Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensausgleich nach § 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG) für die Dauer einer Badekur

 

Normenkette

BVG § 17 Abs. 2, § 33 Abs. 2; EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 1356 Abs. 2, § 1360 Abs. 1, § 1360a Abs. 1

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. November 1972 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen je zur Hälfte die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Revisionsverfahren.

 

Gründe

I

Der Kläger bezieht eine Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. wegen Rippenfellverschwartung mit mäßiger Schrumpfung der linken Brustkorbhälfte, chronischer Bronchitis und Stecksplittern. Ausgleichsrente ist ihm versagt worden, weil sein Lebensunterhalt aus dem Marktgeschäft seiner Ehefrau sichergestellt sei. Der Beklagte gewährte dem Kläger vom 23. Januar bis 21. Februar 1969 wegen des anerkannten Versorgungsleidens eine Badekur in Bad Dürrheim. Am 22. Januar 1969 beantragte der Kläger einen Einkommensausgleich für die Zeit der Badekur und gab dazu an, er arbeite in dem von seiner Ehefrau geführten Obst- und Gemüsemarkthandel als mithelfender Familienangehöriger und während der Badekur müsse der Betrieb ruhen. Das Finanzamt Bochum bescheinigte, daß der Gewerbebetrieb der Ehefrau des Klägers vom 20. Januar bis 24. Februar 1969 geruht habe. Das Versorgungsamt (VersorgA) lehnte einen Einkommensausgleich ab, weil wegen einer Einkommenseinbuße, die der Ehefrau des Klägers evtl. durch seine Kur entstehe, nicht ein Einkommensausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) gewährt werden könne, während dem Kläger selbst ein vor der Kur erzieltes eigenes Einkommen nicht entgangen sei (Bescheid vom 27. März 1969). Der Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 5. Dezember 1969). Zur Begründung der Klage trug der Kläger vor, seine Arbeit sei für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes, aus dessen Gewinn er und seine Ehefrau den Lebensunterhalt bestritten, notwendig gewesen. Das Sozialgericht (SG) Dortmund hob antragsgemäß die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte den Beklagten, für die Zeit vom 24. Januar bis 24. Februar 1969 Einkommensausgleich unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 8. November 1972): Dem Kläger stehe, wie das SG zutreffend entschieden habe, für die Dauer der Badekur und teilweise während der anschließenden Schonzeit, die bis zum 7. März 1969 gedauert habe, ein Einkommensausgleich nach § 17 BVG zu. Der Kläger habe in dem Marktgeschäft seiner Ehefrau gemeinsam mit ihr alle Arbeiten - Besuch von Wochenmärkten, Aufstellung des Standes, Verkauf von Obst und Gemüse ausgeführt, wobei die Ehefrau vorwiegend die rein körperliche Arbeit übernommen habe. Sie allein habe das 1946 von ihren Eltern übernommene Gewerbe bis zum 1. April 1969 auf eigene Rechnung und in wirtschaftlicher Verantwortung betrieben; auf ihren Namen habe der Gewerbeschein gelautet, sie sei zu Umsatz- und Gewerbesteuern herangezogen worden und habe die Verfügungsgewalt über die Betriebseinrichtungen und -mittel gehabt (BSG 14, 224; 16, 58 und 289). Der Kläger sei kein Gesellschafter in einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit seiner Ehefrau und damit kein selbständiger Gewerbetreibender i. S. von § 17 Abs. 2, § 33 Abs. 2 BVG sowie § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) gewesen; dafür genügten nicht die gemeinsame Geschäftsführung, das gemeinsame Arbeiten, die Mitwirkung des Klägers beim Ein- und Verkauf und ein gemeinsames Konto, auf das alle Einnahmen abgeführt und aus dem alle Ausgaben, auch die privaten des Klägers, bestritten worden seien. Der Kläger habe ferner kein Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt; denn er sei nicht von seiner Ehefrau in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt worden (BVerfG 29, 104); er sei nicht in der für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Weise weisungsgebunden gewesen und habe weder Gehalt noch Lohn bezogen. Die Eheleute hätten die Arbeiten gegenseitig abgesprochen und die das Geschäft betreffenden Fragen gemeinsam geregelt. Sie hätten einen Arbeitsvertrag weder mündlich noch schriftlich abgeschlossen. Der Kläger habe im Geschäft unentgeltlich aufgrund seiner Verpflichtung aus § 1356 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Rahmen des Üblichen mitgearbeitet (BGHZ 46, 390). Das gelte auch dann, wenn dem mitarbeitenden Ehegatten der Erwerbswille fehle und er sich - wie der Kläger - mit seinem Unterhalt und mit seinem Anteil an dem gemeinsam erarbeiteten Gewinn bescheide. Der Kläger habe somit vor der Badekur keine der in § 17 BVG aufgeführten Einkommensarten erzielt. Die Vorschrift enthalte aber eine Gesetzeslücke, wie der Vergleich mit § 33 Abs. 2 BVG ergebe, wo ebenfalls eine Regelung für einen derartigen Fall fehle. Die Lücke sei außerdem aus Sinn und Zweck des Einkommensausgleichs zu erkennen, der jeden Einkommensverlust als Folge einer der Maßnahmen i. S. des § 17 Abs. 1 BVG ausgleichen solle. Die Vorschrift des § 10 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 33 BVG, in der die Mitarbeit eines Familienangehörigen der nichtselbständigen Arbeit gleichgestellt werde, müsse entsprechend angewendet werden, um die Lücke in § 17 BVG auszufüllen. Der Gesetzgeber sei von einem einheitlichen Einkommensbegriff im Bereich der Kriegsopferversorgung ausgegangen. Dem Kläger sei ein Einkommensverlust durch die Badekur entstanden. Sein Unterhalt sei nur durch seine Mitarbeit im Geschäft der Ehefrau sichergestellt gewesen, Während seiner Abwesenheit habe die Ehefrau den Betrieb nicht alleine fortführen können, und die Einstellung einer Hilfskraft wäre unwirtschaftlich gewesen, so daß der Betrieb geruht habe. Die eigene Arbeitsleistung sei also für den Kläger unmittelbar von wirtschaftlichem Wert gewesen, der durch die Badekur entfallen sei. Es wäre nicht sinnvoll und sei auch vom Gesetzgeber nicht gewollt, einerseits die Ausgleichsrente entsprechend der Mitarbeit des Familienangehörigen zu mindern, andererseits dies bei der Entscheidung über den Einkommensausgleich unberücksichtigt zu lassen. Die Ausnahmevorschrift des § 10 DVO zu § 33 BVG könne im Rahmen ihres Grundgedankens auf ähnliche Fälle angewendet werden. Das Fehlen einer dieser Bestimmung entsprechenden Regelung in § 17 BVG stehe dem ebensowenig entgegen wie die Aufzählung verschiedener anders gelagerter Fälle in § 17 Abs. 4 Buchst. a bis d BVG, die der Beklagte als abschließend verstehe.

