Leitsatz (redaktionell)
1. Werden an einer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie nach der Studienordnung planmäßig auch solche Bewerber zugelassen, die weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch eine angemessene Berufserfahrung besitzen, so erfüllt das Studium nicht die Voraussetzungen der Fortbildungsförderung nach AFG § 41 Abs 1.
2. Eine angemessene Berufserfahrung iS von AFG § 41 Abs 1 muß zu etwa gleichwertigen und gleichartigen Kenntnissen geführt haben wie die abgeschlossene Berufsausbildung.
3. Werden Zugangsvoraussetzungen nach AFG § 41 Abs 1 erst für die Teilnahme an der eine Bildungsmaßnahme abschließenden Prüfung gefordert, sind die Förderungsvoraussetzungen nach dieser Vorschrift nicht erfüllt.
Orientierungssatz
Zur Frage der Förderung eines Studiums an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie gemäß AFG § 41.
Normenkette
AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. September 1974 und des Sozialgerichts Koblenz vom 16. Oktober 1973 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte das Studium des Klägers an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Rheinland-Pfalz e.V. zu fördern hat.
Der 1946 geborene Kläger hat die Obersekundareife erreicht und anschließend ein Jahr lang eine höhere Handelsschule besucht. Vom 29. März 1965 bis zum 15. April 1970 war er als Buchhalter bei einer US-Dienststelle in B beschäftigt. Seit dem 1. April 1970 arbeitet er als Büroangestellter in einem seiner Familie gehörenden Betrieb.
Seit dem 9. November 1971 besucht er an zwei Tagen wöchentlich mit zusammen fünf Unterrichtsstunden den wirtschaftswissenschaftlichen Studienzweig der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) Rheinland-Pfalz - Teilanstalt K - mit dem Ziel, das Wirtschaftsdiplom "Betriebswirt (VWA)" zu erwerben. Der Lehrgang umfaßt sieben Semester und sollte voraussichtlich im Februar 1975 enden.
Den Antrag des Klägers vom 1. März 1971 auf Förderung seines Studiums nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) lehnte das Arbeitsamt Bad K ab (Bescheid vom 18. April 1972; Widerspruchsbescheid vom 22. März 1973).
Mit Urteil vom 16. Oktober 1973 hat das Sozialgericht (SG) Koblenz die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger vom 1. März 1972 an für die Teilnahme an den Lehrgängen der VWA dem Grunde nach Leistungen nach dem AFG zu gewähren.
Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 16. September 1974 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt: Das Studium des Klägers sei eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG. Die objektiven Voraussetzungen für die Förderungsfähigkeit seien gegeben. Die Teilnahme an der Maßnahme setze nach der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 als Zugangsvoraussetzung, also nach ihrer förmlichen Ausgestaltung, eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraus. Diese Voraussetzung fehle nicht etwa deshalb, weil die Akademie als Zugangsvoraussetzung für ordentliche Hörer zwar eine abgeschlossene kaufmännische Lehre und eine angemessene Berufspraxis verlange, es im Ausnahmefall aber genügen lasse, wenn Personen aufgrund ihrer Vorbildung und ihres beruflichen Werdegangs als besonders förderungsfähig im Sinne der Akademie erschienen. Wenn für die spezielle Fortbildungsmaßnahme, hier der Studienlehrgang zum "Betriebswirt (VWA)", als Zugangsvoraussetzung sowohl eine abgeschlossene Berufsausbildung als auch eine angemessene Berufserfahrung bestimmt worden sei und der Maßnahmeträger in bestimmten Ausnahmefällen auf eine dieser Zugangsvoraussetzungen verzichte, so werde dem objektiven Erfordernis für den Zugang zu der Fortbildungsmaßnahme im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG immer noch in vollem Umfang getragen. Auch die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen seien gegeben (§§ 36, 42 AFG, § 7 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 (ANBA 1971, 797 - AFuU 1971 -). Insbesondere erfülle der Kläger die Zugangsvoraussetzung einer angemessenen Berufserfahrung. Der zusätzliche Nachweis der für die Zulassung zur Prüfung regelmäßig vorgeschriebenen abgeschlossenen Berufsausbildung könne ohne Überschreiten der in §§ 41 Abs. 1, 42 AFG gezogenen Grenzen nicht verlangt werden. Dies würde bedeuten, daß eine über § 41 Abs. 1 AFG hinausgehende Zugangsvoraussetzung aufgestellt werde. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß eine erfolgreiche Teilnahme an der Maßnahme grundsätzlich nur dann zu erwarten sei, wenn der Teilnehmer über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge. Allerdings erscheine es gerechtfertigt, die Eignung bei einem außerordentlichen Hörer einer gründlicheren Prüfung zu unterziehen. Im vorliegenden Fall sehe es der Senat jedoch aufgrund der bisherigen Studienergebnisse als festgestellt an, daß der Kläger geeignet sei und nach seinen Fähigkeiten und seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit die Maßnahme mit Erfolg abschließen werde. Die Voraussetzungen für eine Förderung seien auch im übrigen erfüllt. Insbesondere gelte die für den Regelfall nach § 41 Abs. 2 erster Halbsatz AFG vorgesehene zeitliche Begrenzung im vorliegenden Fall nicht, da es sich um eine Maßnahme mit berufsbegleitendem Unterricht handele (§ 41 Abs. 2 zweiter Halbsatz AFG).
Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 41 Abs. 1 und 42 AFG sowie § 7 Abs. 1 Nr. 1 AFuU 1971 und trägt insbesondere vor: Die Maßnahme setze nicht, wie es nach § 41 Abs. 1 AFG erforderlich sei, nach ihrer förmlichen Ausgestaltung generell eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraus. Die Zulassungsbedingungen für außerordentliche Hörer nach § 4 der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 hielten sich nicht in dem vorgegebenen gesetzlichen Rahmen. Insbesondere handele es sich hier entgegen der Auffassung des LSG nicht um ein Nachlassen der für ordentliche Hörer vorgeschriebenen Zugangsvoraussetzung "Abgeschlossene Lehre und vorherige kaufmännische Tätigkeit" auf die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbedingungen. Die außerordentlichen Hörer stellten vielmehr eine weitere Teilnehmergruppe an der Maßnahme dar, für die abweichende Zugangsvoraussetzungen gefordert würden. Die Feststimmung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 aaO, nach der der Kläger zugelassen worden sei, räume dem Maßnahmeträger nach seiner Formulierung einen zu großen Ermessensspielraum ein, um das Studium noch als Förderung einer angemessenen Berufspraxis ansehen zu können. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 aaO könne des weiteren als außerordentlicher Hörer zugelassen werden, wer bei Studienbeginn eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit nachweise und die Voraussetzungen für die Zulassung als ordentlicher Hörer im Laufe des Studienlehrgangs voraussichtlich erfüllen werde. Auch in diesem Fall werde keine abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung gefordert. Eine zweijährige praktische Tätigkeit könne nicht als angemessene Berufserfahrung angesehen werden. Eine solche könne nur bei einer mehr als dreijährigen entsprechenden Berufspraxis anerkannt werden. Wenn schon eine angemessene Berufserfahrung an die Stelle der Regel-Zugangsvoraussetzung "abgeschlossene Berufsausbildung" treten könne, so sei nach dem Sinn und Zweck des § 41 Abs. 1 AFG als angemessene Berufserfahrung mindestens die Zeit zu fordern, die regelmäßig als Ausbildungszeit zurückzulegen sei. Der Umstand, daß die Studienordnung für einen Teil der Teilnehmer abweichende, im Gesetz nicht vorgeschriebene Zugangsbedingungen aufstelle, nehme der Maßnahme insgesamt den Charakter einer förderungsfähigen Maßnahme der beruflichen Fortbildung. Ob der Kläger eine angemessene Berufserfahrung nachweisen könne, sei daher für die Entscheidung unerheblich. Im übrigen habe die Beklagte aber auch nur die berufliche Fortbildung von Personen zu fördern, die u.a. aufgrund ihrer Fähigkeiten und bisherigen beruflichen Tätigkeiten eine erfolgreiche Teilnahme an der Maßnahme erwarten ließen (§§ 42 AFG, 7 Abs. 1 Nr. 1 AFuU 1971). Dabei sei in der Regel von den Verhältnissen zu Beginn der Maßnahme auszugehen, da die Förderungsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt vorliegen müßten. Dies sei beim Kläger jedoch nicht der Fall gewesen. Eine rückschauende Betrachtung führe hier zu keinem anderer Ergebnis, da die Maßnahme noch nicht abgeschlossen und die Zulassung des Klägers zur Prüfung weiterhin ungewiß sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. September 1974 und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16. Oktober 1973 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die zugelassene Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Förderung. Eine Förderung als Ausbildung (§ 40 AFG) oder Umschulung (§ 47 AFG) scheidet nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG zum beruflichen Ausgangspunkt des Klägers und der Art und besonderen Zielsetzung des Studiums aus. Der Studienlehrgang zur Erlangung des Wirtschaftsdiploms sollte dem Kläger weder einen erstmaligen beruflichen Abschluß vermitteln (vgl. BSGE 37, 163) noch den Übergang in eine andere berufliche Tätigkeit mit neuem Inhalt ermöglichen, wie es für eine Umschulung bezeichnend ist (vgl. BSGE 36, 48). Die Maßnahme ist inhaltlich vielmehr dem Bereich der beruflichen Fortbildung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG zuzuordnen. Der Kläger erstrebt mit dieser wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzausbildung die Erweiterung seiner durch die mehrjährige berufliche Tätigkeit als Buchhalter und Büroangestellter bereits erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Förderung der Teilnahme des Klägers an einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme im Sinne des § 41 AFG liegen jedoch nicht vor. Hierfür reicht es nicht aus, daß die Maßnahme inhaltlich den Zielbestimmungen des § 41 Abs. 1 erster Halbsatz AFG entspricht. Erforderlich ist ferner das Vorliegen bestimmter Zugangsvoraussetzungen in Bezug auf ein bestimmtes berufliches Wissen der Teilnehmer, und zwar entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung (§ 41 Abs. 1 zweiter Halbsatz AFG). Dabei kann nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Bestimmung die abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung nicht nur als eine auf den Teilnehmer bezogene subjektive Förderungsvoraussetzung (vgl. § 7 Abs. 2 AFuU 1971) begriffen werden; sie muß vielmehr generell eine objektive Voraussetzung für die Teilnahme sein, wenn diese als berufliche Fortbildung förderbar sein soll. Dies ist ständige Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. BSG SozR 4100 § 41 Nr. 1; BSGE 36, 48; Urteil vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 46/73).
Der Studienlehrgang zur Erlangung des Wirtschaftsdiploms erfüllt nach seiner förmlichen Ausgestaltung diese gesetzlichen Voraussetzungen jedoch nicht. Nach der Zulassungs- und Studienordnung der VWA Rheinland-Pfalz e.V. vom 20. Juni 1969, von deren Inhalt das Revisionsgericht aufgrund der Feststellungen des LSG ausgehen kann, ist auch Berufsfremden die Teilnahme an dem Lehrgang generell ermöglicht. Hiernach unterscheidet die VWA zwischen Vollhörern und Gasthörern (vgl. §§ 2 und 5 aaO), wobei Vollhörer die ordentlichen und die außerordentlichen Hörer sind (§ 2 aaO). Als ordentliche Hörer für den Studienlehrgang zur Erlangung des Wirtschaftsdiploms werden nach § 3 B der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 zugelassen:
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1. |
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Kaufleute und kaufmännische Angestellte, die eine abgeschlossene kaufmännische Lehre und eine danach liegende zweijährige kaufmännische Tätigkeit nachweisen und das 21. Lebensjahr vollendet haben, |
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2. |
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Handwerksmeister sowie Meister in der Industrie nach abgelegter Meisterprüfung und einer mindestens zweijährigen Tätigkeit als Meister, |
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3. |
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sonstige in der Wirtschaft Tätige - gleich ob selbständig oder unselbständig - (z.B. Steuerbevollmächtigte, Architekten, Ingenieure), wenn sie eine staatlich anerkannte Fachprüfung aus ihrem Berufsgebiet abgelegt haben und insgesamt mindestens zweijährige praktische Tätigkeit nachweisen, |
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4. |
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Angehörige des öffentlichen Dienstes, die die unter Abschnitt A aufgeführten Voraussetzungen erfüllen und deren Berufstätigkeit wirtschaftliche Kenntnisse voraussetzt. |
Nun bedeutet zwar noch nicht die Tatsache, daß auch Gasthörer ohne die in § 3 aaO geforderte spezifische berufliche Vorbildung an den Vorlesungen teilnehmen können, daß es der Maßnahme im ganzen an den in § 41 Abs. 1 AFG verlangten Zugangsvoraussetzungen fehlt. Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Urteil vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 98/73 -), steht es der Förderungsfähigkeit als Fortbildungsmaßnahme nicht entgegen, daß einzelne Lehrveranstaltungen auch der Ausbildung nicht einschlägig beruflich vorgebildeter Teilnehmer dienen können. Entscheidend ist allein, daß die durch die Maßnahme vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten nur im Zusammenhang mit der beruflichen Vorqualifikation zum Ziel der beruflichen Fortbildung führen. Das Wirtschaftsdiplom ist vorliegend jedoch ohne das Durchlaufen des vorgeschriebenen Studienlehrgangs als Vollhörer nicht erreichbar (vgl. § 2 der Prüfungsordnung für die Erteilung eines Diploms an der VWA Rheinland-Pfalz e.V. vom 20. Juni 1969 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 1. September 1969 S. 186 -, geändert am 26. Juni 1970 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 20. Juli 1970 S. 184 - und am 28. Januar 1975 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 10. Februar 1975 Nr. 641).
Nach § 4 der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 können zum ordentlichen Studienlehrgang als außerordentliche Hörer aber auch zugelassen werden:
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1. |
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Angehörige des öffentlichen und privaten Dienstes, die bei Studienbeginn eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit nachweisen und die Voraussetzungen für die Zulassung als ordentliche Hörer im Laufe des Studienlehrgangs voraussichtlich erfüllen werden, |
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2. |
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Angehörige des öffentlichen und privaten Dienstes, die die unter Nr. 1 aufgeführten Voraussetzungen nicht erfüllen, jedoch aufgrund ihrer Vorbildung und ihres beruflichen Werdegangs im Sinne der Ziele der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie besonders förderungswürdig erscheinen. |
Diese vom Veranstalter getroffene Regelung hält sich erkennbar nicht im Rahmen der in § 41 Abs. 1 zweiter Halbsatz AFG vorgeschriebenen Mindestbedingungen. Für die Zulassung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 aaO ergibt sich dies schon daraus, daß der nach dieser Bestimmung zu berücksichtigende "berufliche Werdegang" eine Konkretisierung auf ein bestimmtes einschlägiges Berufswissen sowie eine Begrenzung in zeitlicher Sicht nicht enthält. Sie stellt sich - entsprechend ihrer Kennzeichnung - als eine echte, dem Maßnahmeträger bewußt einen Ermessensspielraum einräumende Ausnahmeregelung dar. Gleiches gilt für die Bestimmung des § 4 Abs. 1 aaO. Auch die danach für die Zulassung als außerordentlicher Hörer zu Beginn des Studiums nachzuweisende praktische Tätigkeit von zwei Jahren genügt nicht den Anforderungen des § 41 Abs. 1 AFG. Insbesondere ersetzt sie nicht - was hier allein in Betracht zu ziehen ist - die alternative Voraussetzung einer angemessenen Berufserfahrung. Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 22. Oktober 1974 - 7 RAr 38/74 und 7 RAr 65/73 - entschieden hat (vgl. BSGE 38, 174 = SozR 4100 § 41 Nr. 11 und BSG in SozR 4100 § 41 Nr. 12), muß die angemessene Berufserfahrung zu etwa gleichwertigen und gleichartigen Kenntnissen geführt haben wie die abgeschlossene Berufsausbildung. Hiervon kann regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn die Zeit der berufspraktischen Tätigkeit mindestens dem Zeitraum entspricht, der als Ausbildungszeit für den Berufsabschluß erforderlich ist. Abgesehen davon, daß auch der Begriff "praktische Tätigkeit" in § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 sich einer vergleichenden Bewertung unter Qualitätsgesichtspunkten entzieht, ist eine nur zweijährige praktische Tätigkeit schon von der Dauer her nicht als die einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleichwertige Berufserfahrung anzusehen. Die nach § 3 B der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 für die Zulassung als ordentlicher Hörer nachzuweisende Lehre in Handel und Industrie setzt regelmäßig eine Ausbildungszeit von drei Jahren voraus (vgl. § 25 Abs. 2 Nr. 2 Berufsbildungsgesetz, § 25 Abs. 2 Nr. 1 Handwerksordnung; Blätter zur Berufskunde Band 1 e - VIII A 100 Abschn. 2.12 - S. 17 -; Eyermann-Fröhler-Honig, Kommentar zur Handwerksordnung, 3. Auflage 1974, Anm. 5 zu § 25). Auch für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die nach § 3 B Abs. 4 der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 für die Erlangung des Wirtschaftsdiploms zugelassen werden, kann die Befähigung für den gehobenen Dienst z.B. von Laufbahnbewerbern grundsätzlich nur durch Ableisten eines mindestens dreijährigen Vorbereitungsdienstes mit abschließender Laufbahnprüfung erworben werden (vgl. § 24 Nr. 2 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 14. Juli 1970 - GVBl Rheinland-Pfalz S. 242 - bzw. § 24 Abs. 1 der Landesverordnung über die Laufbahnen der Beamten des Landes Rheinland-Pfalz vom 26. Juni 1971 - GVBl Rheinland-Pfalz S. 143; ferner § 18 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes bzw. § 23 Abs. 1 der Bundeslaufbahnverordnung). Ob die Dauer der regelmäßigen Ausbildungszeit im Beruf oder des Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Dienst unter Berücksichtigung der sonstigen Zugangsbedingungen für ordentliche Hörer überhaupt als zeitliche Untergrenze in Betracht gezogen werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung, da selbst diese im Falle des § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 nicht erreicht wird.
Der Umstand, daß die Zulassung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 aaO weiterhin davon abhängig gemacht wird, daß die Voraussetzungen für die Zulassung als ordentlicher Hörer im Laufe des Studienlehrgangs voraussichtlich nachgewiesen werden, reicht nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht aus, die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 zweiter Halbsatz AFG als erfüllt anzusehen. Für "die Teilnahme an der Maßnahme", nicht aber etwa für die Teilnahme an der Prüfung muß die abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung institutionell gefordert werden. Dies ist ständige Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. BSG SozR 4100 § 41 Nr. 1, Urteil vom 24. September 1974 - 7 RAr 112/73 -; Urteil vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 98/73 -). Eine Förderung auf die Vermutung hin, daß der Antragsteller zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund eines dann eintretenden Ereignisses möglicherweise alle Voraussetzungen des Anspruchs erfüllen würde, kennt das AFG nämlich nicht (vgl. Urteil vom 26. August 1975 - 7 RAr 68/74 -). Selbst wenn aber hiervon abgesehen werden könnte, so würde dies für den vorliegenden Fall nichts ändern. Aus § 2 Abs. 3 der Prüfungsordnung der VWA vom 20. Juni 1969 ist zu ersehen, daß sogar für die Zulassung zur Prüfung eine einschlägige berufliche Vorbildung nicht zwingend erforderlich ist.
