Beteiligte
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte |
Tenor
1. Das Verfahren wird gemäß Art 100 Abs 1 Grundgesetz (GG) ausgesetzt.
2. Dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wird folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
Ist § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) idF des Art 1 Nr 11 Buchst a des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ≪WFG≫) vom 25. September 1996 (BGBl I S 1461), in Kraft getreten am 1. Januar 1997, mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar, soweit dadurch die erworbene Rangstelle von Anwartschaftsrechtsinhabern durch eine Neubewertung der ersten Berufsjahre gemindert worden ist?
Gründe
I
Streitig ist der monatliche Wert des Rechts auf Regelaltersrente.
Nach einer Auskunft der Beklagten vom 13. September 1996 betrug der monatliche Wert der Regelaltersrente des am 2. Dezember 1931 geborenen Klägers nach dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht 884,30 DM unter Berücksichtigung von 18,9480 Entgeltpunkten. Demgegenüber betrug der Wert der dem Kläger sodann mit Bescheid vom 20. Januar 1997 mit Wirkung vom 1. Januar 1997 bewilligten Regelaltersrente unter Zugrundelegung des SGB VI idF des WFG unter Berücksichtigung von 16,9886 Entgeltpunkten 792,86 DM. Den Widerspruch des Klägers, den er gegen den Bescheid vom 20. Januar 1997 im Hinblick auf die gegenüber der Auskunft geringere Rentenhöhe eingelegt hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 1997 zurück.
Im Verlaufe des sozialgerichtlichen Verfahrens erging der Bescheid vom 6. März 1998, in dem unter Beibehaltung des Wertes der monatlichen Regelaltersrente dem Kläger ein Zuschuß zur Krankenversicherung rückwirkend zum 1. Januar 1997 bewilligt wurde. Durch Urteil vom 28. Mai 1998 hat das Sozialgericht (SG) die Klage gegen die genannten Bescheide abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat durch Urteil vom 29. Januar 1999 die Berufung des Klägers, mit der er geltend gemacht hatte, seine Rente sei nach den Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung zu berechnen, zurückgewiesen. Das LSG hat im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Regelaltersrente des Klägers zu Recht nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung des WFG berechnet. Dessen Bestimmungen seien gemäß §§ 300 Abs 1, 99 SGB VI im Hinblick auf den Rentenbeginn am 1. Januar 1997 anzuwenden. Das ab 1. Januar 1997 geltende Recht habe den Wert der Anwartschaft des Klägers auf die Regelaltersrente gemindert; hierdurch werde der Kläger jedoch nicht in seinen Grundrechten verletzt. Nach der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung des SGB VI seien die ersten Berufsjahre nach § 70 Abs 3 SGB VI zu bewerten gewesen. Satz 1 aaO dieser Bestimmung habe vorgesehen, daß jeder Kalendermonat mit „Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung” mindestens mit 0,075 Entgeltpunkten (= 90 % des allgemeinen Durchschnittsverdienstes) zu bewerten gewesen sei. Die ersten 48 Kalendermonate bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die mit Pflichtbeiträgen aufgrund versicherter Beschäftigung oder versicherter selbständiger Tätigkeit belegt gewesen seien, hätten nach Satz 2 aaO stets als „Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung” gegolten. Diese Regelung habe zu einer höheren Bewertung der ersten 48 Kalendermonate und damit zur Steigerung des Wertes der Rentenanwartschaft gegenüber einer Regelung geführt, nach der allein die „tatsächlich entrichteten Beiträge” zugrunde gelegt würden. Denn die während einer Berufsausbildung gezahlten Beiträge seien regelmäßig geringer. Nachdem durch das WFG § 70 Abs 3 SGB VI aufgehoben worden sei, würden nur noch die ersten 36 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres als Zeiten einer beruflichen Ausbildung gelten. Diese Zeiten seien nunmehr Anrechnungszeiten und gingen in die Rentenberechnung als beitragsgeminderte Zeiten ein. Der Bewertungszeitraum werde dadurch nicht nur erheblich verkürzt, sondern nur noch mit mindestens (hier) 91 % bzw 75 % des individuellen Durchschnittsverdienstes bewertet. Die den Kläger betreffende Gesetzesänderung sei zwar insgesamt eine Einschränkung bzw Rücknahme einer gesetzlichen Vergünstigung. Denn die Höherbewertung nach altem Recht habe zu Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung geführt, die weit über die tatsächliche Beitragsleistung hinausgegangen seien. Diese Rückführung in Richtung einer Beitragsäquivalenz verstoße jedoch nicht gegen das GG.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von §§ 300, 99, 118 SGB VI sowie von §§ 40, 41 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Er trägt vor: Nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und mit Vollendung des 65. Lebensjahres im Dezember 1996 habe ihm ein Anspruch auf Regelaltersrente gemäß § 35 SGB VI zugestanden. Damit sei sein Anspruch auf eine Sozialleistung nach § 40 Abs 1 SGB I iS eines Stammrechts entstanden und der sich hieraus ergebende Einzelanspruch auf die erste monatliche Rentenzahlung am 31. Dezember 1996 fällig gewesen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der §§ 99 Abs 1 Satz 1, 118 Abs 1 SGB VI sowie von § 300 SGB VI. Darüber hinaus habe er darauf vertrauen können, daß der Wert seiner monatlichen Regelaltersrente demjenigen in der erteilten Rentenauskunft entspreche.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 1999 und des SG Dortmund vom 28. Mai 1998 sowie unter Abänderung ihres Bescheides vom 20. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 1997 und des Bescheides vom 6. März 1998 zu verurteilen, ihm für Rentenbezugszeiten vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1999 3.352,08 DM nachzuzahlen und ab 1. Januar 2000 Regelaltersrente nach einem dynamisierbaren Rentenwert von 915,00 DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und beruft sich ergänzend auf eine Entscheidung des 5. Senats des BSG vom 24. Februar 1999 (B 5 RJ 28/98 R).
Der Senat hat eine Vergleichsberechnung von der Beklagten über den Wert der monatlichen Regelaltersrente des Klägers auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Rechts sowie über die sich insoweit ergebenden Rentenleistungen bis zum 31. Dezember 1999 bzw ab 1. Januar 2000 eingeholt; ferner hat er Auskünfte von den Beteiligten über den Kreis der durch die Streichung des § 70 Abs 3 SGB VI Betroffenen gestaffelt nach Alter und Erfüllung von Wartezeiten, über den Prozentsatz der durch die Streichung bedingten durchschnittlichen Minderung der Renten, den insoweit angestrebten Einsparungen sowie über die insoweit der Schätzung zugrundeliegenden Annahmen eingeholt. Der Senat hat auch bei dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger ua Auskünfte über die Selbstfinanzierungsgebote der Kernsysteme der Altersrentenversicherung, zum Beitragsaufkommen, zum Bundeszuschuß und zu den gesamten Ausgaben im Bereich der Altersrentenversicherung sowie über die sonstigen Leistungen und Ausgaben eingeholt (Bl 38 f, 48 ff dA). Auf die jeweiligen Antworten wird verwiesen (Bl 77 ff, 98 und 99 ff dA).
II
Der Rechtsstreit ist gemäß § 100 Abs 1 Satz 1 GG (iVm §§ 13 Nr 11, 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz ≪BVerfGG≫) auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI idF des Art 1 Nr 11 Buchst a WFG, in Kraft getreten gemäß Art 12 Abs 1 WFG am 1. Januar 1997, mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar ist, soweit dadurch die erworbene Rangstelle von Anwartschaftsrechtsinhabern durch eine Neubewertung der ersten Berufsjahre gemindert worden ist. Insoweit ist die Vorschrift nach Überzeugung des Senats verfassungswidrig.
Entscheidungserheblich ist, ob § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI in der og Fassung verfassungsgemäß ist.
1. Ist die Vorschrift verfassungsgemäß, so hat die Beklagte den Wert der monatlichen Regelaltersrente zutreffend im Bescheid vom 20. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 1997 sowie im Bescheid vom 6. März 1998 festgesetzt und somit auch zutreffend der Rentenberechnung 16,9886 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. In diesem Fall hat das LSG auch zu Recht die Berufung gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, mit der das SG die Klage gegen den Bescheid vom 20. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 1997 und gegen den Bescheid vom 6. März 1998, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden ist, abgewiesen hat. Bei Verfassungsgemäßheit der Vorschrift wäre mithin die Revision zurückzuweisen (Teil A).
2. Ist hingegen die Änderung der Bewertung der mit Pflichtbeiträgen belegten ersten Berufsjahre durch § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a sowie Satz 2 SGB VI idF des WFG iVm der Aufhebung des § 70 Abs 3 SGB VI durch Art 1 Nr 13 des WFG verfassungswidrig, so hat die Revision Erfolg. Die vorgenannten Entscheidungen sind in diesem Falle aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den monatlichen Wert der Regelaltersrente nach dem vor Inkrafttreten des WFG geltenden Recht zu berechnen und dabei 18,9480 Entgeltpunkte zugrunde zu legen (Teil B):
Der Kläger hat nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit mit Vollendung des 55. Lebensjahres ein Anwartschaftsrecht auf die Regelaltersrente iS eines Rechts auf zukünftige Teilhabe gemäß seiner auf den erworbenen Entgeltpunkten beruhenden prozentualen Rangstelle an dem Beitragsaufkommen sämtlicher Versicherter zu Beginn des Leistungszeitraums erlangt (BA). Dieses Anwartschaftsrecht stand unter dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG (BB). In dieses Recht hat die Neuregelung über die Bewertung der ersten Berufsjahre – rückwirkend – eingegriffen. Insoweit liegt eine unzulässige Neubestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums vor. Denn die Regelung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen das diesem innewohnende Gebot „gerechter Abwägung”; ebenso verletzt die Regelung das Rechtsstaatsprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz (BC). Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung besteht im Hinblick auf Wortlaut, Gesetzesgeschichte und Systematik nicht; auch eine von Art 12 Abs 1 WFG abweichende Auslegung des Inkrafttretenszeitpunktes kommt nicht in Betracht (BD).
Teil A
Unterstellt man, die durch das WFG eingeführte Neuregelung der Bewertung der ersten mit Pflichtbeiträgen belegten Berufsjahre sei verfassungsgemäß, so ist die zulässige Revision (1.) des Klägers unbegründet (2.).
1. Die vom LSG im Urteil vom 29. Januar 1999 zugelassene Revision ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 160 Abs 1, 162, 164, 166 SGG); sie ist mithin zulässig.
2. Die Revision ist auch begründet.
2.1 Das LSG hat zu Recht die im Hinblick auf § 143 SGG statthafte Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 28. Mai 1998 – als unbegründet – zurückgewiesen.
2.1.1 Die vom Kläger gegen den Rentenbewilligungsbescheid vom 20. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 1997 sowie den Bescheid vom 6. März 1998 erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG) war zulässig. Der die Regelaltersrente bewilligende Bescheid war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; dieser hat den Kläger im Hinblick auf die von ihm als zu gering erachtete Rentenhöhe beschwert. Insoweit hat er auch eine – mögliche – Rechtsbeeinträchtigung behauptet und die Ansicht vertreten: Die Bescheide seien fehlerhaft und somit rechtswidrig, weil der monatliche Wert der Regelaltersrente zu niedrig bemessen sei (792,86 DM statt 884,30 DM); die Bewertung der ersten Berufsjahre hätte nach dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden – für ihn günstigeren – Recht und nicht nach der ab 1. Januar 1997 – für ihn ungünstigeren – Fassung des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI vorgenommen werden müssen. Dahingestellt bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die mögliche Rechtsbeeinträchtigung darauf beruhen könnte, daß bei der Bestimmung des Wertes der monatlichen Regelaltersrente das SGB VI in der bis einschließlich 31. Dezember 1996 geltenden Fassung deshalb hätte Anwendung finden müssen, weil beim Kläger der Versicherungsfall des Alters bereits im Dezember 1996 eingetreten und daher mit dem in diesem Monat entstandenen Stammrecht auch noch der Anspruch auf die monatliche Regelaltersrente entstanden war, oder weil § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI idF des WFG wegen – teilweiser – Verfassungswidrigkeit nicht hätte angewandt werden dürfen. Nicht davon ausgegangen werden kann allerdings, daß die Regelung in § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI lediglich „verfahrensrechtlicher” Art ist, da sie sich unmittelbar auf die Rechtsposition des Klägers auswirkt; denn sie bestimmt – sollte sie Anwendung finden – den Wert seines Rechts auf Regelaltersrente mit.
2.1.2 Die Klage war auch nicht etwa mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Dem Kläger stand kein anderes Rechtsmittel zur Wahrung seiner Rechte zur Verfügung. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob der Kläger bereits nach Verkündung der Gesetzesänderung am 27. September 1996 und vor Erlaß des Rentenbescheides vom 20. Januar 1997 einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Auskunft, nämlich auf verbindliche Feststellung des Wertes seines Anwartschaftsrechts iS einer auf den bereits erworbenen Entgeltpunkten beruhenden prozentualen Rangstelle gehabt hätte (s unten). Denn jedenfalls hätte ihm, nachdem der endgültige, noch nicht bestandskräftige Rentenbescheid ergangen war, im Hinblick auf die sog Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 55 SGG) auch das für eine derartige Klageart erforderliche Feststellungsinteresse gefehlt (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, § 55 RdNr 19).
2.2 Die angefochtenen Bescheide sind auch verfahrensfehlerfrei ergangen. Insbesondere bedurfte es vor Erlaß des Bescheides vom 20. Januar 1997 keiner Anhörung durch die Beklagte gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), obwohl sich der Wert der monatlichen Regelaltersrente gegenüber der Auskunft vom 13. September 1996 durch die Neuregelung zum Nachteil des Klägers verändert hat. Denn insoweit lag bereits kein „Eingriff durch Verwaltungsakt” (weder in ein Grundrecht noch in eine von der Beklagten durch Verwaltungsakt zuerkannte Rechtsposition) vor (vgl hierzu BSG SozR 1200 § 34 Nr 8 S 36 f), sondern eine Gesetzesänderung, die auf den Wert des gesetzlich begründeten Anwartschaftsrechts des Klägers unmittelbar nachteilige Auswirkungen hatte. Die ihm am 13. September 1996 gemäß § 109 Abs 1 SGB VI erteilte Auskunft war jedenfalls kein Verwaltungsakt, da mit ihr der Wert des Rechts nicht verbindlich festgestellt worden war (s unten). Im übrigen wäre wegen der Vielzahl der in gleicher Weise durch die Gesetzesänderung Betroffenen (Aufhebung der bisherigen „Aufstockungs-”Regelung des § 70 Abs 3 SGB VI) im Hinblick auf § 24 Abs 2 Nr 4 Regelung 2 SGB X eine Anhörung auch entbehrlich gewesen (vgl BSG SozR 3-1300 § 24 Nr 4 S 6 bis 8).
2.3 Die Beklagte hat – die Gültigkeit von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a, Satz 2 SGB VI unterstellt – sowohl die Vorschrift zu Recht angewandt als auch den Wert der mit Bescheid vom 20. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 1997 sowie mit Bescheid vom 6. März 1998 bewilligten monatlichen Regelaltersrente ab 1. Januar 1997 zutreffend berechnet, wovon auch die Beteiligten ausgehen. Es ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, die dem Kläger ab 1. Januar 1997 einen Anspruch auf eine höhere monatliche Regelaltersrente einräumen könnte.
2.3.1 Auf § 109 Abs 1 SGB VI und damit auf die ihm am 13. September 1996 erteilte Rentenauskunft, nach der unter Zugrundelegung des zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechts der Wert der monatlichen Altersrente 884,30 DM betragen hätte, kann sich der Kläger nicht berufen. Die ihm von Amts wegen mit Vollendung des 55. Lebensjahres zu erteilende Auskunft hatte keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. Sie war nicht rechtsverbindlich, da ihr im Hinblick auf die gesetzliche Regelung in § 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI der behördliche „Wille zur Selbstverpflichtung”, der „Regelungswille”, fehlte (stRspr des BSG: BSGE 78, 138, 139 f mwN). Mit dieser Auskunft hatte sich die Beklagte gegenüber dem Kläger nicht verpflichtet, ihm unabhängig von etwaigen gesetzlichen oder tatsächlichen Änderungen bei Eintritt des Versicherungsfalls des Alters und Rentenbeginn eine Regelaltersrente zumindest in Höhe des im Auskunftsschreiben mitgeteilten Betrages zu bewilligen (vgl BSGE 78, 138, 139 f); es lag also weder eine (vorgezogene) Teilbewilligung eines bestimmten Mindestwertes der Rente – in Geld – noch eine entsprechende Zusicherung (§ 34 SGB X) vor.
2.3.2 Greift somit zugunsten des Klägers keine Spezialvorschrift ein, so sind zur Bestimmung des Wertes der monatlichen Regelaltersrente die insoweit maßgeblichen Vorschriften des SGB VI (§§ 63 ff SGB VI) anzuwenden und mithin auch § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI idF des WFG.
2.3.2.1 Die letztgenannte Vorschrift trat am 1. Januar 1997 in Kraft (Art 12 Abs 1 WFG) und war daher vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bei der Bestimmung des Wertes der monatlichen Regelaltersrente (Rentenhöhe) heranzuziehen.
Zwar lagen bereits im Dezember 1996 die Tatbestandsmerkmale für den „Anspruch” (dh das Stammrecht, das subjektive Vollrecht) auf Regelaltersrente gemäß § 35 SGB VI iVm § 50 Abs 1 Nr 1 SGB VI bei dem Kläger vor. Er hatte am 2. Dezember 1996 das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt. Damit war der Versicherungsfall des Alters, dh des Ereignisses im Leben des Klägers eingetreten, gegen dessen Nachteile er durch die gesetzliche Rentenversicherung geschützt werden sollte. Entstanden war infolgedessen bereits im Dezember 1996 das subjektive Recht auf Regelaltersrente, das Rentenstammrecht, aus dem regelmäßig wiederkehrend Einzelansprüche auf die konkrete monatliche Rentenleistung erwachsen (vgl hierzu BSG SozR 3-2600 § 300 Nr 3 S 5). Dieses Stammrecht (subjektive Recht) stellte somit den einheitlichen fortdauernden Rechtsgrund für eine Vielzahl sich jeweils monatlich konkretisierender – zeitlich bestimmbarer – Einzelansprüche dar. Es umfaßt jedoch nicht notwendigerweise bereits sämtliche Umstände, die Beginn und Höhe der einzelnen monatlichen Zahlungsansprüche beeinflussen (vgl hierzu BSGE 22, 278, 282 f). Insoweit bedarf es – je nach gesetzlicher Ausgestaltung – zur Konkretisierung des monatlichen Einzelanspruchs – wie hier – weiterer Vorschriften. Um einen Anspruch iS von § 194 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelt es sich bei dem Stammrecht auf Regelaltersrente daher nicht.
Nach den Bestimmungen des SGB VI fallen – anders als nach früherem Recht (s unten) – die Entstehung des Stammrechts auf eine Rente einerseits und die erstmalige Bestimmbarkeit seines Wertes (und damit die Bestimmbarkeit der Höhe der monatlichen Zahlungsansprüche) sowie die Entstehung und die Fälligkeit des ersten Einzelanspruchs (sog Rentenbeginn) auseinander. Von diesem aus dem Stammrecht entstehenden und seine Höhe bestimmenden monatlichen Einzelanspruch zu unterscheiden ist der in den Rentenbescheiden zumeist vorangestellte (Aus-)Zahlbetrag. (Dieser kann niedriger sein, wenn der Träger der Rentenversicherung den Einwand der Erfüllung erhebt ≪zB Aufrechnung, Verrechnung mit Beitragsanteilen zur Krankenversicherung≫; er kann aber auch höher sein, wenn der Träger der Rentenversicherung neben dem Renteneinzelanspruch auch noch andere Ansprüche des Versicherten aus dem SGB VI ≪sog Zusatzleistungen, zB Beitragszuschuß zur Krankenversicherung≫ erfüllt, die sich nicht aus dem Rentenstammrecht ergeben.)
Die Bestimmbarkeit des Wertes des Stammrechts auf Regelaltersrente ist im Verhältnis zu dessen Entstehung (nach Vollendung des 65. Lebensjahres und nach Erfüllung der Wartezeit) ebenso hinausgeschoben wie der Anfang des Leistungszeitraums, der Rentenbeginn; der rechtlich maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung dieses Wertes ist mithin vom Stammrecht weg ausgelagert. Denn der Wert des Rechts auf Regelaltersrente ergibt sich – wie § 64 SGB VI bestimmt – durch die Multiplikation der Faktoren der Rentenformel „mit ihrem Wert bei Rentenbeginn”. Damit wird bei der Bestimmung des Wertes an den Kalendermonat angeknüpft, „zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Regelaltersrente erfüllt sind” (§ 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI). Dieser richtet sich bei dem am 2. Dezember 1931 geborenen Kläger also nach dem am 1. Januar 1997 geltenden Recht; vor diesem Zeitpunkt hat infolgedessen der Wert des Stammrechts noch nicht festgestanden. Daher war der erste monatliche (Einzel-)Anspruch auf Zahlung der Regelaltersrente, weil jedenfalls vor dem 1. Januar 1997 rechtlich noch nicht abschließend bestimmbar, vor diesem Zeitpunkt auch noch nicht entstanden und fällig geworden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 118 Abs 1 SGB VI, wonach laufende Geldzahlungen monatlich „im voraus” auszuzahlen sind. Während § 99 Abs 1 SGB VI den Leistungsrahmen festsetzt und im Hinblick auf § 64 SGB VI zugleich auch eine der Entstehungsvoraussetzungen für den Einzelanspruch mitbestimmt, regelt § 118 Abs 1 SGB VI den Leistungszeitpunkt und damit die Fälligkeit des jeweiligen monatlichen Zahlungsanspruchs iS seiner Durchsetzbarkeit (vgl hierzu entsprechend Esser-Schmidt, Schuldrecht, Bd I, 8. Aufl, § 15 II). Denn nach § 118 Abs 1 SGB VI sind laufende Geldleistungen monatlich im voraus zahlbar. Ohne diese Konkretisierung stünde zwar der Leistungsrahmen und auch der Zeitpunkt der Entstehung des Einzelanspruchs fest, nicht aber dessen Fälligkeit zum Monatsersten. Denn erst durch § 118 Abs 1 SGB VI wird bestimmt, daß die zu Beginn des Monats zu erbringende Leistung „im voraus”, also am Ersten des Monats (0.00 Uhr) und nicht etwa im nachhinein oder im Verlaufe des Monats zu erbringen ist und auf dem Konto des Versicherten zu sein hat.
Diese Auslegung des Begriffs „im voraus” entspricht derjenigen bei periodisch wiederkehrenden Leistungen im Zivilrecht. Leistungen, die den Lebensunterhalt innerhalb eines bestimmten Zeitraums sichern, sollen „zu dessen Beginn und damit im voraus” erbracht werden (so Gernhuber: Die Erfüllung und ihre Surrogate, 1983, S 53; BGH, MDR 1993, 762 f; OLG Hamm, FamRZ 1980, 916 f; OLG Bamberg, FamRZ 1980, 916; AG Überlingen, FamRZ 1985, 1143; Staudinger/Verschraegen, BGB, 12. Aufl, § 1585 RdNr 7; Soergel/Häberle, BGB, 12. Aufl, § 1585 RdNr 3; Richter in Münchener Komm zum BGB, 2. Aufl, § 1585 RdNr 3). Ein anderer Fälligkeitszeitpunkt ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt des § 270 Abs 1 BGB, wonach der Schuldner Geld im Zweifel auf seine Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln hat. Im Hinblick auf den Schutz des Leistungsempfängers ist bei sozialrechtlichen Ansprüchen nämlich entgegen § 270 Abs 1 BGB der Wohnsitz des Gläubigers zugleich Leistungs- und Erfüllungsort der Geldleistung (zur sog Bringschuld: Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl, § 269 RdNr 1; vgl hierzu auch Mrozynski, SGB I, § 47 RdNr 5). Infolgedessen muß die Beklagte als Schuldnerin ihre Leistungshandlung auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes lediglich so rechtzeitig vornehmen, daß der Kläger als Gläubiger der Leistung am Ersten des Monats 0.00 Uhr über das Geld verfügen kann, so daß für den zu diesem Zeitpunkt frühestens entstandenen und fällig gewordenen Anspruch das ab diesem Zeitpunkt, also ab 1. Januar 1997, geltende Recht Anwendung findet (im Ergebnis ebenso, 5. Senat, Urteil vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 28/98 R - zur Veröffentlichung vorgesehen sowie Urteil des 8. Senats vom 6. Mai 1999 - B 8 KN 10/98 R).
Die Entscheidung des Senats vom 23. Juni 1994 (SozR 3-2600 § 300 Nr 3) steht dem nicht entgegen. Sie betrifft die Regelung nach den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Danach war mit dem Eintritt des Versicherungsfalls und der Entstehung des Stammrechts auch der monatliche Wert des Rechts auf Altersrente bereits zu diesem Zeitpunkt abschließend bestimmbar (vgl §§ 31 ff AVG). Deshalb konnte der erste Einzelanspruch ebenfalls noch in diesem Monat („vom Ablauf des Monats an, in dem dessen Voraussetzungen erfüllt sind,” § 67 Abs 1 AVG) entstehen und erfüllbar werden, so daß er im letzten Augenblick des Monats fällig (§ 74 AVG) und – bezogen auf den ersten Leistungszeitraum (Erfüllungszeitraum) – „im voraus” gezahlt werden konnte.
Infolgedessen ist nach alledem entgegen der Auffassung des Klägers und entgegen dem Regelfall (§§ 40, 41, 37 Satz 1 SGB I) mit Entstehung des Stammrechts im Dezember 1996 in demselben Monat nicht zugleich auch der Wert der Rente bestimmbar geworden und somit auch nicht der erste Einzelanspruch des Klägers auf die monatliche Regelaltersrente entstanden (und fällig geworden). Ihr Wert richtet sich daher nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VI idF des WFG.
2.3.2.2 Dieses Recht hat die Beklagte zutreffend angewandt. Sie hat insbesondere die den Wert der Rente mitbestimmenden Entgeltpunkte (§§ 63, 64 SGB VI) und insoweit auch die Entgeltpunkte für die ersten 36 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit (bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres), die auch als Zeiten einer beruflichen Ausbildung gelten (§ 58 Abs 1 Satz 2 SGB VI), richtig festgestellt. Entgeltpunkte sind grundsätzlich der verwaltungstechnische Ausdruck des Verhältnisses von versichertem Arbeitsverdienst zum Durchschnittsverdienst. Der Wert des Rechts auf Rente hängt somit im wesentlichen von dieser Verdienstrelation und nicht etwa von den (absoluten) während des Versicherungslebens gezahlten Beiträgen ab. Zahlt etwa ein Versicherter (Selbstzahler) ein Jahr lang Beiträge auf der Basis des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten, so entspricht sein versicherter Arbeitsverdienst dem Durchschnitt und erhält er einen Entgeltpunkt (§ 63 Abs 2 SGB VI).
Der (monatliche) Wert des Rechts auf Rente (sog Rentenhöhe) ergibt sich gemäß § 64 SGB VI durch die Multiplikation der Entgeltpunkte des Versicherten unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (§§ 66, 70 Abs 1 Satz 1, 63 Abs 2, 77 SGB VI) mit dem Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und dem aktuellen Rentenwert (§§ 63 Abs 6, 68 SGB VI) bei Rentenbeginn. Während Rentenartfaktor (1,0: § 67 SGB VI), Zugangsfaktor (1,0: § 77 SGB VI) und aktueller Rentenwert (am 1. Januar 1997: 46,47: § 68 SGB VI) im Hinblick auf den begehrten höheren Rentenwert von dem Kläger nicht beanstandet werden, gilt dies nicht in gleicher Weise hinsichtlich der og, von der Beklagten zugrunde gelegten Entgeltpunkte für die auch als Zeiten einer beruflichen Ausbildung geltenden, mit Pflichtbeiträgen belegten ersten 36 Kalendermonate als Pflichtbeitragszeiten. Insoweit wird allein die Anwendbarkeit des ab 1. Januar 1997 geltenden Rechts, hier des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI in Frage gestellt, nicht jedoch dessen Umsetzung durch die Beklagte. Diesbezüglich treffen die Ausführungen des Berufungsgerichts über die neue Rechtslage nur teilweise zu.
Die Pflichtbeitragszeiten, die nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI als „Zeiten der beruflichen Ausbildung” und deshalb auch als fiktive Anrechnungszeiten gelten, sind (§§ 58 Abs 1 Satz 1, 71 Abs 1 SGB VI) zwar insoweit (fiktive) beitragsfreie Zeiten, jedoch weiterhin, weil in ihnen Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung (§§ 1 Nr 1, 162 Nr 1 SGB VI) entrichtet worden sind, in Wirklichkeit Pflichtbeitragszeiten (§ 55 Abs 1 Satz 1 SGB VI); sie gelten deshalb auch als sog beitragsgeminderte Zeiten (§ 54 Abs 3 SGB VI). Über die Gesamtleistungsbewertung werden diese fiktiven (Anrechnungs-)Zeiten vergleichend mit und ggf aufstockend zu ihrer vorrangigen Bewertung als Pflichtbeitragszeiten mit einem Wert berücksichtigt, der sich grundsätzlich aus der individuellen, durchschnittlich im gesamten Versicherungsleben aus Beitragszeiten erworbenen Entgeltpunkten ergibt, begrenzt – hier im Hinblick auf die Übergangsregelung des § 263 Abs 3 SGB VI – auf 91 % (ohne die Übergangsregelung auf 75 %, vgl § 74 Abs 1 Satz 1 SGB VI). Als beitragsgeminderte Zeiten erhalten sie im Rahmen einer Vergleichsbewertung (zur Grundbewertung, § 72 SGB VI) einen Zuschlag (§ 71 Abs 2 SGB VI), damit mindestens ein Wert erreicht wird, den diese Zeiten als beitragsfreie Anrechnungszeiten (s oben) wegen beruflicher Ausbildung haben (sog beitragsgeminderte Zeiten ≪§ 54 Abs 3 SGB VI≫ bilden rechtlich keine eigene Art der rentenrechtlichen Zeiten, sondern nur eine verwaltungstechnisch zweckmäßige Bezeichnung solcher Kalendermonate, die mit Beitragszeiten und mit beitragsfreien Zeiten belegt sind ≪oder als solche gelten≫, für die also der von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG gebotene Günstigkeitsvergleich durchzuführen ist ≪BVerfG, Beschluß vom 2. Mai 1984 - 1 BvR 963/83, Urteil des Senats vom 21. Juli 1992 - 4/1 RA 63/90 = SozR 3-2200 § 1255 Nr 4 S 6≫). Die sich aus der primären Bewertung als Pflichtbeitragszeit ergebende Entgeltpunktsumme darf dabei nicht unterschritten werden (vgl Urteil des Senats vom 21. Juli 1992, SozR 3-2200 § 1255 Nr 4 S 7; Beschluß des BVerfG vom 19. Mai 1983 - 1 BvR 963/83).
Ua nach diesen Grundsätzen ergeben sich für den Kläger nach dem ab 1. Januar 1997 geltenden Recht an Entgeltpunkten 16,9886 (= Beitragszeiten: 15,7036 zuzüglich beitragsfreie Zeiten: 1,1466 zuzüglich beitragsgeminderte Zeiten: 0,1384). Der Wert der monatlichen Rente belief sich unter Zugrundelegung dieser Entgeltpunkte und des Zugangsfaktors (1,0) sowie des am 1. Januar 1997 geltenden aktuellen Rentenwerts auf 792,86 DM (16,9886 multipliziert mit dem Rentenfaktor 1,0 sowie dem aktuellen Rentenwert von 46,67).
Teil B
Entscheidungserheblich ist damit, ob § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI idF des WFG (ab 1. Januar 1998: § 54 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB VI, in Kraft getreten gemäß Art 33 Abs 10 am 1. Januar 1998 als Art 1 Nr 26 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung 1999, Rentenreformgesetz 1999 ≪RRG 1999≫ vom 16. Dezember 1997, BGBl I S 2998) verfassungswidrig ist, jedenfalls soweit ein Personenkreis davon betroffen ist, der am 31. Dezember 1996 die allgemeine Wartezeit erfüllt, das 55. Lebensjahr bereits vollendet und daher bereits zu diesem Zeitpunkt eine verfestigte vermögenswerte Rechtsposition iS eines Anwartschaftsrechts auf Regelaltersrente mit einem auf den Entgeltpunkten beruhenden Wert (prozentuale Rangstelle) erworben hatte.
Durch die Gesetzesänderung zum 1. Januar 1997 hat sich die Rechtslage für diesen Personenkreis – regelmäßig – verschlechtert. Denn nach der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Rechtslage galten aufgrund des – durch die Änderung aufgehobenen – § 70 Abs 3 Satz 2 SGB VI die ersten 48 (statt 36) Monate an Pflichtbeitragszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres, also die ersten vier statt drei Jahre stets als „Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung” und wurden für alle Betroffenen einheitlich mindestens mit 0,9 Entgeltpunkten (gemessen also am kalenderjährlichen Durchschnittsverdienst aller Versicherten) bewertet. Das neue Recht bewertet den um ein Jahr verkürzten Zeitraum statt dessen höchstens mit 0,75 Entgeltpunkten, grundsätzlich aber nur mit 75 % des individuellen Durchschnittswertes an Entgeltpunkten aus der individuellen Gesamtleistung an Beiträgen des Versicherten im belegungsfähigen Zeitraum ≪§ 71 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI≫ (hier übergangsrechtlich noch mit 91 vH dieses individuellen Durchschnitts). Diese Herabsetzung der bisherigen (Mindest-)Bewertung der Pflichtbeitragszeiten hat dazu geführt, daß sich der Wert der monatlichen Regelaltersrente des Klägers am 1. Januar 1997 gegenüber dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht unter Zugrundelegung von 18,9480 Entgeltpunkten (Beitragszeiten: 17,7195 zuzüglich beitragsfreie Zeiten: 1,2285) von 884,30 DM (Zugangsfaktor: 1,0 × aktueller Rentenwert: 46,67 × Entgeltpunkte: 18,9480) auf 792,96 DM auf der Basis von 16,9886 Entgeltpunkten verringerte (vgl hierzu auch Vorlagebeschluß vom 16. Dezember 1999 - B 4 RA 18/99 R).
BA Der Kläger hatte am 31. Dezember 1996 ein Anwartschaftsrecht (1.), ein vermögenswertes subjektiv-öffentliches Recht iS eines Rechts auf zukünftige Teilhabe an den Einnahmen des Rentenversicherungsträgers nach Vollendung des 65. Lebensjahres und ab Leistungsbeginn entsprechend seiner auf den erworbenen Entgeltpunkten beruhenden prozentualen Rangstelle (2.) Dieser durch die prozentuale Rangstelle ausgedrückte Wert des Rechts hatte sich jedenfalls (bereits) mit Vollendung seines 55. Lebensjahres und nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit iS eines vermögenswerten Rechts verfestigt (3.).
1. Der Kläger hatte – jedenfalls – am 31. Dezember 1996 ein Anwartschaftsrecht auf die Regelaltersrente.
1.1 Ein für alle Rechtsgebiete verbindliches einheitliches und nach einheitlichen Kriterien zu beurteilendes Rechtsinstitut „Anwartschaftsrecht” gibt es nicht, sondern nur nach den anwartschaftsbegründenden Normen zu unterscheidende Einzelformen (vgl Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl, RdNr 48 vor §§ 158 ff; Westermann in: Münchener Komm, 2. Aufl, § 161 RdNr 6; vgl insoweit auch §§ 107 Abs 1, 109 Abs 1, 225 Abs 1 und 2 SGB VI). Wie ein Vergleich zum Zivilrecht zeigt, ist diesen Rechten – nehmen sie als Rechtspositionen am Rechtsverkehr teil – gemeinsam, daß auf dem Weg zur Entstehung des Vollrechts von dem mehraktigen Entstehungstatbestand bereits so viele begründende Merkmale erfüllt sind, daß von einer gesicherten Erwerbsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die – der andere an der Entstehung Beteiligte – nicht mehr einseitig zu zerstören vermag (vgl Staudinger/Dilcher, aaO; BGHZ 45, 186, 188 f; 83, 395, 399; 101, 193, 199). Das Erfordernis einer gesicherten Rechtsposition bedeutet allerdings nicht, daß ihre Zerstörung unter allen Umständen ausgeschlossen sein muß. Es genügt vielmehr, wenn die Beeinträchtigung der Rechtsposition nach dem normalen Verlauf der Dinge ausgeschlossen werden kann (vgl BGHZ 49, 197, 201 f; 83, 395, 399; 101, 193, 199). Ferner gehört zu den Wesensmerkmalen des Anwartschaftsrechts in diesem Sinne, daß unter bestimmten weiteren Voraussetzungen der Rechtsübergang zur Entstehung des Vollrechts automatisch erfolgt (vgl hierzu Staudinger/Dilcher, aaO, RdNr 51 vor §§ 158 ff mwN; vgl hierzu auch Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil BGB, 8. Aufl, § 50 RdNr 73). Dabei kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, wie dieses Recht gegenüber dem Vollrecht zu charakterisieren ist, etwa als „wesensgleiches Minus” (BGHZ 28, 17, 21) oder als Erwerbsrecht eigener Art (vgl Staudinger/Dilcher, aaO, RdNrn 48 f; Larenz/Wolf, aaO, RdNrn 77 f, Slapnicar in: Festschrift für Herschel, 1982, Das Anrecht, S 144). Denn jedenfalls gehören zu den Eigenschaften eines derartigen Anwartschaftsrechts neben den begründenden Merkmalen der sukzessiven Entstehung, der grundsätzlichen Unzerstörbarkeit der Rechtsposition sowie dem automatischen Rechtsübergang zum Vollrecht auch die Sicherung des Rechts durch die Rechtsordnung im Hinblick auf seine Schutzwürdigkeit (vgl hierzu Slapnicar, aaO, S 138, 144; vgl hierzu Vorlagebeschlüsse vom 16. Dezember 1999 - B 4 RA 18/99 R, B 4 RA 49/99 R und B 4 RA 49/98 R).
1.2 Diese Merkmale des Instituts des Anwartschaftsrechts liegen hier vor.
Das Vollrecht auf die Regelaltersrente (und ihm folgend der erste Zahlungsanspruch „bei Leistungsbeginn”) entstehen sukzessiv im Rahmen eines mehraktigen Entstehungstatbestandes (vgl hierzu Slapnicar, aaO, S 142 ff), nämlich nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, Beitragszahlung und Erfüllung der allgemeinen Wartezeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Sowohl Entstehung des Vollrechts als auch Leistungsbeginn hängen lediglich – aufschiebend bedingt – vom Eintritt des Versicherungsfalls des Alters ab (§ 35 SGB VI). Die Rechtsposition ist auch grundsätzlich unzerstörbar. Denn – sogar bereits – mit Erfüllung der Wartezeit hat der Versicherte – grundsätzlich – ein irrevisibles gesetzliches Recht auf den Erwerb des Rechts auf Regelaltersrente (und auf Versicherungsschutz bei Erwerbs- und Berufsunfähigkeit bzw auf Rehabilitation, vgl hierzu Krause, Eigentum an subjektiven-öffentlichen Rechten, S 107), und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er noch weitere Beiträge entrichtet oder nicht.
Diese Rechtsposition ist unter Berücksichtigung des Sicherungsziels der Regelaltersrente auch schutzwürdig. Während im Bereich des Zivilrechts der Schutz und die Anerkennung einer als Anwartschaftsrecht bezeichneten Rechtsposition mit dem Erfordernis der wirtschaftlichen Verwertbarkeit des Rechts vor Erstarken zum Vollrecht begründet wird (vgl Staudinger/Dilcher, aaO, RdNrn 53 ff) und im Hinblick hierauf als Folge davon das Recht vererblich, übertragbar und pfändbar sein soll (vgl Slapnicar, aaO, S 144), ist der Sicherungs- und Schutzzweck des Anwartschaftsrechts (auf Regelaltersrente) ein anderer und bedarf daher dieser für die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Anwartschaftsrechts iS des Zivilrechts erforderlichen Kriterien nicht. Der Schutzzweck des Anwartschaftsrechts auf Regelaltersrente ist zwar auch wirtschaftlicher Art; er ist jedoch nicht auf die Verwertbarkeit der Position gerichtet, sondern auf die Sicherstellung der finanziellen Mittel des Versicherten im Alter. Die in diesem Zusammenhang bei einem sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaftsrecht vorhandenen Beschränkungen bei Übertragung, Verpfändung, Pfändung und Rechtsnachfolge (vgl hierzu auch §§ 53, 54, 59 SGB I), können infolgedessen im Hinblick auf den mit dem Sicherungsziel verbunden Schutzzweck vernachlässigt werden.
2. Das Anwartschaftsrecht des Klägers hatte jedenfalls am 31. Dezember 1996 bereits einen Vermögenswert iS einer prozentualen Rangstelle beruhend auf 18,9480 Entgeltpunkten einschließlich der Entgeltpunkte für die ersten 48 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit.
2.1 Das Anwartschaftsrecht hatte zwar keinen bestimmten, in DM ausdrückbaren Wert. Denn die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zielen gerade nicht darauf ab, das vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret erzielte Arbeitsentgelt zu ersetzen (vgl hierzu BSGE 82, 83, 95 mwN). Aus dem der gesetzlichen Rentenversicherung zugrundeliegenden umlagefinanzierten Verfahren folgt, daß die gezahlten Beiträge nicht angespart und den Versicherten nach Erreichen der Altersgrenze als Zins und Zinseszins wieder ausgezahlt werden. Der Versicherte trägt im Rahmen dieses Systems mit „seinen” Beiträgen, durch die das Arbeitsentgelt bzw das Arbeitseinkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze versichert ist, vielmehr zur Finanzierung der zur Zeit der Beitragsentrichtung fälligen Leistungen an die jeweiligen Rentner bei. Er erwirbt dadurch jedenfalls mit Vollendung des 55. Lebensjahres (s unten) ein staatlich garantiertes – und durch ein Anwartschaftsrecht gesichertes – Recht, entsprechend seiner Rangstelle durch die dann Erwerbstätigen angemessen „versorgt” zu werden (Gesamtäquivalenz von Leistung und Gegenleistung im Rahmen des Generationenvertrages: vgl hierzu BVerfGE 54, 11, 28 f; vgl hierzu auch Ruland, Verfassungs- und europarechtliche Grenzen bei der Umgestaltung des Sozialstaats im Bereich der Alterssicherung, VSSR 1997, 31; BSGE 78, 138, 143; 82, 83, 95 f). Durch Beiträge und gleichgestellte Leistungen wird nach alledem kein vor Entstehung des Rechts auf Rente bestimmter oder bestimmbarer Monatsbetrag der Rente erworben, sondern allein eine prozentuale Rangstelle im Vergleich zu anderen Versicherten. Gesetzlich versprochen wird insoweit dem Versicherten, daß sich die Höhe der Regelaltersrente bei Eintritt des Versicherungsfalls und Leistungsbeginns im Prinzip durch Anlegung der prozentualen Rangstelle an das dann maßgebliche Durchschnittsentgelt der Versicherten bestimmt. Konkretisiert wird die jeweilige Rangstelle durch die im Verlaufe des Arbeitslebens erworbenen Entgeltpunkte; sie geben im Grundsatz für jedes Kalenderjahr an, in welchem Verhältnis der Versicherte im Vergleich zum Durchschnitt aller Versicherten zur Finanzierung ua der damaligen Renten beigetragen hat. Der Versicherte wird später bei Eintritt des Versicherungsfalls und Leistungsbeginn entsprechend der prozentualen Rangstelle (angelegt an das dann maßgebliche „Nettodurchschnittsentgelt” der späteren Beitragszahler) an den Mitteln teilnehmen, die dann durch die Beiträge anderer für Renten und Rehabilitation zur Verfügung gestellt werden (vgl hierzu BSGE 82, 83, 95).
2.2 Der durch das Anwartschaftsrecht gesicherte Wert ist – jedoch – ein Mindestwert. Denn der durch die prozentuale Rangestelle „in Entgeltpunkten aus Beitragszeiten” ausgedrückte Wert kann sich im Hinblick auf die nach Entstehung des Rechts mit Vollendung des 55. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalls des Alters zB noch mögliche weitere versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit des Versicherten oder bei (Selbstzahlern) durch weitere Beitragsleistungen erhöhen. Ob darüber hinaus zu diesem Mindestwert des Anwartschaftsrechts noch ein weiterer – anders als bei Beitragszeiten nur hypothetisch beschreibbarer – Mindestwert für beitragsfreie Zeiten hinzuzurechnen ist, oder ob Entgeltpunkte für solche Zeiten im Hinblick auf die für die endgültige Wertbestimmung maßgebliche Gesamtleistungsbewertung (§§ 71 Abs 1, 72 Abs 2 SGB VI) grundsätzlich erst mit Eintritt des Versicherungsfalls bestimmbar und daher vor diesem Zeitpunkt nicht Bestandteil des Wertes des Anwartschaftsrechts sind, kann hier offenbleiben. Denkbar wäre zwar auch insoweit, einen (hypothetischen) Wert mit dem Durchschnittswert der bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Entgeltpunkte zu ermitteln, der sich aus der Gesamtleistung der bis zu diesem Zeitpunkt geleisteten Beiträge ergibt, der – jedoch – bezogen auf den gesamten belegungsfähigen Zeitraum (§ 72 Abs 2 SGB VI) nach oben und unten variabel bliebe.
Wie im Hinblick auf die Feststellung des Wertes des Anwartschaftsrechts in diesen Fällen – ohne eine weitere gesetzliche Ausgestaltung – zu verfahren ist, kann hier jedoch dahinstehen. Zum einen hätte ein derartiger Wert – auch für beitragsfreie Zeiten – bereits im Dezember 1996 bei Entstehung des Vollrechts festgestellt werden können. Zum anderen waren – ungeachtet der Fiktion in § 70 Abs 3 Satz 2 SGB VI idF bis zum 31. Dezember 1996 – die ersten 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit ohnehin stets Pflichtbeitragszeiten (§§ 1, 162, 55 Abs 1 Satz 1 SGB VI); fingiert wurde durch die aufgehobene Vorschrift insoweit nur, daß diese Pflichtbeitragszeiten solche „für eine Berufsausbildung” waren. Ihr Wert hing damit nicht von weiteren Voraussetzungen ab. Die insoweit erworbenen Entgeltpunkte standen im Hinblick auf § 70 Abs 3 Satz 2 iVm Satz 1 SGB VI am Ende des jeweiligen Kalenderjahres fest und konnten mithin dem Rentenkonto ab diesem Zeitpunkt endgültig gutgeschrieben werden, unabhängig davon, worauf im einzelnen der „Erwerb” der Entgeltpunkte zurückzuführen war (§ 55 SGB VI).
Einen bereits vorab auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls und Leistungsbeginns bezogenen bezifferbaren, endgültig feststehenden „Rentenwert” in Geld, der durch das Anwartschaftsrecht gesichert ist, gibt es nach alledem und auch im Hinblick darauf nicht, daß der Wert der monatlichen Regelaltersrente zudem noch von weiteren unbekannten Größen abhängt, ua von dem jährlich festzusetzenden aktuellen Rentenwert (§ 68 SGB VI). Gesichert wird mithin nur ein – insoweit aber abschließend – bestimmter „Mindestanteilswert” (mindestprozentuale Rangstelle).
3. Mit Vollendung des 55. Lebensjahres und nach Erfüllung der Wartezeit hat sich das – vermögenswerte – Anwartschaftsrecht so verfestigt, daß es dem Vollrecht bei Leistungsbeginn gleichzustellen ist. Insoweit ist das Anwartschaftsrecht abzugrenzen gegenüber den nicht verfestigten Vorstufen des Rechts im Rahmen seiner stufenweisen, sukzessiven Entstehung zum Vollrecht. Insofern bieten sich nach der Systematik des SGB VI bis zur Entstehung des Vollrechts folgende Abschnitte an: 1. Stufe: Begründung des Sozialversicherungsverhältnisses und Zahlung des ersten Beitrags bis zur Vollendung der fünfjährigen allgemeinen Wartezeit (= Anrecht), 2. Stufe: Erfüllung der allgemeinen Wartezeit bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres (= Anwartschaft), 3. Stufe: Vollendung des 55. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalls und Leistungsbeginn ≪= Anwartschaftsrecht≫ (vgl hierzu auch Vorlagebeschlüsse vom 16. Dezember 1999 - B 4 RA 18/99 R, B 4 RA 49/99 R und B 4 RA 49/98 R).
3.1 Maßgebendes Abgrenzungskriterium für den Grad der Sicherung ist der mit dem Anwartschaftsrecht bezweckte Schutz des Versicherten, wie er diesem von der Rechtsordnung eingeräumt wird. Er beurteilt sich auch insoweit nach der Schutzwürdigkeit des Vermögensrechts, die sich aus dem Sicherungsziel der Regelaltersrente ergibt. Sie soll den Verlust des Erwerbseinkommens des Versicherten, bei dem typisierend vermutet wird, daß es ihm mit Vollendung des 65. Lebensjahres generell nicht mehr zumutbar sei, einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen, bei Eintritt des Versicherungsfalls und Leistungsbeginns ausgleichen, und zwar im Umfang des gesetzlich versprochenen Sicherungsziels des anteiligen „Arbeitslohns”, also des – in typisierender Betrachtung – wegen des Versicherungsfalls entgangenen (ggf versichert gewesenen) Arbeitsverdienstes; dessen Höhe wird im Kern aus dem Verhältnis der im Versicherungsleben erworbenen Teilhabeberechtigung (persönliche Rangstelle) zum nunmehr durchschnittlich versicherten Arbeitsentgelt (konkretisiert im „aktuellen Rentenwert”) bestimmt („Alterslohnprinzip”, s ua BSGE 83, 104, 109). Gesetzlich ist hingegen dem Versicherten nicht versprochen, seinen Lebensstandard zu sichern, den er vor Eintritt des Versicherungsfalls hatte („Lebensstandardprinzip”); rechtlich zufällig kann sich eine solche Sicherung allerdings aus dem „Alterslohnprinzip” ergeben, wenn der Lebensstandard des Rentners vor Eintritt des Versicherungsfalls allein oder im wesentlichen auf dessen rentenversicherungspflichtigem Arbeitsverdienst beruhte (aA ohne Angabe von Gründen: Ruland in: HDR, Kapitel 19 RdNrn 90 ff; vgl hierzu im übrigen BSGE 83, 104, 109). Die besondere Schutzwürdigkeit der Rechtsposition eines Versicherten nach Erfüllung der Wartezeit und mit Vollendung des 55. Lebensjahres beruht demnach auf dem og Sicherungsziel des anteiligen Arbeitslohns entsprechend der erworbenen Teilhabeberechtigung. Dieses Ziel ist durch die Rechtsordnung anerkannt worden, indem sie dem Versicherten mit Vollendung des 55. Lebensjahres von Amts wegen einen Anspruch auf Erteilung einer Auskunft über die Höhe der „Anwartschaft”, die ihm ohne weitere rentenrechtliche Zeiten als Regelaltersrente zustehen würde, zubilligt (§ 109 Abs 1 Satz 1 SGB VI). Der Versicherte soll vor Eintritt des Versicherungsfalls so rechtzeitig über seine finanzielle Situation im Alter informiert werden, daß er aufgrund dieses Erkenntnisstandes ggf weitere Vorsorge für sein Alter treffen kann. Verdeutlicht wird dieser Schutzzweck – Erhalten einer verläßlichen Kalkulationsgrundlage zur Planung einer ausreichenden Altersversorgung – auch durch Satz 2 aaO, wonach Versicherte, die das 54. Lebensjahr vollendet haben, grundsätzlich einen Anspruch auf Auskunft über die Beitragszahlung haben, die zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters erforderlich ist. Der die „normale” Regelaltersrente in Anspruch nehmende Versicherte soll mithin spätestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres, zehn Jahre vor Eintritt in das Rentenalter, eine Grundlage für seine Lebensplanung im Alter haben. Ginge man von einem späteren Zeitpunkt aus, etwa dem 60. Lebensjahr, so wäre der Zeitraum, innerhalb dessen der Versicherte eine ggf erforderliche weitere Altersvorsorge in ausreichendem Maße treffen könnte, – typisierend betrachtet – zu knapp bemessen.
Legt man somit den vom Gesetz für ein besonderes Sicherungsbedürfnis des Versicherten anerkannten Zehn-Jahres-Zeitraum vor Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde, so folgt daraus zugleich, daß der Versicherte ab diesem Zeitpunkt nicht nur einen – ungefähren – Überblick über seine finanzielle Situation im Alter benötigt, sondern – zumindest, was die Entgeltpunkte für Beitragszeiten anbelangt – eine zuverlässige Auskunft über die die prozentuale Rangstelle bestimmenden Entgeltpunkte. Gegenstand dieses Auskunftsanspruchs ist also die „zutreffende” Erklärung über die Anzahl (Summe) der erworbenen Entgeltpunkte sowie über die insoweit als rentenrechtliche Zeiten vorzumerkenden Tatbestände. Diesem Schutz- und ihm folgend dem Sicherungszweck ist zugleich zu entnehmen, daß es sich um einen mit der Feststellungsklage (§ 55 SGG) verfolgbaren Auskunftsanspruch sui generis handelt, für die der Versicherte im Hinblick auf die erforderliche Kalkulationsgrundlage für seine Lebensgestaltung im Alter auch ein berechtigtes Interesse hat (Art 19 Abs 4 GG). Diese Auskunftserteilung hat einen anderen Regelungsinhalt als diejenige nach § 109 Abs 1 SGB VI. Während der Auskunftsanspruch sui generis verbindlichen Aufschluß über die Höhe der bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund abgeschlossener und gesetzlich abschließend bewerteter „tatsächlich” erworbener (Mindest-)Entgeltpunkte gibt, ist die Auskunft nach § 109 Abs 1 Satz 1 SGB VI über den in DM ausgedrückten hypothetischen Rentenwert notwendig unverbindlich (s oben, vgl § 109 Abs 4 SGB VI). Sie teilt den Wert des monatlichen Rechts auf Rente bei fingierter Vorverlegung des Versicherungsfalls und unter Fiktion einer unveränderten Sach- und Rechtslage bis zum – wirklichen – Versicherungsfall mit. Dieser kann, muß jedenfalls aber nicht demjenigen bei Erreichen des Versicherungsfalls entsprechen (s oben), ua auch im Hinblick auf den dann als Berechnungsfaktor der Rentenformel mitzuberücksichtigenden jährlich festzusetzenden aktuellen Rentenwert (§§ 64, 68 SGB VI). Etwas anderes kann auch der Entscheidung des Senats vom 24. Oktober 1996 (SozR 3-2600 § 58 Nr 9 S 60 f) nicht entnommen werden. Der Kläger hatte dort anläßlich einer Vormerkungsentscheidung nach § 149 Abs 5 SGB VI eine „rechtsfähige” Rentenauskunft über die Berechnung der – beitragsfreien – Hochschulausbildungszeiten bezogen auf das 65. Lebensjahr begehrt und damit nicht eine Auskunft über den Wert des Anwartschaftsrechts auf Regelaltersrente geltend gemacht, sondern ein einzelnes Berechnungselement der Entgeltpunkte, das – ua – zudem im Hinblick auf die Gesamtleistungsbewertung nicht endgültig verbindlich feststellbar war.
3.2 Es kann hier dahinstehen, ob auch der Inhaber einer „Anwartschaft” (2. Stufe, s oben), also derjenige, der die allgemeine Wartezeit erfüllt, jedoch das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bereits eine von der Rechtsordnung anerkannte verfestigte Rechtsposition (iS eines Anwartschaftsrechts) erlangt hat (vgl hierzu Papier: Die Differenziertheit sozialrechtlicher Positionen und der Anspruch der Eigentumsgarantie, S 94, 98 in: Stober: Verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz sozialrechtlicher Rechtspositionen, Schriftenreihe des Deutschen Sozialrechtsverbandes 1982, Bd XXII), oder ob ggf insoweit nochmals eine (zeitliche und/oder beitragsrechtliche) Staffelung innerhalb des Rechts vorzunehmen ist. Zwar tritt auch in diesen Fällen automatisch der aufschiebend durch den Versicherungsfall des Alters bedingte Rechtserwerb mit Vollendung des 65. Lebensjahres ein. Dieser kann grundsätzlich auch nicht mehr verhindert werden, da das dem Versicherten zur Sicherung gegen das Risiko des Alters gesetzlich versprochene Recht auf Rente gemäß seiner prozentualen Rangstelle grundsätzlich nicht mehr entschädigungslos (dh ohne eine angemessene über § 210 SGB VI hinausgehende „Beitragserstattung”) beseitigt oder strukturell gravierend verändert werden darf (vgl Grüttner, Die sozialversicherungsrechtliche Anwartschaft, S 95). Ob und in welchem Umfang solche Positionen jedoch gesichert sind, kann dahinstehen. Denn weder der Schutzzweck noch das og Sicherungsziel gebieten im Hinblick auf die von der Rechtsordnung anerkannte und typisierend mit Vollendung des 55. Lebensjahres wegen der Nähe zum Versicherungsfall angenommene besondere Schutzbedürftigkeit des Versicherten bei dieser Personengruppe einen dem Anwartschaftsrecht im oben definierten Sinne vergleichbaren Schutz (vgl hierzu BVerfGE 32, 111, 123). Ein „Vermögenswert”, der Grundlage für Vermögensdispositionen sein kann, dürfte, wenn der Versicherte lediglich die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, in der Regel nicht bestehen, weil die darauf beruhende Teilhabeposition (typischerweise) nicht so verfestigt ist, daß sie Grundlage einer groben Schätzung der wirtschaftlichen Dimension sein kann. Ab welchem genauen Zeitpunkt nach Erfüllung der Wartezeit dies der Fall ist und von der Schutzwürdigkeit einer versicherungsrechtlichen Rechtsposition ausgegangen werden kann, kann hier – wie ausgeführt – ebenso offenbleiben, wie die Frage nach den ggf hieran anzuknüpfenden Rechtsfolgen; bei den Gestaltungsrechten zur vorzeitigen Bestimmung des Versicherungsfalls des Alters (§§ 36 bis 40, 50, 51 SGB VI) geht das Gesetz (§ 154 SGB VI) jedenfalls abstrakt etwa von der Vollendung des 50. Lebensjahres aus und damit von einem Zeitraum von 15 Kalenderjahren (vgl hierzu Vorlagebeschlüsse vom 16. Dezember 1999, aaO).
Eine derartig verfestigte Rechtsposition entsteht allerdings nicht vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (1. Stufe, s oben), selbst wenn der Versicherte bereits Beiträge entrichtet hat (so aber Bergner in: HDR, Kapitel 27 RdNr 7; ebenso Wallerath in: HDR, Kapitel 11 RdNr 89; Rüfner: Die Differenzierung sozialrechtlicher Positionen und der Anspruch der Eigentumsgarantie, S 87, 91 in: Stober, aaO). Denn durch die Begründung eines Rentenversicherungsverhältnisses – mit oder ohne Beitragszahlung – und dem Erwerb der Mitgliedschaft erwächst dem Versicherten in der Altersrentenversicherung lediglich ein „Anrecht”, mit dem er die rechtliche Möglichkeit erhält, das Versicherungsverhältnis fortzusetzen und – nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit – ein Teilhaberecht zu erwerben. Diese Position gibt dem Versicherten demnach allein ein Recht auf Fortsetzung der Mitgliedschaft bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung mit der rechtlich geschützten Aussicht, ein Teilhaberecht zu erwerben. Vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit besteht mithin in der Altersrentenversicherung kein Versicherungsschutz bei Eintritt des Versicherungsfalls des Alters. Ohne den Erwerb weiterer Beitrags- oder Ersatzzeiten (oder eines Rechts auf eine Rente aus der Erwerbsminderungsversicherung wegen Erwerbs-/Berufsunfähigkeit infolge der nur dort möglichen vorzeitigen Wartezeiterfüllung iS von § 53 SGB VI) entfällt jedoch auch diese rechtlich geschützte Erwerbsaussicht. Infolgedessen räumt die Rechtsordnung dem Versicherten in diesen Fällen nach Vollendung des 65. Lebensjahres (und ohne Erfüllung der allgemeinen Wartezeit) einen Anspruch auf Beitragserstattung ein (§ 210 SGB VI).
Der Regelung beim Versorgungsausgleich (§§ 1587 ff BGB) kann nichts Gegenteiliges entnommen werden. Dort werden zwar, bezogen auf einen gesetzlich fingierten Versicherungsfall zum Ende der Ehezeit, auch „Rentenanwartschaften” aus Beitrags- sowie aus beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten festgestellt und als Entgeltpunkte dem Rentenkonto des Versorgungsausgleichsberechtigten gutgeschrieben (vgl § 1587a Abs 2 Nr 2 BGB). Insoweit handelt es sich jedoch um einen gesetzlich geregelten Ausnahmefall, durch den die bei der Ehescheidung durchgeführte vermögensrechtliche Auseinandersetzung bezüglich des Rentenversicherungsrechts auf hypothetischer Basis – grundsätzlich – abschließend geregelt werden soll. In diesen Fällen müssen die genannten „Rentenanwartschaften” unter Annahme eines fiktiven und vorverlegten Versicherungsfalls des jeweils Ausgleichsberechtigten nach Grund und Umfang fiktiv bestimmt werden (und werden – regelmäßig zu Lasten der beitragszahlenden Versicherten – zumindest in ihren rechtsbegründenden Wirkungen verdoppelt). Veränderungen dieses fiktiven Versicherungsvermögens, die nach dem Ende der Ehezeit eingetreten sind, müssen im übrigen im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 10a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) berücksichtigt werden (vgl hierzu BVerfGE 87, 348 ff; vgl Urteil des Senats vom 9. November 1999 - B 4 RA 16/99 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).
BB Das Anwartschaftsrecht im oben definierten Sinn ist eine durch Art 14 Abs 1 GG geschützte vermögenswerte Rechtsposition.
1. Das BVerfG hat zum Eigentumsschutz rentenrechtlicher Positionen folgendes ausgeführt:
BVerfGE 19, 202, 205
Die Rechtsansicht des SG, daß die Ansprüche aus der Rentenversicherung nur vererblich sind, wenn der Versicherte sie zu seinen Lebzeiten erhoben hatte, und anderenfalls mit dessen Tode untergehen, verstößt auch nicht gegen Art 14 GG. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit diese Ansprüche überhaupt unter den Schutzbereich dieses Grundrechts fallen. Auch wenn dies in vollem Umfang bejaht würde, ist ein Verstoß gegen Art 14 GG nicht zu erkennen.
BVerfGE 20, 52, 54
Soweit Sozialrenten überhaupt dem Schutz aus Art 14 GG unterstehen können, bezieht sich dieser nicht darauf, daß eine bestimmte Art der Rentenberechnung (Begrenzung der persönlichen Bemessungsgrundlage) beibehalten wird.
BVerfGE 22, 241, 253
Wie das BVerfG ausgesprochen hat, gehören der Anspruch auf die Sozialversicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalles und die als Anwartschaft bezeichnete Position bis zu diesem Zeitpunkt zu den öffentlich-rechtlichen Vermögenspositionen, für die der Schutz des Art 14 GG nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn sie nicht ausschließlich auf staatlicher Gewährung, sondern auf eigener Leistung beruhen. Die Anwartschaft der in der Sozialversicherung Versicherten auf Altersversorgung mag zu den öffentlich-rechtlichen Positionen gehören, die mit auf eigener Leistung der Versicherten beruhen und daher des Eigentumsschutzes fähig sind. Dieser Eigentumsschutz erstreckt sich aber nicht auf die durch Art 2 § 17 G Nr 590 begründete Aussicht der saarländischen Versicherten, das Altersruhegeld … bereits von der Vollendung des 60. Lebensjahres an beziehen zu können. Ob das Altersruhegeld vom 60. oder erst vom 65. Lebensjahr an gewährt wird, zählt ebensowenig wie die Beitrags- und Leistungshöhe zum feststehenden Inhalt jener Anwartschaft. Die Veränderlichkeit der genannten Modalitäten ist von vornherein in der Anwartschaft angelegt; sie entspricht dem Charakter der Sozialversicherung, die auf dem Prinzip der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht.
SozR Nr 1 zu § 1251 RVO
Art 14 GG gewährt dem einzelnen Rentenberechtigten keinen Anspruch auf die Durchführung oder Beibehaltung einer bestimmten Art der Rentenberechnung. … Im übrigen würde ein Rentenanspruch … hinsichtlich desjenigen Teils der Rente, um den sie sich bei einer Berücksichtigung der Verfolgungszeiten als mit Beiträgen belegte Versicherungszeiten anstatt als beitragslose Ersatzzeiten erhöhen würde, nicht dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG unterstehen. Der Beschwerdeführer hat während der Verfolgungszeiten weder überhaupt der Versicherung angehört noch Beiträge entrichtet. Die Berücksichtigung der Verfolgungszeiten bei der Rentenberechnung beruht daher ausschließlich auf staatlicher Gewährung und stellt kein Äquivalent eigener Leistung des Versicherten dar.
BVerfGE 29, 22, 33
Die aus der Sowjetzone in die Bundesrepublik Deutschland Zugezogenen erhalten ihre Rente nicht, weil ihnen diese Rente kraft „normaler Beziehungen” zur Angestelltenversicherung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zustünde, sondern aufgrund einer freien gesetzgeberischen Entscheidung, kraft deren sie konstitutiv in diese Versicherung erst einbezogen werden, um ihre „soziale Eingliederung” zu verwirklichen. Diese frei gewährte Begünstigung, die erst den Rechtsgrund für die Rente schafft, kann man nicht einfach zur Grundlage machen, um auf ihr fußend nun zu verlangen, es müsse dem genannten Personenkreis, was die Regelung der Kürzung oder Anrechnung ihrer Rente anlangt, die volle Gleichstellung gewährt werden mit den Einheimischen, die von Haus aus normale Beziehungen zu ihrem Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland hatten und haben. Schon aus der zuletzt angestellten Erwägung ergibt sich, daß auch Art 14 GG nicht verletzt sein kann. Die vom FRG Betroffenen haben gegen den Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland erst durch das FRG (und seinen Vorgänger, das FAG) einen vermögenswerten Rechtsanspruch erhalten. Dieses neue Recht kann keinen „größeren” Inhalt haben, als das Gesetz selbst bestimmt. Da das Gesetz das Recht erst gewährt, das von Art 14 GG geschützt sein soll, kann es (das Gesetz selbst) den Art 14 GG nicht verletzt haben. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, daß der vom FRG gewährte Rentenanspruch jedenfalls – auch wenn es richtig sein sollte, daß ein Rentenanspruch im allgemeinen dem Privateigentum so nahe steht, daß er eigentumsähnlich ist, insbesondere dieselbe rechtliche Bestandfestigkeit besitzt wie das privatrechtliche Eigentum – nicht, auch nicht teilweise auf eigenen Leistungen des Rentenempfängers an den Rentenversicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland beruht und deshalb als öffentlich-rechtliche Leistung sozialen Charakters nicht den Schutz der Eigentumsgarantie des Art 14 GG genießt.
BVerfGE 53, 257, 289 ff
Ein Eigentumsschutz kommt dann in Betracht, wenn der ein subjektiv-öffentliches Recht begründende Sachverhalt dem einzelnen eine Rechtsposition verschafft, die derjenigen des Eigentümers entspricht. Dies ist der Fall für Ansprüche auf Versichertenrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und für solche Rechtspositionen der Versicherten nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, die bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen, etwa des Ablaufs der Wartezeit und des Eintritts des Versicherungsfalles, zum Vollrecht erstarken können (Rentenanwartschaften). … Rentenversicherungsrechtliche Positionen dieser Art erfüllen Funktionen, deren Schutz Aufgabe der Eigentumsgarantie ist. Sie weisen auch die konstituierenden Merkmale des durch Art 14 GG geschützten Eigentums auf. Die Garantie des Eigentums ist ein elementares Grundrecht, das in engem innerem Zusammenhang mit der persönlichen Freiheit steht. Ihr kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen. … In der heutigen Gesellschaft erlangt die große Mehrzahl der Staatsbürger ihre wirtschaftliche Existenzsicherung weniger durch privates Sachvermögen als durch den Arbeitsertrag und die daran anknüpfende solidarisch getragene Daseinsvorsorge, die historisch von jeher eng mit dem Eigentumsgedanken verknüpft war. Insoweit sind die Anrechte des einzelnen auf Leistungen der Rentenversicherung an die Stelle privater Vorsorge und Sicherung getreten. Rentenansprüche und Rentenanwartschaften der erörterten Art tragen als vermögenswerte Güter die wesentlichen Merkmale verfassungsrechtlich geschützten Eigentums. Dieses ist in seinem rechtlichen Gehalt gekennzeichnet durch Privatnützigkeit, dh die Zuordnung zu einem Rechtsträger, in dessen Hand es als Grundlage privater Initiative und im eigenverantwortlichen privaten Interesse „von Nutzen” sein soll, und durch die von dieser Nutzung nicht immer deutlich abgrenzbare grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Der Gebrauch des Eigentums soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Rentenansprüche und Rentenanwartschaften sind einem privaten Rechtsträger zugeordnet; sie sind zu seinem Nutzen bestimmt. Allerdings stehen sie nicht uneingeschränkt zur Disposition des Berechtigten. Eine Verfügungsbefugnis ist zwar in Fällen der freiwilligen Versicherung, der Höherversicherung und der Nachentrichtung hinsichtlich der Begründung und Ausgestaltung von Rentenansprüchen in bestimmtem Umfang gegeben. Indessen fehlt es im Bereich der Pflichtversicherung – abgesehen von der Pflichtversicherung auf Antrag – an der Möglichkeit einer selbstverantwortlichen Begründung von Rentenversicherungsverhältnissen. Auch können solche Positionen nicht inhaltlich frei vom Versicherten ausgestaltet werden. Anwartschaften und Rentenstammrechte können nicht, Rentenzahlungsansprüche nur beschränkt übertragen und verpfändet werden (vgl § 53 SGB I). Gleichwohl entspricht die Position des Berechtigten auch unter dem Gesichtspunkt grundsätzlicher Verfügungsbefugnis derjenigen des Eigentümers. Private Vermögensrechte unterliegen vielfach Einschränkungen der dargelegten Art, ohne daß deswegen deren verfassungsrechtlicher Schutz in Zweifel gezogen würde. Vor allem trifft der Grundgedanke dieser Voraussetzung verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes auch auf die hier in Frage stehenden Positionen zu: In dem Element der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis gelangt die Herrschaft über das Eigentumsobjekt und damit der besondere personale Bezug des Inhabers zu diesem zum Ausdruck. Dieser wird bei Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften nicht nur durch die spätere Nutzung, sondern auch dadurch hergestellt, daß ihr Umfang durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt wird, wie dies vor allem in den einkommensbezogenen Beitragsleistungen Ausdruck findet. Die Berechtigung des Inhabers steht also im Zusammenhang mit einer eigenen Leistung, die als besonderer Schutzgrund für die Eigentümerposition anerkannt ist; sie beruht nicht ausschließlich auf einem Anspruch, den der Staat in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht durch Gesetz einräumt und der nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht vom verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz umfaßt wird. Dabei müssen Berechtigung und Eigenleistung einander nicht entsprechen. Je höher indessen der einem Anspruch zugrundeliegende Anteil eigener Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor. Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Für dessen Gestaltungsfreiheit sind Eigenart und Funktion des Eigentumsobjekts von maßgeblicher Bedeutung, die zu einer gewissen Stufung des Schutzes führen: Dem Gesetzgeber sind enge Grenzen gezogen, soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des einzelnen geht. Dagegen ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhaltsbestimmung und Schrankenbestimmung um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht. Diesen Grundsätzen entspricht es, wenn Eigentumsbindungen stets verhältnismäßig sein müssen. Rentenversicherungsansprüche und Rentenanwartschaften weisen … einen personalen Bezug auf. Zugleich stehen diese Positionen jedoch in einem ausgeprägten sozialen Bezug; sie sind Bestandteil eines Leistungssystems, dem eine besonders bedeutsame soziale Funktion zukommt. Die Berechtigung des einzelnen „Eigentümers” läßt sich von den Rechten und Pflichten anderer nicht lösen. Sie ist vielmehr eingefügt in einen Gesamtzusammenhang, der auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft und des „Generationenvertrages” beruht: Es ist zu einem wesentlichen Teil die im Berufsleben stehende Generation, welche die Mittel für die Erfüllung der Ansprüche der älteren Generation aufzubringen hat und die ihrerseits von der folgenden Generation das gleiche erwartet. Der soziale Bezug wird auch darin deutlich, daß die Rentenversicherungen durch staatliche Zuschüsse, also aus Mitteln der Allgemeinheit, mitfinanziert werden. Daraus folgt: Bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Dies gilt im besonderen für Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Insoweit umfaßt Art 14 Abs 1 Satz 2 GG auch die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken; sofern dies einem Zweck des Gemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, Leistungen zu kürzen, den Umfang von Ansprüchen oder Anwartschaften zu vermindern oder diese umzugestalten. Allerdings verengt sich seine Gestaltungsfreiheit in dem Maße, in dem Rentenansprüche oder -anwartschaften durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistungen des Versicherten geprägt sind. Insoweit entspricht der Höhe dieses Anteils ein erhöhter verfassungsrechtlicher Schutz: An die Rechtfertigung eines Eingriffs sind strengere Anforderungen zu stellen als an die Änderung einer Rechtslage, die mit der eigenen Leistung des Versicherten nichts zu tun hat. In dem damit sich ergebenden Umfang sind rentenversicherungsrechtliche Positionen … durch Art 14 Abs 1 GG geschützt. Gegenstand des Schutzes sind der Anspruch oder die Anwartschaft, wie sie sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben.
Eine diesen Grundsätzen folgende Anwendung des Art 14 Abs 1 GG auf rentenversicherungsrechtliche Positionen bedeutet nicht, daß die Eigentumsgarantie Umgestaltungen des Rentenversicherungssystems oder Anpassungen an veränderte Bedingungen verhindert, die im Interesse der Verbesserung oder Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung unerläßlich erscheinen. Solche Veränderungen läßt Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zu; er bindet sie freilich an Voraussetzungen, die es ausschließen, allein auf das Versicherungssystem als Ganzes zu blicken und darüber die individuellen Rechte der Versicherten außer Betracht zu lassen. Ebensowenig führt eine solche Anwendung zu einer Entwertung oder Aushöhlung der Eigentumsgarantie des GG. Es würde eher zu einem weitgehenden, mit dem Schutz des Eigentums im sozialen Rechtsstaat schwerlich zu vereinbarenden Funktionsverlust dieser grundlegenden Gewährleistung führen, wenn sie vermögensrechtliche Positionen nicht umfaßte, die für die große Mehrzahl der Bevölkerung die wichtigste und oft einzige Grundlage ihrer Daseinssicherung sind, und wenn der Schutz der Garantie auf die im Zuge der dargelegten Entwicklung geringer gewordene Zahl überkommener Eigentumspositionen beschränkt bliebe. Davon abgesehen ist … die Freiheit des Gesetzgebers, die diesem im Blick auf den sozialen Bezug und die soziale Funktion rentenversicherungsrechtlicher Positionen der beschriebenen Art bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zukommt, nicht unbegrenzt … Das BVerfG hat wiederholt ausgesprochen, daß es eine wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie ist, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art 14 Abs 1 GG geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Insoweit hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für die vermögenswerten Güter im Eigentumsgrundrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren. Die Eigentumsgarantie erfüllt daher für die durch sie geschützten rentenversicherungsrechtlichen Positionen die Funktion des Vertrauensschutzes gegenüber Eingriffsakten.
BVerfGE 53, 164, 175 f
Zwar können Ansprüche auf Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung den Schutz der Eigentumsgarantie genießen. Indessen können die Regelungen des FRG, soweit sie vormals nach reichsgesetzlichen Vorschriften versicherten Deutschen keine Ansprüche gegenüber Versicherungsträgern der Bundesrepublik Deutschland oder des Landes Berlin einräumen, deswegen nicht an Art 14 GG gemessen werden, weil es sich um Normen handelt, die der Bewältigung außergewöhnlicher Probleme dienten, die ihren Ursprung in historischen Vorgängen aus der Zeit vor der Entstehung der Bundesrepublik Deutschland hatten. Das GG hat den Ausgleich der politischen und wirtschaftlichen Lasten, die aus dem Krieg und dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches herrührten, weitgehend der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers überlassen. Gegenstand der Eigentumsgarantie könnten erst die vom Gesetzgeber neu begründeten Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland sein.
BVerfGE 58, 81, 109 ff
Gegenstand des Schutzes des Art 14 GG sind der Anspruch oder die Anwartschaften, wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben. … Renten und Rentenanwartschaften beruhen auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die einzelnen Elemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbständige Ansprüche. Im Hinblick auf Art 14 GG ist die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt. Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. … Soweit (der Gesetzgeber) in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen hat, ist zu berücksichtigen, daß in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei der Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Daher gebührt dem Gesetzgeber auch für Eingriffe in bestehende Rentenanwartschaften Gestaltungsfreiheit. Insoweit kommt es indessen darauf an, daß gerade für diese Eingriffe legitimierende Gründe gegeben sind. Solche Gründe liegen bei Regelungen vor, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. …
Der Zuerkennung der Ausbildungs-Ausfallzeiten liegen … keine eigenen Leistungen zugrunde. … Die Frage, inwieweit der Gesetzgeber Inhalt und Schranken einer unter die Eigentumsgarantie fallenden Position bestimmen darf, läßt sich nicht unabhängig davon beantworten, inwieweit der Eigentümer eine solche Position durch eigene Leistung erworben hat. Je höher der einem Anspruch zugrundeliegende Anteil eigener Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor. In dieser Hinsicht sind Ausfallzeiten besonders dadurch geprägt, daß sie dem Versicherten angerechnet werden, ohne daß er dafür Beiträge bezahlt. Das BVerfG hat daraus gefolgert, daß Ausfallzeiten überwiegend auf staatlicher Gewährung beruhen und Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge sind. Demgegenüber läßt sich nicht einwenden, auch Ausfallzeiten seien letztlich nur Elemente einer umfassenden Kalkulation der gesetzlichen Rentenversicherung; dementsprechend sei die Bemessung der Beiträge aller Versicherten auch an der Finanzierung von Ausfallzeiten zu orientieren. Diese Betrachtungsweise ließe es nicht mehr zu, zwischen den einzelnen Elementen einer Rentenposition im Hinblick auf gesetzgeberische Eingriffe nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG relevante Unterschiede zu machen. Sie hätte zur Folge, daß bei rentenrechtlichen Positionen ein besonderer personaler Bezug, der durch die persönliche Arbeitsleistung der Versicherten mitbestimmt wird, „wie dies vor allem in den einkommensbezogenen Beitragsleistungen Ausdruck findet”, nicht mehr herstellbar wäre. Damit aber entfiele ein wesentliches Kriterium, aus dem die Grenzen gesetzlicher Eingriffsmöglichkeiten in bestehende Rentenpositionen zu bestimmen sind. Ein gegenüber der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit verstärkter Schutz der durch Ausbildungs-Ausfallzeiten bestimmten Rentenanwartschaft läßt sich nicht damit begründen, daß auch Ausbildungszeiten Zeiten „persönlicher Arbeitsleistung” seien. Zwar liegt auch einer Ausbildung Arbeit zugrunde. Sie hat auch einen gesellschaftlichen Bezug und führt in der Regel im Berufsleben zu höheren beruflichen Qualifikationen mit höherem Einkommen und damit zu höheren Beitragsleistungen an die Solidargemeinschaft. Indessen sind das Umstände, deren Berücksichtigung dem System der gesetzlichen Rentenversicherung, die grundsätzlich an den Eintritt in das Arbeitsleben anknüpft, fremd ist. Art und Umfang der Ausbildung bleiben im Bereich der Eigenverantwortung des einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt unter Verzicht auf mit Beiträgen belegte Zeiten in der Rentenversicherung erhöhen will. Wenn der Gesetzgeber sich dennoch entschließt, im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung die mit der Ausbildung für den einzelnen verbundene Minderung sozialer Sicherheit durch Zuerkennung von Ausbildungs-Ausfallzeiten auszugleichen, so bleibt das ein Akt sozialen Ausgleichs und ist nicht die Gegenleistung der Solidargemeinschaft dafür, daß der Versicherte mit längeren Ausbildungszeiten später höhere Verdienste erzielt und dementsprechend höhere Beiträge zur Solidargemeinschaft leistet. Diese höheren Beiträge führen für ihn auch zu höheren Renten. …
Auch wenn der Gesetzgeber bei dem Zugriff auf die Ausbildungs-Ausfallzeiten einen weiten Gestaltungsspielraum hat, muß doch der Eingriff in eine für den Versicherten bestehende Position in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Eingriff verfolgten Zweck stehen. Das BVerfG hat wiederholt ausgesprochen, daß der Gesetzgeber im Rahmen des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen müsse und daß dementsprechend Eigentumsbindungen stets verhältnismäßig sein müßten.
In Art 14 Abs 1 GG hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für die vermögenswerten Güter eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren. Das bedeutet nicht, daß dem durch einen gesetzlichen Eingriff in seinem Vertrauen auf den Fortbestand einer Rechtslage Getäuschten der verfassungsrechtlich gebotene Schutz seines Vertrauens versagt wird. Eine Regelung, die für die Zukunft allen verfassungsrechtlichen Erfordernissen des Art 14 Abs 1 GG entspricht, kann unter dem Gesichtspunkt desselben Grundrechts verfassungswidrig sein, soweit sie in Rechtspositionen eingreift, die in der Vergangenheit entstanden sind. … Auch im Falle einer Änderung der Rechtsordnung muß der Gesetzgeber für den Eingriff in geschützte subjektive Rechte legitimierende Gründe haben; insoweit geht die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG über den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz hinaus. Die vom Gesetzgeber erlassenen Vorschriften sind nicht schon deshalb verfassungsmäßig, weil das künftig anzuwendende Recht dem GG entspricht. Es kommt vielmehr zusätzlich darauf an, daß auch der Eingriff in die nach altem Recht begründeten Rechtspositionen mit dem GG in Einklang steht. Dabei sind gesetzliche Neuregelungen, die in Positionen eingreifen, die in der Vergangenheit begründet sind, nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind.
Wer als Pflichtversicherter der gesetzlichen Rentenversicherung beitritt, kann indessen von vornherein nicht erwarten, daß die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen der Rentenversicherung auf Dauer unverändert fortbestehen. Die gesetzliche Rentenversicherung ist eine Solidargemeinschaft, deren Rechte und Verpflichtungen im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen unterliegen können. So werden Veränderungen der Wirtschaftslage oder auch des Verhältnisses zwischen Rentnern und der die Versicherung durch ihre Beiträge tragenden, noch im Erwerbsleben stehenden Generation vielfach Anpassungen ermöglichen oder erfordern. Wer einer so geprägten Solidargemeinschaft beitritt, erwirbt nicht nur die mit einem solchen System verbundenen Chancen, sondern trägt mit den anderen Versicherten auch ihre Risiken. …
Die Anrechnung und Bewertung von Ausbildungs-Ausfallzeiten sind durch Beiträge des Versicherten nicht „erkauft”; … sie beruhen lediglich auf dem allgemeinen fürsorgerischen Gedanken, den Versicherten vor Nachteilen zu schützen, die dadurch eintreten können, daß er durch bestimmte, in seiner Person liegende Gründe unverschuldet verhindert war, Pflichtbeiträge zu leisten, die er sonst geleistet hätte.
BVerfGE 64, 87, 101 ff
Die verfassungsrechtliche Beurteilung hat davon auszugehen, daß die jeweils durch einfaches Gesetz erfolgte neue Festlegung des Anpassungszeitpunktes eine – wenn auch wechselnde – Ausgestaltung des Inhalts und der Schranken des Eigentums iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG wäre, wenn man unterstellt, die Anpassung der Bestandsrenten sei durch die Eigentumsgarantie geschützt. Bei dieser Ausgestaltung des Eigentums kann der Gesetzgeber nicht nach Belieben verfahren. Für das Ausmaß seiner Gestaltungsfreiheit sind Eigenart und Funktion des Eigentumsobjekts von maßgeblicher Bedeutung. Insbesondere sind dem Gesetzgeber enge Grenzen gezogen, soweit es um die Funktion des Eigentums als Sicherung der Freiheit des einzelnen geht. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung ist auf der anderen Seite weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht. Dem entspricht es, daß Eigentumsbindungen stets verhältnismäßig sein müssen. Unter den Maßnahmen, die dieser defizitären Entwicklung entgegenwirken sollten, kam der Regelung über die Anpassung der Bestandsrenten maßgebliche finanzielle Bedeutung zu. An der sich daraus auch angesichts der enttäuschten Erwartungen der Rentner ergebenden Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Normen ändert sich nichts dadurch, daß der Gesetzgeber in der Vergangenheit vielfach die Leistungen der Rentenversicherung gesteigert und dabei der Solidargemeinschaft auch Aufgaben auferlegt hat, die jedenfalls nicht von vornherein als Aufgaben der Rentenversicherung angesehen worden sind. Die angegriffenen Bestimmungen stehen auch nicht im Widerspruch zu dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz. Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes hat für vermögenswerte Güter im Eigentumsgrundrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren. Unterstellt man, … daß die Aussicht auf die Anpassung von Bestandsrenten den Schutz der Eigentumsgarantie genießt, ist daher anhand des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG zu prüfen, ob das Vertrauen der Versicherten verletzt ist. Bei einer Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit ergibt sich, daß das öffentliche Interesse an der angegriffenen Regelung das Interesse des betroffenen Personenkreises an der Rentenanpassung überwiegt. Der Versicherte hat zusammen mit den Chancen, welche die gesetzliche Rentenversicherung ihm gibt, auch Risiken zu tragen. Zu diesen gehören die Veränderungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität.
BVerfGE 69, 272, 298 ff
Dem Eigentumsschutz unterliegen Ansprüche auf Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und solche Rechtspositionen der Versicherten nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, die bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen – etwa des Ablaufs der Wartezeit und des Eintritts des Versicherungsfalles – zum Vollrecht erstarken können. … Für die Beantwortung der Frage, welche sozialversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche als Eigentum iS des Art 14 GG anzusehen sind, ist auf den Zweck und die Funktion der Eigentumsgarantie unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung im Gesamtgefüge der Verfassung zurückzugreifen. Ihr kommt die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum in vermögensrechtlichem Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen. Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist. Diese genießt den Schutz der Eigentumsgarantie dann, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, dann kommt bei gesetzlichen Eingriffen in sozialversicherungsrechtliche Positionen zwar ein Schutz durch andere Grundrechte, nicht aber aus Art 14 GG in Betracht. Dem Schutz des Art 14 GG unterliegen auch andere Regelleistungen der Sozialversicherung, wenn die in Betracht kommende Rechtsposition ein subjektiv-öffentliches Recht auf Leistung begründet, das dem einzelnen eine Rechtsposition verschafft, die derjenigen eines Eigentümers entspricht. Das ist der Fall, wenn der Berechtigte davon ausgehen kann, daß es sich um „seine”, ihm ausschließlich zustehende Rechtsposition handelt. Solche Rechtspositionen sind von denjenigen zu unterscheiden, bei denen die Leistung vom Ermessen des Versicherungsträgers abhängt oder auf die nach der jeweiligen Gesetzeslage lediglich eine Aussicht besteht, die anders als eine Anwartschaft nicht allein durch Erfüllung weiterer Voraussetzungen, etwa des Ablaufs einer Wartezeit und des Eintritts des Versicherungsfalls, zum Vollrecht erstarken kann. Der sozialversicherungsrechtlichen Position muß weiterhin eine nicht unerhebliche Eigenleistung des Versicherten zugrunde liegen. Der Eigentumsschutz beruht dabei wesentlich darauf, daß die in Betracht kommende Rechtsposition durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten, wie diese vor allem in den einkommensbezogenen Eigenleistungen Ausdruck findet, mitbestimmt ist. Der Zusammenhang mit der eigenen Leistung ist als besonderer Schutzgrund für die Eigentümerposition anerkannt. … Der Annahme einer nicht unerheblichen Eigenleistung steht es nicht entgegen, wenn die Rechtsposition auch oder überwiegend auf staatlicher Gewährung beruht. … Der Umfang der Eigenleistung ist vor allem für die weitere Frage wesentlich, inwieweit der Gesetzgeber Inhalt und Schranken einer unter die Eigentumsgarantie fallenden Position regeln kann. Demgemäß unterfallen nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG Ansprüche auf Sozialleistungen, die ausschließlich darauf beruhen, daß der Staat sie in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht durch Gesetz eingeräumt hat, nicht dem Schutz des Art 14 GG. Solche ausschließlich auf staatlicher Gewährung beruhenden Ansprüche kommen allerdings im Bereich der Sozialversicherung, zu deren Wesen die Beitragszahlung gehört, kaum vor. Oft beruhen Leistungsansprüche im Bereich der Sozialversicherung teilweise auf Beiträgen und teilweise auf staatlicher Gewährung in einer Weise, die klare Abgrenzungen erschwert. Als eigene Leistungen des Versicherten sind nicht nur die von ihm selbst bezahlten Beiträge zu berücksichtigen, sondern in aller Regel auch solche Beiträge, die von Dritten zu seinen Gunsten dem Träger der Sozialversicherung zugeflossen sind. Hierzu gehören etwa die Arbeitgeberanteile im Bereich der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, die den eigentumsrelevanten Eigenleistungen des Arbeitnehmers zuzurechnen sind. … Ein Sozialversicherungsanspruch kann nicht je nach dem Zeitpunkt, in dem er fällig wird, unterschiedlicher Beurteilung hinsichtlich der Frage unterliegen, ob er auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht. …
Konstituierendes Merkmal für den Eigentumsschutz einer sozialversicherungsrechtlichen Position ist schließlich, daß sie der Existenzsicherung des Berechtigten zu dienen bestimmt ist. … Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob ein Grundrechtsträger nach seinem Vermögensstand individuell mehr oder weniger auf den Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung angewiesen ist. Es geht vielmehr um die objektive Feststellung, ob eine öffentlich-rechtliche Leistung ihrer Zielsetzung nach der Existenzsicherung der Berechtigten zu dienen bestimmt ist. Nicht das Bedürfnis des einzelnen, sondern der Umstand ist entscheidend, daß eine Position der großen Mehrzahl der Staatsbürger zur existentiellen Sicherung dient. Ein Eigentumsschutz kann allerdings für sozialversicherungsrechtliche Positionen nur in Betracht kommen, wenn sie für den Berechtigten von solcher Bedeutung ist, daß ihr Fortfall oder ihre Einschränkung die freiheitssichernde Funktion der Eigentumsgarantie wesentlich berühren würde.
BVerfGE 70, 101, 111 ff
Soweit der Gesetzgeber damit zugleich in bestehende Anwartschaften eingegriffen hat, ist zu berücksichtigen, daß in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei der Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Allerdings ist der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nicht gänzlich frei. Er muß sich am Wohle der Allgemeinheit orientieren, welches nicht nur der Grund, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums ist. Insbesondere müssen Inhalts- und Schrankenbestimmungen stets verhältnismäßig sein. Der Eingriff des Gesetzgebers muß in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel stehen. …
Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes hat für die vermögenswerten Güter im Eigentumsgrundrecht (Art 14 Abs 1 GG) eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren. Bei der Beurteilung der Frage …, bedarf es grundsätzlich einer Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit.
BVerfGE 71, 1, 11 ff
Nach der Rechtsprechung des BVerfG hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für vermögenswerte Güter im Eigentumsrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren. Da die Regelungen des 20. RAG über die Begrenzung der Bewertung von Ausbildungs-Ausfallzeiten in Versichertenrenten und -anwartschaften eingreifen, die dem Schutz des Art 14 GG unterliegen, ist anhand dieser Verfassungsnorm zu prüfen, ob das Vertrauen der von dem Kläger … repräsentierten Personengruppe dadurch verletzt worden ist, daß sie trotz der Begrenzung der Bewertung der Ausbildungs-Ausfallzeiten an ihrem Beitrittsentschluß festgehalten wird. Soweit deren Vertrauen verletzt ist, bedarf es zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Regelung einer Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des einzelnen und der Bedeutung der gesetzlichen Vorschrift für das Wohl der Allgemeinheit. … Der gesetzliche Eingriff ist danach nicht unerheblich, aber er ist in seiner konkreten Auswirkung auch nicht besonders schwerwiegend. … Dabei kommt es nicht darauf an, daß die Begrenzung der Bewertung der Ausbildungs-Ausfallzeiten beim Kläger „nur” zu einer Verkürzung seiner Rentenanwartschaft von 6,3 % geführt hat, sondern darauf, welche Auswirkungen das Gesetz im allgemeinen und in typischen Fällen gehabt hat.
BVerfGE 75, 78, 97 ff
Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber darf derartige Bestimmungen treffen, jedoch mit ihnen eigentumsrechtlich geschützte Positionen nicht beliebig umgestalten. Vielmehr sind Regelungen, die zu Eingriffen in solche Positionen führen, nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Dabei müssen die Eingriffe zum Erreichen des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein, insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein. Die angegriffenen Regelungen dienen … der Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung, … der Stärkung des Lohnersatzcharakters der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente sowie dem Gedanken der Solidarität in der gesetzlichen Rentenversicherung …. Dies sind Regelungsziele, die im öffentlichen Interesse liegen. Denn sie dienen dazu, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten Bedingungen anzupassen. Insoweit kommt dem Gesetzgeber bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zu. … Die angegriffenen Regelungen, auch soweit sie in bestehende Anwartschaften eingreifen, sind als Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG gerechtfertigt, weil sie zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele geeignet, erforderlich und noch zumutbar sind. … Unter dem Gesichtspunkt des Sparzieles sind die angegriffenen Regelungen erforderlich. Daran würde es nur fehlen, wenn evident wäre, daß die angestrebten Einsparungen mit weniger eingreifenden Mitteln hätten erreicht werden können.
BVerfG SozR 3-2200 § 1265 Nr 5 S 21
Im übrigen können die einschlägigen Regelungen des Fremdrentenrechts nicht an Art 14 GG gemessen werden, weil sie der Bewältigung der Folgen des Krieges dienen.
BVerfGE 95, 143, 160 ff
Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung genießen den Schutz der Eigentumsgarantie. Der Kläger … hatte bereits in den Niederlanden Versicherungszeiten im Umfang von 16 Monaten zurückgelegt, die … bei der Ermittlung der deutschen Rentenanwartschaft zu berücksichtigen und den in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten hinzuzurechnen waren. Er hätte … bei Ablauf der entsprechenden Wartezeit und Eintritt des Versicherungsfalls aufgrund der Bestimmungen der RVO in der seinerzeit geltenden Fassung … Rentenleistungen beanspruchen können. § 1317 RVO verletzt das Grundrecht des Art 14 GG nicht. … Die Vorschrift schloß an die Regelungen des Fremdrentenrechts an, wonach in der Deutschen Demokratischen Republik entrichtete Beiträge generell und ohne besondere Voraussetzungen so behandelt wurden, als ob sie an die Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland entrichtet worden wären. Es entspricht dem öffentlichen Interesse und ist nicht unverhältnismäßig, wenn § 1317 RVO sicherstellte, daß die Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland dann nicht noch zusätzlich Leistungen in die Deutsche Demokratische Republik erbringen mußte.
BVerfGE 97, 271, 283 ff
Zu den von Art 14 Abs 1 GG geschützten Rechtspositionen können grundsätzlich auch öffentlich-rechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören. Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen. Nach der Konzeption des Gesetzgebers ist die Hinterbliebenenversorgung dem Versicherten nicht als Rechtsposition privatnützig zugeordnet. Die Leistung erstarkt nicht mit Ablauf der Wartezeit und Eintritt des Versicherungsfalls zum Vollrecht. Sie steht vielmehr unter der weiteren Voraussetzung, daß der Versicherte zu diesem Zeitpunkt in gültiger Ehe lebt. … Es bleibt bei einer bloßen Aussicht auf die Leistung, die mit der Auflösung der Ehe oder dem Vorversterben des Partners entfällt. Die Hinterbliebenenversorgung beruht auch nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung. Die Hinterbliebenenrenten werden vielmehr wie alle Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung aus den Beiträgen der Versicherten und der Arbeitgeber sowie aus dem Bundeszuschuß finanziert. … Sie beruhen nicht auf einer dem einzelnen Versicherten individuell zurechenbaren Leistung, die eine Zuordnung der zugrundeliegenden gesetzlichen Ansprüche zur verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie rechtfertigen könnte. Es fehlt der hinreichende personale Bezug zwischen der Beitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Rente. Das System der gesetzlichen Rentenversicherung ist zwar auch durch das Versicherungsprinzip geprägt und gerechtfertigt. Dieses Prinzip wird aber durch soziale Gesichtspunkte modifiziert. Denn die gesetzliche Rentenversicherung beruht im wesentlichen auf dem Gedanken der Solidarität ihrer Mitglieder sowie des sozialen Ausgleichs und enthält von jeher Elemente sozialer Fürsorge. Auch die Hinterbliebenenrente ist eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung, weil sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird.
BVerfGE 100, 1, 32 ff
Für Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, die im Geltungsbereich des GG erworben worden sind, ist der Eigentumsschutz seit langem anerkannt. Wie das BVerfG seit seinem Urteil vom 28. Februar 1980 in ständiger Rechtsprechung annimmt, erfüllen die gesetzlich begründeten rentenversicherungsrechtlichen Positionen eine soziale Funktion, deren Schutz gerade Aufgabe der Eigentumsgarantie ist, und weisen auch die konstitutiven Merkmale des Eigentums iS von Art 14 GG auf. Der Eigentumsgarantie kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen. In der modernen Gesellschaft erlangt der Großteil der Bevölkerung seine wirtschaftliche Existenzsicherung weniger durch privates Sachvermögen als durch den Arbeitsertrag und die daran anknüpfende solidarisch getragene Altersversorgung, die historisch von jeher eng mit dem Eigentumsgedanken verknüpft war. Insoweit sind die Anrechte des einzelnen auf Leistungen der Rentenversicherung an die Stelle privater Vorsorge und Sicherung getreten und verlangen daher denselben Grundrechtsschutz, der dieser zukommt. Rentenansprüche und -anwartschaften tragen als vermögenswerte Güter auch die wesentlichen Merkmale verfassungsrechtlich geschützten Eigentums. Sie sind dem privaten Rechtsträger ausschließlich zugeordnet und zu seinem persönlichen Nutzen bestimmt. Auch kann er im Rahmen der rechtlichen Ausgestaltung wie ein Eigentümer darüber verfügen. Ihr Umfang wird durch die persönliche Leistung des Versicherten bestimmt, wie diese vor allem in den Beitragszahlungen Ausdruck findet. Die Berechtigung steht also im Zusammenhang mit einer eigenen Leistung, die als besonderer Schutzgrund für die Eigentumsposition anerkannt ist. Sie beruht damit nicht allein auf einem Anspruch, den der Staat in Erfüllung einer Fürsorgepflicht einräumt und der mangels einer Leistung des Begünstigten nicht am Eigentumsschutz teilnimmt. Sie dient schließlich auch zur Sicherung seiner Existenz.
Für die in der Deutschen Demokratischen Republik begründeten und im Zeitpunkt ihres Beitritts zur Bundesrepublik Deutschland bestehenden Versorgungsansprüche und -anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen kann im Grundsatz nichts anderes gelten. Sie nehmen als Rechtspositionen, die der EV grundsätzlich anerkannt hat, am Schutz des Art 14 GG teil. Zwar entfaltet Art 14 GG seine Schutzwirkung nur im Geltungsbereich des GG. Dieser erstreckte sich vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht auf das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik. Das GG trat dort mit dem Beitritt auch nicht rückwirkend in Kraft. Bis zum Beitritt genossen daher die in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Rentenansprüche und -anwartschaften nicht den Schutz von Art 14 Abs 1 GG. Mit dem Beitritt und der Anerkennung durch den EV gelangten sie jedoch wie andere vermögenswerte Rechtspositionen in den Schutzbereich dieses Grundrechts. …
Die Ansprüche und Anwartschaften, die in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik erworben worden waren, weisen auch die wesentlichen Merkmale des Eigentums iS von Art 14 GG auf. Sie waren in ähnlicher Weise wie entsprechende Rechtspositionen der westdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung den Berechtigten privatnützig zugeordnet und dienten zur Sicherung ihrer Existenz. Auch fehlte es ihnen, wenn man die besonderen Gegebenheiten des Alterssicherungssystems der Deutschen Demokratischen Republik berücksichtigt, nicht an einer nennenswerten Eigenleistung. Nicht nur zur Sozialpflichtversicherung und zur FZR wurden Beiträge entrichtet. … Allerdings galt dies nicht ausnahmslos. Soweit eine Beitragspflicht bestand, waren die Beiträge überdies teilweise niedrig und der zugesagten Versorgungsleistung nicht adäquat. Diese Besonderheiten stehen jedoch der eigentumsrechtlichen Schutzwürdigkeit nicht entgegen. Wie das BVerfG bereits im Zusammenhang mit westdeutschen sozialversicherungsrechtlichen Positionen hervorgehoben hat, beruht der Eigentumsschutz in diesem Bereich wesentlich darauf, daß die in Betracht kommende Rechtsposition durch die persönliche Arbeitsleistung der Versicherten mitbestimmt ist, die in den einkommensbezogenen Leistungen lediglich einen Ausdruck findet. Es hat deshalb nicht nur vom Versicherten selbst gezahlte Beiträge, sondern auch die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung den eigentumsrelevanten Eigenleistungen des Arbeitnehmers zugerechnet. Der Annahme einer nicht unerheblichen Eigenleistung steht danach nicht von vornherein entgegen, daß eine rentenrechtliche Position … auch oder überwiegend auf staatliche Gewährung zurückgeht, wenn der Versicherte sie jedenfalls als „seine”, ihm ausschließlich zustehende Rechtsposition betrachten kann. Im Hinblick auf die besonderen Bedingungen des Alterssicherungs- und Entlohnungssystems der Deutschen Demokratischen Republik kommt daher der Eigentumsschutz auch dann zum Tragen, wenn die Rentenansprüche und -anwartschaften nicht in erster Linie durch Beitragszahlungen, sondern maßgeblich durch Arbeitsleistung erworben wurden. …
Der Anerkennung der in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Ansprüche und Anwartschaften als hinreichendes Substrat des Eigentumsrechts mit der Folge, daß sie durch den EV in den Schutzbereich des Art 14 GG gelangten, steht die Rechtsprechung des BVerfG zum Fremdrentenrecht nicht entgegen. Danach haben Übersiedler aus der Deutschen Demokratischen Republik allein durch das FRG einen vermögenswerten Rechtsanspruch erhalten. Diese Rechtsprechung beruhte auf einer vollständig anderen Rechtslage. …
Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz kommt den Rentenansprüchen und -anwartschaften aber nur in der Form zu, die sie aufgrund der Regelungen des EV erhalten haben. Auch für rentenversicherungsrechtliche Rechtspositionen gilt, daß sich die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Der Gesetzgeber genießt dabei aber keine völlige Freiheit. Er muß vielmehr die grundsätzliche Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis, die zum Begriff des Eigentums gehören, achten und darf diese nicht unverhältnismäßig einschränken. Doch variiert sein Spielraum dabei je nach dem Anteil personaler und sozialer Komponenten des Eigentumsobjekts. Diese Grundsätze gelten auch für die Ausgestaltung von Eigentumspositionen durch den EV, die auf Arbeits- und Beitragsleistungen in der Deutschen Demokratischen Republik zurückgehen. Zwar sind diese Rechtspositionen erst aufgrund des Vertrages und mit seinem Wirksamwerden dem Schutz von Art 14 GG unterstellt worden. Das ändert aber nichts daran, daß der Gesetzgeber bei der Ratifikation des EV an das GG gebunden war. Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die mit Art 14 Abs 1 GG unvereinbar sind, durfte er deswegen nicht erlassen. Allerdings kommt dem Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Rentenansprüche und -anwartschaften weisen zwar einen hohen personalen Bezug auf. Zugleich stehen sie jedoch in einem ausgeprägt sozialen Bezug. Deswegen verleiht Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber auch die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, Leistungen zu kürzen und Ansprüche und Anwartschaften umzugestalten, sofern dies einem Gemeinwohlzweck dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Allerdings verengt sich seine Gestaltungsfreiheit in dem Maß, in dem Rentenansprüche und Rentenanwartschaften durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistungen des Versicherten geprägt sind. Der EV-Gesetzgeber fand die Rentenansprüche und -anwartschaften in der modifizierten Form vor, die sie zwischenzeitlich durch die Gesetzgebung der Deutschen Demokratischen Republik erhalten hatten, welche den Anforderungen des GG nicht unterlag und daher an ihr auch nicht gemessen werden kann. In den Geltungsbereich des GG traten diese Rechtspositionen aufgrund ihrer Anerkennung durch den EV, der die Beitrittsbedingungen und -folgen festlegte, und mit den Maßgaben ein, die dieser in Ausübung seiner Befugnis aus Art 14 Abs 1 und 2 GG für sie festgesetzt hatte. …
Inhalt und Schranken des Eigentums werden gemäß Art 14 Abs 1 Satz 2 GG vom Gesetzgeber bestimmt, der dabei nach Art 14 Abs 2 GG die Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu beachten hat. Diese Befugnis schließt auch Änderungen erworbener Rechtspositionen ein. Das gilt nicht nur für die im EV anerkannten Rechtspositionen der Rentner und Rentenanwärter aus der Deutschen Demokratischen Republik, es ist auch für diejenigen aus der Bundesrepublik Deutschland unbestritten. Art 14 Abs 1 Satz 2 GG läßt es jedoch nicht zu, daß die Umstellung mit Einbußen einhergeht, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechen und Eigentumspositionen in unzumutbarer Weise schmälern.
2. Diesen Entscheidungen sind vor allem folgende Grundsätze zu entnehmen:
a) Renten- und Rentenanwartschaften, dh solche Rechtspositionen des Versicherten, die nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses und, etwa, nach Ablauf der Wartezeit zum Vollrecht erstarken können, genießen den Schutz der Eigentumsgarantie.
b) Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger privatnützig, zu seinem persönlichen Nutzen zugeordnet ist, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und seiner Existenzsicherung dient.
c) Der Umfang der Rechtsposition wird durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt, wie diese vor allem in den einkommensbezogenen Beitragsleistungen zum Ausdruck kommt.
d) Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (infolgedessen ist Gegenstand des Schutzes der Anspruch oder die Anwartschaft, wie sie sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt).
e) Bei der Ausgestaltung von Inhalt und Schranken hat der Gesetzgeber Eigenart und Funktion des Eigentumsobjekts unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung im Gesamtgefüge der Verfassung zu beachten; ihm sind enge Grenzen gesetzt, soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des einzelnen geht; sie sind weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht.
f) Schutzobjekt ist die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt. Die einzelnen Elemente (Beitragszeiten und beitragslose Zeiten) können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbständige Ansprüche.
g) Art 14 Abs 1 Satz 2 GG umfaßt auch die Befugnis, Rentenansprüche und Anwartschaften zu beschränken, Leistungen zu kürzen, den Umfang von Ansprüchen und Anwartschaften zu vermindern oder umzugestalten, sofern dies dem Zweck des Gemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.
h) Der Eingriff des Gesetzgebers muß in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel stehen. Er ist nur zulässig, wenn er durch die Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Dabei müssen die Eingriffe zum Erreichen des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein, insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein.
i) Der in Art 14 Abs 1 Satz 2 GG innewohnende rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes erfordert bei einem Eingriff auch eine Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (zu weiteren Aspekten vgl Vorlagebeschlüsse vom 16. Dezember 1999, aaO).
3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das BVerfG noch nicht abschließend dazu Stellung genommen, ab welchem Zeitpunkt und auf welche Weise eine vermögenswerte rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition vor Entstehung des Vollrechts und vor Leistungsbeginn derart verfestigt ist, daß sie ebenso wie dieses durch Art 14 Abs 1 GG geschützt ist, insbesondere ob die Schutzwürdigkeit insoweit nach zeitlichen (Nähe zum Versicherungsfall) und/oder „beitragsrechtlichen” Kriterien zu beurteilen ist und ob insoweit in bezug auf den Eigentumsschutz Stufungen vorzunehmen sind. Nicht abschließend geklärt ist insoweit auch, ob und in welchem Umfang Entgeltpunkte, für die Beiträge ganz oder – wie im Falle des aufgehobenen § 70 Abs 3 Satz 2 SGB VI – teilweise nicht entrichtet worden sind, „Bestandteil” des eigentumsgeschützten Anwartschaftsrechts sind. Diese Fragen sind für Art und Umfang des Eigentumsschutzes des Anwartschaftsrechts und somit auch dafür erheblich, ob die durch das WFG geänderte Vorschrift des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI verfassungsgemäß ist. Nur wenn der Wert des oben definierten Anwartschaftsrechts auf die Regelaltersrente (iS einer – auf den kalenderjährlich durch Beitragszeiten erworbenen Entgeltpunkten beruhenden – prozentualen Rangstelle, nach deren Maßgabe der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalls und Leistungsbeginns ein Recht auf Teilhabe an den Einnahmen des Rentenversicherungsträgers nach dem dann maßgeblichen ≪Netto-≫Durchschnittsentgelt der dann Beiträge Leistenden hat ≪vgl BVerfGE 54, 11, 28; BSGE 82, 83, 95≫) gemäß seiner einfach-gesetzlichen Ausgestaltung einschließlich seinem (in der Summe der durch Beitragszeiten erworbenen Entgeltpunkte ausgedrückten) Mindestwert vom grundrechtlichen Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG erfaßt wird, liegt ein – verfassungsrechtlich – nicht gerechtfertigter Eingriff in die Rechtsposition des Klägers vor. Hiervon ist der Senat überzeugt.
4. Das oben definierte Anwartschaftsrecht hat die gesetzgebende Gewalt (= Gesetzgeber) gemäß dem ihr von der Verfassung eingeräumten Vorrecht, die Rechtsordnung zu gestalten (vgl Badura in: Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl, § 10 RdNr 57) in zulässiger Weise als Eigentum ausgestaltet, und zwar als vermögenswertes subjektives öffentliches Recht, das dem Versicherten nach Vollendung des 55. Lebensjahres und Erfüllung der allgemeinen Wartezeit eine prozentuale Rangstelle entsprechend den von ihm bis zu diesem Zeitpunkt (bzw bis zur Entstehung des Vollrechts) durch Beitragszeiten erworbenen Entgeltpunkten einräumt.
4.1.1 Durch Art 14 Abs 1 GG geschützt sind nicht nur Sach-, sondern auch vermögenswerte Rechte, seien sie privater oder öffentlich-rechtlicher Art, wenn und soweit das Schutzziel nach dem rechtsstaatlichen Gedanken der Sicherung von persönlicher Freiheit und materiellen Vertrauenstatbeständen eine Gleichbehandlung mit den privatrechtlichen Vermögensrechten verlangt. Es muß sich insoweit um eine verfestigte Rechtsposition handeln, die ihren Grund insbesondere in eigener Leistung oder eigenem Kapitalaufwand des Berechtigten hat, und die im Hinblick auf ihre rechtliche Ausgestaltung nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Verfassung nicht mehr wegfallen kann (vgl hierzu BVerfGE 70, 278, 285; Badura, aaO, RdNr 40).
Die Eigentumsgarantie umfaßt also alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, daß er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem Nutzen ausüben kann (vgl BVerfGE 91, 294, 307; 95, 267, 300). Damit wird dem Berechtigten Unabhängigkeit und Freiheit gegenüber dem Staat und Dritten vermittelt (vgl Depenheuer/Grzeszick, Eigentum und Rechtsstaat, NJW 2000, 385, 386 f). Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums als Rechtsposition dient der Erfüllung dieser Aufgaben.
4.1.2 Konstitutiv begründende Merkmale des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums sind mithin eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruht und dem Wohl der Allgemeinheit dient (BVerfGE 50, 290, 339; 53, 257, 290; 69, 272, 300; BSGE 82, 83). Sämtliche, das Eigentum charakterisierenden Kriterien liegen hinsichtlich des vom Kläger erworbenen Anwartschaftsrechts nach der einfach-rechtlichen Ausgestaltung durch den Gesetzgeber vor.
Das Anwartschaftsrecht war dem Kläger als privatem Rechtsträger ausschließlich individuell (§ 35 SGB VI) zugeordnet und zu seinem persönlichen Nutzen, nämlich zur Sicherung seiner Existenz im Alter, bestimmt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Berechtigte nach seinem Vermögensstand individuell mehr oder weniger auf den Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung angewiesen ist; es kommt vielmehr allein auf die objektive Feststellung an, ob die Leistung ihrer Zielsetzung nach der Existenzsicherung zu dienen bestimmt ist. Entscheidend ist, daß eine Position, wie dies bei dem Anwartschaftsrecht auf Regelaltersrente der Fall ist, der großen Mehrzahl der Staatsbürger zur existentiellen Sicherung dient (so BVerfGE 69, 272, 303 f).
Der durch das Anwartschaftsrecht dokumentierte Wert, die aufgrund der erworbenen Entgeltpunkte erlangte prozentuale Rangstelle, beruhte auch auf „Eigenleistungen” und nicht etwa auf staatlicher Zuteilung in Wahrnehmung sozialer Fürsorge (vgl hierzu BVerfGE 22, 241, 253), nämlich auf der vom Kläger erbrachten Arbeitsleistung, die wiederum in seinen versicherten Arbeitsverdiensten als Grundlage der Beitragsbemessung ihren Niederschlag gefunden hat. Dabei ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, inwieweit diese versicherten Arbeitsverdienste ganz oder nur teilweise den Beitragszahlungen des Arbeitgebers zugrunde lagen (so BVerfGE 53, 257, 291 f; BVerfGE 69, 272, 301 f), da die rentenrechtliche – jedenfalls auch – auf Beitragsleistungen beruhende Position insgesamt unter den Eigentumsschutz fällt (so BVerfGE 58, 81, 109).
Der Inhaber des Anwartschaftsrechts kann auch in dem von der Rechtsordnung vorgesehenen Rahmen – eingeschränkt – wie ein Eigentümer verfügen. Dem Gesetzgeber ist die Schaffung vermögenswerter Rechte, bei denen die Verfügungsmöglichkeit eingeschränkt ist, nicht ohne weiteres verwehrt. Der Schutz der Eigentumsgarantie ist jedenfalls nicht nur auf Rechte beschränkt, die beliebig übertragbar sind (vgl BVerfGE 50, 290, 339; 100, 1, 33).
Die Zuweisung des Rentenanwartschaftsrechts als eigentumsgeschützte Rechtsposition dient zugleich dem Wohl der Allgemeinheit. Durch die Teilnahme am sozialstaatlich begründeten und organisierten Zwangssystem der gesetzlichen Rentenversicherung, das der Absicherung vor allem gegen das Risiko des Alters dient, erhalten sowohl der Inhaber des Anwartschaftsrechts als auch die übrigen Versicherten einerseits und die Empfänger von Rentenleistungen andererseits einen auf dem Versicherungsprinzip beruhenden, durch Elemente des sozialen (Solidar-)Ausgleichs modifizierten und durch Art 19 Abs 2 GG in seinem Wesensgehalt garantierten „Anspruch” auf eine verläßliche Alterssicherung.
4.2 Auch der Inhalt des vom Gesetzgeber gemäß den Bestimmungen des SGB VI ausgestalteten Anwartschaftsrechts auf Regelaltersrente, eines Rechts auf künftige Teilhabe an den Einnahmen des Rentenversicherungsträgers nach Vollendung des 65. Lebensjahres und ab Leistungsbeginn gemäß einer prozentualen Rangstelle, entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken (vgl BVerfGE 50, 290, 339 f; 53, 257, 292; 75, 78, 97; BSGE 82, 83, 87 f mwN). Deren Gestaltung ist ebenso Sache des Gesetzgebers wie die Zuweisung der Rechtsposition als Eigentum. Bei der Ausgestaltung ist der Gesetzgeber nicht gänzlich frei. Er muß sich auch insoweit – gemäß den Gegebenheiten des jeweiligen Sachgebietes „bereichsspezifisch” – am Wohl der Allgemeinheit orientieren (hier vor allem an dem Gemeinwohl der drei Generationen übergreifenden Versichertengemeinschaft von Beitragszahlern und Rentnern, vgl BSGE 82, 83, 89). Dabei muß er die Grundrechtsgarantie des Art 14 Abs 1 GG, den Regelungsauftrag und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art 14 Abs 2 GG, die in einem unlösbaren Zusammenhang stehen, in einen verhältnismäßigen Ausgleich bringen (vgl BVerfGE 50, 290, 340). Der Gesetzgeber hat, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht, bei Abwägung der einzelnen Faktoren im Hinblick auf den Grundgedanken und den Schutzzweck der Eigentumsgarantie einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 64, 87, 101; 53, 257, 292 mwN). Bleiben Nutzung und Verfügung nicht innerhalb der Sphäre des Eigentümers, werden also die Belange anderer Rechtsinhaber (hier: die der aktuellen Beitragszahler) berührt, so gebietet eine am Gemeinwohl orientierte Nutzung die Rücksichtnahme gegenüber denjenigen, die ebenfalls das Eigentumsobjekt zur Freiheitssicherung und verantwortlichen Lebensgestaltung benötigen (vgl hierzu BVerfGE 50, 290, 340 f; BSGE 82, 83, 87 f).
4.2.1 Diese Grundsätze hat der Gesetzgeber bei der inhaltlichen Gestaltung des Anwartschaftsrechts auf Regelaltersrente beachtet und die og einzelnen Faktoren in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht.
4.2.2 Entsprechend der ihm aus dem Sozialstaatsprinzip obliegenden Verpflichtung hat er mit Hilfe des SGB VI ein sich im wesentlichen aus der Arbeitsleistung finanzierendes und für die persönliche Daseinssicherung und Lebensgestaltung erforderliches (für fünf Sechstel der Betroffenen: Zwangs-)Versicherungssystem (vgl hierzu Badura, aaO, RdNr 41) zur Absicherung gegen den typischen mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben wegen Alters verbundenen Verlust des Arbeitsverdienstes geschaffen; Sicherungsziel ist insoweit eine auf der erworbenen Teilhabeberechtigung beruhende Regelaltersrente (Alterslohnprinzip). Die wirksame soziale Absicherung folgt aus dem mit der Teilhabeberechtigung individuell erworbenen Recht auf Teilnahme an der Lohnentwicklung. Diese wird bei Zugangsrentnern verwaltungstechnisch gesichert durch Vervielfältigung der persönlichen Rangstelle mit dem aktuellen Rentenwert und bei den Bestandsrentnern durch regelmäßige Anpassung (vgl hierzu BVerfGE 64, 87, 98 f).
4.2.3 Die 1969 eingeführte reine Umlagefinanzierung (§ 153 SGB VI) dieses Versicherungssystems kann allerdings „bereichsspezifisch” zu Spannungen zwischen den Gruppen der beitragszahlenden Versicherten, den beitragsfrei gleichgestellten Versicherten und den Rentenempfängern führen. Denn danach wirkt sich jede Erhöhung der Summe der Zahlungsansprüche, die der Rentenversicherungsträger erfüllen muß, kalenderjährlich auf die Gesamthöhe der erforderlichen Einnahmen (aus Beiträgen und Bundeszuschuß, § 153 SGB VI) aus. Sollen in diesem Fall die Einnahmen nicht entsprechend erhöht werden, müssen – zukunftsgerichtet – beispielsweise bislang gesetzlich ausgestaltete Leistungsversprechen (dh Vorschriften über Art, Beginn, Dauer der Altersrenten, Art und Bewertung von Nicht-Beitragszeiten, Zugangsfaktor, Rentenartfaktor oder der aktuelle Rentenwert) oder die Regeln über den Erwerb des Teilhaberechts (zB Vorschriften über die Versicherungspflicht, Versicherungsberechtigung, Beitragszeiten und die hierauf beruhenden Rangstellen) aufgehoben oder einschränkend abgeändert werden. Von solchen zukunftsgerichteten neuen Erwerbs- und Leistungsregeln sind jedoch rückwirkende Eingriffe in das individuell erworbene Teilhaberecht, also insbesondere Kürzungen bereits kalenderjährlich abschließend erworbener „Entgeltpunkte” aus Beitragszeiten, zu unterscheiden.
Der Gesetzgeber hat diesen systembedingten Interessengegensatz, sowohl was die Entstehung des Anwartschaftsrechts mit Vollendung des 55. Lebensjahres anbelangt, als auch was die Bestimmung seines Wertes aufgrund der kalenderjährlich erworbenen Entgeltpunkte (prozentuale Rangstelle) angeht, jedoch ausgewogen berücksichtigt.
Dabei ist einmal beachtet worden, daß das eigentumsgeschützte Anwartschaftsrecht nicht zu einer Versteinerung des Systems führen darf, sondern eine Anpassung an geänderte wirtschaftliche Verhältnisse möglich bleiben muß. Denn eine zukunftsgerichtete Anpassung kann einmal nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ohnehin und innerhalb eines Zehn-Jahres-Zeitraums vor Eintritt des Versicherten in das Rentenalter bei aktueller wirtschaftlicher Notlage der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ggf auch unter „erleichternden Bedingungen” gerade beim „aktuellen Rentenwert” vorgenommen werden; in besonderen Lagen kann dies auch durch gleichheitsgemäßen und verhältnismäßigen Eingriff in das Teilhaberecht (Anwartschaftsrecht) geschehen. Zum anderen ist typisierend ein Zeitpunkt zugrunde gelegt worden, innerhalb dessen ein Versicherter (mit Vollendung des 55. Lebensjahres, also zehn Jahre vor Eintritt in das Rentenalter) ausgehend von einer im Rahmen des Möglichen zuverlässigen Kalkulationsgrundlage noch eine Entscheidung treffen kann, ob er seinen Versicherungsschutz im System verbessert oder eine weitere Altersvorsorge benötigt. Die rentennahen Jahrgänge haben somit durch die verfestigte Rechtsposition eine verläßliche Ausgangsbasis für eine solide Lebensgestaltung im Alter. Sie sollen sich darauf verlassen können, daß Eingriffe in das von ihnen „Erwirtschaftete” nicht mehr zu ihren Lasten erfolgen. Diese im Hinblick auf die Nähe zur Entstehung des Vollrechts wegen einer eventuell benötigten weiteren Sicherung zum letztmöglichen Zeitpunkt vor Erreichen der Altersgrenze mit einem verfestigten Bestandsschutz ausgestattete Rechtsposition ist auch im Verhältnis zu der nachfolgenden Generation der – späteren – Beitragszahler nicht „unverhältnismäßig”. Denn diese Generation wird durch die nach dem Generationenvertrag wiederum nachrückende Generation der Beitragszahler aus demselben Grund in gleicher Weise geschützt und davor bewahrt, ggf mit einem geringeren, nicht mehr am Durchschnittsentgelt der aktuell beschäftigten Arbeitnehmer ausgerichteten „Alterslohn” auskommen zu müssen. Ihnen verspricht das geltende einfache Recht einen vergleichbaren Versicherungsschutz (vgl hierzu BSGE 78, 138, 143).
Die Bestimmung des Wertes des Anwartschaftsrechts in Form der prozentualen Rangstelle ist ebenfalls ausgewogen. Die prozentuale Rangstelle, die sich aus der Summe der bis zu diesem Zeitpunkt kalenderjährlich erworbenen Entgeltpunkte ergibt (s oben), ist ein „Gesamtmindestwert” (s oben). Er ist dem Anwartschaftsrecht insgesamt zugrunde zu legen, ohne daß er im Rahmen einer ex-tunc-Betrachtung in einzelne Elemente, hier etwa in Beitragszeiten und/oder „in Teilbeitragszeiten” aufzugliedern ist. Rentenanwartschaftsrechte beruhen zwar auf verschiedenen Elementen, wie etwa den auf Pflichtbeiträgen beruhenden Pflichtbeitragszeiten, sonstigen auf freiwilligen oder Drittbeiträgen fußenden Beitragszeiten, den gleichgestellten Beitragszeiten und den verschiedenen Arten von beitragsfreien Zeiten, die jeweils verschiedene Rechtsgrundlagen haben. Sämtliche Elemente führen jedoch erst in einem funktionalen Zusammenwirken zu dem Gesamtergebnis (so BVerfGE 58, 81, 109). Sie alle bilden zusammen den einheitlichen Wert des Anwartschaftsrechts. Soweit dieser sich aus Beitragszeiten ergibt, ist er mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres in Entgeltpunkten abschließend bestimmt und feststellbar (§§ 63, 70 SGB VI), im übrigen aber bei beitragsfreien Zeiten vor Eintritt des Versicherungsfalls des Alters allerdings nur hypothetisch (s oben), dh durch Unterstellung eines vorverlagerten Versicherungsfalls und unter der Annahme, daß bis zum Eintritt des Versicherungsfalls weder rechtlich noch tatsächlich eine Änderung eintritt. Infolgedessen steht mit der Entstehung des Anwartschaftsrechts jedenfalls ein „Gesamtmindestwert” fest, der als das bis zu diesem Zeitpunkt durch Beitragszeiten „Erworbene” unter die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG fällt (vgl hierzu BVerfGE 69, 272, 298 ff).
Dieser einheitliche „Gesamtmindestwert” enthielt am 31. Dezember 1996 im Falle des Klägers somit auch die Entgeltpunkte für die ersten 48 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate, die fiktiv gemäß § 70 Abs 3 Satz 2 SGB VI daneben auch als Zeiten einer beruflichen Ausbildung gegolten haben und damit kalenderjährlich grundsätzlich mit 0,9 Entgeltpunkten zu bewerten waren, also knapp unterhalb eines Beitrags für ein jährliches Durchschnittseinkommen. Auch die aufgrund dieser Regelung vorgenommene Bewertung entspricht dem System der gesetzlichen Rentenversicherung, hier dem Strukturprinzip des sozialen Ausgleichs unter Berücksichtigung der Beitrags- und der Arbeitsleistung des Versicherten und den Interessen der Solidargemeinschaft. Dabei ist zu berücksichtigen, daß für diese Zeiten Pflichtbeiträge bereits entrichtet waren, also Pflichtbeitragszeiten vorlagen. Der soziale Ausgleich des Teils der Versicherten, der die gesetzliche Rentenversicherung zu etwa vier Fünfteln mit Beiträgen zum jeweiligen Versicherungsträger finanziert, bestand in diesem Bereich seit Jahrzehnten im Kern darin, daß das in den ersten Berufsjahren durch Pflichtbeiträge „versicherte Arbeitsentgelt”, soweit erforderlich, auf einen Mindestwert angehoben wurde, ab 1992 in den ersten vier Jahren auf 0,9 Entgeltpunkte. Grund hierfür war die typisierende Annahme, daß während der ersten Jahre der „Auszubildende” einen geringeren Arbeitsverdienst als der „Ungelernte” erzielt, möglicherweise nur im Hinblick auf das Alter (bis zum 25. Lebensjahr) und nicht notwendigerweise im Hinblick auf die Güte der vom Versicherten wirklich erbrachten Leistung. In den vom gesetzlichen Ausgleich erfaßten typischen Fällen der Ausbildung war die Anhebung der Entgeltpunkte auch deshalb systemgerecht, weil die öffentlich-rechtliche Rechtszuweisung im Kern auf der Anerkennung des durch Ausbildung und Leistung persönlich Erreichten beruht (vgl Badura, aaO, RdNr 41) und die entgeltabhängige Beitragszahlung anknüpft an die vom Versicherten auf dieser Grundlage erbrachte Arbeitsleistung. In Rechnung gestellt wird insoweit, daß der Versicherte, der sich einer für die – regelmäßig – versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit notwendigen Ausbildung unterzieht, jedenfalls nach erfolgreichem Abschluß bestimmter Ausbildungsgänge später in der Regel eine seinem Ausbildungsstand entsprechende berufliche Stellung erlangen und höhere Beiträge zur Rentenversicherung entrichten oder tragen wird (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr 2 S 14 mwN). Damit wird das durch eine „tatsächlich” zurückgelegte Pflichtbeitragszeit versicherte Arbeitsentgelt in gerechtem langfristigen Ausgleich zwischen „Ungelernten” und „Auszubildenden” so bestimmt, daß die für das System nützliche Ausbildung nicht unterbewertet bleibt.
4.3 Effektiver Rechtsschutz ist dem Inhaber des Anwartschaftsrechts bei einer Verletzung durch die öffentliche Gewalt auch gewährleistet (Art 19 Abs 4 GG). Ihm steht gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ein mit der Feststellungsklage verfolgbarer Anspruch auf Erteilung einer „zutreffenden” Auskunft über den durch Beitragszeiten erlangten Wert des ihm mit Vollendung des 55. Lebensjahres zustehenden Anwartschaftsrechts auf Regelaltersrente (in Entgeltpunkten) zu (s oben, vgl zum effektiven Rechtsschutz: BVerfGE 24, 33, 50 f). Daneben kann er im Vormerkungsverfahren (§ 149 Abs 5 SGB VI) auch die Tatbestände beitragsfreier Zeiten (nicht: deren Bewertung) verbindlich feststellen lassen und den hypothetischen Geldwert eines späteren Vollrechts auf Altersrente nach § 109 SGB VI (allerdings notwendig unverbindlich) erfahren.
5. Nach alledem hatte der Kläger am 31. Dezember 1996 ein eigentumsgeschütztes Anwartschaftsrecht, das ihm unter Zugrundelegung von 18,9480 Entgeltpunkten eine prozentuale Rangstelle und damit ein Recht auf Teilhabe zumindest gemäß dieser Rangstelle am künftigen Beitragsaufkommen der Rentenversicherung sicherte.
BC In dieses eigentumsgeschützte Anwartschaftsrecht hat der Gesetzgeber infolge der Änderung des SGB VI durch das WFG, nämlich durch § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI und durch Aufhebung von § 70 Abs 3 SGB VI unter Verstoß gegen Art 14 Abs 1 GG eingegriffen.
1. Durch § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI ist die Höchstzahl der Pflichtbeitragszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres, für die eine Aufstockung der durch die Beiträge versicherten Arbeitsentgelte generell vorgeschrieben war, soweit deren Verhältniswert zum Durchschnittsverdienst der Versicherten unter 0,9 Entgeltpunkten lag, von vier auf drei Jahre reduziert und darüber hinaus ihre Bewertung neu bestimmt worden. Die Zeiten blieben als Zeiten einer versicherungs- und beitragspflichtigen Beschäftigung (§§ 1, 162 SGB VI) einerseits Pflichtbeitragszeiten (§ 55 Abs 1 Satz 1 SGB VI), galten nunmehr aber nur für die Frage des Umfangs der Aufstockung der versicherten Arbeitsentgelte (fiktiv) auch als Anrechnungszeiten, so daß die Aufstockung wie bei beitragsgeminderten Zeiten (nach den Grundsätzen der Gesamtleistungsbewertung) zu beurteilen war; damit unterlag sie grundsätzlich auch der auf 75 % begrenzten individuellen Gesamtleistungsbewertung. Die bis zum 31. Dezember 1996 geltende Aufstockungsregelung (0,9 Entgeltpunkte pro Kalenderjahr) führte typischerweise zu einer Steigerung der in den ersten Pflichtbeitragszeiten versicherten Entgelte, weil die Verdienste in den ersten Berufsjahren in der Regel deutlich unter dem Durchschnittseinkommen liegen und somit zumeist 0,9 Entgeltpunkte je Kalenderjahr nicht erreichen. Die Begrenzung der Aufstockung der versicherten Arbeitsentgelte wirkt sich daher bei den meisten Inhabern von Anwartschaftsrechten aus, insbesondere aber bei denen, deren Anwartschaftsrecht im wesentlichen auf einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in den ersten Jahren des gesamten Versicherungslebens beruht (vgl hierzu auch Vorlagebeschlüsse vom 16. Dezember 1999, aaO).
Durch die Kürzung der in den ersten Berufsjahren kalenderjährlich durch Beitragszeiten jeweils erreichten Rangstelle (Entgeltpunkte) ist in die durch das Anwartschaftsrecht gesicherte und durch Art 14 Abs 1 GG geschützte prozentuale Rangstelle (Summe der Entgeltpunkte) des Klägers rückwirkend eingegriffen worden. Denn hierdurch bedingt minderten sich spätestens am 31. Dezember 1996 die mit einem Gesamtwert von 18,9480 vom Kläger erworbenen Entgeltpunkte, die ua auf der Bewertung der ersten vier mit Pflichtbeiträgen belegten und mit 0,9 Entgeltpunkten kalenderjährlich zu bewertenden ersten Berufsjahre beruhten, um etwa zwei Entgeltpunkte, dh um den Wert von etwa zwei versicherten Jahreseinkommen auf der Basis des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten. Die Höhe der monatlichen Regelaltersrente war daher um 91,44 DM (884,30 DM gegenüber 792,86 DM) niedriger. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger selbst mehr oder weniger individuell auf den Bezug der Rente angewiesen ist (vgl hierzu BVerfGE 72, 9, 21).
2. Die Regelung des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI genügt nicht den Anforderungen des Art 14 Abs 1 GG.
Art 14 Abs 1 Satz 2 GG verleiht dem Gesetzgeber zwar auch die Befugnis bei der Neubestimmung von Inhalt oder Schranken des gesetzlich ausgestalteten Eigentums unter Berücksichtigung der Bedeutung der Eigentumsgarantie im Gesamtgefüge der Verfassung (vgl hierzu Badura, aaO, RdNr 35), gesetzliche „Leistungsregeln” abzuändern oder aufzuheben und auch die gesetzlichen Regeln über den Erwerb und die Bewertung von Vollrechten und Anwartschaftsrechten auf Altersrente zu ändern. Dabei knüpft die Schutzwirkung der Eigentumsgarantie an die kraft Gesetzes geltende Eigentumsordnung und die danach bestehenden konkreten vermögenswerten Rechte an. Voraussetzung für eine neue Inhalts- oder Schrankenbestimmung ist, daß sie – unter Beachtung bereichsspezifischer Gegebenheiten – dem Gemeinwohlzweck dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (so BVerfGE 53, 257, 293; 100, 1, 37 f).
2.1 Die Änderung sowohl der Anzahl als auch der Aufstockung der in den ersten Berufsjahren durch Beiträge versicherten Arbeitsverdienste stellt eine neue Inhaltsbestimmung dar; mit ihr wird allgemein und abstrakt der rechtliche Gehalt von Bewertungselementen im Rahmen des Erwerbs der Teilhabeberechtigung, nämlich das versicherte Arbeitsentgelt für die ersten Berufsjahre, neu bestimmt. Dies ist für alle nach der Neuregelung eintretenden und zu bewertenden Sachverhalte verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Regelung verstößt jedoch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) und gegen das Gebot zu bereichsspezifisch sachgerechter Differenzierung, jedenfalls soweit Inhaber des oben definierten Anwartschaftsrechts durch die Änderung betroffen sind. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nur gewahrt, wenn die Neubestimmung des Inhalts einer bereichsspezifisch sachlich begründeten Zielsetzung dient, geeignet und zur Erreichung des Ziels – iS der Wahl des schonendsten Mittels – erforderlich und nach Art und Ausmaß verhältnismäßig (im engeren Sinn) ist, den Betroffenen nicht übermäßig belastet und ihm zumutbar ist (vgl BVerfGE 36, 47, 59; 74, 203, 214 f; Badura, aaO, RdNr 57).
2.1.1 Legitimierender Grund für den Eingriff iS einer uU auch rückwirkenden neuen Inhaltsbestimmung von „Erwerbs- oder Leistungsregeln” des SGB VI kann grundsätzlich ein öffentliches Interesse, ein Anliegen zum Wohl der Allgemeinheit sein, das bezogen auf das System der gesetzlichen Rentenversicherung der Erhaltung und der Verbesserung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems und/oder seiner Anpassung an die veränderten wirtschaftlichen Bedingungen im Interesse aller Versicherten und Rentner dient; insoweit (dh bei der Beurteilung bereichsspezifischer Neuregelungsziele) steht dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungskompetenz zu (vgl BVerfGE 53, 257, 293; BSGE 78, 138, 144).
Als rechtfertigender Grund wird in den Materialien zum WFG folgendes genannt: Allgemeine Zielvorgabe ist danach die Stärkung der Wirtschaftsdynamik, Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und die Sicherung der wirtschaftlichen Fundamente des Sozialstaats (vgl BT-Drucks 13/4610, S 1). Die seit dem zweiten Halbjahr ungünstig verlaufende wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere die negative Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat zu Mehrausgaben und Mindereinnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt, die für das Jahr 1997 und die folgenden Jahre ohne Maßnahmen zur Sicherstellung der erforderlichen Einnahmen Beitragserhöhungen erforderlich machen würden (so BT-Drucks 13/4610, S 18). Mit anderen Worten: Dem vorausberechneten Anstieg des kalenderjährlichen Gesamtbetrages der Ausgaben der Rentenversicherungsträger und einer entsprechenden (§ 153 SGB VI) Anhebung der erforderlichen Einnahmen soll durch eine Verminderung des Anstiegs der Kosten für die zu erfüllenden Ansprüche begegnet und vermieden werden, daß der aus Steuermitteln zu zahlende Bundeszuschuß und vor allem die vorwiegend durch Pflichtbeiträge für die versicherungspflichtig Beschäftigten aufzubringenden Beitragseinnahmen sich entsprechend erhöhen. Die Beiträge die von den Arbeitgebern allein zu zahlen und lediglich (unter Umständen) zur Hälfte von den einzelnen Versicherten und im übrigen von den Belegschaften zu tragen sind, sollen nicht entsprechend steigen und damit – höhere – sog Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber verursachen. Von dieser Minderung des Kostenanstiegs wird erhofft, daß die Arbeitgeber neue zusätzliche Arbeitsplätze einrichten; dadurch soll der Arbeitslosigkeit entgegengewirkt werden. Es wird erwartet, daß auf diesen zusätzlichen Arbeitsplätzen versicherungspflichtig Beschäftigte eingesetzt werden. Als Folge davon würde die von den Arbeitgebern zu zahlende Pflichtbeitragssumme, also die Summe der sog Lohnnebenkosten, weiter steigen. Steigt aber die Summe der Beitragseinnahmen auf diese Weise, so braucht es im Umfang der Steigerungsrate dieser Einnahmen keiner Steigerung des (nachrangigen und abhängigen) Beitragssatzes (§ 158 SGB VI) mehr. Allerdings kann sich die Summe der Beitragseinnahmen der Rentenversicherungsträger aus anderen (vorrangigen) Gründen erhöhen, zB weil die Summe der „beitragpflichtigen” Einnahmen (§§ 161 ff SGB VI) – eventuell trotz sinkender Anzahl der Versicherten – steigt oder weil die Arten der „beitragspflichtigen” Einnahmen oder der Kreis der zwangsversicherten Personen – gemessen an Art 2 Abs 1 GG verfassungsgemäß – erweitert werden. (Auch unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung sind die Beitragssätze nicht in dem Ausmaß gestiegen, wie es seit Jahrzehnten vorausgesehen und bei der Großen Rentenreform 1989 ≪Beschluß des RRG 1992≫ bereits mitbedacht worden war, vgl Hinweis auf das RRG 1992, BT-Drucks 11/4124, S 1; vgl hierzu Prognos-Gutachten, DRV-Schriftenreihe, 1994, S 107; vgl zB auch Gutachten des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger „zur langfristigen Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung”, Juni 1987, und das Prognos-Gutachten vom März 1987.) Die Zielangaben des WFG erscheinen mithin zwar wenig schlüssig und zum Teil spekulativ, halten sich aber in den weiten Grenzen gesetzgeberischer Gestaltungskompetenz im Hinblick darauf, daß auch eine Verbesserung der finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung angestrebt und nicht von vornherein schlechthin ausgeschlossen ist, daß das Regelungskonzept hierzu beitragen kann.
2.1.2 Die in dem og Umfang vorgenommene Kürzung der in der Vergangenheit durch Beitragszeiten erworbenen Entgeltpunkte für die ersten Berufsjahre ist zur Erreichung des Ziels auch grundsätzlich geeignet. Angestrebt werden sollte durch die Änderung des SGB VI die Stärkung des Versicherungsprinzips und des Prinzips der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente; ua sollen Leistungen nach dem Fremdrentengesetz (FRG), insbesondere für Berechtigte, die zukünftig in die Bundesrepublik Deutschland zuziehen, eingeschränkt, ferner die Zahl der anrechenbaren schulischen Ausbildungszeiten reduziert sowie – hier in Betracht kommend – die Aufstockung der durch Pflichtbeiträge versicherten Arbeitsverdienste in den ersten (seit 1992: vier, früher: fünf) Berufsjahren vermindert werden (Eingriffsmittel; vgl BT-Drucks 13/4610, S 1). Insoweit wird in den Materialien – zum Teil inhaltlich unzutreffend – ausgeführt: Einschränkungen sollen auch bei Rententeilen erfolgen, die nicht auf adäquater Beitragszahlung beruhen. Hierzu gehören Zeiten der schulischen und beruflichen Ausbildung. Zeiten einer Berufsausbildung sollen künftig nicht mehr so bewertet werden, als habe der Versicherte 90 % des Durchschnittsverdienstes versichert. Künftig sollen (anstatt der 48 nur noch) die ersten 36 Kalendermonate als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden. Damit werden diese Zeiten mindestens mit einem Betrag bewertet, der sich an der während des gesamten Versicherungslebens erbrachten Beitragsleistung orientiert, begrenzt auf 75 % des individuellen, höchstens auf 75 % des Durchschnittsverdienstes (so BT-Drucks 13/4610, S 19). Unabhängig davon, daß insoweit unzutreffend davon ausgegangen wurde, daß die hier in Frage stehenden „tatsächlich” vorhandenen Pflichtbeitragszeiten (anders als bei Anrechnungszeiten wegen Berufsausbildung) keine Berufsausbildung vorausgesetzt haben und (gleichfalls anders als bei Anrechnungszeiten) Pflichtbeiträge wirklich gezahlt waren, kann dem rückwirkenden Grundrechtseingriff durch die in § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI getroffene Regelung eine grundsätzliche Geeignetheit nicht abgesprochen werden, künftig möglicherweise entstehende Zahlungsansprüche zu verringern. Die Gruppe von Versicherten, deren früher durch Beitragszeiten erworbene Rangstelle und damit deren künftige Teilhabeberechtigung im Vergleich zu den anderen von dieser Kürzung nicht betroffenen Berechtigten nachträglich (bei jedem einzelnen allerdings nach dem Zufallsprinzip in unterschiedlichem Ausmaß) gemindert wird, werden zwar nicht rechtlich notwendig, faktisch aber in den meisten Fällen dadurch ein Vollrecht auf Altersrente mit einem entsprechend – hier dem Versicherungswert von zwei Arbeitsjahren – verminderten Wert erhalten. Dies kann dazu beitragen, daß der Anstieg der zukünftigen erforderlichen Beitragseinnahmen des Rentenversicherungsträgers (und des davon abhängigen Bundeszuschusses) wegen der verringerten Zunahme des (die Höhe der erforderlichen Einnahmen bestimmenden) Gesamtbetrages der zu erfüllenden Leistungsansprüche verlangsamt wird (§ 153 SGB VI).
2.1.3 Es fehlt jedoch jedenfalls an einer „Erforderlichkeit” der getroffenen Regelung iS der Wahl des schonendsten Mittels (vgl BVerfGE 36, 47, 59; vgl hierzu Papier in: Maunz/Dürig, Komm zum GG, Art 14 RdNrn 305 ff).
Es sind bereits keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß der Gesetzgeber überhaupt zwischen „verschiedenen Mitteln”, die zur Reduzierung des Anstiegs der erforderlichen Ausgaben der Rentenversicherungsträger hätten führen können, ausgewählt und damit eine Abwägung vorgenommen hat. Das Gebot (gerechter) Abwägung hat der Gesetzgeber jedoch auch im Rahmen seiner weiten Gestaltungsfreiheit bei sozialrechtlichen Ansprüchen (vgl BVerfGE 53, 257, 293) zu beachten. Wird dieses Gebot verletzt, so kann bereits keine sachgerechte Entscheidung ergehen.
Bei diesem Abwägungsgebot handelt es sich um eine rechtsstaatliche Mindestanforderung bei der rechtsfehlerfreien Ausübung legislatorischer Gestaltungsfreiheit (vgl Papier, Besteuerung und Eigentum, DVBl 1980, 794; Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl, § 18 RdNr 79). Hat der Gesetzgeber eine Abwägungsentscheidung getroffen und sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials orientiert und dabei die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausgeschöpft, um die voraussichtlichen Auswirkungen seiner Regelung so zuverlässig wie möglich abschätzen zu können, dann ist auch seine Prognose als inhaltlich vertretbar zu werten, selbst wenn sie sich später als fehlerhaft erweisen sollte (vgl hierzu BVerfGE 36, 47, 59 ff; 50, 290, 331 ff; Papier in: Handbuch des Verfassungsrechts, aaO, § 18 RdNr 84). Das Gebot des Abwägens gilt nicht nur für den Inhalt der Abwägungsentscheidung, sondern auch für den Vorgang des Abwägens im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens. Denn hat sich der Gesetzgeber von unvollständigen Erwägungen leiten lassen, so konnte eine Abwägung zwischen den verschiedenen Gesichtspunkten einschließlich einer Prüfung schonenderer Maßnahmen nicht sachgemäß erfolgen (vgl hierzu BVerfGE 25, 1, 11 f; 30, 250, 263; 39, 210, 226; Papier in: Maunz/Dürig, aaO, RdNr 306), so daß das Gesetz fehlerhaft ist. Es trifft insoweit nicht zu, daß es sich bei diesem „Gebot” lediglich um eine verfahrensrechtliche Selbstverständlichkeit (so Leisner in: Handbuch des Staatsrechts, § 149 RdNr 145) handelt. Würde man hiervon ausgehen, so wäre die Grundlage für das Gestaltungsermessen des Gesetzgebers nicht erkennbar und damit auch nicht feststellbar, ob die gebotene Abwägung aufgrund eines objektiven Erkenntnisstandes vorgenommen wurde. Wäre dieser Gesichtspunkt unbeachtlich, würde das Gericht bei der Prüfung der „Erforderlichkeit” sich an die Stelle der gesetzgebenden Gewalt setzen und im nachhinein – also unter Mißachtung der Gewaltenteilung (Art 20 Abs 2 Satz 2 GG) – eine eigene Einschätzung und Beurteilung vornehmen.
Eine derartige, auch die materiell-rechtliche Entscheidung des Gesetzgebers erfassende Verletzung des Abwägungsgebots liegt hier vor. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich – solche ergeben sich im übrigen auch nicht aus den vom Senat eingeholten Auskünften –, daß im gesamten Gesetzgebungsverfahren überhaupt alternative Regelungen, die möglicherweise einen entsprechenden Einsparungseffekt hätten haben können, erwogen worden sind. Erwägungen, ob der Eingriff iS einer Einschätzungsprärogative „erforderlich” war, sind somit nicht erkennbar. Als eine der vielen möglichen Entlastungsmaßnahmen hätte beispielsweise – wie derzeit – eine Verzögerung oder andere Ausgestaltung der Anpassung der Renten an die Nettolohnentwicklung in Betracht gezogen werden können, die außerdem alle Anwartschaftsrechtsinhaber (mit Wirkung für die Zukunft) gleich behandelt und nicht nur einzelne Gruppen von diesen – und diese wiederum in sich nach dem Zufallsprinzip unterschiedlich – belastet hätte.
Mithin kann bereits nicht festgestellt werden, daß der Gesetzgeber eine Abwägung getroffen und unter Berücksichtigung des ihm bei Erlaß des Gesetzes zugänglichen Datenmaterials das mildeste Mittel für die Betroffenen gewählt hat. Infolgedessen hat er sein Gestaltungsermessen nicht sachgemäß ausgeübt, so daß das Gesetzgebungsverfahren und hierdurch bedingt auch das Gesetz selbst fehlerhaft waren.
2.1.4 Selbst wenn man jedoch unterstellte, der Gesetzgeber hätte unter den verschiedenen geeigneten Einsparungsmöglichkeiten abgewogen und ferner sogar, er habe das für die Gruppe der betroffenen Inhaber eines Anwartschaftsrechts auf Regelaltersrente schonendste Mittel gewählt, wird § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI den Anforderungen an Art 14 Abs 1 Satz 2 GG nicht gerecht. Denn die Regelung ist für den betroffenen Kreis übermäßig und belastet ihn unzumutbar.
2.1.4.1 Geht man davon aus, daß das Anwartschaftsrecht im oben definierten Sinn wegen seiner existenzsichernden, dh im vermögensrechtlichen Bereich freiheitssichernden Bedeutung für den Kreis der über 55jährigen, was seine Schutzwürdigkeit anbelangt, dem Vollrecht auf Regelaltersrente grundsätzlich gleichzustellen ist, so war die Neuregelung für den betroffenen Personenkreis der Anwartschaftsrechtsberechtigten (selbst mit den Übergangsregelungen) ein schwerwiegender Eingriff, so daß auch nur schwerwiegende Gründe des Gemeinwohls diesen Eingriff zumutbar erscheinen lassen könnten (vgl hierzu BVerfGE 72, 9, 24; anders verhält es sich ggf bei einer – hier nicht erfolgten – Neuregelung eines ganzen Rechtsgebiets, vgl hierzu BVerfGE 72, 9, 22 f; BSGE 78, 138; Papier in: Maunz/Dürig, aaO, RdNr 152). Infolgedessen bedarf der Eingriff in diesen Fällen einer besonderen verfassungsrechtlichen Legitimation (vgl BVerfGE 53, 257, 293). Diese ergibt sich dann nicht bereits aus dem allgemeinen (in der Regel stets behauptbaren) öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung und den von der „Politik” je nach wirtschaftlicher Entwicklung gewünschten „Sparmaßnahmen”. Ein derartiger besonderer Grund ist den Materialien (und auch den eingeholten Auskünften) nicht zu entnehmen. Aus ihnen ergibt sich noch nicht einmal die Berechnungsgrundlage für die durch den Eingriff geschätzte Einsparung von 0,1 Mrd DM (im Jahre 1997; BT-Drucks 13/4610, S 30). Es bestand mithin keine nachvollziehbare Veranlassung, in die Rechtsposition gerade des Teils der Gruppe der über 55jährigen Inhaber von Anwartschaftsrechten einzugreifen, deren versicherte Arbeitsentgelte aus Pflichtbeitragszeiten der ersten vier Berufsjahre kalenderjährlich kraft Gesetzes bis zu einem Rangverhältnis von höchstens 0,9 Entgeltpunkten aufgestockt worden waren.
2.1.4.2 Ein derartiger rechtfertigender, den besonderen Legitimationszwang relativierender Grund läßt sich auch nicht etwa der Rechtsprechung des BVerfG zum gestuften Eigentumsschutz bei sozialrechtlichen Rechtspositionen entnehmen (vgl hierzu BVerfGE 58, 81, 112 ff). Danach sind dem Gesetzgeber in seinem Gestaltungsspielraum enge Grenzen gezogen, soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des einzelnen geht; sie sind um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht. Je höher also der einem Anspruch bzw einem Anwartschaftsrecht zugrundeliegende Anteil der eigenen Leistung ist, desto stärker soll danach der personale Bezug und damit dessen Schutz hervortreten (vgl BVerfGE 58, 81, 112 ff). Ist die soziale Komponente jedoch stärker ausgeprägt, so soll der Spielraum des Gesetzgebers weiter sein. Für das Maß des Schutzes soll danach entscheidend sein, inwieweit Elemente der Rente auf eigener Leistung des Versicherten oder auf Leistungen der Allgemeinheit bzw der Solidargemeinschaft beruhen. Wenn ein Element des Wertes des Rechts auf Rente – wie etwa bei den hier nicht vorliegenden „reinen Ausbildungszeiten” – nicht auf Beitragszeiten mit Beitragszahlung beruht, soll sich der Eigentumsschutz reduzieren.
Es kann hier dahinstehen, ob und ggf inwieweit dieser Gesichtspunkt bei gesetzlichen Änderungen, die eine Anwartschaft (und nicht ein Anwartschaftsrecht) betreffen, also das Recht, das auf dem Weg zur Entstehung des Vollrechts dem Anwartschaftsrecht in dem mehraktigen Entstehungstatbestand vorgelagert ist, Geltung hat. Jedenfalls kann eine derartige Stufung bei dem dem og Vollrecht gleichgestellten Anwartschaftsrecht ebenso wie bei diesem selbst keine Bedeutung haben. Würde man den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts im Hinblick auf eine nicht in demselben Ausmaß schutzfähige soziale Ausgleichskomponente enger fassen und damit das Eigentum aushöhlen, so gäbe es eine Vielzahl von einfach-gesetzlichen Rechten und Elementen ihres Erwerbs und ihres Wertes, die unterschiedlichen Eigentumsschutz genössen. Im vorliegenden Fall wären die bisherigen, in den ersten vier Berufsjahren jeweils erworbenen Entgeltpunkte (Rangstelle) insoweit eigentumsgrundrechtlich geschützt, wie sie sich aus dem Verhältnis der „durch die wirklich gezahlten Pflichtbeiträge” versicherten Arbeitsentgelte im Vergleich zum jeweiligen Durchschnittsentgelt ergeben; hingegen wäre sie nicht eigentumsgrundrechtlich geschützt, soweit sie auf der bisherigen Aufstockung der „durch Beiträge” versicherten Arbeitsentgelte beruhte. Die bisher in den ersten vier Jahren durch versicherungspflichtige Beschäftigung erworbenen Entgeltpunkte wären dann teilweise vom Schutzbereich des Grundrechts mit „Vollschutz” umfaßt, stünden aber teilweise (je nach den Umständen des Einzelfalles) der rückwirkenden freien Neugestaltung durch den Gesetzgeber mit nur eingeschränkter Schutzwirkung oder ohne solche offen; sie wären nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (Art 3 Abs 1 GG) und des Vertrauensschutzes iS des grundsätzlichen Verbots der Rückbewirkung von Rechtsfolgen sowie bei den Zwangsversicherten durch die eingriffseinschränkende Wechselwirkung aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich geschützt.
Eine derartige Stufung des Eigentumsschutzes bei der inhaltlichen Neugestaltung von Rechten kann mithin bereits aus diesem Grund nicht in Betracht kommen. Dies folgt auch aus dem Schutzzweck des Art 14 Abs 1 GG. Geschützt wird danach der erworbene Bestand an subjektiven Rechten; er läßt grundsätzlich nur eine Änderung mit Wirkung für die Zukunft zu (vgl Badura, aaO, RdNr 37; Rüfner, Das Sozialleistungssystem zwischen Anpassungszwang und Bestandsschutz, S 29 f in: Stober, aaO).
Erworben hat der Anwartschaftsrechtsinhaber auf der Grundlage der kalenderjährlich erwirtschafteten Entgeltpunkte eine ungeteilte prozentuale Rangstelle (s oben), die ihm einen der Rangstelle entsprechendes Recht auf Teilhabe am künftigen Beitragsaufkommen der Rentenversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalls des Alters ab Leistungsbeginn garantiert. Diese insgesamt geschützte und auf einem durch Beitragszeiten erworbenen Gesamtmindestwert beruhende Position (s oben) ist das Ergebnis eines abgeschlossenen, in seine einzelnen Bestandteile nicht mehr zerlegbaren Erwerbstatbestandes. Die hierauf bauende Vorsorge für die persönliche Daseinssicherung und Lebensgestaltung dient der persönlichen Freiheit im vermögensrechtlichen Bereich. Sie ist die Anerkennung für die individuelle Arbeitsleistung, die grundsätzlich auch der Rechtsgrund für die Rechtzuweisung als Eigentum iS des Art 14 Abs 1 GG ist (vgl hierzu BVerfGE 100, 1, 34 f; Badura, aaO, RdNr 41). Damit wird deutlich, daß der Versicherte spätestens mit Entstehung des Anwartschaftsrechts eine zwar nicht in Geldwert, aber in Entgeltpunkten (Verhältniszahlen) aus Beitragszeiten genau bestimmbare vermögenswerte Rechtsposition erworben hat, die gerade im Hinblick auf sein Sicherungsbedürfnis wegen der Nähe zum Rentenalter in besonderem Maße der Freiheit der persönlichen Lebensgestaltung dient (s oben), und die aber zugleich auch im Hinblick auf die von der Solidargemeinschaft getragenen Leistungen des sozialen Ausgleichs (für beitragslose Zeiten) – sollten solche vorliegen – in einem ausgeprägten sozialen Bezug steht. Die durch sämtliche Beitragszeiten (§ 55 SGB VI) erlangten Entgeltpunkte unterliegen einem „Gesamtschutz”, von dem der Versicherte ausgehen und seine Alterssicherung hierauf aufbauend planen kann. Diese einheitliche Rechtsposition „Anwartschaftsrecht” geht mit ihrem Teilhabewert (Rangstelle) nahtlos über in das Vollrecht, aus dem ebenfalls nahtlos die monatlichen Einzelansprüche auf die monatliche Regelaltersrente erwachsen. Die in dem Wert des Anwartschaftsrechts enthaltenen Entgeltpunkte, die sowohl auf Beitragszeiten als auch auf Elementen des sozialen Ausgleichs beruhen, dienen demselben Zweck, nämlich der Sicherung der persönlichen Freiheit im vermögensrechtlichen Bereich im Alter (vgl hierzu Stober, aaO, S 60, 72). Sie zusammen machen das im wesentlichen durch Beiträge für die zwangsversicherten Arbeitnehmer finanzierte System der solidarischen Altersvorsorge erst als Form der Daseinssicherung für alle Erwerbstätigen Erfolg versprechend. Der Hinweis auf die „Eigenleistung” zur Begründung eines „verstärkten” Eigentumsschutzes kann daher einen unterschiedlichen – minderen – Eigentumsschutz der während der ersten Berufsjahre einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erlangten Entgeltpunkte nicht rechtfertigen. Letztlich ist die dem Grunde nach als Arbeitsleistung zu verstehende (vgl BVerfGE 100, 1, 34 f) „Eigenleistung” nur Abgrenzungskriterium gegenüber den ausschließlich auf staatlicher Gewährung beruhenden steuerfinanzierten und lediglich zum Ausgleich bei abgegrenzten Bedarfslagen bestimmten Sozialleistungssystemen, die zum Teil zwar auch der Existenzsicherung dienen, aber gerade nicht einen Bereich eigenverantwortlicher Gestaltung der privaten Vermögenssphäre ermöglichen sollen.
Es kommt hinzu, daß auch die ersten Berufsjahre einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, sogar wenn diese im Einzelfall von Berufsausbildung geprägt waren, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bei Anwartschaftsrechten bereits originär zu dem durch Art 14 Abs 1 Satz 2 GG geschützten Kern gehören. Denn das System der solidarischen Altersvorsorge durch beitragsfinanzierte Sozialversicherung beruht im Kern auf der Anerkennung des durch Ausbildung und Leistung persönlich Erreichten und daher desjenigen, was der Versicherte im Rahmen des Generationenvertrages zur Versicherung beigetragen hat (vgl Badura, aaO, RdNr 41). Beigetragen in diesem Sinne hat der Versicherte in diesen Fällen zur „Versicherung”. Denn die og Zeiten waren Pflichtbeitragszeiten, in denen Pflichtbeiträge entrichtet worden waren. Bei diesen wird – ebenso wie bei gleichgestellten Beitragszeiten (zB § 55 Abs 1 Satz 2 SGB VI) – dem jeweiligen (Monats-)Zeitraum ein Arbeitsverdienst (oder sogleich eine Rangstelle, zB § 70 Abs 3 SGB VI) zugeordnet. Der Arbeitsverdienst besteht versicherungsrechtlich aus den „beitragspflichtigen” Einnahmen des Versicherten ≪sog Beitragsbemessungsgrundlage – §§ 161 ff SGB VI≫. (Der so definierte Arbeitsverdienst ist bei abhängig Beschäftigten unabhängig davon versichert, ob der Arbeitgeber die Pflichtbeiträge tatsächlich gezahlt hat, wenn das Beschäftigungsverhältnis ordnungsgemäß gemeldet war oder der Versicherte Beschäftigung und Beitragszahlung oder den Abzug des Arbeitnehmeranteils glaubhaft macht ≪§§ 199, 203 SGB VI≫ oder die Einzugsstelle ≪oder der Rentenversicherungsträger≫ rechtswidrig den Anspruch auf die Pflichtbeiträge gegen den Arbeitgeber nicht ≪rechtzeitig≫ geltend macht.)
2.1.4.3 Die Regelung belastet darüber hinaus den betroffenen Personenkreis auch deshalb unzumutbar, weil sie ihr Vertrauen in den Bestand des Anwartschaftsrechts, ihr Vertrauen in die ihnen garantierte verläßliche Alterssicherung verletzt.
Das unter den Schutz des Art 14 Abs 1 GG fallende und im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit der Rechtsposition verfestigte Anwartschaftsrecht auf Regelaltersrente (iS einer auf den durch Beitragszeiten erworbenen Entgeltpunkten beruhenden Rangstelle auf Teilhabe am künftigen Verteilungsaufkommen der gesetzlichen Rentenversicherung) dient einer verläßlichen Lebensplanung des 55jährigen Versicherten. Auf der Grundlage des von ihm erwirtschafteten Wertes soll er in die Lage versetzt werden, abschließend darüber zu entscheiden, ob und ggf in welcher Höhe er sich noch in der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf andere Weise zusätzlich sichern will. Daher ist sein Vertrauen, daß dieser Wert sich nicht zu seinen Ungunsten verändern werde, besonders ausgeprägt. Der Versicherte darf zwar im Hinblick auf die Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit nicht erwarten und mithin nicht darauf vertrauen, daß zB bei einer ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung die gesetzlichen Vorschriften über das Leistungsrecht zu Lasten der aktuell beitragsrelevant Versicherten bis zum Eintritt des Leistungsfalls unverändert fortbestehen (vgl BVerfGE 58, 81, 123 f; BVerfGE 64, 87, 105). Derjenige, der Solidarität in Anspruch nimmt, muß auch Solidarität gegenüber den in Anspruch Genommenen üben (vgl Krause, aaO, S 173). Jedoch muß der Gesetzgeber dem fortdauernden Sicherungsbedürfnis des Versicherten, insbesondere mit zunehmender Nähe zum Versicherungsfall des Alters, Rechnung tragen und den rentennahen Jahrgängen grundsätzlich den Versicherungsschutz erhalten, auf den sie ihre Lebensplanung eingestellt und auf die sie vertraut haben (vgl hierzu Krause, aaO, S 185 f). Infolgedessen ist der Vertrauensschutz, der für vermögenswerte Güter im Eigentumsgrundrecht eine besondere Ausprägung erfahren hat (vgl BVerfGE 76, 220, 244 f; 58, 81, 120 f; 64, 87, 104), gerade bei sozialrechtlichen Positionen besonders ausgeprägt und daher – zumindest bei den Inhabern von Anwartschaftsrechten – in aller Regel schutzwürdig.
Nach der oben dargestellten Rechtslage war der betroffene Personenkreis besonders schützwürdig, so daß die Neuregelung für ihn ein schwerwiegender Eingriff auch unter Berücksichtigung der Übergangsregelungen (§§ 252 Abs 4, 263 Abs 3 SGB VI) war. Aus diesem Grunde hätten – wie ausgeführt – nur besondere Gründe des Gemeinwohls den Eingriff rechtfertigen können (vgl BVerfGE 72, 9, 24 f). Solche sind jedoch nicht erkennbar. Im Hinblick auf den bei grundrechtlichem Eigentumsschutz anders, stärker und speziell ausgeprägten Vertrauensschutz ist nach den Kriterien des Rechtsstaatsprinzips nicht darüber zu entscheiden, ob die Regelung auch iS einer echten Rückwirkung (bezogen auf das gesetzliche Anwartschaftsrecht) verfassungswidrig in das einfach-gesetzliche Recht eingegriffen hat.
2.5 Dem genannten Personenkreis gegenüber verstößt § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI auch gegen den Gleichheitssatz, zu dessen Einhaltung der Gesetzgeber bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG verpflichtet ist (vgl BVerfGE 100, 1, 38). Art 3 Abs 1 GG verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl BVerfGE 55, 72, 88). Eine solche sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung liegt hier vor. Der Kreis von Inhabern von Anwartschaftsrechten wird zB jedenfalls gegenüber solchen Versicherten unverhältnismäßig benachteiligt, die entweder gerade erst Mitglied der Solidargemeinschaft geworden sind und somit noch nicht einmal eine Anwartschaft erworben haben und den Versicherten, die gerade erst die allgemeine Wartezeit erfüllt, jedenfalls das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet und ein Anwartschaftsrecht noch nicht erlangt haben. Obwohl der Anwartschaftsrechtsinhaber die erwirtschafteten Entgeltpunkte für eine verläßliche Lebensplanung benötigt (s oben) – vom Gesetzgeber ein entsprechender rentenversicherungsrechtlicher Ausgleich auch nicht vorgesehen ist –, wird er solchen Versicherten gleichgestellt, die – typisierend betrachtet – noch ausreichend Zeit für eine Sicherungsmöglichkeit haben. Aber auch im Vergleich zu den Rentenbeziehern besteht im Hinblick auf die Nähe zum Vollrecht eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Auch insoweit besteht für den Gesetzgeber kein besonders weiter Gestaltungsspielraum (s oben; vgl Vorlagebeschlüsse vom 16. Dezember 1999, aaO). Ebenfalls besteht innerhalb der Gruppe der Anwartschaftsrechtsinhaber eine Ungleichbehandlung. Ihnen allen wird zwar regelmäßig eine im Vergleich zum Durchschnittsversicherten niedrigere Rangstelle zugewiesen, die sie aufgrund in der Vergangenheit abgeschlossener und gesetzlich bewerteter Sachverhalte durch Beitragszeiten erworben hatten. Dabei hängt jedoch das Ausmaß der individuellen Betroffenheit, die in dem Verlust der bereits erlangten Entgeltpunkte besteht, im Hinblick auf die nunmehr vorgesehene Gesamtleistungsbewertung nach dem „reinen Zufallsprinzip” von den jeweiligen Lebensläufen ab.
BD Eine verfassungskonforme Auslegung von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI ist nicht möglich. Es ist kein Weg ersichtlich – ein solcher wird von der Literatur auch nicht aufgezeigt – wie diese Vorschrift verfassungskonform für den betroffenen Personenkreis ausgelegt werden könnte.
1. Der mit den Materialien übereinstimmende Wortlaut der Regelung läßt eine andere Auslegung nicht zu. Insoweit hat der Gesetzgeber ausdrücklich den zeitlichen Umfang und die Höhe der Aufstockung der durch Pflichtbeitragszeiten versicherten Arbeitsentgelte gekürzt.
2. Es ist auch kein anderer Weg ersichtlich, den Wert der monatlichen Regelaltersrente nach dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht zu bestimmen.
Das WFG ist – soweit es die Änderung des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI betrifft – gemäß Art 12 Abs 1 WFG am 1. Januar 1997 in Kraft getreten. Die eindeutige Inkrafttretensregelung, die Teil der normativen Regelung ist (vgl BVerfGE 42, 263, 283; 34, 9, 23), läßt keine Auslegung dahin zu, daß – etwa aus Billigkeitsgründen – für eine bestimmte Personengruppe, nämlich für Inhaber von Anwartschaftsrechten ein späterer Inkrafttretenszeitpunkt gelten sollte. Mit dem Inkrafttreten wurde die Norm folglich wirksam und bestimmte ihren zeitlichen Geltungsbereich, dh den Zeitpunkt, ab dem Rechtsfolgen für den Normadressaten frühestens eintreten und Bestimmungen von Behörden und Gerichten anzuwenden sind (vgl hierzu Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, 7. Aufl, Art 82 RdNr 126).
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens (Art 82 Abs 2 Satz 1 GG) ist insbesondere im Hinblick darauf, daß die Norm sich auch an solche Adressaten richtet, die erst in der Zukunft eine verfestigte Rechtsposition erlangen, nicht willkürlich gewählt.
3. Eine andere Auslegungsmöglichkeit gegenüber dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe ergibt sich auch nicht aus § 300 Abs 1 SGB VI. Vielmehr wiederholt die Vorschrift (seit dem 1. Januar 1992) ua für Ansprüche nach dem SGB VI den Inhalt der Regelung des Art 82 Abs 2 Satz 1 GG. Nach § 300 Abs 1 SGB VI findet neues Recht grundsätzlich (vgl Absätze 2 bis 5 aaO) vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an Anwendung auch auf die dann jeweils schon gegebenen Sachverhalte und Ansprüche. Wie ausgeführt, beginnt die monatliche Regelaltersrente des Klägers am 1. Januar 1997; ihr monatlicher Wert ist infolgedessen einfach-rechtlich nach dem ab 1. Januar 1997 geltenden Recht zu bestimmen. §§ 300 Abs 2 bis 319b SGB VI enthalten Ausnahmen von dem Grundsatz der sofortigen Anwendung, schreiben insoweit spezial-gesetzlich die weitere Anwendung des an sich außer Kraft getretenen alten Rechts auf nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts fortbestehende Rechtsbeziehungen vor. Sie erlauben in keinem Fall, neues Recht in „echter Rückwirkung”, unter Rückbewirkung von Rechtsfolgen auf Ansprüche und Pflichten anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten neuen Rechts entstanden und zu erfüllen waren (stRspr des Senats seit SozR 3-2600 § 300 Nrn 1 und 2). Es liegt keine der Fallgruppen vor, in denen ausnahmsweise die Anwendung alten Rechts für Zeiträume nach Inkrafttreten neuen Rechts erlaubt ist. Denn bereits bei Inkrafttreten der Vorschriften des WFG galt – wie ausgeführt seit 1992 – der Grundsatz des SGB VI, daß der Wert des Vollrechts auf Altersrente nach Maßgabe des Rechts zu bestimmen ist, das bei „Rentenbeginn”, also zu Beginn des auf den Eintritt des Versicherungsfalls folgenden Kalendermonats gilt. § 300 Abs 1 SGB VI knüpft somit an den jeweiligen Inkrafttretenszeitpunkt an und stellt keinen davon abweichenden Grundsatz auf.
Fundstellen