Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangsrente. Höchstbetrag. Kürzung. Sprungrevision. Zustimmungserklärung. unbeglaubigte Fotokopie. Wiedereinsetzung. Übergangsfrist
Leitsatz (amtlich)
Der Kürzung des Höchstbetrags der Übergangsrente auf 400 DM stehen weder der Einigungsvertrag noch das Grundgesetz entgegen.
Normenkette
AAÜG §§ 11, 10 Abs. 5; EinigVtr Anlage II Kap VIII H III Nr. 9; GG Art. 3, 14, 20; SGG §§ 161, 67
Verfahrensgang
SG Dresden (Urteil vom 21.12.1992; Aktenzeichen S 2 An 353/92) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Dezember 1992 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Kürzung der Übergangsrente des Klägers von 780,00 DM auf 400,00 DM ab 1. August 1991.
Der 1935 geborene Kläger diente von Juni 1955 bis zum 31. August 1987 als Berufsoffizier, zuletzt im Range eines Oberstleutnants, in der “Nationalen Volksarmee” (NVA). Seit dem 1. September 1987 war er dort als Zivilbeschäftigter tätig. Antragsgemäß gewährte ihm die NVA mit Bescheid vom 30. Juli 1987 ab 1. September 1987 eine Übergangsrente in Höhe von 780,00 M monatlich gemäß der – nicht veröffentlichten – Ordnung-Nr 005/9/003 des Ministers für “Nationale Verteidigung” über die soziale Versorgung der Angehörigen der NVA (Versorgungsordnung – VersO, vom 1. September 1982). Sie betrug 54 vH einer Invalidenrente nach dieser VersO, die aus 65 vH der sog monatlichen “beitragspflichtigen” Durchschnittsvergütung für die Zeit von September 1986 bis August 1987 von 2.220,00 M berechnet worden wäre. Die Übergangsrente blieb unverändert, solange das Einkommen aus der Zivilbeschäftigung 1.301,78 M monatlich nicht überstieg (sog modifizierte Form der Übergangsrente).
Mit dem streitigen Bescheid vom 20. August 1991 kürzte die beklagte Bundesrepublik Deutschland den monatlichen Rentenanspruch ab 1. August 1991 gemäß § 11 Abs 1 Satz 1 Buchst b und Satz 2 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) auf 400,00 DM. Sie wies den Widerspruch des Klägers hiergegen mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1992 zurück. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte durch Bescheid vom 23. März 1992 den Bescheid vom 20. August 1991 abgeändert und den Anspruch auf Übergangsrente ab 1. Dezember 1991 neu auf monatlich – weiterhin – 400,00 DM festgestellt, weil durch § 11 Abs 8 AAÜG (idF des Rentenüberleitungs-Änderungsgesetzes vom 18. Dezember 1991 ≪BGBl I S 2207≫) ab 1. Dezember 1991 die modifizierte Form der Übergangsrente nicht mehr und nur noch die Grundform gewährt werden könne. Diese hatte nach der VersO 30 vH der Invalidenrente ohne Zuschläge betragen, die gemäß den Vorschriften über die Invalidenrente in Höhe von 75 vH der monatlichen “beitragspflichtigen” Durchschnittsvergütung zu errechnen war. Bei einer Höchstgrenze von 2.171,00 DM, einem anrechnungsfreien Betrag von 1.671,50 DM und einem Erwerbseinkommen von 1.165,50 DM sei der zuletzt festgestellte Zahlbetrag von 400,00 DM nicht weiter zu kürzen gewesen. Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 23. März 1992 durch Bescheid vom 24. Juni 1993 ab 1. Januar 1992 aufgehoben und festgestellt, nach Anwendung der Kürzungsbestimmungen zur Gewährung der Übergangsrente und nach der Rentenanpassung (§ 11 Abs 6 und 7 AAÜG) betrage die Übergangsrente ab Januar 1992 weiterhin 400,00 DM.
Das Sozialgericht (SG) Dresden hat die Klage durch Urteil vom 21. Dezember 1992 abgewiesen. Es vertritt die Auffassung, die Beklagte habe § 11 Abs 1 Satz 1 Buchst b AAÜG richtig angewandt. Diese Vorschrift stehe nicht im Widerspruch zu den Regelungen des Einigungsvertrages (EV) und verstoße auch nicht gegen die Eigentumsgarantie, den Gleichheitssatz und das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG).
Der Kläger rügt mit der – vom SG zugelassenen (Sprung-) – Revision, die gesetzliche Begrenzung des Zahlbetrages auf höchstens 400,00 DM monatlich verstoße gegen den vorrangig anzuwendenden EV, jedenfalls aber gegen Art 3 Abs 1, 14 Abs 1 und 20 GG. Er habe nie in Frage gestellt, daß die Entscheidung der Beklagten auf der Grundlage des AAÜG gesetzmäßig gewesen sei. Er meine aber, dieses Gesetz sei wegen des Vorrangs des EV nicht anzuwenden. Es bestehe eine Normenkonkurrenz. Im EV sei bestimmt, daß die Übergangsrente wie eine Sozialversicherungsrente zu behandeln sei. Sie sei von der Zahlbetragsgarantie geschützt. Keinesfalls sei der Bundesgesetzgeber durch den EV ermächtigt gewesen, eine Regelung zu schaffen, welche seine Beitragsleistungen völlig außer Betracht lasse. Der EV habe eine Bestimmung zwingend vorgeschrieben, die sich an den in dieses Versorgungssystem tatsächlich geleisteten Beiträgen orientiere. Andernfalls sei die Eigentumsgarantie verletzt. Nicht nachvollziehbar sei, daß die Festlegung einer Höchstgrenze von 400,00 DM nicht willkürlich sei; sie lasse seine Beiträge unberücksichtigt. Schließlich habe er berechtigterweise und spätestens aufgrund der Weiterzahlung des alten Betrages über den 3. Oktober 1990 hinaus rechtsstaatlich geschützt darauf vertrauen dürfen, daß ihm wenigstens dieser Betrag nicht gekürzt werden würde. Dem Kürzungsbescheid fehle mangels verfassungsgemäßer Ermächtigung die Rechtsgrundlage.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Dezember 1992 und den Bescheid vom 20. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1992 sowie den Bescheid vom 23. März 1992 und den Bescheid vom 24. Juni 1993 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Übergangsrente in Höhe von mindestens 780,00 DM monatlich über den 31. Juli 1991 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, es liege keine Normenkonkurrenz zwischen dem EV und dem AAÜG vor, weil das AAÜG den Inhalt des EV vertragsgemäß ausgestaltet und der EV hierfür sogar nur eine Verordnungsermächtigung vorgesehen habe. Die Eigentumsgarantie sei nicht verletzt, weil weder die sog Zahlbetragsgarantie eingreife noch am 3. Oktober 1990 für den Kläger eine gesetzlich anerkannte individuelle Rechtsposition mit Eigentumsqualität bestanden habe. Die Weiterzahlung der Übergangsrente habe nach dem EV unter Vorbehalten gestanden. Die Übergangsrente sei eine Sonderleistung für ehemalige NVA-Angehörige gewesen; sie habe als monatlich wiederkehrende Ausgleichszahlung für Einkommensminderungen im Zivilberuf eine im Vergleich zur übrigen Bevölkerung, die gleichfalls Sozialversicherungsbeiträge zu tragen gehabt habe, Besserstellung bedeutet. So seien auch beim Kläger die in die gesetzliche Rentenversicherung überführbaren Ansprüche und Anwartschaften gemäß § 4 Abs 2 AAÜG in die Rentenversicherung übernommen worden; die Übergangsrente werde ihm gleichwohl noch zusätzlich weitergewährt.
Entscheidungsgründe
II
Die (Sprung-)Revision des Klägers ist zulässig. Zwar hat er entgegen § 161 Abs 1 Satz 3 Regelung 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Zustimmungserklärung der beklagten Bundesrepublik Deutschland zur Einlegung der im Urteil des SG zugelassenen Sprungrevision nicht bis zum Ablauf der Revisionseinlegungsfrist (Montag, den 31. Mai 1993), sondern erst am 11. Juni 1993 beim Bundessozialgericht (BSG) vorgelegt. Innerhalb der Frist ist hingegen nur eine nicht öffentlich beglaubigte Fotokopie der Erklärung der Beklagten vom 14. Mai 1993, die am 18. Mai 1993 beim Prozeßbevollmächtigten des Klägers eingegangen ist, eingereicht worden. Die verspätete “Beifügung” (so § 161 Abs 1 Satz 3 SGG) des Originals der Zustimmungserklärung oder einer den Anforderungen des § 435 der Zivilprozeßordnung (ZPO) genügenden beglaubigten Abschrift hiervon führt zur Unzulässigkeit der Revision. Der Senat (BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 2; dazu Bundesverfassungsgericht SozR 3-1500 § 161 Nr 5) hält an seiner Auffassung fest, daß der Große Senat des BSG (BSGE 12, 230, 233 f = SozR Nr 14 zu § 161 SGG) bereits für den gesamten Anwendungsbereich von § 161 Abs 1 Satz 3 SGG geklärt hat, daß die Vorlage einer unbeglaubigten Fotokopie nicht den Nachweis der Erteilung der Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision iS dieser Vorschrift erbringt.
Hierauf ist nicht weiter einzugehen, weil die Sprungrevision des Klägers trotz dieser Fristversäumnis zulässig ist. Zwar ist Wiedereinsetzung in die auch für die Beifügung der Zustimmungserklärung geltende Revisionseinlegungsfrist iS von § 67 SGG nicht zu gewähren. Nachdem der 1. Senat des BSG seine frühere Auffassung (SozR 1500 § 67 Nr 11) aufgegeben hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne in derartigen Fällen nicht gewährt werden (Beschluß vom 2. März 1994 – 1 RK 58/93, zur Veröffentlichung vorgesehen), ist der Rechtsbehelf des § 67 SGG zwar statthaft. Nach Aktenstand ist aber kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, der den Prozeßbevollmächtigten des Klägers gehindert haben könnte, der am 26. Mai 1993 beim BSG eingegangenen Revisionsschrift das ihm vorliegende Original der Zustimmungserklärung der Beklagten beizufügen.
Dem Kläger kommt aber zugute, daß er Revision noch vor Ablauf des September 1993 eingelegt hat. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des 6. Senats des BSG (SozR 3-1500 § 161 Nr 3 mwN), daß die Vorlage einer unbeglaubigten Fotokopie der Zustimmungserklärung des Rechtsmittelgegners für eine Übergangszeit, die mit dem September 1993 abgelaufen ist, zur Fristwahrung ausreicht. Grund hierfür ist das Prinzip der Rechtsmittelklarheit. Denn der 3. Senat des BSG (BSGE 20, 154, 155 f = SozR Nr 17 zu § 161 SGG) und – beiläufig – auch der 12. Senat des BSG (SozR 1500 § 161 Nr 5) hatten im Blick auf die Beifügung einer außerhalb der mündlichen Verhandlung abgegebenen Zustimmungserklärung die Vorlage einer unbeglaubigten Fotokopie für ausreichend gehalten.
Gegenstand der revisionsgerichtlichen Prüfung sind nur der Bescheid vom 20. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1992 und der während des Klageverfahrens ergangene, den Anspruch des Klägers ab Dezember 1991 regelnde Bescheid vom 23. März 1992, der gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Im Revisionsverfahren ist gemäß § 171 Abs 2 SGG nicht zu überprüfen, ob der Bescheid vom 24. Juni 1993, der den streitigen Anspruch für die Zeit ab 1. Januar 1992 neu festgestellt hat, rechtmäßig ist. Er gilt als mit der Klage beim SG Dresden angefochten.
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die zulässigen Klagen (§ 54 Abs 1 und 5 SGG) zu Recht abgewiesen. Der streitige Kürzungsbescheid vom 20. August 1991 und der diesen ab 1. Dezember 1991 ersetzende Neufeststellungsbescheid vom 23. März 1992 sind, soweit sie angefochten worden sind, also im Blick auf die Kürzung des Anspruchs von 780,00 DM auf 400,00 DM, rechtmäßig.
Da der Revisionskläger die vom SG bestätigte Gesetzmäßigkeit dieser Verwaltungsakte auf der Grundlage der Vorschriften des AAÜG nicht in Zweifel zieht, bedarf keiner näheren Darlegung, daß diese vorliegt: Die Beklagte hat über einen gemäß § 1 AAÜG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fallenden Anspruch als nach §§ 9 Abs 3 Satz 2 iVm 8 Abs 4 Nr 2 AAÜG zuständiger Versorgungsträger entschieden, als sie über die Kürzung der nach § 9 Abs 1 Nr 1 AAÜG nicht in die Rentenversicherung überführten und deswegen von ihr weitergezahlten Übergangsrente des Klägers nach § 11 AAÜG befand. Form- oder Verfahrensfehler liegen nicht vor; insbesondere durfte die Beklagte aufgrund der spezialgesetzlichen Ermächtigung in §§ 11 Abs 1 Satz 2 und 10 Abs 5 AAÜG diesen Kürzungseingriff ohne vorherige Anhörung des Klägers und auch rückwirkend vornehmen (ständige Rechtsprechung seit BSGE 72, 50). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die streitige Kürzung liegen vor. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 Buchst b AAÜG sind die Zahlbeträge aus Versorgungsleistungen aufgrund vorzeitiger Entlassung aus Sonderversorgungssystemen vom Ersten des auf die Verkündung des AAÜG folgenden Kalendermonats an, dh seit dem 1. August 1991, bei Übergangsrenten auf den Betrag von 400,00 DM zu begrenzen. Die Beklagte hat hierfür keinen Ermessensspielraum; sie muß die Kürzung vornehmen.
Die Revision trägt richtig vor, daß sie nur dann Erfolg haben kann, wenn die Anwendung dieser Vorschriften des AAÜG durch Normen des EV hintangehalten wird oder wenn § 11 Abs 1 Satz 1 Buchst b AAÜG verfassungswidrig ist. Beides ist nicht der Fall:
Die Vorschriften in EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 (EV Nr 9) haben keinen Geltungs- oder Anwendungsvorrang gegenüber den Regelungen des AAÜG (ständige Rechtsprechung seit BSGE 72, 50; vgl Vorlagebeschluß vom 30. März 1994 – 4 RA 33/92). EV Nr 9 bestimmt – vorbehaltlich von hierzu spezielleren Bestimmungen im EV selbst –, ob Regelungen für Sonder- und Zusatzversorgungssysteme als Bundesrecht fortgelten. Inhaltlich legt EV Nr 9 das Programm fest, ob und ggf wie und in welchem Umfang Ansprüche und Anwartschaften aus diesen Versorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung überführt oder außerhalb derselben weiterbestehen sollen. EV Nr 9 ist gemäß dem Vertragsgesetz hierzu dem Rang nach ein Bundesgesetz ohne verfassungs- oder völkerrechtlichen Vorrang, das auch keine gegenüber dem AAÜG spezielleren Regelungen enthält. Es handelt sich also um ein älteres Bundesgesetz, das von dem neueren Gesetz, hier: dem AAÜG, ersetzt bzw verdrängt wird, soweit dieses im übrigen verfassungsgemäß ist. Schon deshalb ist hier nicht darzulegen, daß EV Nr 9 Buchst e Satz 2 die Höhe weitergezahlter Übergangsrenten nicht unter Bestandsschutz gestellt, insbesondere die sog Zahlbetragsgarantie (Buchst b Satz 4 und 5 aaO) nicht auf sie bezogen, sondern vorgeschrieben hat, ua diese Leistung an die allgemeinen Regelungen der Sozialversicherung anzupassen, die eine der Übergangsrente vergleichbare Leistung nicht kennen.
Zutreffend hat das SG erkannt, daß § 11 Abs 1 Satz 1 Buchst b AAÜG Vorschriften des GG nicht widerspricht (vgl zum folgenden Urteil des Senats vom 10. Mai 1994 – 4 RA 49/93, zur Veröffentlichung vorgesehen ≪Dienstbeschädigungsteilrente≫):
Die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG ist nicht verletzt. Dem Kläger hat mit Beginn des 3. Oktober 1990 und seither kein eigentumsgeschützter Anspruch auf eine Übergangsrente in bestimmter Höhe zugestanden. Es gibt kein inhaltsbestimmendes Bundesgesetz iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG, das seine Rechtsposition als Eigentum iS dieses Grundrechts qualifiziert hat. Soweit er sich auf früheres Recht der DDR beruft, kommt diesem inhaltsbestimmende Bedeutung nur und nur insoweit zu, als es durch den EV oder durch spätere Bundesgesetze (bzw Landesgesetze) als inhaltsbestimmende Norm anerkannt wurde.
EV Nr 9 und AAÜG haben jedoch den Anspruch des Klägers auf Übergangsrente gerade in der Höhe von 780,00 DM nicht als Eigentum ausgestaltet und anerkannt. Schon sein verwaltungsverfahrensrechtlich, nämlich durch den Bescheid der NVA vom 30. Juli 1987, der gemäß Art 19 Satz 1 EV bindend geblieben war, begründeter Anspruch auf Weiterzahlung dieser Rente stand nach EV Art 19 Satz 3 ua unter dem Vorbehalt, daß im übrigen die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt bleiben; diese bundesrechtliche Rechtsposition war also von vornherein dadurch eingeschränkt, daß späteren Änderungen der materiellen Rechtslage durch Bescheidänderung Rechnung zu tragen war. Materiell-rechtlich hatte EV Nr 9 Buchst b Satz 2 die Weiterzahlung der Übergangsrente von vornherein unter einen Anpassungsvorbehalt gestellt.
Entgegen der Ansicht des Klägers beruhte die Fortgewährung der Leistung nicht auf EV Nr 9 Buchst b; denn die Übergangsrente ist keine Leistung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter oder Tod, sondern eine Ausgleichszahlung, die den aus dem aktiven Dienst der NVA entlassenen Berufsunteroffizieren, Fähnrichen und Berufsoffizieren bis zum Rentenalter einen Teil der Differenz zwischen ihrem bisherigen Gehalt und den Einkünften aus ihrer neuen Zivilbeschäftigung ausgleicht, es ihnen also trotz der Einkünfte aus der vollen Ausübung eines Zivilberufes ermöglicht, den früher höheren Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Solche Leistungen sind der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland fremd. Deshalb hat EV Nr 9 Buchst e Satz 1 sie grundsätzlich abgeschafft.
Nur die in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 genannten Bestandsrentner konnten seit dem 1. Januar 1991 noch Ansprüche auf solche Übergangsrenten haben. Diese standen jedoch gemäß Halbsatz 2 aaO unter dem auch für die überführten Ansprüche geltenden Anpassungsvorbehalt in EV Nr 9 Buchst b Satz 2 und 3. Damit war festgelegt, daß die Sonderversorgungsberechtigten, die rentenversicherungsfremde Leistungen – wie zB die hier streitige Übergangsrente – erhalten, nicht bessergestellt werden dürfen als die übrigen Sonder- und Zusatzversorgungsberechtigten. Insbesondere galt für die unter Buchst e aaO fallenden Ansprüche die sog Zahlbetragsgarantie des EV Nr 9 Buchst b Satz 4 und 5 nicht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Bundesgesetzgeber vor diesem Hintergrund befugt gewesen wäre, die Gewährung von Übergangsrenten ohne weitere konkrete verfassungsrechtliche Einschränkungen seines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums schlechthin einzustellen. Er hat sich nämlich nicht dafür, sondern nur für eine Beschränkung auf die Grundform der Übergangsrente und für eine Begrenzung des Höchstbetrages dieser Ausgleichszahlung entschieden. Er war ferner aus der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG auch nicht gegenüber den deutschen Staatsbürgern in der DDR verpflichtet, deren in der DDR erworbenen Ansprüche nach Art oder Höhe als Eigentum iS des Bundesrechts zu übernehmen. Dies gilt auch im Blick auf die sog Beiträge zum Versorgungssystem der NVA. Hierzu trägt die Beklagte richtig vor, daß jedenfalls der Anspruch auf Übergangsrente in keiner erkennbaren Beziehung zu dem “Beitrag” genannten 10 %-igen Abzug von Nominalgehalt als Berufssoldat steht. Abgesehen davon sind die sog Beiträge zum Versorgungssystem auch bei der NVA – wie bei dem Sonderversorgungssystem der Anlage 2 Nr 4 zum AAÜG – nur der äußeren Bezeichnung nach mit Sozialversicherungsbeiträgen iS des Bundesrechts vergleichbar; rechtlich und wirtschaftlich handelte es sich vielmehr um bloße Lohnkürzungen zugunsten des allgemeinen (oder Teil-)Haushalts der DDR. Hierauf ist nicht weiter einzugehen. Denn die VersO der NVA hat (ebensowenig wie die anderen Sonderversorgungssysteme) auch nur ansatzweise Leistungen vorgesehen, die von diesen “Beiträgen” nach Grund oder Höhe beeinflußt gewesen wären. Der Bundesgesetzgeber war also bei der Ausgestaltung von Eigentum an Rentenansprüchen und -anwartschaften aus Sonderversorgungssystemen frei, auch scheinbar beitragsfinanzierte Leistungsansprüche nicht als Eigentum zu qualifizieren.
Der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt. Die NVA-Sonderleistung der Übergangsrente ist der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland (und war auch der Sozialversicherung der DDR) fremd. Sie führte zu einer deutlichen wirtschaftlichen Besserstellung der vor Erreichen des Rentenalters ausgeschiedenen Berufssoldaten der NVA. Diese erhielten bei der modifizierten Übergangsrente mindestens die Hälfte einer vollen Invalidenrente als Zuschuß zur Lebensführung zusätzlich zum Erwerbseinkommen; Obergrenze war die Höhe der letzten Nettodienstbezüge und -zulagen zzgl des gezahlten Wohnungs- und Verpflegungsgeldes; erst wenn modifizierte Übergangsrente und Nettoeinkommen aus der Zivilbeschäftigung diesen Betrag überstiegen, wurde die Übergangsrente in dieser Höhe gekürzt. Es ist daher nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber des AAÜG die Gleichbehandlung unter den Sonderversorgungsberechtigten untereinander, aber auch im Verhältnis zu den Versicherten dadurch gefördert hat, daß er die Übergangsrenten deutlich gekürzt und nur noch die Grundform der Übergangsrente zugelassen hat. Die Höhe des Grenzwertes von 400,00 DM ist durch das Ziel gerechtfertigt, Gleichbehandlung typisierend auch mit den Sonderversorgungsberechtigten herzustellen, die Übergangsrente in der Grundform bezogen haben.
Die Vorinstanz hat auch richtig ausgeführt, daß sich der Kläger angesichts der Rechtsentwicklung auf schutzwürdiges Vertrauen darauf, ihm werde aus Steuermitteln weiterhin ein besonderer Zuschuß in Höhe von wenigstens 780,00 DM monatlich gewährt werden, nicht berufen kann.
Nach alledem war die Revision des Klägers gegen das zutreffende Urteil des SG Dresden abzuweisen.
Gemäß § 171 Abs 2 SGG sind jedoch die Akten zur Fortsetzung des Verfahrens vor dem SG im Blick auf den Bescheid vom 24. Juni 1993 an dieses Gericht zurückzuleiten.
Die Kostenentscheidung für dieses Revisionsverfahren folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen