Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. März 1991 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 3. Dezember 1990 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die Klägerin für die Zeit vom 14. August 1954 bis zum 31. Mai 1964 nachversichert ist.
Die 1937 geborene Klägerin gehörte vom 14. August 1954 bis zum 31. Mai 1964 einer Ordensgemeinschaft der Franziskanerinnen an. Weder die Ordensgemeinschaft noch sie selbst stellten innerhalb eines Jahres nach ihrem Ausscheiden einen Nachversicherungsantrag.
Im Zuge eines im Jahre 1984 durchgeführten, mangels Mitwirkung der Klägerin eingestellten Vormerkungsverfahrens stellte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) durch Bescheid vom 7. Dezember 1984 fest, für die Zeit der Zugehörigkeit zur Ordensgemeinschaft sei eine Nachversicherung gemäß § 9 Abs 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nicht möglich, weil die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Orden im Jahre 1964 gesetzlich vorgeschriebene Ausschlußfrist von einem Jahr für einen Nachversicherungsantrag nicht eingehalten worden sei.
Im Januar 1989 beantragte die Klägerin erneut eine Klärung ihres Versicherungskontos. Zugleich trug sie vor, sie habe „Anspruch auf Nachversicherung” für die Zeit ihrer Zugehörigkeit zur Ordensgemeinschaft. Die BfA merkte antragsgemäß zunächst mit Bescheid vom 23. Februar 1989 einen Ausfallzeittatbestand (iS von § 36 Abs 1 AVG) der Schulausbildung vom 16. September 1953 bis zum 25. März 1954 sowie der Fachschulausbildung vom 1. April 1957 bis zum 19. Februar 1959 und mit weiterem Bescheid vom 5. Oktober 1989 Zeiten des Postulats und des Noviziats vom 14. August 1954 bis zum 28. Februar 1957 als versicherungsfreie Lehrzeit vor. Im Blick auf das Nachversicherungsbegehren lehnte die BfA mit dem streitigen Bescheid vom 15. Februar 1989 die Rücknahme des unangefochten gebliebenen Bescheides vom 7. Dezember 1984 ab, weil dieser rechtmäßig sei. Hiergegen und gegen den Vormerkungsbescheid vom 23. Februar 1989 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie trug vor, ihrem Antrag auf Nachversicherung müsse stattgegeben werden, weil die Ordensgemeinschaft bereit sei, die Beiträge nachzuzahlen, und weil sie nicht schlechter behandelt werden dürfe als diejenigen, denen das Gesetz später die Nachentrichtung von Beiträgen ermöglicht habe. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Oktober 1989 die Nachentrichtung eines Pflichtbeitrages für den Monat März 1957 gemäß § 140 Abs 3 AVG iVm § 2 Abs 1 Nr 7 AVG ab, weil ein Fall besonderer Härte nicht vorliege. Hiergegen sowie gegen den Vormerkungsbescheid vom 5. Oktober 1989 erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie habe schon jetzt Anspruch auf Nachzahlung der Beiträge für die gesamte Zeit ihrer Ordenszugehörigkeit. Die BfA wies den Widerspruch gegen den streitigen Bescheid vom 15. Februar 1989 durch Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 1989 zurück, weil dieser Überprüfungsbescheid zutreffend ausgesprochen habe, daß die damalige Fristversäumnis auch heute noch eine Nachversicherung verhindere.
Am 5. Januar 1990 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag, den (streitigen) Bescheid vom 15. Februar 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 1989 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die „Nachentrichtung von Beiträgen” zuzulassen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Trier (SG) hat die Klägerin erstmals beantragt, auch den Vormerkungsbescheid vom 23. Februar 1989 abzuändern, ferner, die Beklagte zu verurteilen, die Zeit der Ordensmitgliedschaft vom 14. August 1954 bis zum 31. Mai 1964 nachzuversichern.
Das SG hat diese Klage abgewiesen (Urteil vom 3. Dezember 1990). Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat hingegen „die Bescheide der Beklagten vom 15. und 23. Februar 1989 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 1989 bezüglich der Nachversicherung aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 7. Dezember 1984 aufzuheben und die Klägerin für die Zeit vom 14. August 1954 bis zum 31. Mai 1964 nachzuversichern” (Urteil vom 21. März 1991). In den Entscheidungsgründen heißt es: Das Urteil des SG stimme zwar mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) überein; diese (vom LSG nicht näher benannte) Rechtsprechung erscheine aber nicht überzeugend. Sie sei zirkelhaft. Ihr stehe der eindeutige Wortlaut von § 9 Abs 5 AVG in der seit dem 1. Januar 1973 gültigen Fassung, die systematische Auslegung des Rentenreformgesetzes 1972 (RRG 1972), das eindeutige Gesetzesziel und im Blick auf Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) das Gebot der verfassungskonformen Auslegung entgegen. § 9 Abs 5 AVG gelte auch für nach altem Recht bereits „erledigte” Nachversicherungsfälle.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 9 Abs 5 AVG in der seit Januar 1973 gültigen Fassung (nF). Das RRG 1972 habe der Neufassung dieser Vorschrift keine Rückwirkung zuerkannt. Daher greife der in der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf: BSG SozR 2200 § 1232 Nrn 1, 13; SozR Nr 13 zu § 1232 RVO) anerkannte Grundsatz, regelmäßig sei zu vermuten, daß nur solche Lebensvorgänge vom neuen Recht erfaßt werden sollen, in denen sich ein Entscheidungsbedarf nach dessen Inkrafttreten ergibt. Es sei mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar, daß gesetzliche Neuregelungen zu einem bestimmten Stichtag in Kraft treten. Ferner habe das Berufungsgericht die nach § 75 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) notwendige Beiladung der Ordensgemeinschaft unterlassen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, daß auch nach § 233 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) das Nachversicherungsrecht anzuwenden sei, das im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung oder Tätigkeit gelte bzw jeweils gegolten habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. März 1991 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 3. Dezember 1990 zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das LSG Rheinland-Pfalz zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ggf werde das BSG sich auch damit auseinanderzusetzen haben, daß § 140 Abs 3 AVG einschlägig sei.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das LSG hätte die Berufung der Klägerin gegen das jedenfalls im Ergebnis richtige Urteil des SG zurückweisen müssen.
Der Senat kann eine Sachentscheidung treffen, ohne zuvor den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Zwar hat das Berufungsgericht die nach § 75 Abs 2 Regelung 1 SGG notwendige Beiladung der Ordensgemeinschaft (vgl BSG Urteil vom 19. November 1981 – 11 RA 72/80) unterlassen; auch bestehen Bedenken, ob die Ausführungen des LSG – auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung – den Mindestanforderungen entsprechen, die an eine selbst nur „gedrängte Darstellung des Tatbestandes” und an „die Entscheidungsgründe” (§ 136 Abs 1 Nrn 5 und 6 SGG) zu stellen sind (dazu BSG SozR 1500 § 136 Nr 10). Jedoch zwingen die vom LSG mit Bindungswirkung (§ 163 SGG) für den erkennenden Senat getroffenen Feststellungen, nämlich daß die Klägerin vom 14. August 1954 bis zum 31. Mai 1964 einer Ordensgemeinschaft angehört hat und daß innerhalb eines Jahres seit ihrem Ausscheiden kein Antrag auf Nachversicherung gestellt worden ist, zum rechtlichen Schluß, daß die Klage in jedem Fall abgewiesen werden mußte. In einem solchen Fall, in dem Rechte des an sich notwendig Beizuladenden unter keinem denkbaren Gesichtspunkt beeinträchtigt werden können, darf das Revisionsgericht auch ohne eine – im Revisionsverfahren nicht mögliche (§ 168 SGG) – Beiladung in der Sache entscheiden (BSG SozR 3-5795 § 6 Nr 1 mwN).
Zunächst ist klarzustellen, daß nicht Gegenstand des Verfahrens ist, ob die Beklagte die Klägerin gemäß § 140 Abs 3 AVG für den streitigen Zeitraum zur Nachentrichtung von Beiträgen zulassen darf oder muß (dazu stellvertretend: BSG Urteil vom 20. August 1970 – 1 RA 235/69 – in: SozEntsch BSG VI § 140 Nr 5; BSGE 41, 38 = SozR 2200 § 1418 Nr 2; SozR 2200 § 1418 Nr 4): Die Klägerin hat nämlich den Bescheid vom 6. Oktober 1989, mit dem die BfA die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen für den März 1957 abgelehnt hat, jedenfalls mit dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Klageantrag und auch im Berufungsverfahren nicht (mehr) angefochten. Im Blick auf den streitigen Zeitraum im übrigen hat bislang weder die Beklagte eine Härtefallregelung (§ 140 Abs 3 AVG) über die Zulassung der Klägerin zur Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen getroffen, noch die Klägerin selbst zumindest Anhaltspunkte dafür vorgetragen, sie sei während ihrer Ordenszugehörigkeit beitragspflichtig beschäftigt gewesen. Die Revisionserwiderung scheint zu verkennen, daß das Institut der „Nachentrichtung von Beiträgen” (§ 140 AVG) die – nur ausnahmsweise zuzulassende – nachträgliche Entrichtung von Beiträgen ist, die nicht rechtzeitig (§ 140 Abs 1 AVG) entrichtet worden waren. Demgegenüber bedeutet „Nachversicherung” das Pflichtversicherungsverhältnis, das in den abschließend geregelten gesetzlichen Fällen erst im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens des Nachversicherten entsteht und die – vom bisherigen „Arbeitgeber” allein zu erfüllende – Beitragspflicht erstmals begründet (stellvertretend zur Nachversicherung: BSG SozR 2400 § 124 Nr 6; BSG SozR 2200 § 1418 Nr 2).
Der Vormerkungsbescheid vom 23. Februar 1989 ist vom Berufungsgericht schon deswegen zu Unrecht aufgehoben worden, weil die dagegen gerichtete Klage unzulässig war. Hierzu muß vorweg klargestellt werden, daß dieser Bescheid entgegen den tatbestandlichen Ausführungen des LSG die Zeit vom 14. August 1954 bis zum 28. Februar 1957 nicht als Ausfallzeittatbestand vorgemerkt hat; dies ist erst in dem – mit der Klage nicht angefochtenen – Vormerkungsbescheid vom 5. Oktober 1989 geschehen. Die Klägerin ist iS von § 54 Abs 1 Satz 2 SGG nicht klagebefugt. Sie hat selbst nicht behauptet (was aber auch unter keinen Umständen denkbar ist), daß sie die ihrem Kontenklärungsantrag und den von ihr hierzu eingereichten Urkunden in vollem Umfang entsprechende Feststellung, sie habe in der Zeit vom 1. April 1957 bis zum 19. Februar 1959 erfolgreich eine Frauenfachschule für Kindergärtnerinnen besucht und deswegen einen Ausfallzeittatbestand der Fachschulausbildung zurückgelegt, in ihren Rechten verletzen könnte. Diese Vormerkung, die keine Entscheidung über die Anrechenbarkeit der Ausfallzeit in einem späteren Leistungsfall enthält (zur Rechtsnatur der Vormerkung stellvertretend: BSG SozR 3-2200 § 1325 Nr 1; SozR 3-2200 § 1227a Nr 7; Urteil des Senats vom 25. Februar 1992 – 4 RA 34/91, zur Veröffentlichung vorgesehen), ist ein die Klägerin ausschließlich begünstigender Verwaltungsakt.
Demnach ist im Revisionsverfahren allein darüber zu befinden, ob das LSG die Beklagte zu Recht verurteilt hat, den Bescheid vom 7. Dezember 1984 zurückzunehmen und die Klägerin für die Zeit vom 18. April 1954 bis zum 31. Mai 1964 „nachzuversichern”. Hierzu hat das SG richtig entschieden, daß der streitige Bescheid vom 15. Februar 1989 rechtmäßig ist.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Rücknahme des bindend (§ 77 SGG) gewordenen Bescheides vom 7. Dezember 1984 und damit Maßstab für die Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides vom 15. Februar 1989 ist § 44 Abs 2 Satz 2 iVm Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X), entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil der Bescheid vom 7. Dezember 1984 weder Sozialleistungen zu Unrecht versagt noch Beiträge zu Unrecht erhoben hat. Gemäß § 44 Abs 2 SGB X kann ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden; mit Wirkung für die Zukunft ist er zurückzunehmen. Da der Bescheid vom 7. Dezember 1984 rechtmäßig war, durfte die Beklagte ihn nicht zurücknehmen.
Beurteilungsmaßstab hierfür und zugleich Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin, die Beklagte möge feststellen, daß mit dem Ausscheiden aus dem Orden ein Nachversicherungsverhältnis entstanden ist (sog Zulassung zur Nachversicherung; zur Rechtsschutzform: BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr 2 S 5), ist § 9 Abs 5 AVG in der am 1. März 1957 in Kraft getretenen Fassung (aF; Art 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪AnVNG≫ vom 23. Februar 1957 ≪BGBl I S 88≫). Nach dieser Vorschrift sind ua Mitglieder geistlicher Genossenschaften, die aus ihrer Gemeinschaft ausscheiden, für die Zeit, in der sie aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigt waren, aber der Versicherungspflicht nicht unterlagen oder hiervon befreit waren, nachzuversichern, wenn dies von dem ausscheidenden Mitglied oder der Gemeinschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden beantragt wird.
Das LSG hat im Blick auf den streitigen Zeitraum vor dem 1. März 1957 verkannt, daß der Bescheid vom 7. Dezember 1984 insoweit bereits deswegen rechtmäßig ist, weil die Nachversicherung von Mitgliedern geistlicher Genossenschaften nach der verfassungsgemäßen Übergangsregelung in Art 2 § 4 AnVNG (Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ in: SozR 2200 § 1232 Nr 11; BSGE 25, 24 = SozR Nr 6 zu Art 3 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪ArVNG≫) nicht möglich ist. Denn das Gesetz hat sich – wie das BVerfG ausgeführt hat – keine Rückwirkung für Zeiten vor seinem Inkrafttreten beigemessen. Für diesen – wie für den übrigen – streitigen Zeitraum könnte ein anderes, hier nicht streitiges Nachversicherungsverhältnis nur entstanden sein, wenn die Klägerin – neben ihrer Ordenszugehörigkeit – noch in einem nachversicherungsfähigen Beschäftigungsverhältnis zu einem anderen „Arbeitgeber” gestanden hätte. Hierfür besteht aber nach dem Gesamtinhalt der Akten, insbesondere nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin kein Anhalt. Mit ihrem Ausscheiden aus dem Orden (31. Mai 1964) wäre – die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 9 Abs 5 Satz 1 AVG aF unterstellt – ein Nachversicherungsverhältnis zur Beklagten nur entstanden, wenn entweder sie oder ihr früherer Orden bis zum 31. Mai 1965 einen Nachversicherungsantrag gestellt hätte. Das ist nicht der Fall. Daß es sich bei dieser Frist um eine materiell-rechtliche Ausschlußfrist handelt, hat das BSG (ua gestützt auf die Gesetzesmaterialien) bereits am 15. Juli 1969 (SozR Nr 13 zu § 1232 RVO), entgegen den Mutmaßungen im Urteil des LSG also nicht erst nach dem Inkrafttreten des RRG 1972 (am 1. Januar 1973), insbesondere nicht im Sinne einer zweckwidrigen Restriktion der Neufassung des § 9 Abs 5 AVG entschieden.
Da die Frage, ob ein Nachversicherungsverhältnis entstanden ist, nach dem jeweils im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien (bzw befreiten) Beschäftigung/Tätigkeit beurteilt werden muß, hat die Beklagte bei Erlaß des Bescheides vom 7. Dezember 1984 zutreffend § 9 Abs 5 AVG aF angewendet. Dessen Neufassung durch Art 1 § 2 Nr 3 RRG 1972, die das Entstehen des Nachversicherungsverhältnisses nicht mehr von einem Antrag abhängig macht, ist erst am 1. Januar 1973 in Kraft getreten (Art 6 § 8 Abs 1 RRG 1972). § 9 Abs 5 AVG nF hat sich keine Rückwirkung beigelegt (BSG SozR 2200 § 1232 Nrn 1, 13). Das LSG hat insoweit nicht beachtet, daß eine Rechtsnorm grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar ist, die nach ihrem Inkrafttreten verwirklicht werden. Soweit ein Gesetz seine zeitliche Geltung auf einen Zeitraum vor seinem Inkrafttreten erstreckt, muß sich dies deutlich aus seinem Wortlaut oder schlüssig aus seinem Zweck ergeben. Die Geltungszeit, dh die Spanne, in der die Anwendung des Gesetzes auf Sachverhalte überhaupt in Frage kommt, beginnt daher nicht vor dem Zeitpunkt, von dem ab die Rechtsfolgen des Gesetzes für die Normadressaten eintreten und seine Bestimmungen von den Behörden und Gerichten anzuwenden sind (BVerfGE 42, 263, 283; BSGE 62, 191, 194 f mwN = SozR 3100 § 1 Nr 39; vgl schon BSGE 1, 119, 222).
Darüber hinaus enthielte § 9 Abs 5 AVG nF in der vom Berufungsgericht vertretenen Ausdeutung eine verfassungswidrige echte Rückwirkung zu Lasten der Ordensgemeinschaften jedenfalls in den Fällen, in denen – wie vorliegend – vor Inkrafttreten der Neufassung der Vorschrift am 1. Januar 1973 der nach altem Recht erforderliche Antrag nicht gestellt worden war und nicht mehr gestellt werden konnte. Unerheblich ist hierfür, ob eine Ordensgemeinschaft gleichwohl bereit ist, Beiträge zu entrichten. Da das Nachversicherungsverhältnis nach altem Recht nicht mehr entstehen und die Ordensgemeinschaften nicht mehr beitragspflichtig werden konnten, würde ihnen im Wege der Rückbewirkung von Rechtsfolgen (dazu: BVerfGE 72, 200, 242 ff) nun doch eine öffentlich-rechtliche Abgabe auferlegt, also durch Gesetz nachträglich belastend in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen (vgl BVerfGE 57, 361, 391; 68, 287/306; 72, 175, 196). Für eine derartige – grundsätzlich verbotene (BVerfGE 13, 261, 272; 45, 142, 173) – echte Rückwirkung bedürfte es einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung (BVerfGE 72, 200, 257), die für das Nachversicherungsverhältnis nicht einmal ansatzweise erkennbar ist.
Daß auch Art 1 § 2 Nr 3 RRG 1972 nur Nachversicherungsverhältnisse erfassen soll, die seit dem 1. Januar 1973 entstehen, ergibt sich ferner aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks VI/3767 S 13: „In Zukunft”) und der Regelungstechnik von Art 6 § 8 RRG 1972, der die vor dem 1. Januar 1973 (oder später) wirksam werdenden Vorschriften ausdrücklich und abschließend benennt. Danach kann § 9 Abs 5 AVG nF nur für die nach dem 1. Januar 1973 entstehenden Nachversicherungsverhältnisse gelten.
Zutreffend weist die Beklagte ferner darauf hin, daß ihr Bescheid vom 7. Dezember 1984 nicht nach § 8 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI zu beurteilen ist, weil auch diese Vorschrift nicht rückwirkend angewendet werden darf. Zwar bestimmt § 300 Abs 1 SGB VI, daß die Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden sind, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Vorschrift überhaupt für Nachversicherungsverhältnisse gilt. § 233 Abs 1 SGB VI bestimmt nämlich ausdrücklich, daß Personen, die vor dem 1. Januar 1992 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, in der sie nach dem jeweils geltenden, ua den § 5 Abs 1 Nr 3 (Versicherungsfreiheit satzungsmäßiger Mitglieder geistlicher Genossenschaften) sinngemäß entsprechenden Recht nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren, weiterhin nach den bisherigen Vorschriften nachversichert werden, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind.
Weder aus den Andeutungen des LSG noch aus der Revisionserwiderung lassen sich Anhaltspunkte dafür gewinnen, daß die Klägerin, die gegenüber allen ausgeschiedenen Ordensmitgliedern nach dem jeweils im Zeitpunkt des Ausscheidens geltenden Recht gleichbehandelt wird, in ihrem Grundrecht aus Art 3 Abs 1 GG oder in einem anderen Grundrecht (zu Art 14 Abs 1 GG vgl BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 17) verletzt sein könnte.
Da nach alledem das SG zutreffend erkannt hat, daß der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 1984 rechtmäßig und deshalb nicht rücknehmbar war, mußte das Urteil des LSG auf die Revision der Beklagten aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.
Fundstellen