Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 27. August 1993 abgeändert und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Februar 1993 in vollem Umfang zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Entziehung einer Dienstbeschädigungsteilrente (DBTR).
Der im November 1924 geborene Kläger war seit 1948 Berufsoffizier. Bei seinem Ausscheiden aus der Nationalen Volksarmee (NVA) im Jahre 1975 hatte er den Rang eines Oberstleutnants.
1975 wurde bei ihm als Dienstbeschädigung eine Bechterew'sche Erkrankung (iS einer richtunggebenden Verschlimmerung) mit einer MdE von 50 vH anerkannt und ihm wegen dieses Leidens eine DBTR gewährt (Bescheid vom 6. Januar 1976).
1980 bewilligte das Wehrbezirkskommando unter Umwandlung der DBTR dem Kläger eine Dienstbeschädigungsvollrente nach der Versorgungs-Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die Soziale Versorgung der Angehörigen der NVA (Versorgungsordnung – VersO) wegen dauernder Dienstuntauglichkeit bzw überwiegender Arbeitsverwendungsunfähigkeit (Bescheid vom 14. März 1980).
Mit Bescheid vom 17. Juli 1990 erkannte das Wehrbezirkskommando Potsdam dem Kläger gemäß den Bestimmungen der VersO nach Vollendung des 65. Lebensjahres anstelle der Dienstbeschädigungsvollrente ab 1. November 1989 eine Altersrente in Höhe von 1.200,– M zu (75 % der monatlichen Durchschnittsvergütung von Dezember 1974 bis Dezember 1975) sowie durch Bescheid vom gleichen Tag – ebenfalls nach der VersO – eine – wiederaufgelebte – DBTR in Höhe von 300,– M (= 50 % der Dienstbeschädigungsvollrente unter Kürzung von 50 % wegen des Bezugs einer anderen, nicht „gleichartigen” Rente).
Mit dem streitigen Bescheid vom 5. August 1991, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 1991, verfügte die Beklagte, die DBTR des Klägers werde ab 1. August 1991 eingestellt. § 11 Abs 2 und 5 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606, 1677), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Ergänzung der Rentenüberleitung (RüErgG) vom 24. Juni 1993 (BGBl I S 1038), schreibe die Einstellung der DBTR zwingend vor.
Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat die Klage durch Urteil vom 18. Februar 1993 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG und die streitigen Verwaltungsentscheidungen abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger DBTR auch für August 1991 zu zahlen; im übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Auffassung des SG stehe dem Kläger eine DBTR auch für August 1991 zu. Bei Einstellung der DBTR sei § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu berücksichtigen gewesen, da über § 8 Abs 3 Satz 2 iVm § 10 Abs 5 und § 11 Abs 5 Satz 5 AAÜG die Vorschriften des SGB X heranzuziehen gewesen seien. Denn für Leistungen, die allein wegen qualitativer Arbeit und nicht wegen einer regimenahen Tätigkeit gewährt worden seien, sei der Entzug ohne Vertrauensschutz nicht gerechtfertigt. Für die Zeit ab September 1991 sei jedoch die DBTR gemäß § 11 Abs 5 Satz 4 AAÜG mit dem Bezug der Rente entfallen. § 11 Abs 5 AAÜG verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Art 14 Grundgesetz (GG) werde nicht verletzt, weil die Eigentumsgarantie nur Ansprüche betreffe, die im jeweiligen Geltungsbereich des GG begründet seien. Die Bundesrepublik Deutschland sei gemäß Art 135a GG nicht verpflichtet, sämtliche Ansprüche der früheren Bewohner der DDR zu erfüllen.
Beide Beteiligten haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt; sie rügen ua eine fehlerhafte Anwendung von § 11 AAÜG.
Der Kläger ist folgender Auffassung:
Wenn das Soldatenversorgungsgesetz (SVG) auch für Angehörige der NVA gelten würde, und seine Anwendung nicht durch den Einigungsvertrag (EV) vom 31. August 1990 (BGBl II S 889) ausgeschlossen worden wäre, würde ihm eine Rente wegen einer Dienstbeschädigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes zuerkannt werden müssen. Infolgedessen verstoße der Ausschluß der Leistungen gegen Art 3 GG. Denn ihm müsse ebenso wie den Angehörigen der Bundeswehr, die beim Dienst erkrankt seien oder einen Unfall erlitten hätten, eine Entschädigung gezahlt werden. Die NVA sei eine für jeden Staat übliche Einrichtung; daher könne bei einer Tätigkeit für die NVA nicht von vornherein der Schluß auf eine Systemnähe gezogen werden. Daß die DBTR nur denjenigen nicht mehr gewährt werde, die vor der Wiedervereinigung aus der ehemaligen NVA entlassen worden seien, sei kein sachlicher Differenzierungsgrund. Entgegen der Auffassung des LSG verstoße die Regelung im EV und im AAÜG auch gegen Art 14 GG. Denn jeder Bürger der DDR, der in den Schutzbereich des GG gelange, habe einen Anspruch auf die Garantien des GG. Spätestens durch den Beitritt der ehemaligen DDR sei er in den Schutzbereich von Art 14 GG gelangt, der auf die Zeit vor Inkrafttreten des GG in den neuen Ländern zurückstrahle.
Das LSG habe es im übrigen verfahrensfehlerhaft unterlassen, den zuständigen Unfallversicherungsträger beizuladen. Denn selbst wenn ihm DBTR von der Beklagten nicht zu gewähren sei, habe er gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Entschädigung. Nach Anlage II des EV Sachgebiet I Nr 4 gelte nämlich § 220 Abs 4 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juni 1977 (GBl I Nr 18 S 185 ≪AGB≫) bis 31. Dezember 1991 weiter. Nach dieser Vorschrift gelte auch ein Dienstunfall bzw eine Diensterkrankung als Arbeitsunfall, so daß die Ansprüche wegen Dienstbeschädigungen ebenso wie die wegen Arbeitsunfällen in die gesetzliche Unfallversicherung überführt worden seien und § 1050 Reichsversicherungsordnung (RVO) Anwendung finde.
Im übrigen habe das LSG zutreffend entschieden, daß § 48 SGB X durch die ausdrückliche Anordnung in § 11 Abs 5 Satz 5 iVm § 10 Abs 5 und § 8 Abs 3 Satz 2 AAÜG zur Anwendung gelange. Infolgedessen greife auch die Vertrauensschutzregelung des § 48 SGB X ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 19. Januar 1994 (Bl 50 ff dA), vom 22. März 1994 (Bl 79 ff dA) und vom 28. Juli 1994 (Bl 93 ff dA) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 27. August 1993 sowie das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Februar 1993 und den Bescheid der Beklagten vom 5. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 1991 aufzuheben und die Beklagte zu verur teilen, ihm Dienstbeschädigungsteilrente über den 31. August 1991 hinaus zu gewähren,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 27. August 1993 aufzuheben und den Rechtsstreit an dieses Gericht zurückzuverweisen,
- die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
- das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 27. August 1993 abzuändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Februar 1993 in vollem Umfang zurückzuweisen,
- die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht:
Die Entziehung der DBTR ab 1. August 1991 sei rechtmäßig. Denn § 11 Abs 5 Satz 2 iVm § 11 Abs 5 Satz 5 AAÜG stelle eine Sonderregelung gegenüber § 48 SGB X dar.
Eine absolute Besitzstandswahrung sei von den Einigungsvertragsparteien nicht gewollt gewesen. Wie sich aus § 9 Abs 1 Nr 2 AAÜG ergebe, handele es sich bei der DBTR um eine Leistung, die nicht zu überführen sei. Lediglich aus sozialstaatlichen Erwägungen sei die DBTR so lange zu zahlen, bis eine als ausreichend angesehene Versorgung, nämlich wie beim Kläger eine Vollrente wegen Alters, hinzutrete. Der Kläger verkenne, daß die DBTR nicht nach sozialem Entschädigungsrecht, sondern nach den Bestimmungen der VersO zu gewähren sei. Beide Leistungsarten würden vom Gesetzgeber nicht gleichgesetzt. Die Dienstbeschädigung sei nämlich nicht bei einer Tätigkeit eingetreten, bei der er unter dem Schutz der Sozialversicherung gestanden habe, sondern während seines Dienstes bei der NVA; zu diesem Zeitpunkt habe er jedoch dem Sonderversorgungssystem für die Angehörigen der NVA angehört und Leistungen aufgrund dieser VersO bezogen. Die Zuständigkeit eines Trägers der Unfallversicherung scheide daher aus. Die Berufsgenossenschaft sei deshalb nicht beizuladen gewesen.
Die Regelungen im EV und im AAÜG verstießen auch nicht gegen das GG.
Wegen des Vortrags im übrigen wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 3. Dezember 1992 (Bl 37 ff dA) und vom 22. Februar 1994 (Bl 64 ff dA) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet; hingegen ist die Revision des Klägers unbegründet. Das LSG hätte die Berufung des Klägers insgesamt zurückweisen müssen, weil das SG richtig entschieden hat.
Einer Beiladung des Trägers der Unfallversicherung bedurfte es nicht. Nach den vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) ist eine Rechtsgrundlage, die dem Kläger einen Anspruch gegen einen Unfallversicherungsträger auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer bei der NVA erlittenen Dienstbeschädigung einräumt, nicht ersichtlich. Denn der Bundesgesetzgeber hat – wie unten noch weiter auszuführen sein wird – den dienstunfallverletzten Bestandsrentnern aus dem engeren Staatsdienst der DDR keine eigenständige Unfallentschädigung zuerkannt (vgl Urteil des Senats vom 10. Mai 1994 – 4 RA 49/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Dienstbeschädigung, wegen der dem Kläger die DBTR bewilligt wurde, ist nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG in – einem inneren – Zusammenhang mit dem Dienst bei der NVA eingetreten. Es handelt sich somit nicht um einen Arbeitsunfall iS der allgemeinen Sozialversicherung der DDR.
