Leitsatz (amtlich)
Wenn eine nach ArVNG Art 2 § 31 iVm § 36 umgestellte Rente aus eigener Versicherung mit einer gemäß ArVNG Art 2 § 42 nach altem Recht berechneten und um den Sonderzuschuß erhöhten Witwenrente zusammentrifft und wenn beide Renten auf Versicherungsfällen beruhen, die vor Vollendung des 55. Lebensjahres eingetreten sind, so sind beide Renten für die Anwendung des RVO § 1280 Abs 1 so zu behandeln, daß in ihnen die Zurechnungszeiten (RVO § 1260) enthalten sind, die sich aus der Berechnung der Renten nach neuem Recht (ArVNG Art 2 § 32 ff - Faktorenrente - und RVO §§ 1253 ff) ergeben.
Normenkette
ArVNG Art. 2 § 31 Fassung: 1957-02-23, § 36 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23, § 42 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1280 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23, § 1260 Fassung: 1957-02-23; ArVNG Art. 2 § 32 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1253 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Oktober 1962 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der Rechtsstreit betrifft das Ruhen von Renten, wenn in einer Person eine nach Art. 2 § 31 in Verbindung mit § 36 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) umgestellte Rente aus eigener Versicherung mit einer nach Art. 2 § 42 ArVNG berechneten Witwenrente zusammentrifft und beide Renten auf Versicherungsfällen beruhen, die vor Vollendung des 55. Lebensjahres eingetreten sind.
Die im Jahre 1907 geborene Klägerin hat aus der Versicherung ihres im September 1957 gestorbenen Ehemannes Anspruch auf Witwenrente vom 1. Oktober 1957 an, die die Beklagte gemäß Art. 2 § 42 ArVNG nach altem Recht einschließlich des Sonderzuschusses nach Art. 2 § 36 Abs. 1 ArVNG in Höhe von 14,- DM auf monatlich 60,30 DM berechnete. Die Klägerin hat außerdem vom 1. Januar 1957 an Anspruch auf eine Rente aus ihrer eigenen Versicherung wegen des im Jahre 1956 eingetretenen Versicherungsfalles der Invalidität. Die Beklagte berechnete diese Versichertenrente nach altem Recht, stellte sie gemäß Art. 2 § 31 ff ArVNG um, erhöhte sie gemäß Art. 2 § 36 ArVNG um einen Sonderzuschuß von 7,- DM und bewilligte sie vom 1. Oktober 1957 an im Betrage von 62,80 DM. Vom 1. November 1957 an wandte sie die Ruhensvorschrift des § 1280 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) an und stellte die Versichertenrente unter Berechnung nach den Vorschriften des neuen Rechts auf 17,70 DM monatlich fest (Bescheid vom 25. August 1960). Die Klägerin verlangt die Auszahlung der vollen Versichertenrente; sie hält die Vorschrift des § 1280 RVO auf die nach Art. 2 § 31 ff ArVNG umgestellte Rente nicht für anwendbar.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, bei der Berechnung der Rente der Klägerin aus ihrer eigenen Versicherung seit dem 1. November 1957 keine Kürzungen nach § 1280 RVO vorzunehmen (Urteil vom 25. Oktober 1960). Das Landessozialgericht (LSG) hat sie dagegen verurteilt, der Klägerin einen Bescheid zu erteilen, in dem ab 1. November 1957 die Versichertenrente in voller Höhe und die Witwenrente in Höhe von drei Vierteln der nach den vor dem 1. Januar 1957 geltenden Vorschriften festgestellten Versichertenrente bzw. Witwenrente zuzüglich eines Sonderzuschusses von insgesamt 21,- DM berechnet ist. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 3. Oktober 1962).
