I. Vermögensrechtliche Folgen
Rz. 19
Das bulgarische Familienrecht kennt drei Güterstände: die Errungenschaftsgemeinschaft, die Gütertrennung und seit Oktober 2009 den vertraglichen Güterstand (Art. 18 Abs. 1 FamKodex).
1. Gesetzlicher Güterstand
Rz. 20
Gesetzlicher Güterstand ist die eheliche Vermögensgemeinschaft (съпружеска имуществена общност), m.a.W. die Errungenschaftsgemeinschaft. Sie gilt von Gesetzes wegen, wenn die Nupturienten bei der Eheschließung keinen Güterstand wählen. Bei jugendlichen Ehegatten (zwischen 16 und 18 Jahren) sowie beschränkt Entmündigten ist sie dagegen zwingend (Art. 18 Abs. 2 Alt. 2 FamKodex). Die Errungenschaftsgemeinschaft unterscheidet drei Vermögensmassen: das Eigengut des Mannes, das Eigengut der Frau und das gemeinsame Gut.
a) Eigengut
Rz. 21
Jeder Ehegatte bleibt Eigentümer seines zur Zeit der Eheschließung vorhandenen Vermögens. Was er während der Ehe durch Schenkung oder durch Erbschaft erhält, tritt in sein Alleinvermögen (лично имущество), sog. Eigengut. Zum Eigengut gehören außerdem Gegenstände, die während der Ehe ausschließlich mit Mitteln des Eigenguts erworben werden oder deren Erwerb an dessen Stelle tritt (sog. Transformation). Wer das Geschäft tätigt, ist belanglos. Der Erwerbsgegenstand wird entweder insgesamt oder nur teilweise in das Alleinvermögen des Eigentümer-Ehegatten transformiert (vgl. Art. 23 Art. 2 FamKodex). Die Transformation kann also vollumfänglich oder punktuell sein. Letzteres ist der Fall, wenn der Erwerb nur zum Teil mit Mitteln des Eigenguts erfolgt. In Höhe dieser Beteiligung erwirbt der Ehegatte dann einen ideellen Anteil als Miteigentum, außer der transformierte Teil fällt im Vergleich zum Rest prozentual nur unwesentlich klein aus. Der Rest zählt zum Errungenschaftsvermögen. Bei der partiellen Transformation wird deshalb der betroffene Ehegatte Miteigentümer zu einem Bruchteil in Höhe seiner Beteiligung am Erwerb des konkreten Gegenstands und zugleich ist er Miteigentümer am fraglichen Erwerbsgegenstand.
Rz. 22
Auch Gegenstände des Errungenschaftsvermögens sind demjenigen Ehegatten als Eigengut zuzuordnen, der sie selbst erworben hat, wenn Gläubiger des anderen Ehegatten wegen dessen eigener schuldrechtlicher Verpflichtung in das Errungenschaftsvermögen vollstrecken. Zum Eigengut gehören ferner Gegenstände zum persönlichen Gebrauch, zur Ausübung eines Berufes und das Betriebsvermögen eines Einzelkaufmanns (Art. 22 Abs. 2 und 3 FamKodex). Schließlich zählen Urheber-, Marken- und Patentrechte sowie Gesellschaftsanteile an einer juristischen Person zum Eigengut.
Rz. 23
Über sein Eigengut kann jeder Ehegatte frei verfügen (Art. 25 FamKodex). Bei Verfügung über die Familienwohnung sieht Art. 26 FamKodex eine Ausnahme vor. Danach bedarf es der vorherigen Zustimmung des Nichteigentümer-Ehegatten. Voraussetzung ist, dass eine weitere Wohnung nicht existiert – weder als Gesamtgut noch als Eigengut eines der Ehegatten. Die fehlende Einwilligung ist durch Genehmigung des Rayongerichts ersetzbar. Gerichtlicher Prüfungsmaßstab ist zweierlei: Die Verfügung über die Familienwohnung darf nicht zum Schaden noch nicht volljähriger Kinder und der Familie gereichen.
b) Gesamtgut
Rz. 24
Was die Eheleute im Laufe ihrer Ehe durch gemeinsame Tätigkeit i.w.S. erwerben, das fällt in ihr (besonderes) Miteigentum und wird gem. Art. 21 Abs. 1 FamKodex zur Errungenschaft, sog. Gesamtgut oder Errungenschaftsvermögen. Das gilt selbst dann, wenn der eine Ehegatte Eigengut des anderen Ehegatten erwirbt. Ob eine Sache bzw. ein Recht während der Ehe zum Gesamtgut wird, kommt es in erster Stelle auf das Erwerbsgeschäft an – und nicht darauf, ob und, wenn ja, zu welchem Zeitpunkt der erforderliche gemeinsame Beitrag i.S. des Art. 21 Abs. 2 FamKodex erfolgt. Letzteres ist nur bedeutsam für die Wid...