Rz. 69
Die einvernehmliche Scheidung genießt stets Vorrang. Nach Art. 49 Abs. 2 FamKodex und Art. 321 Abs. 2 ZPO muss das Gericht die Parteien ausdrücklich auf die Möglichkeit der Streitbeilegung qua Mediation oder einvernehmlicher Scheidung hinweisen. Die Mediation unterbricht das Scheidungsverfahren (Art. 321 Abs. 3 ZPO). Der Prozess endet, falls ihn die Ehegatten binnen sechs Monaten nicht weiter betreiben. Die einvernehmliche Scheidung erfordert die persönliche Anwesenheit der Ehegatten und ihren ernsthaften und unwiderruflichen Entschluss zur Scheidung, den sie durch Vorlage einer Scheidungsfolgenvereinbarung i.S. des Art. 51 FamKodex dokumentieren. Die Beweggründe dazu sind unerheblich und unterliegen nicht der gerichtlichen Nachprüfung (Art. 50 FamKodex). Einer bestimmten Trennungszeit oder eine Mindestdauer der Ehe ist nicht notwendig. Es genügt, wenn die Ehegatten wesentliche Fragen für die Zeit nach der Scheidung im Wege der Scheidungsfolgenvereinbarung regeln.
Rz. 70
Die einvernehmliche Scheidung verläuft in drei Phasen. Zunächst muss das Gericht sich von der Ernsthaftigkeit und Unwiderruflichkeit des beiderseitigen Scheidungsentschlusses überzeugen (Phase 1). Sodann prüft es die Gesetzmäßigkeit der ihm vorliegenden Scheidungsfolgenvereinbarung anhand des Prüfungskatalogs des Art. 51 Abs. 1 S. 1 FamKodex (Phase 2). Vorrangiger Prüfungsmaßstab ist das Kindeswohl. Konkret geht es um sieben Einigungskomplexe:
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Wohnsitz des Kindes, |
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Ausübung der Elternrechte, |
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persönliche Beziehungen zum Kind, |
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Kindesunterhalt, |
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Nutzung der Familienwohnung, |
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nachehelicher Unterhalt und |
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Familiennamen. |
Rz. 71
Haben die Eheleute darüber schon in einem Ehevertrag Regelungen getroffen, so ist eine Bezugnahme hierauf zulässig. Andere Bereiche – insbesondere die güterrechtliche Auseinandersetzung – sind bei Bedarf einzuschließen; dann unterliegen sie der gerichtlichen Prüfungspflicht.
Rz. 72
Wahrt die vorgesehene Vereinbarung nicht das Kindeswohl, so setzt das Gericht den Parteien eine Frist zur Änderung und/oder Ergänzung der Scheidungsfolgenvereinbarung (Phase 3). Wird das Manko nicht behoben, ist die einvernehmliche Scheidung zu versagen. Billigt das Gericht dagegen die Scheidungsfolgenvereinbarung, so lässt es die einvernehmliche Scheidung zu und stellt die Scheidungsfolgenvereinbarung im Urteil fest (Art. 330 Abs. 3 ZPO). Damit ist diese grundsätzlich nicht mehr abänderbar bzw. aufhebbar; dies gilt selbst dann, wenn die Entscheidung hinsichtlich der Ausübung der elterlichen Sorge nachträglich abgeändert wird. Eine Ausnahme sieht Art. 51 Abs. 4 FamKodex vor.
Rz. 73
In der Scheidungsfolgenvereinbarung können die Ehegatten ihre güterrechtliche Auseinandersetzung regeln. Erfasst diese nicht alle Gegenstände des Errungenschaftsvermögens, so können sie sich darüber, unabhängig vom anhängigen Verfahren der einvernehmlichen Scheidung, auseinandersetzen.
Rz. 74
Das einvernehmliche Scheidungsverfahren kann bei Tod eines Ehegatten nicht von seinen Erben fortgesetzt werden.