Gegen das Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie unrichtige Anwendung des § 1280 Abs. 1 RVO sowie der Vorschriften des Art. 2 §§ 23, 36 ArVNG rügt. Sie meint, § 1280 Abs. 1 RVO sei auf die Rente der Klägerin anzuwenden, weil zu der nach Art. 2 § 36 ArVNG gewährten Versichertenrente aufgrund eines nach dem 31. Dezember 1956 eingetretenen Versicherungsfalles eine Witwenrente hinzugetreten und in beiden Renten eine Zurechnungszeit enthalten sei. Die Entscheidung des LSG, daß die Witwenrente unter Anwendung von Ruhensvorschriften des alten Rechts (§ 1279 RVO a. F.) zu drei Vierteln zu zahlen sei, stehe im Widerspruch zu Art. 2 § 23 ArVNG. Die Beklagte beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Detmold vom 25. Oktober 1960 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 25. August 1960 abzuweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
II
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Der Senat ist mit der Beklagten der Ansicht, daß die Frage, ob eine Rente der Klägerin zu einem Teil ruht, nur nach § 1280 RVO zu beurteilen ist. Deshalb kann der Entscheidung des LSG nicht beigetreten werden, unter Berücksichtigung des § 1279 RVO aF sei die Versichertenrente in voller Höhe und die Witwenrente in Höhe von drei Vierteln der nach den vor dem 1. Januar 1957 geltenden Vorschriften festgestellten Renten zuzüglich des Sonderzuschusses von 21,- DM zu zahlen. Der Senat vermag aber auch der Berechnung der Renten nicht zuzustimmen, wie sie die Beklagte durchgeführt hat. Die Klägerin hat vielmehr Anspruch auf Auszahlung von Rentenbeträgen, die über das hinausgehen, wozu das LSG die Beklagte verurteilt hat.
Die Witwenrente der Klägerin ist, da der Versicherungsfall - der Tod des Ehemannes der Klägerin - im Jahre 1957, also nach Inkrafttreten des ArVNG eingetreten ist, eine Rente neuen Rechts, auch wenn gemäß Art. 2 § 42 ArVNG ihre Berechnung nach altem Recht vorgenommen ist. Aber auch die nach Art. 2 § 31 ArVNG umgestellte und unter Berücksichtigung des Art. 2 § 36 Abs. 1 ArVNG berechnete Rente ist, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits ausgesprochen hat, nach durchgeführter Umstellung und Berechnung eine Rente des am 1. Januar 1957 in Kraft getretenen neuen Rechts (BSG 8, 118, 122). Treffen solche Renten unter Geltung des neuen Rechts, wie in dem gegenwärtigen Fall vom 1. Oktober 1957 an zusammen, so kann für das Ruhen einer Rente auch nur das neue Recht, d. h. die Vorschrift des § 1280 RVO, maßgebend sein. Gemäß Art. 2 § 23 ArVNG gilt § 1280 RVO für Rentenbezugszeiten nach dem 1. Januar 1957 auch für Versicherungsfälle, die vorher, also - wie der Versicherungsfall der Invalidität der Klägerin - bis zum 31. Dezember 1956 eingetreten sind.
Nach § 1280 Abs. 1 RVO wird, wenn eine Rente aus eigener Versicherung mit einer Witwenrente oder Witwerrente oder einer Rente nach § 1265 oder § 1266 Abs. 2 RVO zusammentrifft, von zwei Zurechnungszeiten (§ 1260 RVO) nur die für den Berechtigten günstigere angerechnet; die Rente, bei der die Zurechnungszeit nicht berücksichtigt wird, ruht insoweit. Danach setzt § 1280 Abs. 1 RVO für das Ruhen einer Rente voraus, daß in beiden Renten eine Zurechnungszeit enthalten ist. Nur wenn sowohl in der Versichertenrente der Klägerin als auch in ihrer Witwenrente eine Zurechnungszeit im Sinne des § 1260 RVO berücksichtigt ist, wird eine Rente gekürzt. Das LSG hat wie die Beklagte angenommen, in beiden Renten der Klägerin seien Zurechnungszeiten enthalten, weil sie auf Versicherungsfällen beruhen, die vor dem 55. Lebensjahr eingetreten sind. Dem ist beizutreten. Zwar sind bei den Berechnungen der Renten, die zu den festgestellten Zahlbeträgen geführt haben, Zurechnungszeiten im Sinne des § 1260 RVO nicht unmittelbar angerechnet worden. Die Renten sind indessen im Sinne des § 1280 Abs. 1 RVO als Renten mit einer angerechneten Zurechnungszeit zu behandeln.
Als Zurechnungszeit gilt gemäß § 1260 Abs. 1 RVO die Zeit zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalles und der Vollendung des 55. Lebensjahres bei Versicherten, die vor Vollendung des 55. Lebensjahres berufsunfähig oder erwerbsunfähig geworden sind. Die Vorschrift des § 1280 Abs. 1 RVO bezweckt, die in der Anrechnung einer solchen Zurechnungszeit liegende Vergünstigung dem Rentenberechtigten nur einmal gutzubringen, wenn in seiner Person mehrere Renten zusammentreffen, bei deren Berechnung in jeder einzelnen Rente Zurechnungszeiten berücksichtigt sind. Die nach Art. 2 §§ 31, 36 ArVNG umgestellte Versichertenrente der Klägerin beruht auf dem im Jahre 1956 eingetretenen Versicherungsfall der Invalidität der Klägerin, als sie 49 Jahre alt war. Ihre nach Art. 2 § 42 ArVNG berechnete Witwenrente beruht zwar auf dem Versicherungsfall des Todes ihres Ehemannes im September 1957.
Ihr Ehemann war aber schon im 46. Lebensjahr invalide geworden und hatte seit 1949 Invalidenrente bezogen. Wird das neue Recht berücksichtigt, so ist die Witwenrente gemäß § 1268 Abs. 2 RVO aufgrund der nach § 1253 Abs. 2 RVO unter Berücksichtigung einer Zurechnungszeit berechneten Versichertenrente des früheren Ehemannes zu berechnen. Sowohl für die Versichertenrente der Klägerin als auch für ihre Witwenrente sind die Voraussetzungen des § 1260 RVO insoweit erfüllt, als beide Renten auf Versicherungsfällen der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 55. Lebensjahres beruhen. Nach § 1280 Abs. 1 RVO müssen aber in beiden Renten Zurechnungszeiten im Sinne des § 1260 RVO auch enthalten sein, wenn eine gekürzt werden soll. Eine Zurechnungszeit ist in einer Rente grundsätzlich nur dann enthalten, wenn bei der Berechnung ihrer Höhe, also des Rentenzahlbetrages, eine Zurechnungszeit anzurechnen ist. Das wäre bei beiden Renten nicht der Fall, wenn nur berücksichtigt wird, daß sie nach altem Recht berechnet und um den Sonderzuschuß erhöht sind; denn das Rechtsinstitut der Zurechnungszeit (§ 1260 RVO) ist erst mit dem ArVNG eingeführt worden und war dem alten, vor dem 1. Januar 1957 geltenden Recht unbekannt. Indessen kann bei dem Zusammentreffen solcher Renten, jedenfalls für die Anwendung des § 1280 Abs. 1 RVO, nicht allein von dem Rechnungsergebnis der einen Berechnung der Renten ausgegangen, sondern es muß die Berechnung der Renten insgesamt in Betracht gezogen werden. Hierzu gehört auch, daß bei beiden Renten die Berechnung zunächst nach den Vorschriften des am 1. Januar 1957 in Kraft getretenen neuen Rechts des ArVNG einschließlich seiner Übergangsvorschriften durchgeführt ist, und daß sodann die sich hieraus ergebende Rentenhöhe zu vergleichen ist mit dem Rentenbetrag, der sich bei einer Berechnung der Rente nach den Vorschriften des alten Rechts zuzüglich des Sonderzuschusses ergibt, und daß schließlich Anspruch auf den sich nach einem solchen Vergleich ergebenden höheren Rentenbetrag besteht. Die Höhe der Witwenrente der Klägerin ist einmal nach den Vorschriften des neuen Rechts, der §§ 1253 ff RVO, unter Berücksichtigung der §§ 1260, 1268 Abs. 2 RVO berechnet und zum anderen gemäß Art. 2 § 42 ArVNG nach den Vorschriften des alten Rechts einschließlich des Sonderzuschusses festgestellt worden. Der Betrag ihrer Versichertenrente ist zunächst nach den Vorschriften des neuen Rechts, nämlich denen des Übergangsrechts gemäß Art. 2 §§ 31, 32 ArVNG als Faktorenrente berechnet und sodann nach den Vorschriften des alten Rechts, erhöht um den Sonderzuschuß des Art. 2 § 36 Abs. 1 ArVNG, festgestellt worden. Die nach Art. 2 §§ 31, 32 ArVNG umgestellten Renten (Faktorenrenten) von Versicherten, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalles noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hatten, enthalten Zurechnungszeiten im Sinne des § 1260 RVO; denn bei der Berechnung der Umstellungsfaktoren ist, wie sich aus den amtlichen Berechnungsgrundlagen ergibt (BABl 1957, 221 ff), allgemein die Zeit vom Versicherungsfall bis zum 55. Lebensjahr mitberücksichtigt worden. Theoretisch ist deshalb in allen Renten, die aus Versicherungsfällen vor dem 55. Lebensjahr bewilligt werden, die Zeit zwischen dem Rentenbeginn und dem 55. Lebensjahr voll als Zurechnungszeit enthalten. Wird als Rentenzahlbetrag der Rente - wie hier bei der Versichertenrente - der Zahlbetrag in der Höhe gewährt, wie er sich aus der Berechnung nach den Vorschriften des alten Rechts zuzüglich des Sonderzuschusses ergibt, so wird der Rentenzahlbetrag anstelle einer nach Art. 2 §§ 31, 32 ArVNG zunächst berechneten Faktorenrente gezahlt, in der fiktive Zurechnungszeiten enthalten sind. Aber auch der gemäß Art. 2 § 42 ArVNG berechnete und um den Sonderzuschuß erhöhte Rentenzahlbetrag der Witwenrente der Klägerin wird anstelle des Rentenbetrages gewährt, der sich aus der Berechnung nach den Vorschriften des neuen Rechts der §§ 1253 ff RVO unter Berücksichtigung des § 1260 RVO ergeben hat und in dem eine Zurechnungszeit ebenfalls berücksichtigt ist.
Es kann zweifelhaft sein, ob die nach Art. 2 § 31 in Verbindung mit § 36 ArVNG umgestellten Renten ebenso wie die gemäß Art. 2 § 42 ArVNG nach altem Recht berechneten Renten nur nach den Vorschriften des alten Rechts berechnet und um den Sonderzuschuß erhöht sind, oder ob sie nicht in Wirklichkeit nach neuem Recht berechnet sind, indem der Zahlbetrag nur aufgestockt ist, und zwar um den Unterschiedsbetrag, der sich aus der Berechnung der Renten nach altem Recht zuzüglich des Sonderzuschusses einerseits und der Berechnung der Renten nach neuem Recht andererseits ergibt, so daß in den Renten Zurechnungszeiten unmittelbar enthalten sind. Die letzte Betrachtungsweise würde dem Umstand mehr Rechnung tragen, daß die nach Inkrafttreten des neuen Rechts einschließlich der Übergangsvorschriften festgestellten Renten nur Renten des neuen Rechts sein können, die nicht nur dem Grunde, sondern auch ihrer Berechnung nach nur im neuen Recht ihre Rechtsgrundlage finden. Wird im neuen Recht die Berechnung der Höhe der Renten nach den alten Vorschriften vorgeschrieben, so wird auch dabei nur neues Recht angewandt. Jedenfalls ist es nicht richtig, davon zu sprechen, es werde die alte Rente erhöht um den Sonderzuschuß weitergewährt. Vielmehr wird die neue Rente in ihrem Zahlbetrag in einer bestimmten Höhe garantiert, der sich aus der Berechnung nach den Vorschriften des alten Rechts mit ergibt. Dessen ungeachtet sind jedenfalls, soweit die Zurechnungszeit des neuen Rechts in Frage steht, auch die nach Art. 2 § 36 und § 42 ArVNG berechneten Renten so zu behandeln, daß in ihnen die Zurechnungszeiten enthalten sind, die sich bei ihrer Berechnung nach den neuen Vorschriften (Art. 2 §§ 32 ff ArVNG, §§ 1253 ff RVO) ergeben; denn auch die Feststellung dieser Renten ist von der am 1. Januar 1957 in Kraft getretenen Neuregelung erfaßt und beeinflußt worden (vgl. hierzu BSG in SozR Nr. 7 zu § 1259 RVO).
Die Sonderzuschußrenten gemäß Art. 2 § 36 ArVNG werden nur deshalb gewährt, weil das rechnerische Ergebnis der Multiplikation von Steigerungsbetrag und Umstellungsfaktor - dessen Höhe von dem Jahr des Rentenbeginns abhängig ist - ungünstiger ist als der bisherige Rentenzahlbetrag zuzüglich des Sonderzuschusses des Art. 2 § 36 ArVNG. Mit diesen Renten wird also über die Faktorenrente hinaus der Unterschiedsbetrag zwischen dem Rentenbetrag dieser Rente und dem sich nach Art. 2 § 36 ArVNG ergebenden Betrag gewährt, so daß die letztere Rente als "Rente mit einer angerechneten Zurechnungszeit" angesehen und behandelt werden kann. Wird gemäß Art. 2 § 42 ArVNG eine Rente mit Sonderzuschuß anstelle einer nach neuem Recht berechneten Rente gewährt, so ist diese Rente immer zunächst nach neuem Recht berechnet worden. Ob bei dieser Rente eine Zurechnungszeit angerechnet ist, richtet sich in diesem Fall nach der nach neuem Recht berechneten Rente, auch wenn die nach altem Recht berechnete Rente zuzüglich des Sonderzuschusses gezahlt wird. In beiden Fällen muß es so angesehen werden, als ob die Rente nach neuem Recht gewährt und um den Unterschiedsbetrag aufgestockt worden ist (vgl. Verb. Komm., 6. Aufl., § 1259 Anm. 23; Elsholz/Theile, Die gesetzliche Rentenversicherung, Syn. Komm. Nr. 41 Anm. 8 zu b) und c), § 1259 RVO). Es erscheint nicht gerechtfertigt, die Zeiten des Bezugs dieser Renten nur deshalb stets als Ausfallzeit im Sinne des § 1259 Abs. 1 Nr. 5 RVO unberücksichtigt zu lassen, weil der nach neuem Recht unter Anrechnung der Zurechnungszeit errechnete Rentenbetrag hinter dem nach altem Recht berechneten und um den Sonderzuschuß erhöhten Rentenbetrag zurückbleibt. Anderenfalls würde sich für diese Rentner die durch die Vorschriften des Art. 2 § 36 und § 42 ArVNG zugedachte Vergünstigung in erheblicher Weise zu ihrem Nachteil auswirken können. Deshalb sind insoweit diese Renten wie Renten mit angerechneter Zurechnungszeit zu behandeln und kommen auch als Ausfallzeit in Betracht.
Treffen derartige Renten zusammen, so wäre es andererseits nicht einzusehen, daß beide Renten ohne Rücksicht auf die nach neuem Recht in ihnen an sich enthaltenen Zurechnungszeiten ungekürzt ausgezahlt werden sollen. Zu der schon durch die Vorschriften der §§ 36 und 42 des Art. 2 ArVNG gewährten Vergünstigung würde eine Bevorzugung vor anderen Rentnern des neuen Rechts treten, die nicht gerechtfertigt wäre. Zwar liegt der Neureglung des § 1280 Abs. 1 RVO über das Zusammentreffen einer Rente aus eigener Versicherung mit einer Witwen- oder Witwerrente der G danke zugrunde, daß sie grundsätzlich nebeneinander voll zu zahlen sind. Wenn aber in beiden zusammentreffenden Renten Zurechnungszeiten angerechnet sind, so soll die dadurch bewirkte Vergünstigung nicht doppelt gewährt werden. Hierzu würde es aber führen, wenn die nach den Vorschriften des alten Rechts berechneten und um den Sonderzuschuß erhöhten Rentenbeträge nur deshalb ungekürzt gewährt werden müßten, weil die unter Anrechnung der Zurechnungszeiten nach den neuen Vorschriften berechneten Beträge niedriger sind. Wären die nach altem Recht berechneten Renten der Klägerin unter der Geltung des alten Rechts bis zum 31. Dezember 1956 zusammengetroffen, so wären beide Renten ebensowenig voll gezahlt worden (§ 1279 RVO aF), wie wenn die Renten bei ihrem Zusammentreffen unter Geltung des neuen Rechts nur nach den Vorschriften des ab 1. Januar 1957 in Kraft getretenen Rechts unter Anrechnung der Zurechnungszeiten berechnet worden wären (§ 1280 Abs. 1 RVO). Die Renten wären also sowohl nach neuem als auch nach altem Recht nur gekürzt ausgezahlt worden. Das BSG hat, worauf das LSG mit Recht hinweist, bereits in seinem Urteil vom 16. Juni 1961 (BSG 14, 251, 253) den Grundsatz ausgesprochen, es könne nicht Rechtens sein, daß Kürzungs- und Ruhenstatbestände, die sowohl nach altem Recht wie nach neuem Recht zur Rentenminderung führten, überhaupt unberücksichtigt blieben. Die Besitzstandswahrung soll zwar den Rentenzahlbetrag der einzelnen Rente, berechnet nach den Vorschriften des alten Rechts und erhöht um den Sonderzuschuß, garantieren. Daß sie aber auch ungeschmälert wie Renten ohne Zurechnungszeiten auszuzahlen sind, wenn sie zusammentreffen, ergibt sich allein aus der Besitzstandswahrung nicht. Treffen demnach derartige Renten zusammen, die auf Versicherungsfällen vor dem 55. Lebensjahr beruhen, so gilt für sie die Vorschrift des § 1280 Abs. 1 RVO entsprechend, mögen ihre Rentenzahlbeträge auch unter Beachtung der besonderen Vorschriften des Art. 2 § 36 oder § 42 ArVNG berechnet worden sein.
Als angerechnet kann aber nur die Zurechnungszeit gelten, die sich bei der Berechnung der Rente nach neuem Recht ergibt. Deshalb kann sich, entgegen der Auffassung der Beklagten, beim Zusammentreffen einer nach Art. 2 § 31 in Verbindung mit § 36 ArVNG berechneten Versichertenrente mit einer nach Art. 2 § 42 ArVNG berechneten Witwenrente das Ruhen der einen Rente gemäß § 1280 Abs. 1 RVO nur dahin auswirken, daß die Rente mit der ungünstigeren Zurechnungszeit - das ist die Versichertenrente - in Höhe des Betrages ruht, der sich aus der Anrechnung der Zurechnungszeit ergibt, also in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Versichertenrente mit Zurechnungszeit und der Versichertenrente ohne Zurechnungszeit.
Es ist demnach nicht zu beanstanden, daß die Beklagte zur Ermittlung der in den Renten der Klägerin enthaltenen Zurechnungszeiten die Witwenrente nach neuem Recht mit Zurechnungszeit und ohne Zurechnungszeit berechnet und die nach Art. 2 § 31 in Verbindung mit § 36 ArVNG umgestellte Versichertenrente als Faktorenrente mit und ohne Zurechnungszeit berechnet und hierbei die Vorschriften der Verordnung über die Anwendung der Ruhensvorschriften der Reichsversicherungsordnung und des Angestelltenversicherungsgesetzes auf umzustellende Renten der Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten vom 9. Juli 1957 (BGBl I S. 704) angewandt hat. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil ist die günstigere Zurechnungszeit in der Witwenrente enthalten, so daß sie in voller Höhe im Betrage von 60,30 DM zu zahlen ist. Die Versichertenrente ruht insoweit, als sie aus der Zurechnungszeit berechnet ist, d. h. sie wird in Höhe des Betrages nicht ausgezahlt, der sich aus der Anrechnung der Zurechnungszeit ergibt. Das ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Versichertenrente mit Zurechnungszeit in Höhe von 21,- DM und der Versichertenrente ohne Zurechnungszeit in Höhe von 17,70 DM, also der Betrag von 3,30 DM. Die Versichertenrente der Klägerin in Höhe von 62,80 DM ruht demnach im Betrage von 3,30 DM, so daß diese Rente mit 59,50 DM auszuzahlen ist.
Demnach hat die Klägerin die Witwenrente im Betrage von 60,30 DM und die Versichertenrente im Betrage von 59,50 DM zu erhalten, so daß sie an sich Anspruch auf eine Rentenzahlung mit einem Gesamtbetrag von 119,80 DM hat. Das LSG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Versichertenrente im Betrage von 55,80 DM und die Witwenrente in Höhe von drei Vierteln von 46,30 DM gleich 34,60 DM, insgesamt mit 90,40 DM zu zahlen und diesen Rentenbetrag um den Sonderzuschuß von 21,- DM zu erhöhen, so da die Beklagte der Klägerin nach dem angefochtenen Urteil insgesamt 111,40 DM zu zahlen hätte.
Da der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Renten über das hinausgeht, wozu das LSG die Beklagte in dem angefochtenen Urteil verurteilt hat, muß die Revision der Beklagten ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen