Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 15.01.1980) |
SG Stade (Urteil vom 06.07.1979) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 15. Januar 1980 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 6. Juli 1979 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I.
In den späten Abendstunden des 7. Mai 1976 stürzte der Kläger infolge Alkoholgenusses und zog sich an der linken Kopfseite eine Platzwunde zu. Bei der Aufnahme in das Stadtkrankenhaus fanden sich außer einem feinschlägigen Tremor an beiden Händen keine neurologischen Besonderheiten. Der Kläger roch stark nach Alkohol. Im Anschluß an eine gründliche Untersuchung am 9. Mai 1976 wurde im Krankenblatt festgehalten, daß der Kläger täglich vier bis fünf Flaschen Bier und einige Schnäpse trinke. In der Epikrise vom 14. Mai 1976 wurde ua ausgeführt: „Die Kopfplatzwunde heilte komplikationslos bei primärer Wundheilung. Wir behielten den Patienten noch einige Tage in unserer stationären Beobachtung, da wir mit Sicherheit eine Commotio von der Alkohol-Symptomatik abgrenzen wollten”. Noch am 10. Mai 1976 machte der Kläger während der Visite durch den Chefarzt einen psychisch völlig unauffälligen Eindruck. In der Nacht zum 11. Mai 1976 traten beim Kläger Entzugserscheinungen auf. Er litt unter Sinnestäuschungen („weiße Mäuse und große Tiere”), lief verschreckt durch die Station und versteckte sich unter dem Bett eines Patienten. Der Nachtpfleger fixierte den Kläger mit Bandagen und schob ihn in das Badezimmer der Station. Nach dem Bericht des Nachtpflegers wurde der Kläger zur besseren Beobachtung ins Badezimmer der Station geschoben. Einen Arzt rief der Nachtpfleger nicht. Gegen 6.00 Uhr wurde der Kläger auf dem Dach des Haupteingangsvorbaues gefunden. Er hatte eine Fersenbein-Trümmerfraktur beidseitig mit negativem Tubergelenkwinkel beidseitig. Die stationäre Behandlung dieser Verletzungen dauerte bis zum 2. Juli 1976.
Die Beklagte lehnte Entschädigungsleistungen ab, da der in der Person des Klägers begründete Zustand in der Nacht zum 11. Mai 1976 für den zweiten Unfall verantwortlich sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 6. Juli 1979 die Klage abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, der als Folge des Entzugsdeliriums bestehende Verwirrtheitszustand des Klägers sei die rechtlich allein wesentliche Ursache für das Unfallgeschehen; es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, daß dieses Geschehen mit der ärztlichen Behandlung und der Unterbringung des Klägers im Krankenbaus in Zusammenhang gestanden habe.
Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 15. Januar 1980 die Beklagte zur Entschädigungsleistung verurteilt. Es bat zur Begründung ua ausgeführt: Es kämen drei Ursachenkomplexe für den Unfall am 11. Mai 1976 in Betracht, nämlich der chronische Alkoholismus des Klägers und die dadurch bereits hervorgerufenen organischen Besonderheiten, weiterhin das Nichterkennen und Nichtbehandeln dieser Krankheit anläßlich des durch die stationäre Behandlung bedingten Alkoholentzuges und schließlich etwaige Versäumnisse des Nachtpflegers beim Eintritt des akuten Deliriums. Der zuerst genannte Ursachenkomplex hänge allein mit der Lebensführung des Klägers, nicht jedoch mit den Risiken zusammen, welchen der Kläger während der stationären Behandlung ausgesetzt gewesen sei. Diese Ursachen würden, wenn sie die rechtlich wesentlichen wären, zur Verneinung des Versicherungsschutzes führen. Anders verhalte es sich dagegen bei dem an zweiter Stelle angeführten Ursachen Zusammenhang. Er sei maßgeblich durch den infolge der stationären Heilbehandlung eingetretenen Alkoholentzug geprägt. Diesem Risiko wäre der Kläger zu Hause nicht ausgesetzt gewesen. Würde der