Orientierungssatz

1. Ist § 32a S 1 Nr 1 S 3 AVG (§ 1255a S 1 Nr 1 S 3 RVO) idF des Art 2 § 2 Nr 11 Buchst a des RAG 20 mit dem Grundgesetz (Art 20 Abs 3 und Art 3 Abs 1) vereinbar?

2. § 32a S 1 Nr 1 S 3 AVG (= RVO § 1255a S 1 Nr 1 S 3) idF vom 27.6.1977 verstößt nicht gegen Art 14 GG.

 

Normenkette

AVG § 32a S 1 Nr 1 S 3 Fassung: 1977-06-27; RVO § 1255a S 1 Nr 1 S 3 Fassung: 1977-06-27; GG Art 14 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; RVO § 1259 Abs 1 S 1 Nr 4; ArVNG Art 2 § 14 Fassung: 1965-06-09; AnVNG Art 2 § 14 Fassung: 1965-06-09; GG Art 20 Abs 3 Fassung: 1949-05-23; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; AVG § 36 Abs 1 S 1 Nr 4

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Entscheidung vom 18.10.1979; Aktenzeichen S 9a 82/78)

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit wird um die Frage geführt, in welchem Umfang und mit welchen Werten eine Ausfallzeit bei der Berechnung des dem Kläger bewilligten Altersruhegeldes zu berücksichtigen ist.

Anläßlich eines im Jahre 1975 durchgeführten Kontenprüfungsverfahrens legte der am 4. Januar 1915 geborene Kläger zum Nachweis von Ausfallzeiten sein Reifezeugnis vom 7. März 1934 vor. Die Beklagte wies daraufhin in der dem Kläger erteilten Auskunft über die Höhe der bisher erreichten Rentenanwartschaft die nach Vollendung des 16. Lebensjahres vom 4. Januar 1931 bis 7. März 1934 zurückgelegte Schulausbildung mit 39 Monaten als Ausfallzeit aus.

Am 18. August 1977 beantragte der Kläger die Bewilligung flexiblen Altersruhegeldes wegen Vollendung des 63. Lebensjahres. Im Verlaufe des Verwaltungsverfahrens teilte er der Beklagten mit, er "ziehe die ... Kopie eines Schulzeugnisses vom 1934-03-07" zurück und beantrage die Anwendung der Bestimmungen über die pauschale Ausfallzeit.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 1977 bewilligte ihm die Beklagte für die Zeit ab 1. Februar 1978 Altersruhegeld. Bei dessen Berechnung berücksichtigte sie wiederum eine Ausfallzeit von 39 Monaten. Dieser Zeit legte sie nicht den nach § 32 Abs 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) für die bis zum 31. Dezember 1964 zurückgelegten Beitragszeiten ermittelten monatlichen Durchschnittswert von 14,40 zugrunde. Vielmehr begrenzte sie den maßgebenden Wert für die Ausbildungs-Ausfallzeit gemäß § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG in der Fassung des Zwanzigsten Rentenanpassungsgesetzes (20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I S 1040) (im folgenden: § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF) auf monatlich 8,33. Der Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 1978).

Mit der Klage hat der Kläger begehrt, unter Abänderung bzw Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte zu verurteilen, seine Rente unter Berücksichtigung einer pauschalen Ausfallzeit von 37 Monaten gemäß Art 2 § 14 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) in der Fassung des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (RVÄndG) vom 9. Juni 1965 (BGBl I S 476) anstelle einer nachgewiesenen Ausfallzeit von 39 Monaten neu zu berechnen, hilfsweise, bei der Berechnung des Altersruhegeldes die nachgewiesenen 39 Monate Ausfallzeit mit dem unbegrenzten Wert in Höhe von 14,40 Werteinheiten monatlich zu bewerten.

Durch Urteil vom 18. Oktober 1979 hat das Sozialgericht (SG) für das Saarland die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Ergebe ein Vergleich der bis zum 31. Dezember 1956 zurückgelegten, nachgewiesenen Ausfallzeiten einschließlich der Ausbildungs-Ausfallzeiten mit der nach Art 2 § 14 AnVNG errechneten pauschalen Ausfallzeit, daß die nachgewiesenen Ausfallzeiten länger seien, so seien diese der Rentenberechnung zugrundezulegen. Das gelte selbst dann, wenn die Anrechnung der kürzeren pauschalen Ausfallzeit, weil sie nicht auf den Wert von 8,33 je Kalendermonat zu begrenzen sei, zu einer höheren Leistung führen würde. Diese Benachteiligung des Versicherten könne nicht durch eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Auslegung vermieden werden. Eine Gesetzeslücke bestehe insoweit nicht. Anläßlich der Änderung der Bewertung der Ausbildungs-Ausfallzeiten in § 32a AVG habe der Gesetzgeber bewußt auf eine Änderung bzw Anpassung des Art 2 § 14 AnVNG verzichtet. Das könne zwar in Einzelfällen zu Nachteilen führen, sei aber nicht grundgesetzwidrig. Der Kläger könne ein für ihn günstiges Ergebnis auch nicht durch einen Verzicht auf die Anrechnung der nachgewiesenen Ausfallzeiten erreichen. Ein Verzicht auf einzelne Berechnungsfaktoren der Rente sei nicht zulässig.

Das SG hat die Sprungrevision im Urteil zugelassen. Der Kläger hat dieses Rechtsmittel mit Zustimmung der Beklagten eingelegt. Zur Begründung trägt er vor:

Das SG habe Art 2 § 14 AnVNG nicht richtig ausgelegt und § 46 des Sozialgesetzbuches,Erstes Buch, Allgemeiner Teil (SGB 1) vom 11. Dezember 1975 (BGBl I S 3015) nicht hinreichend berücksichtigt. Aus Sinn und Zweck des Art 2 § 14 AnVNG ergebe sich, daß der Gesetzgeber seit der Rentenreform des Jahres 1957 die für den Versicherten günstigere Ausfallzeit habe angerechnet sehen wollen. Das sei für Versicherungsfälle vor dem 1. Januar 1978 stets die längere Ausfallzeit gewesen, weil sowohl die nachgewiesenen Ausbildungs-Ausfallzeiten als auch die pauschale Ausfallzeit mit dem Monatsdurchschnitt aus den Beiträgen bis zum 31. Dezember 1964 zu bewerten gewesen seien. Nach der Neufassung des § 32a AVG werde die nachgewiesene Ausbildungs-Ausfallzeit nur noch mit einem Wert von 8,33 je Monat berücksichtigt. Die pauschale Ausfallzeit hingegen werde nach wie vor mit den in aller Regel wesentlich höheren, aus den bis 1964 entrichteten Beiträgen erreichten Monatsdurchschnitten angerechnet. Damit führe - folge man der Ansicht des SG - eine längere nachgewiesene Ausbildungs-Ausfallzeit zu einem geringeren Steigerungsbetrag als eine kürzere pauschale Ausfallzeit. Bei ihm - Kläger - würde sich dies dergestalt auswirken, daß er statt einer Rente (bei 37 Monaten pauschaler Ausfallzeit) von 2071,80 DM nur eine solche (bei 39 Monaten nachgewiesener Ausfallzeit) von 2016,-- DM monatlich erhalte. Diese Kürzung der Rente widerspreche eindeutig dem Sinn und Zweck des Art 2 § 14 AnVNG. Sie führe überdies zu einer Ungleichbehandlung der Versicherten in gleichgelagerten Fällen. Dem Versicherten, der früher bereits seine Ausfallzeiten nachgewiesen habe, würden diese angerechnet, obgleich sich das ungünstiger als die Anrechnung der pauschalen Ausfallzeit auswirke. Der Versicherte hingegen, der den Nachweis beitragsloser Zeiten bisher unterlassen habe, könne sich jetzt die für ihn günstigste Verfahrensweise ausrechnen und ggf die Anrechnung der zwar kürzeren, für ihn aber günstigeren pauschalen Ausfallzeit erreichen. Auch bei der Bewertung der mit Pflichtbeiträgen belegten Monate der ersten fünf Kalenderjahre gemäß § 32 Abs 4 Buchst a) in Verbindung § 32a Nr 1 AVG habe die Beklagte die Berechnungsvorschrift trotz ihres eindeutigen Wortlauts nach Sinn und Zweck zugunsten des Versicherten ausgelegt.

Zu den durch § 46 SGB 1 zur Disposition gestellten "Ansprüchen auf Sozialleistungen" könnten grundsätzlich Einzelelemente der Rentenberechnung und damit auch nachgewiesene beitragslose Zeiten gehören. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) einen Verzicht auf Ersatzzeiten für unzulässig erklärt. Hierfür wie für den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13. April 1978 - 1 BvR 52/77 - (= SozR 2200 § 1251 Nr 48) sei aber im wesentlichen die Überzeugung ausschlaggebend gewesen, daß die beanstandete typisierende Regelung im Normalfall gerecht sei und es sich bei den beanstandeten Fällen um atypische Einzelfälle gehandelt habe. Etwas anderes müsse jedoch nach Ansicht des BVerfG dann gelten, wenn die unvermeidbaren Härten und Unzuträglichkeiten einen relativ großen Personenkreis beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz gewichtig sei. Das treffe vorliegend zu. Die aufgezeigte Härte treffe fast alle jene Versicherte, welche zur Zeit und in den nächsten Jahren zur Pensionierung anstünden und nach ihrer Schul- oder Fachschulausbildung bis 1956 annähernd ununterbrochen pflichtversichert gewesen seien oder Ersatzzeiten zurückgelegt hätten. Die aus der beanstandeten Regelung resultierende Rentenminderung könne bis zu 75,-- DM monatlich erreichen und stelle damit für den einzelnen Versicherten eine gewichtige Härte dar. Ebenso liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Würde bei dem vorliegenden Sachverhalt ein Verzicht grundsätzlich für zulässig gehalten, so entstünde daraus für die Rentenversicherungsträger kein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand.

Falls durch Auslegung des Art 2 § 14 AnVNG oder des § 46 SGB 1 nicht zu seinen (Klägers) Gunsten entschieden werden könne, weil die von der Beklagten durchgeführte Rentenberechnung zwingend vorgeschrieben sei, müsse dem BVerfG die Frage vorgelegt werden, ob § 32a AVG nF gegen die Verfassung verstoße. Der Kläger verweist insofern auf neun beim BVerfG anhängige Verfassungsbeschwerden sowie auf verschiedene vom BVerfG eingeholte Stellungnahmen und führt ergänzend aus: Entgegen der Ansicht des SG habe der Gesetzgeber nicht bewußt von einer Änderung des Art 2 § 14 AnVNG abgesehen. Vielmehr sei das Problem im übereilten Gesetzgebungsverfahren gar nicht erkannt und der Änderungsvorschlag zu § 32a AVG erst im letzten Augenblick dem Sozialpolitischen Ausschuß des Bundestages vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMAuS) vorgelegt worden. Das Problem hätte auch durch eine einfache Regelung gelöst werden können. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber die bisherige Bewertung der Ausfallzeiten beibehalten müssen oder die Neuregelung des § 32a AVG nur auf nach dem Inkrafttreten des 20. RAG zurückgelegte Ausbildungszeiten erstrecken dürfen.

Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist hat der Kläger seine Ausführungen ergänzt und Mehrausfertigungen eines Schriftsatzes seines Prozeßbevollmächtigten an das BVerfG vom 26. Juni 1980 sowie eines versicherungsmathematischen Gutachtens des Prof Dr Heubeck  vom 19. September 1979 vorgelegt.

Er beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 1977

in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom

12. Mai 1978 sowie das Urteil des Sozialgerichts für

das Saarland vom 18. Oktober 1979 aufzuheben und

die Beklagte zu verurteilen,

a) das Altersruhegeld unter Berücksichtigung einer

pauschalen Ausfallzeit von 37 Monaten anstelle

der nachgewiesenen Ausbildungs-Ausfallzeit von

39 Monaten neu zu berechnen;

b) hilfsweise: bei der Berechnung des Altersruhegeldes

die nachgewiesenen 39 Monate Ausbildungs-Ausfallzeit

mit dem unbegrenzten Wert von 14,40 Werteinheiten

monatlich zu bewerten;

2. für den Fall, daß eine Verurteilung der Beklagten

nach den Anträgen zu 1) nicht in Betracht kommt, das

Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des

Bundesverfassungsgerichts zu der Frage einzuholen,

ob § 32a AVG in der Fassung des

20. Rentenanpassungsgesetzes verfassungsgemäß ist.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, nach Wortlaut, Sinn und Entstehungsgeschichte könne dem Art 2 § 14 AnVNG nicht entnommen werden, daß immer die dem Versicherten günstigere Ausfallzeit angerechnet werden solle. Vielmehr stelle das Gesetz eindeutig auf die längere Ausfallzeit ab. Ein Verzicht auf die Anrechnung der längeren nachgewiesenen zugunsten der kürzeren pauschalen Ausfallzeit sei nicht zulässig. Einzelne Elemente der Rentenberechnung stünden nicht zur Disposition des Versicherten. § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF könne angesichts der auch insoweit zutreffenden Ausführungen im Urteil des BVerfG vom 28. Februar 1980 zur Verfassungsmäßigkeit des durch das Erste Eherechtsreformgesetz (1. EheRG) vom 14. Juni 1976 (BGBl I S 1241) geänderten Scheidungs- und Scheidungsfolgenrechts nicht als verfassungswidrig angesehen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte und mit Zustimmung der Beklagten eingelegte Sprungrevision des Klägers ist zulässig. Über ihre Begründetheit kann der Senat im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entscheiden. Vielmehr ist gemäß Art 100 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG zu der Frage einzuholen, ob § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF mit dem GG vereinbar ist.

A. Mit seiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) wendet sich der Kläger gegen die im Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 1977 vorgenommene Bewertung der nachgewiesenen Ausbildungszeit von 39 Monaten mit dem Wert von monatlich 8,33. Er begehrt statt dessen die Berücksichtigung einer pauschalen Ausfallzeit von 37 Monaten, hilfsweise die Bewertung der nachgewiesenen Ausfallzeit mit dem aus dem Durchschnitt der bis zum 31. Dezember 1964 entrichteten Beiträge ermittelten Wert von 14,40 und die Gewährung einer entsprechend höheren Rente.

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Bewertung der Ausbildungs-Ausfallzeit ist § 32a Satz 1 Nr 1 AVG in der am 1. Januar 1978 in Kraft getretenen (vgl Art 3 § 6 des 20. RAG) Fassung des Art 2 § 2 Nr 11 Buchst a) des 20. RAG. Hiernach sind bei der Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden (persönlichen) Rentenbemessungsgrundlage nach § 32 AVG ua Ausfallzeiten in der Weise zu berücksichtigen, daß für die vor dem 1. Januar 1965 liegenden Zeiten für jeden Kalendermonat der Monatsdurchschnitt zugrundezulegen ist, der sich aus den vor dem 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten nach § 32 Abs 3 bis 7 AVG ergibt, höchstens jedoch der Wert 16,66 (§ 32a Satz 1 Nr 1 Satz 1 AVG). Für jeden Kalendermonat an Ausfallzeiten nach § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AVG wird höchstens der Wert 8,33 zugrundegelegt (§ 32 Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF). Ausfallzeiten in diesem Sinne sind ua Zeiten einer nach Vollendung des 16. Lebensjahres liegenden weiteren Schulausbildung oder einer abgeschlossenen Fachschul- oder Hochschulausbildung bis zu einer bestimmten Höchstdauer (§ 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AVG).

Allein nach einfachem Recht ist die von der Beklagten vorgenommene Bewertung der Ausbildungs-Ausfallzeiten des Klägers nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF. Die Vorschrift ist - ihre Gültigkeit unterstellt - auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Sie ist am 1. Januar 1978 in Kraft getreten. Der für die Bewilligung des Altersruhegeldes maßgebende Versicherungsfall ist mit der Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers am 4. Januar 1978 und somit nach Inkrafttreten des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF eingetreten. Nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des zur Zeit des Versicherungsfalles geltenden Rechts beurteilen sich - sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist - Inhalt und Wirkung sozialrechtlicher Ansprüche nach dem zur Zeit des anspruchsbegründenden Ereignisses oder Umstandes geltenden Recht (BSGE 44, 231, 232 = SozR 2200 § 1236 Nr 3 S 3; BSG SozR 2200 § 182 b Nr 10 S 28; 4100 § 39 Nr 16 S 14). § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF hat bei Eintritt des Versicherungsfalls (Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers) bereits gegolten.

Entgegen der Meinung des Klägers kann nicht anstelle der nachgewiesenen Ausfallzeiten von 39 Monaten eine pauschale Ausfallzeit von 37 Monaten berücksichtigt werden. Hierfür fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen. Nach Art 2 § 14 Satz 1 AnVNG ist bei der Berechnung der Rente für die Zeit vor dem 1. Januar 1957 die sogen "pauschale Ausfallzeit" nach den Sätzen 2 bis 6 der Vorschrift zu ermitteln, wenn der Berechtigte nicht längere Ausfallzeiten nachweist. Nach dem unmißverständlichen Wortlaut des Gesetzes ist mit dem Begriff der "längeren Ausfallzeiten" eindeutig auf einen rein zeitlichen Vergleich der nachgewiesenen mit der pauschalen Ausfallzeit abgestellt worden. Demzufolge hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. Oktober 1963 (BSG SozR Nr 7 zu Art 2 § 14 ArVNG) ausgesprochen, daß dem Berechtigten diejenige Ausfallzeit anzurechnen ist, die sich nach Abschluß beider Berechnungsarten einschließlich der Kürzung der Pauschale gem Art 2 § 14 Satz 2 AnVNG als die längere erweist (vgl auch die weiteren Urteile des Senats in BSGE 17, 129, 132 = SozR Nr 5 zu § 1259 RVO und in BSGE 45, 264, 265 = SozR 2200 § 1255 Nr 8 S 10). Allerdings ist dem Kläger einzuräumen, daß in der Zeit sowohl bis zum Inkrafttreten des RVÄndG, in welcher beitragslose Zeiten noch gar nicht bewertet und lediglich bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre berücksichtigt worden sind, als auch nach Inkrafttreten des RVÄndG, aufgrund dessen die beitragslosen Zeiten in die Bewertung einbezogen worden sind (vgl die nachfolgend unter B 1 dargestellte gesetzliche Entwicklung), die längere Ausfallzeit stets zugleich die dem Versicherten günstigere gewesen ist. Dies gilt nach Inkrafttreten des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF nicht mehr uneingeschränkt. Vielmehr kann infolge der Begrenzung des Wertes für die vor dem 1. Januar 1965 liegenden Ausbildungs-Ausfallzeiten auf 8,33 eine nachgewiesene längere Ausfallzeit sich bei der Rentenberechnung ungünstiger auswirken als eine nach den bis zum 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten bewertete, kürzere pauschale Ausfallzeit (vgl Feutlinske/Braatz, Mitt der LVA Rheinprovinz 1977, 543, 545; Sander, DAngVers 1978, 218, 220). Dies berechtigt indes den Senat nicht zu der nach Auffassung des Klägers gebotenen Auslegung des Art 2 § 14 Satz 1 AnVNG dahingehend, daß unter der längeren Ausfallzeit nunmehr die dem Versicherten günstigere zu verstehen ist. Der Wortlaut der Vorschrift ist durch das 20. RAG nicht geändert worden. Es mag in diesem Zusammenhang auf sich beruhen, ob eine solche Änderung versehentlich unterblieben oder vom Gesetzgeber bewußt unterlassen worden ist. Fest steht jedenfalls, daß auch in der Zeit ab 1. Januar 1978 eine pauschale Ausfallzeit nach wie vor nur dann zu berücksichtigen ist, wenn der Berechtigte nicht (zeitlich) längere Ausfallzeiten nachweist. Die entgegengesetzte Ansicht des Klägers würde zu einer Auslegung contra legem führen. Hierzu sieht sich der Senat um so weniger veranlaßt, als er aus noch darzulegenden Gründen § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF für verfassungswidrig hält und im Falle einer Nichtigerklärung der Vorschrift durch das BVerfG die Berücksichtigung der längeren Ausfallzeit gemäß Art 2 § 14 AnVNG wie bisher den Versicherten begünstigen würde.

Eine Berücksichtigung der pauschalen Ausfallzeit kann der Kläger auch nicht auf dem Wege über einen "Verzicht" auf die längeren nachgewiesenen Ausfallzeiten erreichen. Ein solcher Verzicht ist unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann lediglich auf die Rente im ganzen oder unter bestimmten Voraussetzungen auf den Bezug der vollen Rente für bestimmte Zeiträume verzichtet werden. Hingegen ist - vom Ausnahmefall des § 89 Abs 1 Satz 2 AVG abgesehen - ein Verzicht auf einzelne Berechnungsfaktoren oder -elemente selbst dann nicht zulässig, wenn sie sich im Einzelfall ungünstig für den Versicherten auswirken (vgl BSG SozR Nr 6 zu § 1255 RVO: Verzicht auf freiwillige Beiträge; BSGE 32, 136, 139 f = SozR Nr 9 zu Art 2 § 15 ArVNG; Verzicht auf Ersatzzeit; BSGE 43, 41, 42 f = SozR 2200 § 1251 Nr 27 S 70 f: Verzicht auf Eigenschaft und Anerkennung als Vertriebener; dazu BVerfG SozR 2200 § 1251 Nr 48). Zwar sind sämtliche Entscheidungen in der Zeit vor Inkrafttreten des SGB 1 bzw zu vor diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Sachverhalten ergangen. Für die nachfolgende Zeit kann aber nichts anderes gelten. Nach § 46 SGB 1 kann auf Ansprüche auf Sozialleistungen durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden. Der Verzicht ist unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Der Verzicht auf einzelne Berechnungselemente, deren Berücksichtigung bei der Berechnung der Rente zwingend vorgeschrieben ist, würde zur Umgehung dieser zwingenden Vorschrift führen und ist daher unwirksam (vgl Casselmann in Koch-Hartmann, Die Rentenversicherung im Sozialgesetzbuch, 2. und 3. Aufl, Band I, Stand Mai 1980, § 46 SGB, Rdn 7 und 10; Thieme in Wannagat, Sozialgesetzbuch, 1977, § 46 Rdn 2 und 7). Das gilt auch für den Verzicht auf die Anrechnung einer Ausfallzeit nach § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AVG, um dadurch im Hinblick auf die Neuregelung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF eine Anrechnung der (günstiger bewerteten) pauschalen Ausfallzeit zu erreichen (Verbands-Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, § 46 SGB I, Rn 2; Feutlinske/Braatz, aaO, S 545; Sander, aaO, S 222; Winter, Nachrichtenblatt der LVA Baden, 1978, 339, 343; Maier,DB 1978, 446).

B. Die Rentenberechnung und speziell die Bewertung der Ausbildungs-Ausfallzeiten des Klägers im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 1977 sind somit nach einfachem Recht nicht zu beanstanden. Allein danach müßte der Senat die Revision des Klägers zurückweisen. Er sieht sich jedoch an der Anwendung dieses einfachen Rechtes gehindert und hält § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVH nF für verfassungswidrig mit der Folge, daß die Vorschrift für nichtig zu erklären ist und in diesem Falle der Revision des Klägers stattgegeben werden müßte. Über die Verfassungsmäßigkeit der entscheidungserheblichen Vorschrift endgültig zu befinden obliegt allein dem BVerfG. Demgemäß ist das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF allerdings nicht gegen Art 14 GG.

Der Senat hat schon Zweifel daran, ob durch die Vorschrift in Rechtspositionen eingegriffen worden ist, welche der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG unterfallen. Zumindest aber stellt ein solcher Eingriff eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dar.

Eine Verletzung des Art 14 GG in Form eines Eingriffs in bereits entstandene Rentenansprüche scheidet aus. § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF ist am 1. Januar 1978 in Kraft getreten (vgl Art 3 § 6 des 20. RAG). Eine Übergangsvorschrift für bis zu diesem Zeitpunkt bereits eingetretene Versicherungsfälle enthält das 20. RAG nicht. Die Neuregelung erfaßt somit nur in der Zeit ab 1. Januar 1978 neu eintretende Versicherungsfälle. Der hieraus erwachsende Rentenanspruch entsteht von vornherein mit den sich aus § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF ergebenden Beschränkungen und ist demnach durch die Neuregelung nicht erst nachträglich entwertet worden (ähnlich BVerfGE 29, 22, 33 f = SozR Nr 83 zu Art 3 GG, S Ab 80).

Als der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG unterstehende Rechtsposition kommt lediglich eine Rentenanwartschaft in Betracht. Die Frage, ob für die Anwartschaft auf eine im öffentlichen Recht wurzelnde Leistung der Schutz des Art 14 GG in Anspruch genommen werden kann, ist bis zum Erlaß des Urteils des BVerfG vom 28. Februar 1980 zur Verfassungsmäßigkeit des Versorgungsausgleichs (BVerfGE 53, 257 = SozR 7610 § 1587 Nr 1) letztlich nicht abschließend entschieden worden. Die überwiegende Tendenz der Rechtsprechung ist dahin gegangen, bei der Bewertung von Anwartschaften wie überhaupt von öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen (vgl zB das Interventionsurteil in BVerfGE 45, 142, 170 mwN) danach zu differenzieren, ob sie ein Äquivalent eigener Leistung des Rechtsinhabers darstellen oder aber auf staatlicher Gewährung beruhen (vgl BVerfGE 11, 221, 226 = SozR Nr 7 zu Art 14 GG; BVerfGE 14, 288, 293 f = SozR Nr 9 zu Art 14 GG; BVerfGE 22, 241, 253 = SozR Nr 7 zu Art 20 GG; BVerfGE 29, 22, 34 = SozR Nr 83 zu Art 3 GG S Ab 80). Eine Rentenanwartschaft ist demnach nicht als einheitliches Ganzes angesehen worden. Vielmehr ist maßgebend auf die sie prägenden einzelnen Elemente abgehoben und im Rahmen des Art 14 GG für jedes einzelne von ihnen geprüft worden, ob es sich als Äquivalent eigener Leistungen des Anwartschaftsberechtigten darstellt oder auf staatlicher Gewährung beruht. Unter scheinbarer Aufgabe dieser Differenzierung hat das BVerfG erstmals in seinem Beschluß vom 9. Juni 1975 zur knappschaftlichen Krankenversicherung (BVerfGE 40, 65, 82 ff = Soz R 2200 § 205 Nr 4 S 9 f) angedeutet und sodann im Urteil zum Versorgungsausgleich (BVerfGE 53, 257, 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 2 f) ausgesprochen, daß auch Rechtspositionen des Versicherten nach Begründung des Versicherungsverhältnisses, welche bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen wie etwa des Ablaufs der Wartezeit und des Eintritts des Versicherungsfalls zum Vollrecht erstarken könnten (Rentenanwartschaften), Funktionen erfüllen, deren Schutz Aufgabe der Eigentumsgarantie sei, und überdies die konstituierenden Merkmale des durch Art 14 GG geschützten Eigentums aufwiesen. Eine Rentenanwartschaft, wie sie sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergebe, sei daher durch Art 14 Abs 1 GG geschützt. Indes hat dadurch die Differenzierung je nachdem, ob eine aus der Rentenanwartschaft fließende Berechtigung auf eigener Leistung des Versicherten oder auf staatlicher Gewährung beruht, nicht an Bedeutung verloren. Vielmehr unterscheidet auch das Urteil zum Versorgungsausgleich zwischen dem personalen und dem sozialen Bezug der Rentenanwartschaft und bemißt von daher den Umfang der dem Gesetzgeber bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen zukommenden Gestaltungsfreiheit. Die Unterscheidung zwischen auf eigener Leistung des Versicherten und auf staatlicher Gewährung beruhender Berechtigungen ist somit auch nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG nicht irrelevant. Vielmehr ist die Relevanz dieser Differenzierung lediglich von Satz 1 in Satz 2 des Art 14 Abs 1 GG verlagert worden. Nach der älteren Rechtsprechung ist sie für die Frage maßgebend gewesen, ob eine Rentenanwartschaft bzw eine mit ihr verbundene einzelne Berechtigung überhaupt als Eigentum im Sinne des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG angesehen werden kann. Nach neuerer Rechtsprechung ist die Differenzierung entscheidend für die Frage, ob ein belastender Eingriff in die Rentenanwartschaft noch eine zulässige Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums im Sinne des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG oder schon eine unzulässige Enteignung darstellt.

Die dogmatische Berechtigung dieses Wandels der Rechtsprechung mag auf sich beruhen. Unter Zugrundelegung sowohl der älteren als auch der neueren Rechtsprechung des BVerfG verstößt § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF nicht gegen Art 14 GG. Im ersteren Falle fehlt es schon an dem Eingriff in eine dem Eigentumsschutz untersteheide Rechtsposition. Auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung stellt die genannte Vorschrift eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums dar. Durch die Einfügung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF mit Wirkung ab 1. Januar 1978 ist die bis dahin gegebene Möglichkeit einer Bewertung der vor dem 1. Januar 1965 liegenden beitragslosen Zeiten nach dem Monatsdurchschnitt der zurückgelegten Beitragszeiten speziell für die Ausbildungs-Ausfallzeiten beseitigt worden. Hierbei hat es sich jedoch um eine ausschließlich auf staatlicher Gewährung beruhende Berechtigung gehandelt. Das verdeutlicht die Gesetzesentwicklung.

Nach dem bis zum 31. Dezember 1956 geltenden Recht sind bei der Rentenberechnung Ausfallzeiten nicht berücksichtigt worden. Sie sind eine Neuschöpfung der Rentenreform des Jahres 1957 (vgl Zweng-Scheerer, Handbuch der Rentenversicherung, 2. Aufl, Stand Oktober 1980, § 1259 RVO, Anm I) durch das Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl I S 45) und das AnVNG. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (Rentenversicherungsgesetz -RtVG) (BR-Drucks Nr 196/56, BT-Drucks II/2437, jeweils S 75) ist es als sozialpolitisches Gebot angesehen worden, insbesondere denjenigen Versicherten, die unverschuldet - gewissermaßen als Schicksal - eine wesentliche Verkürzung ihrer Versicherungsdauer durch längerwährende Krankheit oder Arbeitslosigkeit erleiden, zur Sicherung einer ausreichenden Rente bei deren Bemessung einen Ausgleich zu gewähren. Dasselbe hat für Ausbildungszeiten gelten sollen, die nach Vollendung des 15. Lebensjahres und vor Beginn der Versicherungszeit liegen, soweit sie die übliche Dauer nicht überschreiten. Die Regierungsvorlage (damals § 1263 der Reichsversicherungsordnung -RVO- bzw § 34 AVG) hat zwar durch den Ausschuß für Sozialpolitik (vgl dessen schriftlichen Bericht; zu BT-Drucks II/3080, S 8 und 13) und aufgrund der Beratungen des Deutschen Bundestages (zum Ergebnis der zweiten Lesung vgl BT-Drucks II/3115, S 12 ff; zur dritten Lesung vgl Verhandlungen des 2. Deutschen Bundestages, 187. Sitzung am 21. Januar 1957, Niederschrift S 10561 f) verschiedene Änderungen erfahren. Die grundsätzliche Konzeption, mit der Berücksichtigung von Ausfallzeiten unverschuldete Kürzungen der Versicherungsdauer auszugleichen, ist jedoch beibehalten worden. Nach dieser Konzeption ist es für Ausfallzeiten charakteristisch, daß während ihres Verlaufes der Versicherte gerade keine Beiträge entrichtet hat.

Eine gesonderte Vorschrift über die Bewertung der Ausfallzeiten wie überhaupt beitragsloser Zeiten haben die RVO und das AVG in ihren ursprünglichen Fassungen durch das ArVNG bzw das AnVNG nicht enthalten. Die persönliche Bemessungsgrundlage des Versicherten ist allein aus den zurückgelegten Beitragszeiten ermittelt worden (§ 1255 RVO, § 32 AVG). Die beitragslosen Zeiten sind lediglich bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre berücksichtigt worden (§ 1258 Abs 1 RVO; § 35 Abs 1 AVG). In der praktischen Auswirkung sind sie damit nach demjenigen Vomhundertsatz bewertet worden, den der Versicherte am Ende seines gesamten Versicherungslebens als maßgebende (persönliche) Rentenbemessungsgrundlage erreicht hatte (Winter, aaO S 339; vgl auch bereits Abg Schellenberg, Verhandlungen des 2. Deutschen Bundestages, 185. Sitzung am 17. Januar 1957, Niederschrift S 10339 B).

Nach Auffassung der Bundesregierung hat diese Bewertung der beitragslosen Zeiten bei der Rentenberechnung dann zu Härten führen können, wenn niedrige freiwillige Beiträge entrichtet oder ein geringes Arbeitsentgelt (Kurzarbeit, Schlechtwettergeld, Halbtagsarbeit, Beschäftigung während der Berufsunfähigkeit) erzielt worden ist. Je nach Länge der anzurechnenden beitragslosen Zeiten hat die Entrichtung niedriger Beiträge nicht nur keine den Beiträgen entsprechende Steigerung, sondern uU sogar eine Verminderung der schon erreichten "Rentenanwartschaft" bewirken können. Der Regierungs-"Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung von Härten in den gesetzlichen Rentenversicherungen" hat zur Vermeidung dieses unerwünschten Ergebnisses durch eine Änderung der § 1255 RVO, § 32 AVG die Einführung einer "festen Bewertung" der beitragslosen Zeiten (vgl BR-Drucks 319/64, S 25 f; BT-Drucks IV/2572, S 25 f) und insofern im einzelnen vorgesehen, daß die vor dem 1. Januar 1965 begonnenen beitragslosen Zeiten mit einem Zwölftel des Wertes zu vervielfältigen sind, der sich aus den vor dem 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten ergibt, höchstens jedoch mit dem Wert 16,66. Die nach dem 31. Dezember 1964 begonnenen beitragslosen Zeiten haben dagegen einheitlich mit dem Wert 8,42 vervielfältigt werden sollen (vgl BR-Drucks 319/64 und BT-Drucks IV/2572; jeweils S 4 und 8). Gegen letztere Regelung sind während der Beratungen des Gesetzentwurfs durch den Ausschuß für Sozialpolitik Bedenken erhoben worden, weil eine für alle gleiche Bewertung den tatsächlichen Verdienst des einzelnen und seine soziale Stellung nicht berücksichtige (vgl Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik; zu BT-Drucks IV/3233, S 5). Die vom Ausschuß neu eingefügten Vorschriften der § 1255a RVO, § 32a AVG haben daher zwar ebenso wie die Regierungsvorlage eine unterschiedliche Bewertung beitragsloser Zeiten je nachdem, ob sie vor oder nach dem 1. Januar 1965 zurückgelegt worden sind, sowie eine Bewertung der vor dem Stichtag liegenden Zeiten nach dem Durchschnitt der bis dahin zurückgelegten Beitragszeiten vorgesehen. Hingegen ist auch für die nach dem 31. Dezember 1964 liegenden beitragslosen Zeiten eine individuelle Bewertung entweder nach dem Durchschnitt der vorher zurückgelegten Versicherungs- und Ausfallzeiten oder - so ua für Ausbildungs-Ausfallzeiten - nach einem nach Leistungsgruppen differenzierten Bruttoarbeitsentgelt eingeführt worden (vgl BT-Drucks IV/3233, S 12 f, 28 f, 76, 77). § 1255a RVO und § 32a AVG in ihren vom Ausschuß für Sozialpolitik beschlossenen Fassungen sind sodann Gesetz geworden (vgl Art 1 § 1 Nr 20, § 2 Nr 17 RVÄndG) und am 1. Januar 1966 in Kraft getreten (Art 5 § 10 Abs 1 Buchst d RVÄndG).

Diese Gesetzesentwicklung in der Zeit vor dem Inkrafttreten des 20. RAG verdeutlicht, daß zunächst die Berücksichtigung von Ausfallzeiten als solche bei der Ermittlung der Anzahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre (§ 1258 Abs 1 RVO, § 35 Abs 1 AVG) nicht das Äquivalent einer eigenen Leistung des Versicherten ist. Zwar ist die Anrechnung von Ausfallzeiten von der Erfüllung der sogen "Halbbelegung", dh davon abhängig, daß die Zeit vom Eintritt in die Versicherung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls zur Hälfte mit Beiträgen für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (zur partiellen Gleichstellung freiwilliger Beiträge vgl Art 2 § 54a AnVNG) belegt ist (§ 1259 Abs 3 RVO, § 36 Abs 3 AVG). Diese eigene Leistung des Versicherten stellt jedoch lediglich die versicherungsrechtliche Voraussetzung für die Anrechnung von Ausfallzeiten dar. Diese selbst bleiben dessen ungeachtet beitragslose Zeiten und sind gerade wegen des Unvermögens des Versicherten zur Leistung von Beiträgen während ihrer Dauer aus sozialen Gründen in die Berechnung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre einbezogen worden. Sie beruhen damit ausschließlich auf staatlicher Gewährung.

Für die - im vorliegenden Rechtsstreit allein maßgebliche - Bewertung der vor dem 1. Januar 1965 liegenden beitragslosen Zeiten nach § 1255a Satz 1 Nr 1 RVO und § 32a Satz 1 Nr 1 AVG in der Fassung des RVändG kann nichts anderes gelten. Zwar besteht auch hier insofern eine Verknüpfung mit der eigenen Beitragsleistung des Versicherten, als sich die Bewertung der beitragslosen Zeiten ihrer Höhe nach an den vor dem 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten orientiert. Diese Verknüpfung ist jedoch allein rechnerischer Art. Entscheidend ist, daß die Bewertung der beitragslosen Zeiten dem Grunde nach ausschließlich aus sozialen Gründen zwecks Beseitigung von Mißständen und Härten eingeführt worden ist, welche sich aus der bisherigen Art und Weise der Berücksichtigung von Ausfallzeiten ergeben hatten. Daß die Bewertung gerade der vor dem 1. Januar 1965 liegenden beitragslosen Zeiten ausschließlich auf staatlicher Gewährung beruht, wird zusätzlich dadurch bestätigt, daß die Neuregelung durch das RVÄndG zu einem Zeitpunkt (1. Januar 1966) in Kraft getreten ist, in welchem die für die Bewertung maßgebenden Beitragszeiten (bis zum 31. Dezember 1964) bereits der Vergangenheit angehört haben. Mit und während seiner Beitragsleistung bis zum 31. Dezember 1964 hat somit der Versicherte eine Anwartschaft auf eine daran ausgerichtete Bewertung der beitragslosen Zeiten noch gar nicht erwerben können, weil eine derartige Bewertung erst zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt worden ist.

Durch § 1255a Satz 1 Nr 1 Satz 3 RVO und § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF ist für die vor dem 1. Januar 1965 liegenden Ausbildungs-Ausfallzeiten einheitlich der Höchstwert von 8,33 vorgeschrieben und somit die Bewertung dieser beitragslosen Zeit von den vor dem 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten abgekoppelt worden. Diese Neuregelung verstößt nicht gegen Art 14 GG. Sie führt bei den betroffenen Versicherten zur Einschränkung einer ausschließlich auf staatlicher Gewährung beruhenden Rechtsposition. Diese kann nach der überwiegenden Tendenz in der älteren Rechtsprechung des BVerfG schon nicht als Gegenstand der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG angesehen werden. Auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des BVerfG mag es sich zwar um eine durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützte rentenversicherungsrechtliche Position "aus der jeweiligen Gesetzeslage" (BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 5) gehandelt haben. Dann aber stellt die am 1. Januar 1978 in Kraft getretene Neuregelung eine durch den sozialen Bezug der Rentenanwartschaften gerechtfertigte und damit nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zulässige Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums dar. In dem einen wie in dem anderen Fall ist Art 14 GG nicht verletzt.

2. § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF verstößt jedoch gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG).

Zum Rechtsstaatsprinzip gehören die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Diesen Grundsätzen widerspricht regelmäßig ein belastendes Gesetz, welches in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift und dadurch eine echte (retroaktive) Rückwirkung entfaltet (vgl BVerfGE 30, 392, 401 mwN; 39, 128, 143). Von der echten ist die unechte (retrospektive) Rückwirkung zu unterscheiden. Sie wird von einer Norm entfaltet, die auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich im ganzen entwertet. Eine Norm mit unechter Rückwirkung ist grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar. Jedoch ergeben sich aus den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes auch insoweit verfassungsrechtliche Grenzen. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann je nach Lage der Verhältnisse im einzelnen Fall der Regelungsbefugnis Schranken setzen (BVerfGE 30, 392, 402 mwN; 39, 128, 144). Eine unechte Rückwirkung ist verfassungswidrig, wenn sie in einen Vertrauenstatbestand eingreift und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit das Interesse des Einzelnen am Fortbestand des bisherigen Zustandes nicht übersteigt (BVerfGE 36, 73, 82 = SozR Nr 96 zu Art 3 GG; BVerfGE 40, 65, 75 f = SozR 2200 § 205 Nr 4 S 3; BVerfGE 51, 356, 362 f = SozR 2200 § 1233 Nr 12 S 9).

Bei strikter Befolgung der Rechtsprechung des BVerfG wäre die Frage, ob § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF eine echte oder unechte Rückwirkung entfaltet und damit gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstößt, an sich nur auf der Grundlage der in der älteren Rechtsprechung zu Art 14 GG überwiegenden Tendenz zu erörtern, wonach Rentenanwartschaften bzw damit verbundene einzelne Berechtigungen und Vorteile, sofern sie auf staatlicher Gewährung beruhen, dem Eigentumsschutz nicht unterliegen. Auf der Basis der neueren Rechtsprechung des BVerfG, nach welcher sich der Schutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG grundsätzlich auf alle Anwartschaften erstreckt und eine Differenzierung je nachdem, ob sie ein Äquivalent eigener Leistungen des Versicherten sind oder auf staatlicher Gewährung beruhen, lediglich im Rahmen des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG relevant ist, würde hingegen das Rechtsstaatsprinzip als selbständiger Prüfungsmaßstab ausscheiden. Nach Ansicht des BVerfG hat nämlich der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für vermögenswerte Güter im Eigentumsgrundrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren. Danach erfüllt die Eigentumsgarantie für die durch sie geschützten rentenversicherungsrechtlichen Positionen die Funktion des Vertrauensschutzes gegenüber Eingriffsakten. Er gewinnt nur dann selbständige Bedeutung, wenn eine Prüfung ergibt, daß die betroffene Rechtsposition nicht in den Schutzbereich des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG fällt (BVerfGE 36, 281, 293; 45, 142, 168; 53, 257, 309 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 16). Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG müßte die auf § 32a Satz 1 Nr 1 AVG in der Fassung des RVÄndG beruhende Anwartschaft des Versicherten auf Bewertung der vor dem 1. Januar 1965 liegenden beitragslosen Zeiten nach dem Durchschnitt der bis dahin zurückgelegten Beitragszeiten als Eigentum im Sinne des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG angesehen werden. Dann aber würde sich die Verfassungsmäßigkeit belastender Eingriffe in diese Anwartschaft allein nach Art 14 beurteilen und daneben für eine verfassungsrechtliche Prüfung am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips und insbesondere des Vertrauensgrundsatzes kein Raum sein.

Der Senat kann jedoch die Ansicht des BVerfG zum Verhältnis der Art 14 und 20 Abs 3 GG zumindest für den Fall, daß als Verletzung letzterer Vorschrift die Rückwirkung einer Norm in Betracht kommt, nicht teilen. Der belastende Eingriff in eine dem Schutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG unterstehende vermögenswerte Rechtsposition kann eine nach Satz 2 zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums sein. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, daß dem Betroffenen auch ein Vertrauensschutz zu versagen ist. Im ersten Fall ist Gegenstand des verfassungsrechtlichen Schutzes die vermögenswerte Rechtsposition als solche. Das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausgestaltung als Vertrauensgrundsatz schützt hingegen das Vertrauen in den unveränderten Fortbestand der Rechtsposition. Es kann auch dann bestehen und schutzwürdig sein, wenn ein Eingriff in die Rechtsposition nicht zugleich dem Art 14 GG widerspricht. Die Versagung eines Vertrauensschutzes in diesen Fällen würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Verkürzung des Grundrechtsschutzes führen. Der Senat hält sich deswegen für befugt, die Verfassungsmäßigkeit des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF uneingeschränkt auch am Maßstab der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips (Art 20 Abs 3 GG) zu prüfen.

Die Vorschrift ist mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar.

Allerdings entfaltet sie keine echte Rückwirkung. Sie erfaßt - wie dargelegt - nur in der Zeit ab 1. Januar 1978 neu eintretende Versicherungsfälle. Mangels einer entsprechenden übergangsvorschrift sind Renten aus bis zum 31. Dezember 1977 eingetretenen Versicherungsfällen nicht unter Anwendung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF neu zu berechnen. In bereits abgewickelte und der Vergangenheit angehörende Tatbestände greift die Vorschrift somit nicht ein.

Sie entfaltet jedoch eine unechte Rückwirkung. Die Zugrundelegung eines einheitlichen Wertes von 8,33 gilt ausdrücklich nur für die vor dem 1. Januar 1965 liegenden Ausbildungs-Ausfallzeiten (für Zeiten nach dem Stichtag vgl § 32a Satz 1 Nr 2 AVG). Diese Zeiten haben bei Inkrafttreten des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF ausschließlich in der Vergangenheit gelegen. Sie werden damit zu Lasten derjenigen Versicherten, die aus den vor dem 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten einen höheren Monatsdurchschnitt als 8,33 erlangt haben, nachträglich, wenn auch lediglich mit Wirkung für die Zukunft (Versicherungsfälle ab 1. Januar 1978) "entwertet".

Dies widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Durch die Neuregelung wird in einen Vertrauenstatbestand eingegriffen. Zwar gilt dies nicht für die bereits in der Zeit vor dem 1. Januar 1965 Versicherungspflichtigen. Sie sind zur Entrichtung von Pflichtbeiträgen dem Grunde und der Höhe nach allein aufgrund der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit verpflichtet gewesen und sowohl aus diesem Grunde als auch deswegen, weil die begünstigende Neuregelung des § 32a Satz 1 Nr 1 AVG in der Fassung des RVÄndG erst in der Zeit nach Entrichtung der Beiträge in Kraft getreten ist, nicht im Vertrauen auf diese Neuregelung zur Entrichtung von Beiträgen veranlaßt worden. Dasselbe gilt für die Versicherten, die schon vor dem 1. Januar 1965 freiwillige Beiträge entrichtet haben. Indes kann es der Senat bei dieser Feststellung nicht bewenden lassen, obgleich der Kläger bereits vor dem 1. Januar 1965 zunächst versicherungspflichtig gewesen ist und sodann freiwillige Beiträge entrichtet hat. Vielmehr ist in eine verfassungsrechtliche Prüfung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF miteinzubeziehen, daß der Anwendungsbereich der Vorschrift sich nicht auf diese Gruppe von Versicherten beschränkt. Sie erfaßt vielmehr auch und insbesondere die durch Art 2 § 49a Abs 1 und 2 AnVNG in der Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I S 1965) begünstigten Personen. Das RRG hat selbständig Erwerbstätigen die Möglichkeit eröffnet, auf Antrag versicherungspflichtig in der Angestelltenversicherung zu werden (§ 2 Abs 1 Nr 11 AVG in der Fassung des Art 1 § 2 Nr 2 Buchst b RRG). Zugleich hat es das Recht zur freiwilligen Versicherung wesentlich erweitert und mit gewissen Einschränkungen allen nicht versicherungspflichtigen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes sowie allen nicht versicherungspflichtigen Deutschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland (bezüglich der Ausländer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland vgl BVerfGE 51, 356 = SozR 2200 § 1233 Nr 12) für Zeiten nach Vollendung des 16. Lebensjahres eingeräumt. Zugunsten beider Personengruppen sind außerdem erweiterte Nachentrichtungsmöglichkeiten geschaffen worden. Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art 2 § 49a AnVNG (19. Oktober 1972; vgl Art 6 § 8 Abs 2 RRG) Versicherungspflichtigen und die bis zum 31. Dezember 1974 nach § 2 Abs 1 Nr 11 AVG auf Antrag versicherungspflichtig werdenden Selbständigen können auf bis zum 31. Dezember 1975 gestellten Antrag freiwillig Beiträge für Zeiten vom 1. Januar 1956 bis 31. Dezember 1973, in denen sie oder ihr Ehegatte eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, nachentrichten (Art 2 § 49a Abs 1 AnVNG), sofern diese Zeiten noch nicht mit Beiträgen belegt sind (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Einschränkung vgl BVerfGE 49, 192 = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 19). Ebenso können Personen, die nach § 10 AVG zur freiwilligen Versicherung berechtigt sind, auf Antrag freiwillige Beiträge für noch nicht belegte Zeiten vom 1. Januar 1956 bis 31. Dezember 1973 nachentrichten (Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG). Für die verfassungsrechtliche Prüfung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF sind diese Neuregelungen insofern von besonderer Bedeutung, als sie eine Beitragsnachentrichtung zurück bis zum 1. Januar 1956 und damit auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1965 ermöglichen. Die Nachentrichtungsberechtigten sind auf diese Weise in die Lage versetzt worden, durch Nachentrichtung möglichst hoher Beiträge aufgrund des § 32a Satz 1 Nr 1 AVG in der Fassung des RVÄndG eine entsprechend günstige Bewertung der vor dem 1. Januar 1965 liegenden beitragslosen Zeiten zu erreichen. Das gilt auch für die Ausbildungs-Ausfallzeiten. Der Senat ist davon überzeugt, daß gerade dieser Gesichtspunkt der individuellen Bewertung der Ausfallzeiten und damit das Vertrauen in den Fortbestand des § 32a Satz 1 Nr 1 AVG in der Fassung des RVÄndG für viele Versicherte der Anlaß gewesen ist, nach der Rentenreform des Jahres 1972 die Pflichtversicherung als Selbständiger (§ 2 Abs 1 Nr 11 AVG) zu beantragen oder der Angestelltenversicherung freiwillig beizutreten (§ 10 AVG) und sodann unter Aufwendung möglicherweise erheblicher Mittel gemäß Art 2 § 49a AnVNG Beiträge nachzuentrichten (vgl Fritzsche, DB 1977, 2183, 2185; Epping ASP 1978, 140, 141).

In diesen Vertrauenstatbestand hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF nachträglich entwertend eingegriffen. Dieser Eingriff wäre mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nur dann zu vereinbaren, wenn das Interesse des einzelnen Versicherten am Fortbestand der bisherigen Regelung gegenüber der Bedeutung des mit der Neuregelung verfolgten gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit zurücktreten muß. Das ist nicht der Fall.

Das mit dem 20. RAG allgemein verfolgte gesetzgeberische Anliegen ist - neben der eigentlichen Rentenanpassung - gewesen, zwecks Sicherung des Leistungssystems einschließlich künftiger Rentenanpassungen die gesetzliche Rentenversicherung zu konsolidieren, deren Finanzgrundlagen zu verbessern und im Hinblick auf die defizitäre Finanzentwicklung möglichst bald einen Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben wiederherzustellen (vgl Begründung zum Regierungsentwurf des 20. RAG; BR-Drucks 75/77 und BT-Drucks 8/165, jeweils S 1, 6 und 34). Speziell § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF hingegen hat diesem Ziel nicht dienen sollen. Die Vorschrift ist im Regierungsentwurf des 20. RAG noch nicht enthalten gewesen. Sie ist erst aufgrund der Gesetzesberatungen durch den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung in den Entwurf eingefügt worden (vgl BT-Drucks 8/337, S 25 und 39). In dem Bericht des Ausschusses heißt es hierzu, die über den Regierungsentwurf hinaus beschlossenen, auch strukturellen Änderungen zielten nicht primär auf zusätzliche Einsparung ab, sondern ua auf den Abbau von Privilegien in der Rentenversicherung (aaO, S 79). Nach geltendem Recht würden der Bewertung von Ausfallzeiten Entgelte zugrunde gelegt, die nach Abschluß der Ausbildung verdient würden oder verdient werden könnten. Die Bewertung erfolgte somit nicht nach einem Entgelt, das normalerweise in der betreffenden Zeit verdient werden könnte, wenn statt der Ausbildung eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt würde. Die dadurch bedingte Besserstellung insbesondere der Absolventen von Fach- und Hochschulen gegenüber den Versicherten, die während ihrer Berufsausbildung versicherungspflichtig seien, solle dadurch vermieden werden, daß Ausbildungszeiten bei der Rentenberechnung nur noch mit höchstens 100 vH, dh mit dem Durchschnittseinkommen aller Versicherten bewertet würden (aaO, S 86f, 90). Im Verlaufe der parlamentarischen Beratungen ist die Regelung damit begründet worden, daß die neue Bewertung der Ausbildungszeiten dem Entzug von Privilegien diene (Abg Urbaniak, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, 26. Sitzung am 12. Mai 1977, Niederschrift S 1888 D). Dem ist von seiten des Bundesrates mit der Begründung entgegengetreten worden, es sei einer der herrschenden Grundsätze in der gesetzlichen Rentenversicherung, daß sich die Bewertung beitragsloser Zeiten am individuellen Versicherungsleben orientiere. Die vorgeschlagene Regelung führe zu einer von diesem Prinzip abweichenden Nivellierung, die mit teilweise nachhaltigen Einkommenseinbußen für den betroffenen Personenkreis verbunden sei (BR-Drucks 223/1/77 S 31; BT-Drucks 8/556, S 12; vgl auch Bericht über die 446. Sitzung des Bundesrates am 3. Juni 1977, S 114). Nach Scheitern eines Vermittlungsverfahrens und Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrats gegen das 20. RAG ist § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG in der Ausschußfassung in Kraft getreten.

Mit der Vorschrift ist demnach das Anliegen verfolgt worden, "Privilegien" abzubauen und eine Besserstellung insbesondere der Absolventen von Fach- und Hochschulen im Vergleich zu den während ihrer Berufsausbildung Versicherungspflichtigen zu vermeiden. Diese Erwägung kann als Rechtfertigung für die dem § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF beigelegte unechte Rückwirkung nicht durchgreifen. Sie setzt in unzulässiger Weise eine systembedingte und somit innerhalb der vom Gesetzgeber selbst gewählten Sachgesetzlichkeit liegende Besserstellung bestimmter Gruppen von Versicherten gleich mit einer sachlich nicht gerechtfertigten "Privilegierung" dieser Gruppen. Gewiß ist eine solche Privilegierung im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als einer Solidargemeinschaft der Versicherten nicht zu billigen. Indes liegt eine dem Solidargedanken widersprechende Privilegierung nicht schon darin, daß auf der Grundlage eines für alle Versicherten gleichermaßen geltenden rechtlichen Systems an unterschiedliche tatsächliche Gegebenheiten auch unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft werden. Es mag - worüber der Senat nicht zu befinden hat - innerhalb der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegen, zur Vermeidung dieser unterschiedlichen Rechtsfolgen die bisherige rechtliche Systematik mit Wirkung für die Zukunft durch eine andere zu ersetzen und so die ihm erwünscht scheinende Gleichstellung der Versicherten zu erreichen. Hingegen ist - auch im Blick auf das Gleichheitsgebot des Art 3 Abs 1 GG - eine Lösung dergestalt, daß unter grundsätzlicher Beibehaltung der rechtlichen Systematik die daraus aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten resultierende Besserstellung einzelner Gruppen von Versicherten nachträglich als unzulässige Privilegierung angesehen und mit Wirkung auch für bereits bestehende Versicherungsverhältnisse beseitigt wird, mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar.

So liegt der Fall hier. Durch § 32a Satz 1 Nr 1 AVG in der Fassung des RVändG ist einheitlich für alle vor dem 1. Januar 1965 liegenden beitragslosen Zeiten mit Einschluß der Ausbildungs-Ausfallzeiten eine Bewertung nach dem Durchschnitt der vor dem Stichtag zurückgelegten Beitragszeiten eingeführt worden. Nach der bereits dargestellten Entstehungsgeschichte der Norm ist maßgebendes Motiv dafür gewesen, daß hiermit am besten der tatsächliche Verdienst des einzelnen Versicherten und seine soziale Stellung berücksichtigt werde. Diese rechtliche Systematik hat grundsätzlich auch der Gesetzgeber des 20. RAG beigehalten. Er hat sie durch Einfügung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF lediglich zu Lasten einer bestimmten Gruppe von Versicherten durchbrochen, weil er die sich für diese Gruppe ergebenden und nach ursprünglicher Betrachtung sachgerechten Rechtsfolgen im nachhinein als eine unerwünschte Privilegierung angesehen hat. Diesem Wandel der gesetzgeberischen Motivation kann nicht ein derart starkes Gewicht beigemessen werden, daß er gegenüber dem Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regelung, welches eine Vielzahl der betroffenen Versicherten zu Vermögensdispositionen unter Aufwendung teilweise erheblicher finanzieller Mittel veranlaßt hat, den Vorrang beanspruchen könnte. Die dem § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF beigelegte unechte Rückwirkung widerspricht damit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Die Vorschrift ist mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar.

3. Sie ist ferner unvereinbar mit Art 3 Abs 1 GG.

Der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG enthält für den Gesetzgeber in erster Linie ein allgemeines Willkürverbot. Aufgrund dessen ist es ihm untersagt, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. (BVerfGE 42, 64, 72; 51, 1, 23 = SozR 2200 § 1315 Nr 5 S 13). Dabei hat der Gesetzgeber allerdings eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Grundsätzlich unterliegt es allein seiner Entscheidung, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er dafür als maßgebend ansieht, sie rechtlich gleich oder verschieden zu behandeln. Diese Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo für die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte ein sachlich einleuchtender Grund fehlt, sie also nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und deswegen als willkürlich angesehen werden muß (st Rspr des BVerfG; vgl zB BVerfGE 50, 57, 77; 53, 164, 178 f, jeweils mwN). Speziell bei der Bestimmung des Kreises der von einer Vorschrift betroffenen Personen hat der Gesetzgeber insbesondere im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit einen weiten Spielraum zur Verfügung. Die Abgrenzung ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, wenn für sie vernünftige und sachlich einleuchtende Gründe bestehen und der Gesetzgeber willkürliche Privilegierungen und Diskriminierungen vermeidet (BVerfGE 51, 295, 301 mwN).

§ 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF widerspricht dem Art 3 Abs 1 GG. Nach der gesetzgeberischen Motivation sind sachlich einleuchtende Gründe für die Vorschrift nicht zu erkennen. In ihrer rechtlichen Auswirkung führt sie zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen von Versicherten.

Nach der bereits dargestellten Entstehungsgeschichte hat der Gesetzgeber mit § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF bezweckt, "Privilegien" abzubauen und eine Besserstellung insbesondere der Absolventen von Fach- und Hochschulen im Vergleich zu den während ihrer Berufsausbildung Versicherungspflichtigen zu vermeiden.

Diese Begründung entbehrt der sachlichen Rechtfertigung. Eine rechtliche "Privilegierung" und "Besserstellung" der von § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF betroffenen Versicherten hat nämlich in der Zeit vor dem Inkrafttreten der Bestimmung gar nicht vorgelegen. Sowohl bei diesen wie bei allen anderen Versicherten sind die vor dem 1. Januar 1965 liegenden beitragslosen Zeiten einschließlich der Ausbildungs-Ausfallzeiten einheitlich mit dem Durchschnittswert aus den bis zum Stichtag zurückgelegten Beitragszeiten bewertet worden. Allerdings kann diese Bewertung für die Absolventen von Fach- und Hochschulen besonders günstig sein. Bei pauschalierender Betrachtungsweise mag davon ausgegangen werden, daß gerade diese Gruppe der Versicherten aufgrund ihrer qualifizierten Ausbildung nach deren Abschluß überdurchschnittlich hohe Einkünfte erzielt, dementsprechend hohe Beiträge entrichtet und auf diesem Wege die Voraussetzungen für eine hohe Bewertung auch der Ausfallzeiten geschaffen hat. Indes ist dies nicht die Konsequenz aus einer rechtlichen "Besserstellung" oder gar "Privilegierung". Vielmehr handelt es sich auf der Basis einer einheitlichen Regelung um unterschiedliche Rechtsfolgen aus ungleichen Sachverhalten. Gerade eine solche ungleiche Behandlung ungleicher Sachverhalte entspricht dem Gebot des Art 3 Abs 1 GG. Demgegenüber ist es sachfremd, trotz grundsätzlicher Beibehaltung der gesetzlichen Regelung die sich aus ihr ergebende, durch unterschiedliche tatsächliche Gegebenheiten bedingte Besserstellung einer bestimmten Gruppe nachträglich als "Privilegierung" zu qualifizieren und durch eine systemwidrige Einzelregelung "abzubauen". Der Senat hat einem solchen gesetzgeberischen Anliegen schon bei Prüfung der Frage, ob § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF mit dem Rechtsstaatsprinzip zu vereinbaren ist, die sachliche Berechtigung abgesprochen. Dasselbe muß im Rahmen des Art 3 Abs 1 GG gelten. Die für die Einfügung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF maßgebenden Gründe können nicht als sachgerecht angesehen werden. Schon daraus ergibt sich die Unvereinbarkeit der Norm mit dem allgemeinen Gleichheitssatz.

In ihren rechtlichen Auswirkungen bedeutet sie in zweifacher Hinsicht eine willkürliche Benachteiligung der betroffenen Versicherten. Das gilt einmal im Verhältnis gerade zu denjenigen Versicherten, die während ihrer Ausbildung versicherungspflichtig gewesen sind und deren angebliche Schlechterstellung der Gesetzgeber hat ausschließen wollen. Zwar trifft es im Regelfall zu, daß diese Versicherten während ihrer Ausbildung relativ geringe Vergütungen erhalten und dementsprechend niedrige Beiträge entrichten. Dieser Umstand allein kann sich nachteilig auf die Durchschnittsbewertung der Beitragszeiten und damit auch bei der Ermittlung des Wertes der beitragslosen Zeiten auswirken. Indes hätte der Gesetzgeber bei dieser Erwägung nicht stehenbleiben dürfen. Sie läßt nämlich die besondere Regelung des § 32a Abs 4 Buchst a) AVG unberücksichtigt. Hiernach sind bei der Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage die mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate der ersten fünf Kalenderjahre seit dem Eintritt in die Versicherung, sofern sie vor dem 1. Januar 1964 enden, außer Betracht zu lassen, wenn sich dadurch ein höherer Monatsdurchschnitt aus den bis zum 31. Dezember 1964 zurückgelegten Beitragszeiten ergibt. In diesem Fall sind die nicht zu berücksichtigenden Beitragszeiten wie Ausfallzeiten zu bewerten. Für die nach Meinung des Gesetzgebers des 20. RAG benachteiligten Versicherten ergibt sich daraus: Eine Berufsausbildung wird regelmäßig zu Beginn des Versicherungslebens absolviert (vgl auch Urteil des Senats vom 12. November 1980 - 1 RA 105/79 -). Werden während der Ausbildung eine geringe Vergütung erzielt und niedrige Beiträge entrichtet, so wird dieser Nachteil dadurch kompensiert, daß nach der Meistbegünstigungsregel des § 32 Abs 4 Buchst a) AVG die Beitragszeiten der ersten fünf Jahre außer Betracht bleiben und statt dessen wie Ausfallzeiten bewertet werden. Diese Bewertung erfolgt nach dem Monatsdurchschnitt aus den vor dem 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten. Der Monatsdurchschnitt wird somit aus den Beitragsleistungen derjenigen Zeiten errechnet, in denen der Versicherte seine Ausbildung bereits beendet und höhere Einkünfte erzielt hatte, selbst wenn diese das Durchschnittseinkommen aller Versicherten übersteigen. Im Gegensatz dazu werden die von § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF betroffenen Versicherten von dieser Vergünstigung ausgeschlossen. Ihre Ausbildungs-Ausfallzeiten werden maximal entsprechend dem Durchschnittseinkommen aller Versicherten und ohne Rücksicht auf die Höhe der nachfolgend individuell erzielten Einkünfte und entrichteten Beiträge bewertet. Sie werden damit den Versicherten, die während ihrer Ausbildung pflichtversichert gewesen sind, nicht nur gleich-, sondern ihnen gegenüber je nach den Besonderheiten des individuellen Versicherungsverlaufs sogar schlechter gestellt. Hierfür fehlt es an einer sachlichen Rechtfertigung.

§ 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF führt zum anderen zu einer Benachteiligung der betroffenen Versicherten, sofern sie vor dem 1. Januar 1957 nachgewiesene Ausfallzeiten zurückgelegt haben, gegenüber denjenigen Versicherten, bei deren Rente nach Art 2 § 14 AnVNG für die Zeit vor dem 1. Januar 1957 die pauschale Ausfallzeit zu berücksichtigen ist. Die pauschale Ausfallzeit kann auch Ausbildungs-Ausfallzeiten im Sinne des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AVG einschließen. Dessen ungeachtet wird sie in ihrer Gesamtheit auch in der Zeit nach Inkrafttreten des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF wie bisher mit dem Durchschnitt aus den vor dem 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten bewertet. Den hierdurch begünstigten Versicherten bleibt demnach die durch das RVÄndG eingeführte Verbesserung hinsichtlich der Bewertung beitragsloser Zeiten auch in bezug auf Ausbildungs-Ausfallzeiten enthalten. Soweit hingegen diese Ausfallzeiten nachgewiesen und - ggf zusammen mit anderen Ausfallzeiten - länger sind als die pauschale Ausfallzeit, werden sie lediglich mit dem Wert 8,33 und somit nach dem durchschnittlichen Einkommen aller Versicherten bewertet. Das kann je nach der Höhe des während der bis zum 31. Dezember 1964 zurückgelegten Beitragszeiten erzielten Einkommens und der Länge der pauschalen Ausfallzeit zu teilweise erheblichen Benachteiligungen der Versicherten mit nachgewiesenen Ausfallzeiten führen (vgl die Berechnungsbeispiele bei Feutlinske/Braatz, aaO S 547; Epping, aaO, S 140). Diese Differenzierung zwischen Versicherten, welche Ausbildungs-Ausfallzeiten bis zum 31. Dezember 1957 nachgewiesen haben, einerseits und Versicherten, die diese Ausfallzeiten entweder nicht nachgewiesen haben oder bei denen sie kürzer sind als die pauschale Ausfallzeit und damit zu deren Berücksichtigung führen, andererseits ist sachlich nicht einleuchtend. Zur Rechtfertigung hierfür läßt sich insbesondere nicht anführen, daß die nachgewiesenen Ausfallzeiten bei der Rentenberechnung nur dann berücksichtigt werden, wenn sie länger als die pauschale Ausfallzeit sind, und hierdurch ihre ungünstigere Bewertung wieder ausgeglichen wird. Eine solche rein rechnerische Kompensation kann allenfalls dann eintreten, wenn die nachgewiesene Ausbildungs-Ausfallzeit erheblich länger ist als die pauschale Ausfallzeit. Je geringer die zeitliche Differenz zwischen nachgewiesener und pauschaler Ausfallzeit ist, desto stärker wirkt sich die Regelung des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF für die davon betroffenen Versicherten aus (vgl die auf S 3 der Revisionsbegründungsschrift vom 21. Januar 1980 angestellten Vergleichsberechnungen). Im übrigen würde bei einer rein rechnerischen Kompensation die Tatsache, daß die nachgewiesene Ausfallzeit erheblich länger ist als die pauschale Ausfallzeit, im Ergebnis schlicht ignoriert. Das aber ist mit Sinn und Zweck des Art 2 § 14 AnVNG schwerlich in Einklang zu bringen.

In dem im Parallelverfahren 1 RA 111/79 von der Beklagten vorgelegten, vom BMAuS erstellten Entwurf vom 27. März 1979 einer Stellungnahme der Bundesregierung gegenüber dem BVerfG heißt es (S 15 f), der Gesetzgeber hätte die Neuregelung über die Bewertung der Ausbildungs-Ausfallzeiten nur durch eine rechtstechnisch sehr schwierige und komplizierte Regelung auf die Ausfallzeitenpauschale übertragen können. Hierauf habe er jedoch im Hinblick auf den Übergangscharakter des Art 2 § 14 AnVNG verzichtet. Der Senat vermag dies als sachlichen Grund für die daraus resultierende Ungleichbehandlung nicht anzuerkennen. Dabei mag auf sich beruhen, ob die Schwierigkeit und Kompliziertheit einer Neuregelung es rechtfertigen, sie unter Inkaufnahme einer an sich dem Art 3 Abs 1 GG widersprechenden Differenzierung zu unterlassen. Jedenfalls sind diesbezügliche Erwägungen vom Gesetzgeber ersichtlich gar nicht angestellt worden. Die Entstehungsgeschichte des § 32a Satz 1 Nr 1 Satz 3 AVG nF bietet keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß im Gesetzgebungsverfahren die sich daraus für Art 2 § 14 AnVNG ergebende Problematik erkannt und ein Versuch zu ihrer Lösung unternommen worden ist.

Die Kostenentscheidung bleibt dem in der Sache abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658665

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