Der Beklagte rügt mit der zugelassenen Revision die Verletzung des § 17 BVG und des § 10 DVO zu § 33 BVG. Da der Kläger, wie das LSG zutreffend entschieden habe, kein Einkommen i. S. des § 17 Abs. 2 BVG erzielt habe, hätte die Klage abgewiesen werden müssen. Die Aufzählung der Arten von auszugleichendem Einkommen in dieser Vorschrift sei abschließend, wie § 17 Abs. 5 BVG durch die Bezugnahme auf Abs. 2 bestätige. Wenn das 3. Neuordnungsgesetz (NOG) die Aufzählung durch Einfügen der Worte "i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG" geändert habe, könne unterstellt werden, daß vorher die ganze Bestimmung überprüft worden sei und daß der Wortlaut das Gewollte ausdrücken solle. Die Mitarbeit von Familienangehörigen sei nicht wahrscheinlich übersehen worden; denn sie werde in § 10 DVO zu § 33 BVG behandelt. Die Aufzählung in § 17 Abs. 2 BVG habe nur dann einen Sinn, wenn nicht jede Art von Einkommensverlust ausgeglichen werden solle. § 10 DVO zu § 33 BVG ergänze auch nicht die Einkommensarten i. S. des § 33 Abs. 2 BVG, sondern bestimme kraft der Ermächtigung des § 33 Abs. 5 BVG, was als Einkommen i. S. des Abs. 2 in einem bestimmten Fall gelten solle. § 17 Abs. 4 BVG bestimme in gleicher Funktion, was als auszugleichendes Nettoeinkommen gelte, und sei selbst nicht lückenhaft. Schließlich habe für eine analoge Anwendung des § 10 DVO zu § 33 BVG beim Kläger der Erwerbswille gefehlt. - Vorsorglich rügt der Beklagte in verfahrensrechtlicher Hinsicht einen Verstoß gegen § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Möglicherweise habe das LSG angenommen, der Kläger habe infolge der Badekur weniger Geld und geldeswerte Güter erhalten als ohne sie. Diese tatsächliche Feststellung hätte das LSG nicht ohne weitere Aufklärung - Anhörung des Klägers und seiner Ehefrau über die Aufwendungen für ihn - treffen dürfen. Eine Beweisaufnahme hätte ergeben, daß der Kläger von seiner Ehefrau zusammen mit den Leistungen im Rahmen der Badekur nicht weniger Geld und Geldeswert erhalten habe als vorher. Dieses Ergebnis hätte das LSG wahrscheinlich davon abgehalten, einen tatsächlichen Einkommensverlust anzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des LSG und des SG abzuändern und die Klage ab zuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision des Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des Urteils des LSG die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Kläger bezieht sich auf das angefochtene Urteil, beanstandet jedoch die Feststellung, ihm habe der Erwerbswille gefehlt.

Vielmehr sei seine Tätigkeit von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung gewesen, denn seine Ehefrau hätte ohne ihn das Geschäft nicht fortführen können. Die Ehegatten hätten von dem Ertrag des Geschäftes gelebt, und dann sei es ein Denkfehler, wenn das LSG davon ausgehe, der Kläger habe nur für seine persönlichen Bedürfnisse Geld vom gemeinsamen Konto entnommen. Aus dem Geschäftsgewinn seien auch alle lebensnotwendigen Kosten für Miete, Strom, Heizung, Verpflegung, Bekleidung und Ergänzung des Mobiliars bestritten werden. Einzelheiten über den Einkommensausgleich des Klägers seien für das Grundurteil nicht aufzuklären gewesen; anderenfalls müsse insoweit die Sache an das LSG zurückverwiesen werden.

Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat sich als Vertreter der Bundesrepublik, die das LSG zum Verfahren beigeladen hat, der Revisionsbegründung angeschlossen und ergänzend dargelegt, aus welchen Gründen nach seiner Ansicht § 17 BVG keine Lücke enthält.

II

Die zulässige Revision des Beklagten ist sachlich nicht begründet.

Das LSG hat im Ergebnis mit Recht das Urteil des SG bestätigt, das dem Kläger einen Einkommensausgleich für die Zeit der gewährten Badekur und eines Teiles der anschließenden zugebilligten Schonzeit nach § 17 Abs. 1 BVG dem Grunde nach zugesprochen hat. Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf dem gerügten Verfahrensmangel.

Nach § 17 Ab S. 2 und 3 BVG in der Bekanntmachung der Neufassung (durch das 3. NOG) vom 20. Januar 1967 (BGBl I 141, 180) wird der Einkommensausgleich, dessen Voraussetzungen nach Abs. 1 hier nicht streitig sind, nach dem Nettoeinkommen aus nicht selbständiger Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit, das der Beschädigte vor dem Beginn der stationären Behandlung oder Badekur erzielt hat, bemessen.

Zutreffend hat das LSG in Übereinstimmung mit dem SG sowohl ein Einkommen des Klägers aus nicht selbständiger Arbeit als ein solches aus Gewerbebetrieb für die Zeit vor der Badekur ausgeschlossen und die Mitarbeit im Marktgeschäft seiner Ehefrau als familienhafte aufgrund der eherechtlichen Verpflichtung aus § 1356 Abs. 2 BGB beurteilt. Auf diesen Teil der Urteilsgründe, dem der Beklagte und der Vertreter der Beigeladenen in vollem Umfang zustimmen, wird Bezug genommen. Entgegen der von diesen Beteiligten vertretenen Ansicht hat das LSG jedoch mit Recht für Fälle der vorliegenden Art die Regelung des § 17 Abs. 2 und 3 BVG als unzureichend beurteilt und die Gesetzeslücke durch entsprechende Anwendung eines Rechtssatzes (Analogie) geschlossen. Allerdings hält der erkennende Senat nicht ausschließlich den Rechtsgrundsatz des § 10 Abs. 1 DVO zu § 33 BVG idF vom 9. November 1967 (BGBl I 1140) für entsprechend anwendbar. Gleichwohl stellt sich das angefochtene Urteil im Ergebnis als zutreffend dar (§ 170 Abs. 1 Satz 2 SGG).

§ 17 Abs. 1 BVG begründet einen Anspruch auf Einkommensausgleich nur "nach Maßgabe der folgenden Vorschriften" . In den Absätzen 2 bis 7 ist allein geregelt, wie diese Leistung bei bestimmten Einkommensarten zu berechnen ist. Diese Vorschriften, die Fälle der vorliegenden Art nicht ausdrücklich betreffen, sind insoweit als Bemessungsmaßstäbe ebenso lückenhaft, wie wenn sie zusätzlich mittelbar als Anspruchsvoraussetzung festlegen sollen, daß der Beschädigte eine der ausdrücklich aufgeführten Arten von Einkommen vor der Arbeitsunfähigkeit oder Behandlung erzielt haben muß. Mit dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 ff BVG ist der "Plan" dieses Gesetzes (BSG 20, 41, 43; 21, 133, 135) nicht hinreichend erfüllt, auch wenn die an der Gesetzgebung beteiligten Personen, zuletzt noch bei der Neufassung durch das 3. NOG vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750), sich vorgestellt haben sollten, § 17 BVG regele den Einkommensausgleich vollständig und abschließend. Die Lücke, die die Rechtsprechung zu schließen hat, ist aus dem Sinn und Zweck dieser Versorgungsleistung zu erkennen. Nach dem allgemeinen Grundsatz des Rechtes der Kriegsopferversorgung, den § 1 Abs. 1 BVG enthält, ist Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der durch militärischen Dienst oder einen gleichartigen Tatbestand erlittenen Gesundheitsschädigung zu gewähren, und die Badekur (oder sonstige stationäre Behandlung) stellt eine solche Versorgungsleistung dar, die die Schädigungsfolgen und eine durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- und Erwerbsfähigkeit bessern oder beseitigen soll (§ 9 Nr. 1 i.V.m. §§ 10 und 11 BVG). Dann muß zwangsläufig auch der wirtschaftliche Schaden ausgeglichen werden, der durch den schädigungsbedingten Fortfall der Erwerbstätigkeit infolge der Behandlung i. S. von § 17 Abs. 1 BVG im Erwerbseinkommen des Beschädigten nach allgemeiner Erfahrung regelmäßig entstehen kann und daher als stets zu erwarten unterstellt wird. Nach § 17 BVG idF des 3. NOG muß allerdings - im Unterschied zu den früheren Fassungen nicht tatsächlich ein solcher Einkommensverlust durch die stationäre Behandlung verursacht worden sein. Aber praktisch verhindert die Bemessung des Ausgleichs nach dem vor der Behandlung erzielten Entgelt in Verbindung mit der Anrechnung des während des Ausgleichs erzielten Netto-Erwerbseinkommens, daß ein nicht entstandener Schaden ausgeglichen wird (Töns, DOK 1967, 105, 107, 112). Da somit nicht rechtserheblich ist, ob der Kläger infolge der Badekur tatsächlich weniger "Einkommen" erzielt hat, kann das angefochtene Urteil nicht auf der vom Beklagten gerügten Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) beruhen. Falls ein Beschädigter durch eigene Tätigkeit in tatsächlich und rechtlich gleicher oder fast gleicher Weise wie durch "nichtselbständige Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 des EStG" , eine rechtlich eindeutig begrenzte Erwerbsform, Einkünfte zur Sicherung seiner Existenz erzielt hat und durch die stationäre Behandlung an dieser Tätigkeit gehindert wird, wäre es mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar, ihm einen Einkommensausgleich zu versagen. Dieses Grundrecht verbietet, wesentlich gleiche Sachverhalte rechtlich ungleich zu behandeln; es wird verletzt, wenn ein vernünftiger, sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Unterscheidung nicht besteht (Bundesverfassungsgericht -BVerfG - 1, 14, 52; 3, 162, 182 und fortlaufend). Damit die unzureichenden Regelungen der Absätze 2 ff des § 17 BVG nicht nach Art. 100 GG für verfassungswidrig erklärt werden müssen, ist im Wege der verfassungskonformen Analogie durch richterliche Rechtsergänzung die Lücke des Gesetzeswortlautes zu schließen (BVerfG 8, 71, 77 f; 22, 349, 360). Die Tätigkeit des Klägers im Geschäft seiner Ehefrau, der Unternehmerin, für deren Rechnung der Betrieb ging (§ 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO; § 1 Abs. 2 GAL; § 10 Abs. 2 DVO zu § 33 BVG; BSG 33, 78, 80; BSG, BVBl 1972, 46), kam der nicht selbständigen Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG derart gleich, daß es allein sachgerecht ist, das dadurch erzielte Arbeitseinkommen nicht anders als Einkünfte der in § 17 Abs. 2 ff BVG ausdrücklich geregelten Arten zu behandeln. Für diese Rechtslage im Gebiet der Kriegsopferversorgung ist es unerheblich, daß die Vorteile für den Kläger aus dem Geschäft steuerrechtlich als nicht abzugsfähiger Haushaltsaufwand und Unterhalt (§ 12 Nr. 1 EStG) gelten. Die Gleichbehandlung mit den Einkommensarten des § 17 BVG wird nicht ausgeschlossen durch die andersartige Rechtsgrundlage, nämlich die auf der Ehe statt auf einem Arbeitsverhältnis beruhende Pflicht, im üblichen Rahmen der Ehefrau in ihrem Geschäft zu helfen (§ 1356 Abs. 2 BGB), und die unter diesen Umständen zugleich bestehende Pflicht, durch Arbeit zum Unterhalt der "Familie" , die hier allein aus den Eheleuten bestand, angemessen beizutragen (§ 1360 Satz 1 EGB). Besonderheiten der ehelichen Beziehung schließen den Anspruch des Klägers ebensowenig aus, wie sie einer nicht selbständigen Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG entgegenstehen (vgl. Überblick zum Ehegatten-Arbeitsvertrag in BSG 34, 207). Allein das Fehlen eines Arbeitsvertrages mit entsprechenden Rechtsfolgen für Sozialversicherungs- und Steuerrecht unterschied die tatsächliche Mitarbeit des Klägers von den Voraussetzungen für ein Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit nicht derart, daß deshalb ein Anspruch auf Einkommensausgleich dem Kläger versagt werden dürfte und müßte, zumal die Eheleute ein Arbeitsverhältnis hätten frei vereinbaren können. Der Kläger hatte auch einen "Erwerbswillen" , der es rechtfertigt und gebietet, die mit seiner familienhaften Mitarbeit zusammenhängenden Aufwendungen an ihn den "Erwerbs" -Einkünften der in § 17 BVG ausdrücklich geregelten Arten gleichzustellen. Sofern das LSG das Fehlen eines Erwerbswillens tatsächlich festgestellt haben sollte, ist dies nicht zu beanstanden; denn der Kläger half seiner Ehefrau nicht - wie bei einem üblichen Arbeitsverhältnis -, um dafür ein angemessenes Entgelt von ihr als Unternehmerin aus dem Ertrag des Geschäftes unmittelbar an sich zur freien Verfügung ausbezahlt zu erhalten, wovon er dann aber ebenso wie bei der tatsächlichen Sachlage einen Teil für den gemeinsamen Unterhalt hätte abführen müssen. Jedoch bestand nach der Lebenserfahrung in anderer Hinsicht ein "Erwerbswille" beim Kläger. Seine Arbeit sollte den Geschäftserfolg im wirtschaftlichen Interesse beider Eheleute fördern oder gar erst ermöglichen und über den gemeinschaftlich herbeigeführten Gewinn wesentlich dazu beitragen, den Familienunterhalt zu bestreiten.

Der Anteil des Familienunterhalts, der dem Kläger teils zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse, teils als Mitglied der häuslichen Gemeinschaft - zum Teil auch während seiner Abwesenheit, z.B. durch Finanzierung der laufenden Kosten des Wohnens - zugute kam (§ 1360 a Abs. 1 BGB), kann allerdings nicht wie beim Arbeitsverhältnis als eine Gegenleistung für seine Tätigkeit, die vom Unterhalt eherechtlich unabhängig ist, gewertet werden. Jedoch entsprach wirtschaftlich der dem Kläger zugute kommende Unterhalt erfahrungsgemäß im wesentlichen seiner Hilfeleistung; ob dies auch wertmäßig genau zutraf, braucht nicht aufgeklärt zu werden. Wie das LSG verbindlich festgestellt hat (§ 163 SGG), konnte das Geschäft ohne die Mitarbeit des Klägers überhaupt nicht fortgeführt werden. Wenn bei gleicher tatsächlicher Arbeits- und Gewinnverteilung der Kläger - wie später - rechtlich der Unternehmer gewesen wäre, beständen keine Bedenken gegen einen Anspruch auf Einkommensausgleich entsprechend den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Allein dieser rechtliche Unterschied zu der hier gegebenen Fallgestaltung, den die Eheleute frei beseitigen konnten, zwingt und erlaubt es nicht, den auf den Kläger entfallenden Ertrag der Erwerbstätigkeit anders als eine Einkommensart i. S. des § 17 Abs. 2 ff BVG zu behandeln.

Die Abhängigkeit der "Einkünfte" des Klägers von seiner Mitarbeit grenzt diese Art von Einkommen von anderen Einkünften und Zuwendungen ab, die dem Unterhalt des Beschädigten dienen. Entgegen der Ansicht des LSG ist nicht alles, was als anrechenbares Einkommen nach § 33 Abs. 1 BVG einen Anspruch auf Ausgleichsrente ausschließt, zwangsläufig auch als Einkommen nach § 17 BVG zu berücksichtigen. Zu jenem Einkommen i. S. des § 33 Abs. 1 BVG gehören wegen des Sinnes und Zweckes der Ausgleichsrente, die auch die nicht nach § 1 Abs. 1 BVG schädigungsbedingten Beschränkungen der Erwerbsfähigkeit ausgleichen soll (§ 32 Abs. 1 BVG), außer dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit bestimmte "andere" Einkünfte (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BVG), die für den Lebensunterhalt bedeutsam sind (§ 1 Abs. 3, § 2, insbesondere Nr. 19, §§ 4, 11 f DVO zu § 33 BVG). Diese Regelung beruht auf dem Gedanken der Fürsorge, dagegen § 17 BVG auf dem Grundsatz des Schadensausgleichs. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 DVO zu § 33 BVG, die mit Bezug auf das nach § 33 anzurechnende Einkommen (Abs. 4 Satz 1) bestimmt, daß die familienhafte Mitarbeit als nichtselbständige Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gilt, läßt aber immerhin erkennen, daß überhaupt im Recht der Kriegsopferversorgung der wirtschaftliche Vorteil dieser Hilfe für den "erwerbstätigen" Familienangehörigen rechtlich wie das Einkommen eines Arbeitnehmers behandelt werden kann. Diese Fiktion, die zwei ungleiche Tatbestände in der Rechtsfolge gleich behandelt (Friederichs, Sozialgerichtsbarkeit 1960, 227, 229), muß der Verordnungsgeber als gesetzeskonform (BSG 9, 158) angesehen haben.

Einkünfte von der Art, wie sie der Kläger durch seine Arbeit vor der Badekur erzielte, können als Voraussetzung für einen Einkommensausgleich auch trotz der Regelungen des § 17 Abs. 4 BVG wie Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit behandelt werden. Ohne diese Gleichstellung wäre der Kläger als "nichterwerbstätiger Beschädigter" anzusehen, und als Einkommen i. S. von Abs. 2 könnten nach Abs. 4 Buchst. c nur die Einkünfte gelten, die ihm dadurch entgingen, daß er infolge der Badekur eine bestimmte Erwerbstätigkeit nicht - neu - hätte aufnehmen können. Das wäre jedoch unvereinbar mit der tatsächlichen Lage vor der Kur, einer familienhaften Mitarbeit anstelle einer üblichen Erwerbstätigkeit bei einem anderen Unternehmer in einem Umfang, zu dem der Kläger noch befähigt war. Die auf betrieblichen Gewinn gerichtete Tätigkeit im Geschäft seiner Ehefrau ist auch nicht ähnlich zu beurteilen wie die nicht auf Gewinn gerichtete Haushaltsführung durch eine Ehefrau (§ 1356 Abs. 1, § 1360 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB, § 30 Abs. 5 Satz 1 BVG); der Wegfall dieser Tätigkeit wird nach § 17 Abs. 4 Buchst. a BVG im Rahmen von Mehraufwendungen nur kraft einer Fiktion berücksichtigt.

Die Gesetzeslücke ist nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, wie er dem zuvor dargelegten "Plan" zu entnehmen ist, zu schließen (BSG 20, 41, 43 f; 21, 95, 96 f; andererseits: 24, 207, 211; 27, 96, 100). Entsprechend den Vorschriften der Absätze 2 und 3 des § 17 BVG, soweit sie Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit betreffen, ist dem Kläger ein Einkommensausgleich zu gewähren. Für die Berechnung gilt ergänzend folgendes: Das maßgebende Einkommen ist entsprechend der Vorschrift des § 17 Abs. 6 Satz 1 BVG, die ausdrücklich nur für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit gilt, nach den Gesamtverhältnissen festzusetzen. Dies entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, der für jegliches auf die Ausgleichsrente anzurechnende Einkommen in § 33 Abs. 3 BVG und besonders für das Einkommen der familienhaft mitarbeitenden Unselbständigen in § 10 Abs. 1 Satz 2 DVO zu § 33 BVG ausdrücklich festgelegt ist. Da § 17 Abs. 6 BVG wohl für den Kläger gelten würde, falls er schon vor der Badekur bei gleichen tatsächlichen Verhältnissen anstelle seiner Ehefrau der Geschäftsinhaber gewesen wäre, dagegen insbesondere Satz 2 über die Bemessung des Einkommensausgleiches nach dem Durchschnittseinkommen auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar paßt, sind wegen verschiedener Besonderheiten, die bei der Arbeit eines Schwerbeschädigten nach der Art eines Unselbständigen im Geschäft der Ehefrau gegeben sind, die dazu besser passenden Vorschriften des § 10 Abs. 1 Sätze 3 und 4 DVO zu § 33 BVG zusätzlich analog anzuwenden. Als Bewertungsmaßstab dient demnach die einem Gleichaltrigen für gleiche Arbeit in einem fremden Unternehmen ortsüblich gewährte Vergütung; außerdem sind die verwertbare Arbeitskraft des Beschädigten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Geschäftes angemessen zu berücksichtigen. Diese Analogie ist ungeachtet der Rechtsgrundlage des § 10 DVO zu § 33 BVG, die von § 17 BVG unabhängig ist, wegen der gleichen Sachlage möglich und geboten. Genaues über die Höhe des Einkommensausgleiches nach diesen entsprechend anzuwendenden Vorschriften brauchten das SG und das LSG für ein Grundurteil nicht festzustellen; die hier gegebene Wahrscheinlichkeit eines solchen Anspruches genügt (§ 130 SGG; BSG SozR Nr. 4 zu § 130 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Entscheidung des LSG über die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren durfte auf die Revision des Beklagten hin nicht überprüft werden.

Die Revision des Beklagten ist nach alledem als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).

 

Unterschriften

Dr. Schwarz

Dr. Renner

Dr. Wulfhorst

 

Fundstellen

BSGE, 229

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