Da sonach für einen Teil der Teilnehmer die Möglichkeit der Teilnahme an dem Studienlehrgang zur Erlangung des Wirtschaftsdiploms auch ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung besteht, ist die Förderung der Teilnahme an dem Studienlehrgang der VWA nach § 41 Abs. 1 AFG generell ausgeschlossen. Die Zugangsbedingungen müssen - wie bereits ausgeführt - zwingend Voraussetzung der Teilnahme sein (vgl. auch BSG in SozR 4100 § 41 Nrn. 11 und 12). Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes steht dem nicht entgegen. Zwar heißt es in der Begründung des Bundestagsausschusses für Arbeit zur Einführung dieses Tatbestandsmerkmals, daß als berufliche Fortbildung im Sinne des AFG nur Maßnahmen anzusehen sind, die als Zulassungsvoraussetzung für den Regelfall - je nach Fortbildungsziel - eine angemessene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung oder beides zusammen verlangen (vgl. schriftlicher Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, zu BT-Drs. V/4110 S. 9 § 40). Die nach dieser Formulierung bestehende Möglichkeit, daß auch Ausnahmen von der Regel denkbar sein könnten, hat im Gesetz jedoch keinen Niederschlag gefunden. Selbst wenn Ausnahmen als zulässig anzuerkennen wären, so könnte es sich nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes jedenfalls nur um Ausnahmen im Sinne von echten Einzelfallentscheidungen in Grenzfällen handeln. Als Ausnahmeregelung in diesem Sinne ist es aber nicht mehr anzusehen, wenn der Maßnahmeträger die außerordentliche Zulassung eines bestimmten Personenkreises planmäßig vorsieht und diese fest kalkulierte und integrierte Teilnehmergruppe allenfalls durch die jeweilige Auslastung der Maßnahme durch ordentliche Teilnehmer als variierbar erscheint. So ist es aber ersichtlich im vorliegenden Fall. Wenn die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 aaO bei großzügiger Betrachtungsweise unter Umständen noch als bloße Normierung einer Kompetenzbefugnis zur Einzelfallentscheidung im oben genannten Sinne angesehen werden könnte, so beinhaltet § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Zulassungs- und Studienordnung vom 20. Juni 1969 jedenfalls eindeutig die Institutionalisierung eines "Ausnahmefalles" als Regel. Es ist nicht ersichtlich, daß Bewerber bei Nachweis der entsprechenden Anforderungen nicht zugelassen werden könnten, soweit die Kapazität der Akademie und der Anteil der ordentlichen Hörer dies erlaubten. Maßnahmen dieser Art zu fördern, ist jedoch nicht Sinn und Zweck des AFG. Die Zugangsbedingungen haben nicht nur die Funktion eines zu den Zielbestimmungen des § 41 Abs. 1 erster Halbsatz AFG hinzutretenden ergänzenden Auslegungsmerkmals. Sie sind insbesondere auch als eine Ausprägung des die berufliche Bildungsförderung nach dem AFG allgemein beherrschenden Prinzips zu begreifen, die Förderungspflicht der Beklagten auf möglichst zweckmäßige Maßnahmen zu beschränken. Mindestgarantie für eine zeitlich und inhaltlich zweckmäßige Ausgestaltung einer Fortbildungsmaßnahme ist jedoch eine relativ gleichwertige berufliche Ausgangsposition der Teilnehmer. Läßt der Maßnahmeträger in nennenswertem Umfang auch Teilnehmer mit geringeren Anforderungen oder gar ohne berufliche Kenntnisse zu, so wird die Maßnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder einen Teil der Teilnehmer qualitativ über- oder unterfordern, oder ihr kommt überhaupt mehr allgemeinbildender als berufsbildender Charakter zu. Die Zugangsbedingungen erfüllen somit auch eine Filterfunktion in dem Sinne, daß vom Gesetzgeber als unzweckmäßig angesehene Investitionen oder gar Fehlinvestitionen bereits im Ansatz vermieden werden.
Nach alledem scheitert der Anspruch des Klägers bereits daran, daß die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme wegen Fehlens der nach § 41 Abs. 1 zweiter Halbsatz AFG erforderlichen objektiven Voraussetzungen nicht förderbar ist.
Auf die Revision der Beklagten sind das angefochtene Urteil und das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen