3.1 Personenkreis
Anspruch auf Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II haben Personen, die
- das 15. Lebensjahr, aber noch nicht das 65. Lebensjahr (Altersgrenze) vollendet haben,
- erwerbsfähig und
- hilfebedürftig sind sowie
- ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
Durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz wird die Altersgrenze entsprechend dem Renteneintrittsalter vom 65. Lebensjahr auf das 67. Lebensjahr heraufgesetzt. Dadurch besteht ein Leistungsanspruch auf Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II verzahnt bis zum jeweiligen möglichen Renteneintritt.
3.1.1 Erwerbsfähigkeit
Erwerbsfähig ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig sein kann und nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit daran gehindert ist. Bei dieser Prüfung ist einerseits die individuelle gesundheitliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, andererseits sind ggf. bestehende rechtliche Einschränkungen zu prüfen (z. B. bei ausländischen Arbeitnehmern eine erforderliche Arbeitsgenehmigung). Als erwerbsfähig gelten auch Personen, denen vorübergehend eine Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung nicht zugemutet werden kann. Eine darüber hinausgehende Prüfung der Verfügbarkeit und der Arbeitslosigkeit wie bei dem Arbeitslosengeld nach dem SGB III gibt es nicht. Allerdings gibt es damit im Zusammenhang stehende persönlichen Ausschlusstatbestände in § 7 Abs. 4 SGB II, z. B. bei Unterbringung in einer stationären Einrichtung.
Agentur für Arbeit stellt Erwerbsfähigkeit fest
Die Feststellung der Erwerbsfähigkeit trifft grundsätzlich die Agentur für Arbeit. Nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte werden dabei (sofern sie nicht Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft sind) grundsätzlich auf das System der Sozialhilfe bzw. – bei Erfüllung der rentenrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente – auf die gesetzliche Rentenversicherung verwiesen. Sofern sich die beteiligten Leistungsträger nicht einigen können, entscheidet die gesetzliche Rentenversicherung gutachterlich über die Zuordnung der betroffenen Person. Die Jobcenter und anderen Behörden sind an diese Entscheidung gebunden.
3.1.2 Hilfebedürftigkeit
Hilfebedürftig ist, wer
- seinen Lebensunterhalt und
- den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen
nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann.
Weiterhin ist das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen einzusetzen, um Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Daneben sind vorrangige Ansprüche auf Sozialleistungen und Ansprüche auf Unterhaltsleistungen geltend zu machen. Praktischer Kern dieser Voraussetzung ist damit die Prüfung, ob Einkommen und/oder Vermögen beim Bürgergeld zu berücksichtigen ist.
3.2 Ausgeschlossene Personengruppen
Von den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind ausgeschlossen
- Personen, die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind. Bei z. B. richterlich angeordneter Freiheitsentziehung wirkt dieser Ausschluss grundsätzlich auch bei kürzerer Unterbringung, bei stationärer Aufnahme im Krankenhaus nur, wenn die Unterbringung für länger als 6 Monate erfolgt.
- Personen, die eine Rente wegen Alters beziehen (gilt auch für Ruhestandsleistungen z. B. an Beamte),
- grundsätzlich in bestimmten Fällen auch Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes gefördert werden könnte sofern Leistungen nach dem BAföG zustehen, ist in manchen Fällen eine Aufstockung durch Bürgergeld möglich.
Eine Sonderstellung nehmen Ausländer ein. Zunächst ist die Staatsangehörigkeit keine grundsätzliche Voraussetzung für den Anspruch, sondern lediglich der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Allerdings erfüllen folgende Ausländer nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II einen Ausschlusstatbestand:
- alle Ausländer (auch EU-Angehörige) und ihre Familienangehörigen in den ersten 3 Monaten nach der Einreise,
- Ausländer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
- Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Dagegen können Ausländer, die sich in der Bundesrepublik als Arbeitnehmer oder Selbstständige aufhalten, oder die EU-freizügigkeitsberechtigt, sind einen Anspruch auf Bürgergeld haben.
Personen, die über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG verfügen, sind im SGB II leistungsberechtigt. Das betrifft insbesondere Personen ukrainischer Herkunft. Der Anspruch besteht auch, wenn zunächst eine sog. Fiktionsbescheinigung ausgestellt worden ist. In diesem Fall ist zusätzliche Voraussetzung, dass bereits eine erkennungsdienstliche Behandlung erfolgte.
Keine Leistung nach SGB II – Zustimmung bei auswärtigem Aufenthalt erforderlich
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten keine Leistungen nach dem SGB II, wenn sie sich ohne Zustimmung des Leistungsträgers außerhalb des näheren Bereichs aufhalten. Liegt die Zustimmung vor, kann ...