Alkoholentzug als die rechtlich allein wesentliche Ursache für den Unfall anzusehen sein, müßte folglich der Versicherungsschutz für den Sprung aus dem Fenster bejaht werden. Bei dem dritten Ursachenkomplex, dem möglicherweise unzulänglichen Eingreifen des Nachtpflegers, könnte es sich wiederum um Tätigkeiten medizinischer Betreuung handeln, so daß der Versicherungsschutz vielleicht von vornherein zu verneinen wäre. Diese Frage könne jedoch auf sich beruhen; denn der Senat sei zur der Überzeugung gelangt, daß das Vorgehen des Pflegers bei der Abwägung der drei Ursachenkomplexe durch den Senat eher in den Hintergrund trete, so daß es rechtlich ohne Gewicht für die vorliegende Entscheidung sei. Die Bedingungen, welche der chronische Alkoholmißbrauch und der durch die Heilbehandlung bedingte Alkoholentzug gesetzt hätten, seien im Hinblick auf den Unfall gleichwertig. Gegenüber den beiden gleichwertigen Ursachen träten etwaige Versäumnisse des Nachtpflegers in den Hintergrund. Damit bleibe festzuhalten, daß innerkörperliche Ursachen und Bedingungen, welche infolge der Heilbehandlung eingetreten seien, sich gleichwertig gegenüberstünden. Damit sei die ursächliche Verknüpfung zwischen dem Unfall und der stationären Behandlung so eng 9 daß sie gegenüber den anderen vorhandenen Ursachen nicht in den Hintergrund träten und daher berücksichtigt werden müßten. Die Heilbehandlung sei folglich eine rechtlich wesentliche Ursache für den Eintritt des Unfalles in der Nacht zum 11. Mai. 1976 gewesen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt.
Sie trägt vor: Aus den Akten und den tatsächlichen Feststellungen des LSG ergäben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte da für 9 daß der Kläger in einem seine freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung seiner Geistestätigkeit aus dem Fenster gesprungen sei. Das Risiko aller ärztlicherseits angeordneter Heilmaßnahmen und Behandlungsvorgänge würde selbst dann nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallen, wenn sie nicht von den Ärzten selbst, vielleicht nicht einmal unter ärztlicher Aufsicht, sondern von dem übrigen Heilbehandlungspersonal vorgenommen würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die von der Revision vermißte Feststellung, daß er sich in bürgerlich-rechtlichem Sinne in einem seine freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung seiner Geistestätigkeit befunden habe, liege in der ärztlichen Feststellung, daß bei ihm Entzugserscheinungen in Form eines extremen Delirium tremens aufgetreten seien. Hinsichtlich der Frage, ob Fehler des Pflegepersonals nicht in gleicher Weise als Arbeitsunfälle der Patienten anzusehen seien wie ärztliche Kunstfehler, müsse man – wenn es darauf ankomme – differenzieren. Gewisse Tätigkeiten des Pflegepersonals, die unmittelbar zur Heilbehandlung gehörten und auf ärztliche Anordnung erfolgten, wie Injektionen, Zuteilung der verordneten Medizin usw, mögen ärztlichen Maßnahmen gleichzusetzen sein. Dagegen stellten Handlungen des Pflegepersonals, die zur allgemeinen Ordnung des Krankenhausbetriebes gehörten, dann, wenn sie fehlerhaft verrichtet würden und zu Schädigungen von Patienten führten, für diese Arbeitsunfälle im versicherungsrechtlichen Sinne dar. Es seien Risiken, denen der Verletzte in seinen gewohnten Lebensverhältnissen nicht ausgesetzt sei. Sein Alkoholismus sei nicht die rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalles gewesen, sondern entscheidend sei die Tatsache, daß er in eine für ihn fremde Umgebung verbracht und in eine fremde Ordnung eingefügt worden sei, in der durch die Vorenthaltung des Alkohols zunächst das Delirium tremens ausgelöst worden sei.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–).
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Der Kläger hat während seiner stationären Behandlung unter Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a der Reichsversicherungsordnung (RVO) gestanden (s. BSG SozR 2200 § 539 Nr. 56; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.–9. Aufl, S. 475 e mit weiteren Nachweisen). An dieser Auffassung hält der Senat trotz der in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen gegenteiligen Ansicht (s. die Nachweise bei Brackmann aaO; Benz BG 1980, 366, 371) auch nach erneuter Prüfung fest. Die Gegenmeinung, die den von § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO erfaßten Personenkreis auf „Behinderte” beschränken will (s. zuletzt Gitter/Loytved in: Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart, Bd. 1 – 1979 – S. 125, 127), vermag eine überzeugende Abgrenzung des Begriffes „Behinderte” nicht zu geben. Das angeführte Kriterium einer nicht nur vorübergehenden wesentlichen Behinderung (s. Gitter/Loytved) ist nicht geeignet. Es erscheint zB nicht überzeugend, den Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift bei einem Knochenbruch davon abhängig zu machen, ob er komplikationslos schnell heilt oder infolge von Komplikationen ein längeres Krankenlager oder auch nur eine länger währende Beeinträchtigung des Verletzten bewirkt. Dabei ist zu beachten, daß derartige Komplikationen nicht stets sofort eintreten oder auch nur vorhersehbar sind, sondern häufig erst nachträglich auftreten. Es würde demnach in vielen Fällen bei Beginn der stationären Behandlung gar nicht feststehen, ob ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO besteht. Gleiches gilt bei vielen Operationen, bei denen es von ihrem Erfolg abhängt, ob eine nicht nur vorübergehende wesentliche Beeinträchtigung des Patienten verbleibt. Ebenso ist ua zu beachten, daß Behinderte nicht nur die Personen sind, deren Behinderung auf einer eingeschränkten Gebrauchsfähigkeit der Gliedmaßen beruht. Eine nicht nur vorübergehende wesentliche Beeinträchtigung in dem oben angeführten Sinne kann auch nach einer Magenresektion oder einer Gallenblasenentfernung gegeben sein. Schließlich rechtfertigt sich die von der Gegenmeinung befürwortete Beschränkung des von § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO erfaßten Personenkreises nicht aus der besonderen Schutzbedürftigkeit Behinderter im Sinne des Rehabilitationsangleichungsgesetzes –RehaAnglG– (so Gitter/Loytved aaO S. 130). Ob es sich dabei nur um einen „engen” Personenkreis handelt (so Gitter/Loytved aaO), kann nach den Erfahrungen mit dem Schwerbehindertengesetz (SchwebG) jedenfalls nicht als gesichert und vor allem grundsätzlich für die Auslegung dieser Vorschrift nicht als entscheidend angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu berücksichtigen, daß eine nicht nur vorübergehende „wesentliche” Beeinträchtigung (so Gitter/Loytved aaO S. 127) keinesfalls erst bei Schwerverletzten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vH angenommen werden müßte. Der Gesetzgeber geht in der gesetzlichen Unfallversicherung vielmehr davon aus, daß bereits eine MdE um 20 vH so wesentlich ist, daß sie die Gewährung einer Dauerrente rechtfertigt. Auch erscheint es auch unter Beachtung des Gleichheitssatzes nicht gerechtfertigt, den Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO nur den Personen zuteil werden zu lassen, die bei Beginn der stationären Behandlung zu den Behinderten zählen, während die Personen, bei denen sich erst aus dem Krankheitsverlauf eine nicht nur vorübergehende wesentliche Beeinträchtigung ergibt, den Schutz der gesetzlichen Versicherung insoweit nicht hätten (s. auch Ricke BG 1980, 550, 553 – unter 4.4.5.). Diejenige Person, die zunächst nicht behindert ist, für die aber durch eine sehr riskante Operation entweder eine wesentliche Beeinträchtigung abgewendet oder die bei Mißlingen des operativen Eingriffes als sehr stark behindert anzusehen wäre, ist wohl kaum weniger schutzbedürftig als ein Behinderter, der wegen einer bereits vorliegenden Behinderung in stationäre Behandlung aufgenommen wird.
Das LSG hat auch nicht verkannt, daß der Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO iVm § 546 RVO einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der stationären Behandlung voraussetzt (s. ua BSGE 46, 283; BSG SozR aaO Nr. 48 und 56; Brackmann aaO S. 475 g; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, § 539 Anm. 97 h Buchst d).
Der Senat hat in seinem Urteil vom 1. Februar 1979 (SozR aaO Nr. 56; ebenso Brackmann aaO S. 475 k) entschieden, daß die mit der Entwicklung und dem Verlauf der die stationäre Behandlung bedingten Erkrankung selbst verbundenen Risiken nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes sind, auch wenn sie zu einem Unfall führen. Gleiches gilt auch für den Verlauf einer Erkrankung, die nicht Anlaß für die Aufnahme in stationäre Behandlung war. So ist zB bei einer stationären Behandlung wegen eines Meniskusschadens nicht nur die Entwicklung und der Verlauf dieser Erkrankung nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO, sondern auch nicht ein depressiver Zustand des Patienten, der sich unabhängig von dem Meniskusschaden entwickelt und zu einem Unfall führt. Dem Urteil des Senats vom 1. Februar 1979 (aaO) lag jedoch ein Sachverhalt zugrunde, in dem keine Umstände festgestellt waren, die darauf schließen ließen, daß auch die Risiken, denen die Patientin bei der stationären Behandlung ausgesetzt war, den Selbstmordversuch und dessen Folgen wesentlich mitbedingten. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht den durch die Heilbehandlung bedingten Alkoholentzug als einen für den Unfall des Klägers wesentlichen Umstand angesehen, der durch die stationäre Behandlung bedingt gewesen sei. Das Urteil des LSG enthält allerdings keine tatsächlichen Feststellungen, daß der Kläger während der stationären Behandlung auch keine Möglichkeit hatte 9 heimlich Alkohol zu trinken. In der Epikrise vom 14. Mai 1976 ist zwar durch den Stationsarzt der chirurgischen Abteilung ein Entzugsdelirium angenommen worden. Ein Delirium tremens kann aber schon durch das Absinken des Blutalkoholgehaltes während einer Nachtruhe von wenigen Stunden eintreten (s. Sattes in: Sucht und Mißbrauch, 2. Aufl 1975, S. IV 36). Es bedarf jedoch keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen durch das LSG. Es kann zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, daß er, wäre er nur ambulant behandelt worden, wohl nicht aus Anlaß seines Unfalles vom 7. Mai 1976 das Delirium tremens erlitten hätte, weil er zu Hause aller Voraussicht nach ohne eine ein Delirium auslösende Entziehung durch eine rasche und erhebliche Reduktion (Sattes aaO) Alkohol erhalten hätte. Aber auch das Risiko, daß seine Erkrankung durch die stationäre Behandlung einen anderen Verlauf als zu Hause nimmt, gehört mit zu den mit der Erkrankung selbst verbundenen Risiken, die nicht Gegenstand des nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a iVm § 548 RVO begründeten Versicherungsschutzes sind. Es überzeugt nicht, den Alkoholismus des Klägers zwar, wovon das LSG ausgeht, allein dem mit der stationären Behandlung nicht zusammenhängenden privaten Bereich des Klägers zuzurechnen, die notwendigen Folgen dieser Erkrankung bei rascher und erheblicher Reduktion des Alkohols aber der stationären Behandlung zuzuordnen. Auch zu Hause wären diese Entziehungserscheinungen aufgetreten, wenn der Kläger nach dem Unfall keinen Alkohol erhalten hätte. Der Umstand, daß der Kläger zu Hause trotz seiner Unfallfolgen in der Lage gewesen wäre, Alkohol zu trinken, rechtfertigt es nicht, die Folgen des Delirium tremens in das nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a iVm § 548 RVO abgedeckte Risiko einzubeziehen.
Das LSG hat das Verhalten des Pflegers nicht als wesentlich für den Unfall des Klägers in der Nacht vom 10. zum 11. Mai 1976 gewertet. Es bedarf keiner Entscheidung, ob dieser Wertung im Hinblick auf den erkennbar starken Verwirrtheitszustand des Klägers zuzustimmen ist. Selbst wenn das Unterlassen, einen Arzt zu rufen, wesentliche Ursache des Unfalles gewesen ist, rechtfertigt dies nicht die Annahme eines Versicherungsschutzes nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß das Risiko der ärztlichen Behandlung selbst nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes nach dieser Vorschrift ist (vgl. BSGE aaO S. 284 ff; BSG SozR aaO Nr. 56). Der 8. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (Urteil vom 31. Januar 1980 – 8a RU 92/78). Auch im übrigen sind Rechtsprechung und Schrifttum dieser Auffassung überwiegend gefolgt (s. Brackmann aaO S. 475 g ff. mit zahlreichen Nachweisen auch hinsichtlich der Gegenmeinung). Gegen die Rechtsprechung des Senats wurde nach dem Urteil vom 1. Februar 1979 erneut geltend gemacht (s. Gitter/Loytved aaO S. 129), die Heilbehandlung sie gemäß § 559 RVO Bestandteil der stationären Behandlung im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO. Der Senat hat jedoch bereits in seiner vorstehend angeführten Entscheidung näher dargelegt, daß zur Abgrenzung des Personenkreises und nicht zur Bestimmung des Umfanges des Versicherungsschutzes in § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO auf § 559 RVO Bezug genommen wird. Soweit die Gegenmeinung außerdem darauf hinweist, die Einbeziehung von Behandlungsrisiken in den Versicherungsschutz erscheine weniger bedenklich, wenn man berücksichtige, daß dieser nur dem engen Kreis der besonders schutzbedürftigen Behinderten im Sinne des RehaAnglG zugute komme, geht dieses Argument von dieser Beschränkung des nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a RVO versicherten Personenkreises aus, die der Senat, wie oben dargelegt, weiterhin nicht für zutreffend hält. Es erscheint darüber hinaus auch nicht gerechtfertigt, den Umfang des Versicherungsschutzes davon abhängig zu machen, ob ein kleiner oder ein größerer Personenkreis von ihr erfaßt wird, was – wie gerade die Vorschriften über Behinderte zeigen – auch häufig nicht vorhersehbar ist. Der Senat verweist im übrigen auf seine Ausführungen in dem Urteil vom 1. Februar 1979 (aaO). Unter das von § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a iVm § 548 RVO nicht erfaßte Risiko der ärztlichen Behandlung fallen jedoch nicht nur die Maßnahmen, die der Arzt selbst vornimmt. Auch Krankenschwestern und Pfleger sind Hilfspersonen des Arztes, die ihn bei seiner ärztlichen Behandlung unterstützen und seinen Weisungen unterliegen (ebenso Ricke aaO S. 554 – zu 6.). Diese Pflegekräfte wirken bei der ärztlichen Behandlung nicht nur dann mit, wenn sie aufgrund bestimmter Anordnungen im Einzelfall tätig werden, zB Injektionen geben oder Medikamente verabreichen. Auch wenn sie aufgrund allgemeiner Anordnungen bestimmte pflegerische Maßnahmen zur Sicherung des Erfolges der ärztlichen Behandlung durchführen, unterliegen sie den Weisungen des Arztes und wirken im Rahmen der ärztlichen Behandlung mit. Auch insoweit werden Krankenschwestern und Pfleger als Hilfspersonen des Arztes tätig, die es ihm erlauben, nicht ständig selbst nach den Patienten zu sehen. Deshalb kann auch hinsichtlich des Versicherungsschutzes der Patienten nicht, wie der Kläger in seiner Revisionserwiderung meint, zwischen den Tätigkeiten von Krankenschwestern und Pflegern unterschieden werden, die auf einer unmittelbaren besonderen Weisung des Arztes beruhen, und den Maßnahmen, die diese Personen aufgrund der allgemeinen ärztlichen Weisungen und ihrer Ausbildung für die Mitwirkung im Rahmen der ärztlichen Behandlung durchführen. Dagegen spricht insbesondere, daß auch bei den Tätigkeiten einer Krankenschwester oder eines Pflegers der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht davon abhängig sein könnte, daß sie schuldhaft eine falsche Maßnahme ergreifen oder eine erforderliche Maßnahme unterlassen haben. Auch wenn sie unrichtig gehandelt haben, ohne daß sie ein Verschulden trifft, müßte der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung eingreifen, da dieser Schutz auch hier nicht ein schuldhaftes Handeln des Schadenverursachers voraussetzt. Aus diesen Gründen müßte ein Versicherungsschutz selbst dann angenommen werden, wenn das Pflegepersonal die an sich richtige Maßnahme ergriffen hat, diese aber aus besonderen Gründen sich bei den betreffenden einzelnen Patienten schädlich auswirkt. Die für den Unfall des Klägers in der Nacht vom 10. zum 11. Mai 1976 in Betracht kommenden Umstände fallen demnach nicht unter die von § 539 Abs. 1 Nr. 17 Buchst a iVm § 548 RVO erfaßten Risiken, so daß auf die Revision der Beklagten die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen