften Mitarbeit des Versicherten gegeben sind, so würde die Verwandtschaft des Beschäftigten zu einem der Mitgesellschafter der OHG allein keinen Grund bilden, der gegen die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spricht (BSG in SozR Nr. 22 und Nr. 39 zu § 165 RVO). Dessen wesentliches Merkmal ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die persönliche Abhängigkeit. Sie äußert sich vornehmlich in der Eingliederung des Arbeitenden in einen Betrieb, womit in der Regel das Direktionsrecht des Arbeitgebers verbunden ist. Maßgebliches Kennzeichen für die Leistung abhängiger Arbeit ist (in Anlehnung an § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB), daß der Dienstnehmer seine Arbeitszeit nicht selbst bestimmen kann, mithin einem "Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung" umfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann die Weisungsgebundenheit - was die Ausführung der Arbeit anbetrifft - stark eingeschränkt sein (vgl. BSG 13, 130, 132; 13, 201, 202; 15, 65, 69; 16, 98, 101; 16, 289, 293; 19, 265, 267; 20, 8). Es muß danach zwischen der OHG und dem Versicherten ein Arbeitsverhältnis bestanden haben, wie es üblicherweise mit fremden Arbeitskräften gegeben ist. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt danach vor, wenn der Versicherte ebenso wie die übrigen Bediensteten der OHG die Arbeitszeit einhalten mußte, keinen längeren Urlaub erhalten hat, den Weisungen der beiden Firmeninhaber nachkommen mußte, in der Gehaltsliste der Firma geführt wurde und ein seinen Leistungen entsprechendes Gehalt bezogen hat. Dabei wäre es auch ohne Bedeutung, daß der Versicherte im Haushalt seines Vaters untergebracht war.

Das LSG wird nach der erforderlichen weiteren Klärung den Sachverhalt nach den hier aufgezeigten Gesichtspunkten erneut zu beurteilen haben. Dabei könnte sich für das Berufungsgericht eine persönliche Anhörung der Zeugen L und R in der mündlichen Verhandlung empfehlen. Soweit es allerdings der Klägerin nicht gelingt, tatsächliche Umstände glaubhaft zu machen, von denen ihr Anspruch abhängt, wird sie den daraus entstehenden Nachteil tragen müssen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2285100

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