Die streitigen Verwaltungsentscheidungen sind rechtmäßig. Die Beklagte durfte und mußte dem Kläger die DBTR ab 1. August 1991 entziehen. Mangels hinreichend eindeutiger verfassungsrechtlicher Maßstäbe steht nicht iS einer die Vorlagepflicht nach Art 100 Abs 1 GG auslösenden Überzeugung des Senats fest, daß der Bundesgesetzgeber mit § 11 AAÜG die Grenzen seines Gestaltungsspielraumes überschritten hat. Dies hat der Senat bereits in mehreren Entscheidungen (seit dem Urteil vom 10. Mai 1994 – 4 RA 49/93 aaO) geklärt. Er hält hieran nach erneuter Überprüfung fest:
A: Dem Kläger stand zwar bis einschließlich Juli 1991 aufgrund der – für das BSG allein maßgeblichen (§ 162 SGG) bundesrechtlichen – Übergangsregelung in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 und entsprechend Buchst b Satz 2 ein Anspruch auf DBTR ab Oktober 1990 „bis zur Überführung der in EV Nr 9 Buchst b Satz 1 genannten Leistungen in die gesetzliche Rentenversicherung”) zu; dies war durch den gemäß Art 19 Satz 1 EV wirksam gebliebenen Bescheid vom 17. Juli 1990 bindend (iS von § 77 SGG) anerkannt. Gemäß § 11 Abs 5 Satz 2 und 5 AAÜG war die Beklagte jedoch – ohne hierzu den Kläger anhören zu müssen – verpflichtet, diesen Anspruch mit Wirkung zum 1. August 1991 zu entziehen:
Dieser verfahrens- und materiell-rechtliche Gehalt ist dem Wortlaut und Aufbau der Vorschrift zwar nicht unmittelbar zu entnehmen. Auch die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 12/405 S 148; BT-Drucks 12/826 S 22 f) verdeutlichen nur, daß § 11 AAÜG die Gleichbehandlung zwischen den Sonderversorgungsberechtigten mit in die Rentenversicherung überführten und denjenigen mit nicht darin überführten Ansprüchen sichern soll. Daher hängt das Verständnis dieser komplexen gesetzlichen Regelung von ihrer sachthematischen Verknüpfung mit den §§ 4 Abs 1 bis 3, 9 Abs 1 und 10 Abs 1 und 2 aaO sowie mit EV Nr 9 Buchst b und e ab. Vor diesem Hintergrund läßt der Gesetzestext die Rechtsnormen, die er im Blick auf Dienstbeschädigungs-(Voll- und Teil-)Renten verlautbaren soll, mit rechtsstaatlich gerade noch hinreichender Klarheit erkennen. Sie lauten:
Wer im engeren Staatsdienst der DDR (Anlage 2 zum AAÜG: NVA, Deutsche Volkspolizei, Feuerwehr, Strafvollzug, Zollverwaltung und MfS) beschäftigt war und in innerem Zusammenhang mit einem solchen Dienst eine Dienstbeschädigung erlitten hat, erhält ab 1. August 1991 keine Dienstunfallentschädigung mehr. Dies gilt nicht, solange der Berechtigte das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und eine DBTR, aber noch keine Rente wegen Alters und keine andere Volleistung aus dem Versorgungssystem bezieht; erhält er daneben eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit iS von §§ 43 bis 45 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) oder von Art 2 §§ 7 ff des Rentenüberleitungs-Gesetzes (RÜG), wird diese auf die DBTR in voller Höhe anspruchsmindernd angerechnet. Der Fortfall der Ansprüche auf DBTR und die Begrenzung „isolierter” DBTR-Ansprüche ist in jedem Fall zum 1. August 1991 unter Aufhebung entgegenstehender Verwaltungsakte durchzusetzen, ohne daß eine Anhörung der Betroffenen erforderlich ist.
B: Dies ergibt sich im wesentlichen aus folgendem:
1. Durch EV Nr 9 Buchst b Satz 2 und Buchst e Satz 2 war die Grundentscheidung getroffen worden, die Rentenansprüche aus Sonderversorgungssystemen ausschließlich in nur eine (Voll-)Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder in nur eine hiermit vergleichbare Versorgungsleistung einmünden zu lassen, und zwar auch dann, wenn der Rechtsgrund für den Rentenanspruch in einer Dienstbeschädigung lag:
a) Die og vier Sonderversorgungssysteme (Anlage II zum AAÜG) enthielten im wesentlichen Vorschriften über die Soziale Sicherung der hauptberuflich im engeren Staatsdienst der DDR Beschäftigten und ihrer Familienangehörigen bei Krankheit, Dienstunfall, Invalidität, Alter und Tod. Außerdem regelten sie auch „dienstrechtliche”) Übergangsleistungen (zB bei Einkommenseinbußen) für die Zeit nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem aktiven Dienst. Strukturell stimmten diese Regelungen weitgehend mit den allgemeinen, für alle sonstigen Beschäftigten geltenden Regeln über die Soziale Sicherheit überein; jedoch gehörten die Bediensteten im engeren Staatsdienst während der Zeit ihres aktiven Dienstes der allgemeinen Sozialversicherung nicht an „Sonder”-Versorgung). Voll- oder Teilrenten wegen einer Dienstbeschädigung, die auf einem Dienstunfall, einem diesem gleichgestellten Unfall oder auf einer Diensterkrankung (im folgenden: Dienstunfall) beruhen konnten, durften aber grundsätzlich nur nach der vorzeitigen Entlassung aus dem aktiven Dienst gewährt werden (Ausnahmen waren uU nur bei besonderer beruflicher oder persönlicher Betroffenheit zugelassen).
b) Der EV hat Ansprüche und Anwartschaften wegen vor dem 3. Oktober 1990 eingetretener Arbeitsunfälle, die nicht im inneren Zusammenhang mit Verrichtungen im engeren Staatsdienst der DDR verursacht worden sind, in die gesetzliche Unfallversicherung überführt, wenn es sich hierbei um Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten iS der allgemeinen Sozialversicherung der DDR gehandelt hat. Hingegen hat er die Regelungen der Sonderversorgungssysteme ua über Renten aufgrund von Dienstunfällen nicht in die gesetzliche Unfallversicherung übergeleitet, sondern dem Sachgebiet „Rentenversicherung” (iS des EV) zugeordnet. Hier wurde bestimmt, daß nur die Ansprüche und Anwartschaften wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod in die gesetzliche Rentenversicherung überführt (EV Nr 9 Buchst b Satz 1), sonstige Sonderversorgungsrenten jedoch ab 1. Januar 1991 nur noch den in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 genannten Bestandsrentnern und Anwartschaftsinhabern gewährt werden sollten. Hierbei ist nicht verkannt worden, daß im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung keine Leistungsarten vorhanden sind, die nach ihrem Rechtsgrund und ihrer Ausgestaltung den Dienstbeschädigungs-(Voll-und Teil-)Renten oder den sonstigen Übergangsleistungen aus den Sonderversorgungssystemen entsprechen. Insbesondere sind Dienstbeschädigungsrenten keine „Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit” iS von EV Nr 9 Buchst b Satz 1, der den Sprachgebrauch des SGB VI übernimmt und damit das Ziel der vorgeschriebenen Überführung sowie die Rentenarten konkretisiert, für die Buchst b aaO in direkter Anwendung gilt.
c) Die Geltung der sonstigen Sonderversorgungsregelungen über ua Dienstbeschädigungsrenten ist in EV Nr 9 Buchst e abschließend geregelt worden: Satz 1 aaO bestimmte deren Außerkrafttreten mit dem 31. Dezember 1990. Ansprüche auf solche Versorgungsleistungen konnten nach EV Nr 9 Buchst e Satz 2 nur noch Personen haben, die am 3. Oktober 1990 bereits die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hatten und bis Ende 1990 aus dem aktiven Dienst entlassen worden waren; für diesen allein noch berechtigten Personenkreis galt nach Satz 2 Halbsatz 2 aaO EV Nr 9 Buchst b Satz 2 und 3 „entsprechend” (nicht aber Satz 4 und 5, also nicht die sog Zahlbetragsgarantie). Nach diesen Vorschriften waren die bisherigen Versorgungsregelungen „bis zur Überführung” weiterhin anzuwenden, die Leistungen aber nach Art, Grund und Umfang denjenigen der allgemeinen Rentenversicherung anzupassen. Die „entsprechende Anwendung” bezweckt also vor allem, Besserstellungen gegenüber den Sonderversorgungsberechtigten zu verhindern, deren Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden (Anpassungsvorbehalt).
2. Das AAÜG setzt dieses bundesrechtliche Normprogramm vor allem in den §§ 4 und 11 aaO um:
a) § 4 Abs 2 und 3 aaO überführt (zum 1. Dezember 1991 – § 2 Abs 2 AAÜG) die in Sonderversorgungssystemen erworbenen Ansprüche auf „anpaßbare” Leistungen (Invalidenvollrente, Altersrente und Hinterbliebenenrente) in die Rentenversicherung, wie sie am 1. August 1991 im Beitrittsgebiet bestand.
Für die Dienstbeschädigungsvollrente, die grundsätzlich eine dienstunfallbedingte Invalidität oder Dienst- und Arbeitsverwendungsunfähigkeit voraussetzte und ähnlich wie eine Invalidenvollrente zu berechnen und dieser insoweit „gleichartig” war, (und für die Dienstbeschädigungshinterbliebenenrente) wurde die „Überführung” dadurch ermöglicht, daß sie im Wege der Fiktion als Invalidenrente (bzw Hinterbliebenenrente) iS des damals im Beitrittsgebiet gültigen Rentenversicherungsrechts eingeordnet wurde. Damit ist sie als eigenständige Unfallentschädigung abgeschafft. Eine derartig „überführte” Dienstbeschädigungsvollrente „gilt” also als Invalidenrente iS der allgemeinen Rentenversicherung im Beitrittsgebiet (vgl § 27 des Sozialversicherungsgesetzes vom 28. Juni 1990 ≪GBl I Nr 38 S 486≫ und Art 2 § 7 RÜG). Damit ist zugleich schon entschieden, daß eine Dienstunfallentschädigung neben oder zusätzlich zu einer Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gewährt wird.
b) Diesen schon in § 4 Abs 2 und Abs 3 AAÜG enthaltenen Grundsatz spricht § 11 Abs 5 Satz 2 aaO im Blick auf die DBTR aus um klarzustellen, daß Dienstunfallteilbeschädigte gegenüber Dienstunfallvollbeschädigten nicht bessergestellt sein sollen. Aus Gründen der Gleichbehandlung der nach § 4 aaO in die Rentenversicherung überführten Ansprüche mit den schlechthin nicht „anpaßbaren”, aber weiter zu zahlenden Versorgungsleistungen bestimmt § 11 Abs 1 aaO, daß für diese dieselben Höchstbeträge iS von § 10 AAÜG gelten sollen, wie für die überführten Ansprüche.
c) Die Grundentscheidung des AAÜG, ausschließlich eine Volleistung (sei es aus der Rentenversicherung, sei es als weitergeführte Versorgungsleistung) zu gewähren, wird von den weiteren Regeln bekräftigt: Die in § 11 Abs 1 AAÜG genannten Volleistungen aus den Sonderversorgungssystemen (Vorruhestandsgeld, Invalidentrente bei Erreichen besonderer Altersgrenzen, befristete erweiterte Versorgung, Übergangsrente) entfallen mit Beginn einer Rente wegen Alters und – sogar ohne Rentenanspruch – mit der Vollendung des 65. Lebensjahres; wird ab 1. Januar 1992 ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§§ 43 ff SGB VI; Art 2 §§ 7 ff RÜG) erworben, wird diese Rente auf die verbliebene Versorgungsleistung angerechnet (§ 11 Abs 3 und 4 AAÜG).
d) Nach alledem enthält das AAÜG folgende Grundsätze: Es gibt nur und ausschließlich eine Volleistung; weitergezahlte Versorgungs-Volleistungen werden höchstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt; sie entfallen mit Gewährung einer Altersrente und soweit eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt wird; eine zusätzliche Dienstunfallentschädigung gibt es nicht. Demgemäß gestaltet § 11 Abs 5 auch die Weiterzahlung ua einer DBTR aus, die nur noch als „isolierte” oder als Bestandteil einer Zusammenrechnung von Teilrenten gewährt werden darf: Zwecks Gleichbehandlung mit den Dienstbeschädigungsvollrentnern wird auch die DBTR der proportionalen Kürzung nach § 10 Abs 1 und 2 AAÜG unterworfen (Abs 5 Satz 1 aaO). Das Prinzip der Ausschließlichkeit nur einer Volleistung wird wiederholt (Abs 5 Satz 2 aaO) und für das Zusammentreffen mehrerer Teilrenten präzisiert (Satz 3 aaO), ebenso die Altersgrenze und der Wegfallgrund des Bezuges einer Altersrente (Satz 4 aaO). Dies bedeutet für die DBTR, daß ab 1. August 1991 eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage hierfür nur noch vorhanden ist, wenn der Berechtigte keinen Anspruch auf eine Volleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf eine weitergezahlte Volleistung iS von § 11 Abs 1 AAÜG und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Ein solcher Anspruch ist proportional gekürzt (Abs 5 Satz 1 aaO) und nur begrenzt rentensteigernd mit anderen Teilrenten verbunden (Abs 5 Satz 3 aaO). Wird in der Zeit ab 1. Januar 1992 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt, ist deren Betrag in voller Höhe auch auf die DBTR anzurechnen (§ 9 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AAÜG). Hingegen unterliegt die „isolierte” DBTR keiner weiteren Einkommensanrechnung (§ 2 Abs 1 Satz 2 der Verordnung über nicht überführte Leistungen der Sonderversorgungssysteme der DDR vom 26. Juni 1992 ≪BGBl I S 1174≫).
Nach alledem verlautbart § 11 AAÜG die Rechtsnorm, daß eine eigenständige Dienstunfallentschädigung ab 1. August 1991 grundsätzlich nicht mehr gewährt werden darf; lediglich eine isolierte DBTR ist vorübergehend weiterzuzahlen. Hiermit wird den besonderen Erschwernissen dieser Behinderten beim Wiedereintritt ins allgemeine Erwerbsleben Rechnung getragen.
Da der Kläger am 1. August 1991 bereits eine nach § 4 Abs 2 Nr 2 und Abs 3 Nr 2 AAÜG als Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung im Beitrittsgebiet „geltende” Sonderversorgungsrente als „Volleistung” bezog, stand ihm nach § 11 Abs 5 Sätze 2 und 5 Halbsatz 1 AAÜG eine DBTR nach materiellem Recht nicht mehr zu.
3. § 11 AAÜG verdeutlicht auch noch hinreichend, daß dieses materiell-rechtliche Anpassungsprogramm uneingeschränkt ab 1. August 1991 verwirklicht werden soll:
Abs 1 Satz 1, Abs 2 und Abs 5 Satz 5 Halbsatz 1 aaO sagen dies ausdrücklich. § 11 Abs 1 Satz 2 und Abs 5 Satz 5 Halbsatz 2 AAÜG belegen darüber hinaus die gesetzliche Entscheidung, daß der zuständige Versorgungsträger Rechtsmacht und Befugnis haben soll, diese materiell-rechtliche Rechtsänderung auch dann durchzusetzen, wenn den Berechtigten weitergehende Ansprüche durch bindenden Verwaltungsakt (hier: durch den Bescheid vom 17. Juli 1990) zuerkannt worden sind. Denn nach diesen Vorschriften gilt § 10 Abs 5 AAÜG entsprechend. Daher hat der Versorgungsträger die in § 11 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 vorgesehene Anpassung der Versorgungsleistungen „durch Bescheid” vorzunehmen; die Anhörung eines Beteiligten vor Erlaß dieses Bescheides ist nicht erforderlich; im übrigen gelten gemäß § 8 Abs 3 Satz 2 AAÜG die Regelungen des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels SGB X, dh die §§ 31 ff SGB X über den Verwaltungsakt.
Das BSG (BSGE 72, 50, 57 f = SozR 3-5870 § 10 Nr 1) hat bereits entschieden und hält nach erneuter Überprüfung daran fest, daß § 10 Abs 5 AAÜG eine abschließende Spezialermächtigung zur Aufhebung auch bindender Leistungsbewilligungen und zur Herabsetzung, Entziehung oder Feststellung des Erlöschens materiell-rechtlicher Ansprüche ist, welche die Anwendung der §§ 45 bis 48 SGB X und die des Art 19 Satz 2 EV nur für diesen besonderen Eingriffsakt einmalig ausschließt. Auch die Bezugnahmen in § 11 Abs 1 Satz 2 und Abs 5 Satz 5 AAÜG verdeutlichen die Regelungsabsicht, die Rechtsänderung für alle Betroffenen ab 1. August 1991 wirksam zu machen.
Deswegen und nur für den hierbei notwendigen einmaligen Eingriff ist ferner § 24 SGB X, der seit dem 1. Januar 1991 anzuwenden ist, spezialgesetzlich verdrängt. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem zu der og Entscheidung ergangenen Beschluß vom 7. Juli 1993 – 1 BvR 620/93 – die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil nicht zur Entscheidung angenommen.
Gemäß § 11 Abs 5 Satz 5 AAÜG war die Beklagte also befugt, den Anspruch auf DBTR ab August 1991 zu entziehen, ohne den Kläger zuvor anzuhören, weil er Anspruch auf eine Volleistung, nämlich auf eine Rente iS von § 4 Abs 2 AAÜG iVm Abs 3 aaO, hat und daneben ab August 1991 ua eine DBTR nicht zu gewähren ist.
C: Der Senat ist nicht in dem von Art 100 Abs 1 GG vorausgesetzten Maß davon überzeugt, daß die gesetzgebende Gewalt zu Unrecht in verfassungsrechtlich geschützte oder in verfassungswidriger Weise in gesetzlich begründete Positionen eingegriffen hat oder verfassungsrechtlich verpflichtet ist, dem Kläger (bzw dem von ihm repräsentierten Personenkreis der dienstunfallbeschädigten Bestandsrentner aus dem engeren Staatsdienst der DDR) eine Dienstunfallentschädigung neben einer Volleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer gleichgestellten Volleistung (§ 11 Abs 1 Satz 1 Buchst a AAÜG) zu gewähren:
1. § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG beeinträchtigt keine verfassungsrechtlich geschützten Positionen:
Ansprüche auf Dienstbeschädigungsrenten standen nicht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG; denn ein inhaltsbestimmendes Bundesgesetz, das solche Sonderversorgungsrenten als Eigentum iS der Institutsgarantie dieser Grundrechtsbestimmung qualifiziert und diesem einen bestimmten und dauerhaften Inhalt gegeben hätte, liegt nicht vor. Die sog Zahlbetragsgarantie des EV Nr 9 Buchst b Satz 4 und 5 greift zugunsten des Klägers nicht ein. EV Nr 9 Buchst e Satz 2 Halbsatz 2 hat für die weitergezahlten Versorgungsleistungen (hier: DBTR) gerade nicht auf die „Zahlbetragsgarantie” verwiesen. Diese bezieht sich nur auf dem Entstehungsgrund nach „echte” (Buchst b Satz 1 aaO) Rentenversicherungsansprüche und -anwartschaften. EV Nr 9 Buchst e genügt im übrigen den Anforderungen an ein inhaltsbestimmendes Gesetz iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG schon deshalb nicht, weil die entsprechend Buchst b Satz 2 aaO weiter anzuwendenden leistungsrechtlichen Regelungen nach Halbsatz 2 aaO unter einem Anpassungs-und Umgestaltungsvorbehalt stehen. Da die §§ 4, 9 und 11 AAÜG das Regelungsprogramm des EV Nr 9 im Blick auf Dienstbeschädigungsrenten erfüllt haben, kommt es auf die Frage nach einem Geltungs- oder Anwendungsvorrang des EV Nr 9 vor dem AAÜG, der nicht besteht (dazu: Vorlagebeschluß des Senats vom 30. März 1994 – 4 RA 33/92), nicht an.
Wegen des Anpassungsvorbehaltes in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 Halbsatz 2 ist auch schutzwürdiges Vertrauen des Klägers nicht verletzt. Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob ein Dienstunfall im engeren Staatsdienst der DDR ein „Sonderopfer” iS des sog Aufopferungsanspruchs sein kann; denn dieses „Sonderopfer” wäre dem Kläger von der DDR, nicht aber von der Bundesrepublik Deutschland oder den Bundesländern aufgenötigt worden. Ein Bundesgesetz, das die Beklagte verpflichtet, für eine solche denkbare Schuld der DDR durch andere oder höhere Sozialleistungen einzustehen, als in den §§ 4, 9, 10 und 11 AAÜG vorgesehen sind, ist nicht ersichtlich.
Es steht aber grundsätzlich im freien, nur an das GG gebundenen Gestaltungsermessen des Bundesgesetzgebers, ob und ggf in welchem Umfang er sozialrechtliche Einstandspflichten des Bundes für Entschädigungsansprüche begründet, die in einem anderen Staat in dessen Dienst oder sonst gegen diesen entstanden sind. Auch Art 33 Abs 5 GG verpflichtet den Bundesgesetzgeber nicht, dem Kläger eine Entschädigung unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, etwa nach den §§ 35 ff Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG), zu gewähren; denn der Kläger hat ua weder seinen Dienstunfall bei Ausübung eines öffentlichen Dienstes iS dieser Vorschrift erlitten, noch ist das Rechtsverhältnis zwischen ihm und der DDR auf die Beklagte übergegangen. Sie ist lediglich Funktionsnachfolgerin (Art 13 Abs 2 EV) und nur gemäß der von ihr in EV Nr 9 zugesagten nachgehenden Fürsorge (BSGE 72, 50, 56) angehalten, überhaupt Leistungen vorzusehen, die über das im Sozialstaat Unerläßliche hinausgehen. Dem ist sie nachgekommen.
2. Es liegt auch kein verfassungswidriger Entzug gesetzlich begründeter Rechte vor:
Die Regelungen des § 11 AAÜG, soweit sie hier einschlägig sind, dienen einem verfassungsgemäßen Zweck. Sie sollen nämlich insgesamt sicherstellen, daß Sonderversorgungsberechtigte nicht allein deshalb besser dastehen, weil die ihnen gewährte Leistung in die Rentenversicherung nicht überführt werden konnte. Insbesondere die Begrenzungsregelungen in §§ 11 Abs 2, Abs 5 Satz 2 und 9 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AAÜG verwirklichen in diesem Zusammenhang in geeigneter, schonender und verhältnismäßiger Weise das Gebot der Gleichbehandlung, weil sie sicherstellen, daß Berechtigte mit nicht überführten Versorgungsansprüchen daraus keine insoweit sachlich ungerechtfertigten Vorteile erlangen. Die betroffenen Rechtspositionen waren überdies – wie ausgeführt – mit einem Anpassungsvorbehalt belastet, in dessen Rahmen das AAÜG sich gehalten hat.
3. Der Senat hat zwar Bedenken, konnte sich aber nicht davon überzeugen, daß durch die Gesamtheit dieser Regelungen ein iS von Art 100 Abs 1 GG verfassungswidriger Zustand herbeigeführt worden ist. Denn es ist nicht eindeutig, daß Art 3 Abs 1 GG zwingend gebietet, dienstunfallverletzten Bestandsrentnern aus dem engeren Staatsdienst der DDR neben einer Vollrente oder diese erhöhend eine Unfallentschädigung zu gewähren:
Zwar muß die an den Gleichheitssatz und das Sozialstaatsgebot gebundene gesetzgebende Gewalt bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten und Pflichten das Ziel der Gleichheit der Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet berücksichtigen und darf bei Verfolgung ihrer Zwecke nur sachgerecht und verhältnismäßig differenzieren.
Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich bedenklich, daß der Bundesgesetzgeber im Vergleich zu allen anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft im Bundesgebiet (Arbeiter, Angestellte, Beamte, Soldaten, Richter) nur den dienstunfallverletzten Bestandsrentnern aus dem engeren Staatsdienst der DDR keine eigenständige Unfallentschädigung zuerkennt. Im Gesamtsystem der Sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland sind im wesentlichen nur sie von einer Unfallentschädigung wegen eines Arbeits- oder Dienstunfalls ausgeschlossen: Die Arbeiter und Angestellten haben nach den Bestimmungen der gesetzlichen Unfallversicherung Anspruch auf eine Verletztenrente, die bei einem Zusammentreffen mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur zu deren teilweisen Kürzung führt. Den wehrdienstbeschädigten Soldaten wird zB ein wegen des Dienstunfalls erhöhtes Unfallruhegehalt oder eine auf andere Leistungen im wesentlichen nicht anrechenbare Grundrente nach den §§ 80 ff SVG iVm §§ 30, 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) gewährt. Die Beamten und Richter erhalten nach einem Dienstunfall mit dauerhafter Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit einen Unfallausgleich neben den Dienstbezügen oder zB neben dem Ruhegehalt (§ 35 BeamtVG), ferner bei dienstunfallbedingter Dienstunfähigkeit Unfallruhegehalt oder erhöhtes Unfallruhegehalt (§§ 36, 37 BeamtVG); ein durch Dienstunfall verletzter früherer Beamter, dessen Beamtenverhältnis nicht durch Eintritt in den Ruhestand geendet hat, erhält für die Dauer der durch den Dienstunfall verursachten Erwerbsbeschränkung einen Unterhaltsbeitrag (§ 38 BeamtVG).
Den vorgenannten sozialstaatlichen Gleichbehandlungsgrundsätzen hätte es zwar iS eines „verfassungsnäheren Zustandes” eher entsprochen, wenn der Gesetzgeber sich dazu entschlossen hätte, eine Unfallentschädigung nach dem Modell der sog Eigenunfallversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung oder eine an das BeamtVG, das SVG oder wenigstens an das BVG angelehnte Entschädigung bei Dienstbeschädigungen (mit Ausnahmen bei Unrechtsakten) vorzusehen. Hierfür würde auch sprechen, wenn der bundesrechtliche Grundsatz, allen abhängig Beschäftigten eine eigenständige Entschädigung bei Arbeits- oder Dienstunfall zu gewähren, zu einem allgemeinen Prinzip des Arbeits- und Dienstunfallrechts erstarkt wäre. In diesem Fall könnte der Gesetzgeber dieses Systemprinzip für einen abgrenzbaren Personenkreis durchbrochen haben, ohne daß verfassungsgemäße sachgerechte Differenzierungskriterien etwa im Vergleich zu den übrigen abhängig Beschäftigten – auch im sonstigen öffentlichen Dienst der DDR – erkennbar wären, die den völligen Ausschluß einer Unfallentschädigung gerechtfertigt hätten. Derartiges kann insbesondere dann, wenn – anders als hier – in geschützte Rechtsbestände eingegriffen wird, Willkür indizieren.
Gleichwohl ist hierauf nicht näher einzugehen. Denn der Senat ist letztlich aufgrund von funktions- und kompetenzrechtlichen Erwägungen nicht iS von Art 100 Abs 1 GG davon überzeugt, daß der Bundesgesetzgeber von Verfassungs wegen verpflichtet war, für die Sonderversorgungsberechtigten eine eigenständige Unfallentschädigung neben oder zusätzlich zur Alters- und Invaliditätssicherung vorzusehen. Da dem Gesetzgeber – wie ausgeführt – kein verfassungsrechtlich geschützter Rechtsbestand vorgegeben war, stand ihm die gesamte Breite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes zu. Insbesondere im Blick auf die vielfältigen und vielschichtigen Probleme der Bewältigung der Folgen ua des Staatsbankrottes der DDR, dessen Auswirkungen auch die Sonderversorgungsberechtigten zu tragen gehabt hätten, für welche aber die beklagte Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, obliegt es gerade dem Gesetzgeber, in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht die Prioritäten für die Annäherung der Lebensverhältnisse in Deutschland zu setzen. Grenzen für seinen Entscheidungsspielraum ergeben sich dabei nur insoweit, als das GG eindeutige Festlegungen getroffen hat, welche als Maßstabsnormen die rechtsprechende Gewalt überhaupt erst in Stand setzen, eine Abweichung der gesetzgebenden Gewalt vom GG festzustellen. Art 3 Abs 1 GG enthält aber selbst keine inhaltlichen Vorgaben. In diesem Zusammenhang steht außer Frage, daß die gesetzgebende Gewalt gehalten war, für eine jedenfalls das sog konventionelle Existenzminimum wahrende soziale Absicherung auch der dienstunfallverletzten Sonderversorgungsberechtigten zu sorgen. Dies ist – wie auch die Beträge der Altersrente des Klägers ausweisen – grundsätzlich und in aller Regel schon durch das AAÜG, also ohne Rückgriff auf die Sozialhilfe geschehen. Eine weitergehende Verpflichtung des Gesetzgebers, jetzt zugunsten des hier betroffenen Personenkreises tätig zu werden, kann dem Gleichbehandlungsgebot nicht mit hinreichender Eindeutigkeit entnommen werden. Soweit es an den Gesetzgeber gerichtet, aber inhaltlich durch andere verfassungsrechtliche Vorgaben nicht konkretisiert ist, liegt es gerade in der ausschließlichen Kompetenz der gesetzgebenden Gewalt, Inhalt und Prioritäten der Gesetzgebung zu bestimmen. Insoweit ist die rechtsprechende Gewalt mangels grundgesetzlicher Maßstäbe nicht kompetent, die Entscheidungen des Gesetzgebers als verfassungswidrig zu bewerten.
Mangels Eindeutigkeit einer grundgesetzlichen Bindung des Gesetzgebers iS der Gewährung einer Unfallentschädigung auch für sonderversorgungsberechtigte Dienstunfallverletzte aus dem engeren Staatsdienst der DDR kommt eine Vorlage iS von Art 100 Abs 1 GG nicht in Betracht.
Das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, in der er sich auch mit dem Urteil des Senats vom 10. Mai 1994 (4 RA 49/93) auseinandergesetzt hat, vermag zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Der Kläger verkennt, daß nach Art 8 EV mit dem Wirksamwerden des Beitritts in den neuen Ländern grundsätzlich Bundesrecht in Kraft getreten ist, soweit ua in Anlage I des EV nichts anderes bestimmt ist. Lediglich ausnahmsweise blieb – unter bestimmten weiteren Voraussetzungen – gemäß Art 9 Abs 2 EV das in der Anlage II aufgeführte Recht der DDR mit den dort genannten Maßgaben als Bundesrecht in Kraft. Infolgedessen hat das Recht der DDR als Bundesrecht nur weitergegolten, soweit dies in der Anlage II oder in hierzu speziellen Regelungen des EV ausdrücklich bestimmt worden ist. Die Anlage II gliedert sich nach in die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Bundesministerien fallenden Sachthemen.
Eine Fortgeltung dienstunfallentschädigungsrechtlicher Vorschriften von Angehörigen der Sonderversorgungssysteme ist dort nicht vorgesehen. Weder in Kapitel VIII Sachgebiet G der Anlage II, das sich mit der Krankenversicherung befaßt, noch in Sachgebiet I der Anlage II, in dem die gesetzliche Unfallversicherung geregelt ist, werden entsprechende Bestimmungen aufgeführt. Etwas anderes läßt sich auch nicht Nr 4 (Sachgebiet I) entnehmen, in dem eine Fortgeltung ua von § 220 AGB angeordnet worden ist. Zwar gilt nach § 220 Abs 4 AGB als Arbeitsunfall ua auch ein Dienstunfall. Wie sich bereits aus dem Anwendungsbereich der Norm, die allein den Begriff des Arbeitsunfalls definiert, ergibt, kommt ihr Bedeutung im Rahmen des EV jedoch lediglich für die Zukunft, also für die Zeit ab 3. Oktober 1990 zu. Für die bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Dienstunfälle der sonderversorgungsberechtigten Bestandsrentner kommt die Spezialregelung des EV Nr 9 Buchst e zur Anwendung. „Sachgebiet H: Gesetzliche Rentenversicherung” Nr 9 regelt ausschließlich und umfassend eine Fortgeltung der sich aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen ergebenden Ansprüche. Entgegen dem Wortlaut „Gesetzliche Rentenversicherung” erfaßt dieses Sachgebiet auch die arbeits-, dienst-, entschädigungs-, rentenversicherungs- und versorgungsrechtlichen Rentenregelungen der DDR (vgl hierzu Beschluß des Senats vom 24. August 1994 – 4 BS 4/93). Unter EV Nr 9 Buchst e fallen solche Ansprüche auf Versorgungsleistungen von Sonderversorgungsberechtigten, die – wie auch die DBTR -grundsätzlich bei Ausscheiden aus dem aktiven Dienst entstehen und die nicht, wie die Ansprüche wegen verminderter Erwerbstätigkeit, Alter und Tod, gemäß EV Nr 9 Buchst b in die Rentenversicherung überführt worden sind.
Schließlich verkennt der Kläger auch, daß, selbst wenn die DBTR eine durch die Verfassung der DDR geschützte Rechtsposition gewesen sein sollte, sie nicht dem Verantwortungsbereich der dem GG verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen ist. Die Bundesrepublik Deutschland war zwar iS der Präambel des GG für das ganze Deutschland verantwortlich. Ihre Staatsgewalt erstreckte sich jedoch tatsächlich und rechtlich allein auf das damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (vgl hierzu BVerfGE 84, 90, 122 f). Die vor dem 3. Oktober 1990 verkündeten Gesetze der DDR können daher auch nicht dem Verantwortungsbereich des Bundesgesetzgebers zugerechnet werden (vgl hierzu Beschluß des BVerfG vom 30. Oktober 1993 – 1 BvL 42/92). Infolgedessen oblag diesem allein die Verpflichtung, im EV
die zu regelnden Rechtsverhältnisse der deutschen Staatsbürger in der ehemaligen DDR – zukunftsorientiert – verfassungskonform, also nach den Maßstäben des GG, zu gestalten (vgl hierzu BVerfGE aaO, 125).
Die Revision des Klägers ist nach alledem zurückzuweisen, diejenige der Beklagten hingegen erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.
Fundstellen