Leitsatz (amtlich)

Zur Verwertbarkeit von Gutachten, die ein Beteiligter während der Rechtshängigkeit einer Streitsache einholt und dem Prozeßgericht einreicht.

 

Normenkette

SGG § 118 Fassung: 1953-09-03, § 128 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 6. Februar 1958 wird mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Die Klägerin, die ... 1930 geboren ist, beansprucht Entschädigung für die Folgen von Gesundheitsstörungen, die sie auf eine tuberkulöse Infektion während ihrer Tätigkeit als Krankenschwester zurückführt. Über den Sachverhalt enthält das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) folgende Feststellungen:

Die Klägerin ist seit April 1947 Krankenpflegerin. In der Zeit vom 1. November 1947 bis 30. März 1948 war sie als medizinisch -technische Volontärin auf der Röntgenabteilung des Krankenhauses Königslutter tätig. Dabei wurde sie auch zur ambulanten Untersuchung von Patienten eingesetzt, die zum Teil an offener Tuberkulose litten. Eine am 29. November 1948 durchgeführte Röntgenkontrolluntersuchung und die kurz vor ihrem Ausscheiden aus dem Krankenhaus Königslutter durchgeführte röntgenologische Untersuchung haben nach dem Schreiben des ehemaligen Chefarztes dieses Krankenhauses Dr. N vom 29. Juni 1952 keinen krankhaften Befund ergeben.

Seit März 1950 gehört die Klägerin der Schwesternschaft Braunschweig des Deutschen Roten Kreuzes an. Sie war vom 1. April 1950 bis 13. März 1951 in den Städtischen Krankenanstalten Braunschweig, Abt. II, auf verschiedenen Stationen tätig. In der Zeit vom 28. Januar bis 13. März 1951 hatte sie auf der II. Männer-Station Dienst getan, in der insgesamt neun an Tuberkulose erkrankte Personen gepflegt worden sind. Acht dieser Patienten hatten offene Tuberkulose.

Die Klägerin war am 18. April 1951 auf der Straße zusammengebrochen und in das DRK-Krankenhaus Braunschweig eingewiesen worden. Sie hatte über ständige Kopfschmerzen geklagt und war deshalb in die Psychiatrische und Nervenklinik Braunschweig verlegt und dort wegen einer hochgradigen vegetativen Dystonie behandelt worden. Am 18. Mai 1951 ist dort auch eine Röntgenaufnahme der Lunge gefertigt worden. Der Befund ist als bronchopneumonischer Herd gedeutet worden. Da der Verdacht einer Lungen-Tbc aber nicht völlig ausgeschlossen werden konnte, ist die Klägerin in das DRK-Krankenhaus Braunschweig zurückverlegt worden und dort am 9. Juni 1951 nochmals röntgenologisch untersucht worden. Anschließend hatte sie sich in ambulanter Behandlung bei dem Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. L befunden, der die Klägerin am 14. Juni 1951 röntgenologisch untersucht hatte.

Am 30. August 1951 hatte die DRK-Schwesterschaft Braunschweig der Beklagten angezeigt, daß die Klägerin an Mattigkeit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Rückenschmerzen und Appetitlosigkeit leide. Es bestehe der Verdacht, daß diese Beschwerden durch eine frische Tuberkulose hervorgerufen würden, die sich die Klägerin während der Berufsausübung zugezogen habe. Außerdem hatte der leitende Arzt der inneren Abteilung des DRK-Krankenhauses Braunschweig Dr. K der Beklagten am 29. September 1951 die Erkrankung der Klägerin angezeigt.

Die Klägerin war am 8. Oktober 1951 in die Tbc-Heilstätte "Waldheim" in Grasleben bei Helmstedt überwiesen worden.

Die Beklagte hatte von Dr. L einen Befundbericht über die Untersuchung am 14. Juni 1951 beigezogen. Dr. L hatte am 31. Januar 1952 mitgeteilt, er habe bei der röntgenologischen Untersuchung der Klägerin die Hili leicht fleckig-strängig verstärkt gefunden und in der linken Lunge einige parahiläre Fleckschatten festgestellt, deren Zeichnung noch nicht ganz mittelhart gewesen sei. Vom rechten Hilus zur Spitze seien mittelleichte verstärkte Strangzeichnungen mit kleinen weichen Fleckschatten in der Spitze feststellbar gewesen. Das mittlere Mediastinum sei unklar, und die Zwerchfelle seien frei gewesen.

Alsdann hatte die Beklagte den Entlassungsbericht der Heilstätte "Waldheim" vom 17. Dezember 1955 beigezogen. In der Heilstätte "Waldheim" war die Aufnahme- und Entlassungsdiagnose einer geschlossenen abgelaufenen Generalisations-Tbc in beiden Lungen gestellt worden. Außerdem ist auf Grund der Röntgenaufnahmen vom 6. August 1952 und 9. Dezember 1952 der Verdacht einer Tuberkulose des Coecums geäußert worden. Außerdem hatte die Beklagte von dem Amtsarzt des Gesundheitsamtes Braunschweig-Land Medizinalrat Dr. M, dem Landesgewerbearzt in Hannover (Frau Dr. H) und dem leitenden Arzt der 2. Tuberkuloseklinik in Köln, Dr. J, Gutachten eingeholt.

Dr. M, dem nur die Akten der Beklagten vorgelegen hatten, war in seinem Gutachten vom 10. Juli 1952 der Ansicht, daß die Klägerin an einer bereits ruhenden, geschlossenen und nicht sehr ausgedehnten doppelseitigen produktiv-cirrhotischen Lungen-Tuberkulose leide und daß der Verdacht auf eine Ileocökal- und Urogenital-Tuberkulose bestehe. Diese Erkrankung sei als Berufskrankheit anzusehen, weil wahrscheinlich sei, daß die Klägerin sich durch ihre Pflegetätigkeit, insbesondere nach Oktober 1948, angesteckt habe.

Dr. H hatte ihr Gutachten vom 2. März 1953 ebenfalls nach Aktenlage erstattet und dabei den Röntgenfilm vom 6. Oktober 1951 ausgewertet. Auch diese Ärztin meinte, daß es sich um eine Tuberkulose handele, die als entschädigungspflichtige Berufskrankheit im Sinne einer vorübergehenden Verschlimmerung einer bis dahin ruhenden älteren Tuberkulose anzusehen sei.

Dr. J hatte für sein Gutachten vom 9. Juli 1953 den Röntgenfilm vom 18. Mai 1951, die von Dr. L gefertigte Aufnahme vom 14. Juni 1951 und den Film vom 6. Oktober 1951 verwertet und festgestellt, daß der bei der Klägerin im Mai 1951 festgestellten Verschattung des rechten Lungenunterfeldes kein tuberkulöser Prozeß zugrunde liege. Soweit sich in der Lunge harte Herdschatten befänden, seien sie älter als zwei Jahre und postprimären Ursprungs. Auch eine Ileocökal-Tbc sei nicht sicher nachgewiesen und in jedem Falle mindestens zwei Jahre vor dem 18. Mai 1951 entstanden. Eine Berufskrankheit liege mithin nicht vor. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 10. November 1953 hatte Dr. Hein sich mit Rücksicht auf die Röntgenbefunde vom 18. Mai 1951 und 14. Juni 1951 dem Gutachten von Dr. J angeschlossen.

Die Beklagte lehnte die Entschädigungsansprüche der Klägerin durch Bescheid vom 18. Dezember 1953 mit der Begründung ab, der Chefarzt der II. Tuberkuloseklinik in Köln-Merheim, Dr. J, habe in seinem Gutachten ausgeführt, die auf der Röntgenaufnahme vom 18. Mai 1951 festgestellten Verschattungen im rechten Unterfeld der Lunge seien mit größter Wahrscheinlichkeit kein Anzeichen für einen spezifischen Prozeß. Die im übrigen festgestellten Herdschatten seien älter als zwei Jahre, auch die fragliche Ileocökal-Tbc sei ebenfalls mit größter Wahrscheinlichkeit entstehungsmäßig in diese Zeit zurückzuführen. Im übrigen habe die Diagnose der Erkrankung nicht einwandfrei geklärt werden können. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben und u. a. eine gutachtliche Äußerung des Facharztes für Lungenkrankheiten Dr. L vom 29. April 1955 eingereicht. Das SG hat im Termin den Obermedizinalrat Dr. R als Sachverständigen gehört und durch Urteil vom 21. Oktober 1955 den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 1953 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die im Frühjahr 1951 aufgetretene Tuberkuloseerkrankung als entschädigungspflichtige Berufskrankheit anzuerkennen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung beim LSG Niedersachsen eingelegt und ein von ihr beigezogenes Gutachten des Prof. Dr. E (Evangelisches Krankenhaus Göttingen-Weende) vom 23. Dezember 1955 eingereicht. Das LSG hat den Facharzt für Lungenkrankheiten Dozent Dr. B (Nieders. Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose e. V. in Hannover) als Sachverständigen gehört (Gutachten vom 25. Januar 1957) und durch Urteil vom 6. Februar 1958 das Urteil des SG Braunschweig aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten abgewiesen.

Die Revision ist vom LSG nicht zugelassen worden. Zur Begründung hat das LSG u. a. ausgeführt: Es sei nicht bewiesen, daß die Klägerin an einer Lungen-Tbc erkrankt gewesen sei oder noch erkrankt sei. Die Ansicht des Dr. L daß sich aus der Röntgenaufnahme vom 14. Juni 1951 ein frischer Prozeß ergebe, sei, wie Dr. J und Prof. Dr. E dargelegt hätten, nicht zutreffend; ob die in den übrigen Röntgenaufnahmen festgestellten scharf begrenzten kleinen Fleckschatten in der Lunge durch eine Tuberkulose hervorgerufen worden seien, brauche der Senat nicht zu prüfen, denn selbst wenn das der Fall wäre, handele es sich nur um Reste einer früheren abgelaufenen Primärtuberkulose; die Erwerbsfähigkeit der Klägerin werde durch sie auch nicht mehr meßbar beeinträchtigt. Auch eine Ileocökal-Tbc sei nicht nachgewiesen. Die von der Klägerin angegebenen Beschwerden seien für eine beginnende Tuberkulose nicht kennzeichnend, sondern vielmehr für eine hochgradige vegetative Dystonie; diese sei aber keine entschädigungspflichtige Berufskrankheit.

Die Klägerin, der das Urteil des LSG am 20. Februar 1958 zugestellt worden ist, hat am 14. März 1958 Revision eingelegt und sie zugleich auch begründet. Sie beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des LSG die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Der Senat hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

II

Die Revision ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Da das LSG sie nicht zugelassen hat (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) und eine Gesetzesverletzung im Sinne von § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG nicht gerügt ist, hängt die Statthaftigkeit der Revision davon ab, ob das Verfahren des LSG an einem wesentlichen Mangel leidet, der von der Revision gerügt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG).

Die Revision rügt, das LSG habe sich bei seiner Überzeugungsbildung im unzulässigen Umfange auf das von Prof. Dr. E erstattete Gutachten vom 23. Dezember 1955 gestützt und verkannt, daß dieses Gutachten von der Beklagten während des Berufungsverfahrens als "Privatgutachten" eingereicht worden sei. Diese Rüge ist berechtigt.

Das Gericht darf allerdings von den Beteiligten während des Verfahrens eingereichte Gutachten bei seiner Überzeugungsbildung nicht schon deshalb unberücksichtigt lassen, weil es sich hierbei nicht um das Ergebnis einer Beweisaufnahme im Sinne von § 118 SGG i. V. m. §§ 402 ff der Zivilprozeßordnung (ZPO) handelt; es muß vielmehr das auf ein solches Gutachten gestützte Vorbringen des Beteiligten bei seiner Überzeugungsbildung berücksichtigen, insbesondere sich mit Zweifeln auseinandersetzen, die sich aus einem solchen von besonderer Sachkunde getragenen Parteivorbringen gegen die Richtigkeit anderer Gutachten oder der von anderen Sachverständigen erhobenen Befunde ergeben; erforderlichenfalls muß das Gericht diese Zweifel durch weitere Beweiserhebungen zu klären suchen. Das Gericht darf jedoch bei der Würdigung eines solchen "Privatgutachtens" nicht außer acht lassen, daß es kein Beweismittel im Sinne des Beweises durch Sachverständige ist (vgl. den Beschluß des erkennenden Senates vom 23. September 1957 in SozR SGG § 118 Bl. Da 1 Nr. 3 = SGb 1958 S. 192 mit Anm. von Glücklich; wegen der vom Versicherungsträger im Verwaltungsverfahren beigezogenen Gutachten vgl. dagegen SozR SGG § 128 Bl. Da 28 Nr. 66).

Die Ausführungen im angefochtenen Urteil lassen den Schluß zu, daß das LSG diesen Unterschied verkannt und seine Feststellungen - insbesondere die Feststellung es sei nicht erwiesen, daß die Klägerin im Jahre 1951 an einer Lungen-Tbc erkrankt sei - unmittelbar auf die Ausführungen im Gutachten des Prof. Dr. E und seine Deutung der Röntgenbefunde gestützt hat.

In diesem Zusammenhang ist die weitere Rüge der Revision von Bedeutung, das LSG habe insofern seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, als es nicht den Versuch gemacht habe, die Röntgenbilder zu beschaffen, die dem im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen Dozent Dr. B für seine Meinungsbildung nicht zur Verfügung gestanden haben.

Die Ansprüche der Klägerin hängen in tatsächlicher Beziehung entscheidend davon ab, welche Schlüsse aus den verschiedenen Röntgenaufnahmen gezogen werden. Dr. H (Landesgewerbearzt Hannover) hat die ursprüngliche Stellungnahme vom 2. März 1953, für die anscheinend lediglich eine Röntgenaufnahme vom 6. Oktober 1951 zur Verfügung stand, auf Grund der weiteren Röntgenaufnahmen vom 18. Mai 1951 und 14. Juni 1951 in der neuen gutachtlichen Äußerung vom 10. November 1953 nahezu völlig aufgegeben. Der Lungenfacharzt Dr. L stützt seine Meinung, daß eine frische Tuberkulose der rechten Lungenspitze vorgelegen habe, auf den Röntgenbefund vom 14. Juni 1951; für seine von der Klägerin eingereichte ausführlichere gutachtliche Äußerung vom 29. April 1955 stand ihm jedoch nur noch eine Aufnahme vom 9. Juni 1951 zur Verfügung. Dr. P (Heilstätte "W." in Grasleben bei Helmstedt) gibt im Entlassungsbericht über den Kuraufenthalt der Klägerin vom 8. Oktober 1951 bis 17. Dezember 1952 nur Röntgenaufnahmen wieder, die mit dem 9. Oktober 1951 beginnen. Der im Verwaltungsverfahren gehörte Sachverständige Dr. J hat für seine Meinungsbildung Röntgenaufnahmen vom 18. Mai, 14. Juni und 6. Oktober 1951 verwertet. Diese Röntgenaufnahmen standen auch Prof. Dr. E zur Verfügung. Das LSG hat es offensichtlich für erforderlich gehalten, die unterschiedlichen Auffassungen in der von der Klägerin eingereichten gutachtlichen Äußerung des Dr. L und in dem von der Beklagten eingereichten Gutachten des Prof. Dr. E durch einen Sachverständigen nachprüfen zu lassen. Der vom LSG beauftragte Sachverständige Dozent Dr. B hat jedoch im Gutachten vom 21. Januar 1957 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Aufnahmen vom 18. Mai und 14. Juni 1951, die Dr. J und Prof. Dr. E zur Verfügung standen, "nicht zu erhalten" gewesen seien und daß er statt der Aufnahme vom 14. Juni 1951, auf die Dr. L seine Diagnose stützt, nur eine andere Aufnahme aus derselben Zeit, nämlich eine Aufnahme vom 9. Juni 1951 erhalten habe. Wie das LSG selbst ausführt, ist es aber in Fällen, in denen die Deutung von Röntgenaufnahmen entscheidend ist, sehr wichtig, daß der Sachverständige sich aus eigener Anschauung ein Urteil bilden kann und nicht auf die Beschreibung und Deutung der Röntgenaufnahmen durch andere Sachverständige angewiesen ist (vgl. auch BSG 2, 178, 180). Schon aus diesem Grund hätte das LSG nach dem Verbleib der fehlenden Aufnahmen forschen und den Versuch machen müssen, dem Sachverständigen Dr. B diese Aufnahmen zu verschaffen, zumal da weder das Gutachten noch das Begleitschreiben des Dr. B Angaben darüber enthalten, welche Schritte der Sachverständige zur Beschaffung der fehlenden Aufnahmen unternommen hatte. Im übrigen hat Dr. B seine Meinungsäußerung ausdrücklich dahin eingeschränkt, daß "zu der Zeit, als ein Heilverfahren durchgeführt und eine Meldung über das Vorliegen einer Berufskrankheit erfolgte" (gemeint ist wohl: Ende September/Anfang Oktober 1951), eine aktive Tuberkulose nicht vorgelegen habe und daß sich "kein Anhalt" dafür ergebe, daß die Klägerin "in der Zeit vom 9. Juni 1951 bis zum Jahre 1953 an einer aktiven Lungentuberkulose erkrankt" gewesen sei.

Die Revision weist auch zutreffend darauf hin, daß Dr. B - ähnlich wie auch Prof. Dr. E - hinsichtlich der Art der im März 1951 bemerkbar gewordenen Gesundheitsstörungen keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern lediglich auf die Krankenakten der Nervenklinik der Städtischen Krankenanstalten Braunschweig Bezug genommen hat, die nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils dem LSG nicht vorgelegen haben.

Das LSG durfte deshalb nicht davon absehen, von sich aus nach den fehlenden Aufnahmen zu forschen. Das Verfahren des LSG leidet an wesentlichen Mängeln, die von der Revision gerügt sind. Die Revision ist statthaft.

Sie ist auch begründet, denn es ist nicht völlig ausgeschlossen, daß es gelingt, die Aufnahmen vom 18. Mai und 14. Juni 1951 aufzufinden, und daß deren Auswertung durch Dr. B oder einen anderen Sachverständigen zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis hinsichtlich der Frage führt, ob die im März 1951 bemerkbar gewordenen Gesundheitsstörungen Folge einer tuberkulösen Erkrankung waren, die in rechtlich wesentlichem Umfang auf eine Infektion während der beruflichen Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen ist.

Das Urteil des LSG mußte deshalb mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben werden. Da eine Entscheidung in der Sache selbst durch den Senat nicht möglich ist, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das LSG auch zu prüfen haben, ob das Vorbringen der Klägerin im Berufungsschriftsatz vom 13. Januar 1954 zu berücksichtigen und nachzuprüfen ist, sie sei "Weihnachten 1950" an einer Bronchopneumonie erkrankt, habe den ersten Schwächeanfall bereits im Januar 1951 gehabt und sei damals von dem Oberarzt Dr. St untersucht worden. Auch wird das LSG sich mit den Ausführungen des Dr. L auseinanderzusetzen haben, die von ihm als aktiv bezeichnete Tuberkuloseerkrankung sei zwar im Laufe der Zeit auf einen geringer entzündlichen Charakter zurückgegangen, habe aber im Jahre 1954 nochmals zu einer Pleuritis adhaesiva am rechten Zwerchfell geführt.

Bei der erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2379850

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