Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Werden Betriebseinnahmen vom Steuerberater ohne Belege eingebucht und dient die Gewinnermittlung in späteren Verkaufsverhandlungen als Nachweis für die Ertragskraft des Unternehmens, kann der neue Betriebserwerber den Steuerberater nicht auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn die Gewinnerwartungen enttäuscht werden.
Sachverhalt
Ein Gutachter oder Steuerberater haftet nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn er ein unrichtiges Gutachten erstellt bzw. eine unrichtige Auskunft grob fahrlässig, leichtfertig und gewissenlos erteilt und ihm dabei bewusst ist, dass hierdurch ein Dritter geschädigt werden könnte .
Im Urteilsfall ließ der Inhaber einer Tanzbar seine Gewinnermittlungen durch einen Steuerberater anfertigen. Da er seine Lokalität veräußern wollte, traf er sich zu Verkaufsverhandlungen mit einem Kaufinteressenten. Im Rahmen dieser Verhandlungen legte er den potentiellen Käufern ein Verkehrswertgutachten sowie die vom Steuerberater angefertigte Gewinnermittlung vor. Die Kaufinteressenten nahmen den ausgewiesenen Gewinn von rund 60.000 EUR zur Kenntnis und entschlossen sich letztlich zum Kauf des Betriebs. Was sie nicht wussten: In der Gewinnermittlung waren Einnahmen von rund 45.000 EUR enthalten, die der Steuerberater auf "Zuruf" seines Mandanten eingebucht hatte, ohne hierfür Belege erhalten zu haben.
Nachdem die Gewinnerwartungen enttäuscht worden waren, erklärten die Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und setzten vor dem LG Potsdam durch, dass der Verkäufer den Kaufpreis zurückzahlen musste.
Weiter begehren die Erwerber, dass der Steuerberater zusammen mit dem Verkäufer als Gesamtschuldner zur Zahlung sämtlicher ihnen entstandener Finanzierungs-, Grundbuch- und Notarkosten etc. von 148.000 EUR verurteilt wird.
Entscheidung
Die Käufer haben gegen den Steuerberater keinen Anspruch auf Schadensersatz. Dem Steuerberater konnte nicht nachgewiesen werden, dass er von der Tatsache Kenntnis hatte, dass die von ihm unterzeichnete Gewinnermittlung einem Kaufinteressenten als Beleg für die Ertragslage vorgelegt wurde. Es war nicht auszuschließen, dass die Gewinnermittlung nur als interne Unterlage des Gaststätteninhabers gedient hatte. Ferner konnte das Gericht nicht festgestellen, dass der Verkäufer planmäßig mit der zuständigen Mitarbeiterin des Steuerbüros zusammengewirkt hatte.
Hinweis
Hätten die Käufer beweisen können, dass der Steuerberater von der Verwendung der Gewinnermittlung für Verkaufszwecke wusste, wäre das Verfahren für den Steuerberater sicher nachteilig ausgegangen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 08.07.2010, 5 U 69/08